Geschichte der deutschen Sprache D Koroljow Geschichte der

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Geschichte der deutschen Sprache D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 1

Geschichte der deutschen Sprache D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 1

Themenverzeichnis für Lehrveranstaltungen n Vorlesungen 1. Theoretische Grundlagen der Sprachgeschichtsforschung. 2. Geschichte der deutschen

Themenverzeichnis für Lehrveranstaltungen n Vorlesungen 1. Theoretische Grundlagen der Sprachgeschichtsforschung. 2. Geschichte der deutschen Sprache: Gegenstand, Ziele, Aufgaben und Methoden. 3. Indoeuropäische Sprachen. Ausgliederung der germanischen Sprachen aus der Großgruppe der indoeuropäischen Sprachen. I. Lautverschiebung. Das Wernersche Gesetz. Akzentverhältnisse. Germanische Sprachen. Gotisch. 4. Germanische Stämme und Stammessprachen. Periodisierung der deutschen Sprachgeschichte. 5. Althochdeutsch. Räumliche Gliederung, phonematische und lexematische Aspekte. Zur Geschichte des Wortes „deutsch“. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 2

6. Mittelhochdeutsch. Räumliche Gliederung. Phonematische Aspekte. 7. Mittelhochdeutsch. Lexematische Aspekte. 8. Frühneuhochdeutsch. Räumliche Gliederung.

6. Mittelhochdeutsch. Räumliche Gliederung. Phonematische Aspekte. 7. Mittelhochdeutsch. Lexematische Aspekte. 8. Frühneuhochdeutsch. Räumliche Gliederung. Phonematische Aspekte. 9. Frühneuhochdeutsch. Lexematische Aspekte. 10. Neuhochdeutsch. Tendenzen und Fakten der Sprachentwicklung. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 3

n Seminare und Übungen 1. Deutsch des 20. und 21. Jh. : Fakten und

n Seminare und Übungen 1. Deutsch des 20. und 21. Jh. : Fakten und Faktoren der Sprachentwicklung. 2. Deutscher Sprachraum im 21. Jh. Deutsche Sprache in Österreich und in der Schweiz. 3. Übungen zur historischen Phonetik der deutschen Sprache. 4. Übungen zu Wortschatz und Wortbildung in der Geschichte der deutschen Sprache. 5. Textanalysen (Ahd. , Mhd. , Fnhd. ). D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 4

Literatur- und Quellenverzeichnis 1. Ernst, Peter Deutsche Sprachgeschichte: Eine Einführung in die diachrone Sprachwissenschaft

Literatur- und Quellenverzeichnis 1. Ernst, Peter Deutsche Sprachgeschichte: Eine Einführung in die diachrone Sprachwissenschaft des Deutschen. ‒ UTB basics 2012 2. König, Werner dtv-Atlas Deutsche Sprache. – Deutscher Taschenbuch Verlag 2015 3. Moskalskaja O. I. Deutsche Sprachgeschichte: Учеб. пособие для студ. лингв. ун-тов и фак. ин. яз. высш. пед. учеб. заведений. – М. : Издательский центр «Академия» , 2003 4. Schmidt, Wilhelm Geschichte der deutschen Sprache. Ein Lehrbuch für das germanistische Studium. – S. Hirzel Verlag Stuttgart 2007 5. Schmid, Hans Ulrich Einführung in die deutsche Sprachgeschichte: Lehrbuch Germanistik. ‒ J. B. Metzler 2009 D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 5

6. Stedje, Astrid Deutsche Sprache gestern und heute: Einführung in Sprachgeschichte und Sprachkunde. −

6. Stedje, Astrid Deutsche Sprache gestern und heute: Einführung in Sprachgeschichte und Sprachkunde. − W. Fink 2007 7. Vogel, Petra Maria Sprachgeschichte (Kurze Einführungen in die Germanistische Linguistik) 2013 8. Wolff, Gerhart Deutsche Sprachgeschichte. Ein Studienbuch. – A. Francke Verlag Tübingen und Basel 1999 9. http: //andpuzik. narod. ru/sprggl. htm D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 6

Theoretische Grundlagen der Sprachgeschichtsforschun Sprachen wachsen nicht wie Bäume. Sie g funktionieren nicht wie

Theoretische Grundlagen der Sprachgeschichtsforschun Sprachen wachsen nicht wie Bäume. Sie g funktionieren nicht wie Maschinen. Sprachen sind feinstrukturierte Sozialgebilde, die ihren Ort im Bewusstsein vieler Sprecher haben und sich nach den wechselnden Bewusstseinszuständen dieser Sprecher unaufhörlich verändern. Ob zum Besseren oder Schlechteren, das hängt von vielen Umständen ab. Harald Weinrich D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 7

n Die Sprachdiskussion der letzten Jahrzehnte ist zunehmend geprägt vom Interesse an Phänomenen der

n Die Sprachdiskussion der letzten Jahrzehnte ist zunehmend geprägt vom Interesse an Phänomenen der Sprachgeschichte. Zu Beginn der siebziger Jahre entstand wieder eine Bereitschaft dafür, die synchronische Untersuchung von Sprache durch diachronische Betrachtung zu ergänzen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 8

n n Die Begriffe Synchronie („Gleichzeitigkeit“) und Diachronie („Aufeinanderfolge“) stammen von dem Schweizer Ferdinand

n n Die Begriffe Synchronie („Gleichzeitigkeit“) und Diachronie („Aufeinanderfolge“) stammen von dem Schweizer Ferdinand de Saussure (1916). Jacob Grimms historischer Ansatz („Geschichte der deutschen Sprache“ (1848)) enthält den Gedanken, dass Struktur und Funktion von Sprache nur in ihrer Entwicklung begründet und nur dorther erklärbar sind. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 9

n Im 19. Jh. bildet sich eine eigenständige Sprachtheorie aus, für die ein antropologischkulturwissenschaftlicher

n Im 19. Jh. bildet sich eine eigenständige Sprachtheorie aus, für die ein antropologischkulturwissenschaftlicher Geschichtsbegriff wirksam wird. Als ihr Wegbereiter kann Wilhelm von Humboldt gelten, der eine genetisch-energetische Sprachauffassung begründet. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 10

n Einige Jahrzehnte später wird die Theorie zur Geschichtlichkeit von Sprache in den Werken

n Einige Jahrzehnte später wird die Theorie zur Geschichtlichkeit von Sprache in den Werken von William Dwight Whitney „Language and the Study of Language“ (1867) und „Life and Growth of Language“ (1875) dargelegt. Whitney bezeichnet Sprache als ein gesellschaftliches Produkt, das historisch überliefert und gewachsen ist. Sprache dient dem Ausdruck des Denkens und dem Bedürfnis nach Mitteilung. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 11

n Im Buch „Prinzipien der Sprachgeschichte“ von Hermann Paul (1880) wird die theoretische Fundierung

n Im Buch „Prinzipien der Sprachgeschichte“ von Hermann Paul (1880) wird die theoretische Fundierung und Abgrenzung der historischen Sprachwissenschaft deutlicher. Sprachwissenschaft ist für H. Paul zunächst „Kulturwissenschaft“, als solche aber „Prinzipienwissenschaft“. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 12

n Das Standardwerk von Alexander Bach begreift Sprache als „Kulturgut“, das unter historischen, geografischen,

n Das Standardwerk von Alexander Bach begreift Sprache als „Kulturgut“, das unter historischen, geografischen, soziologischen und psychologischen Parametern zu betrachten ist. Sprache ist demnach an eine „Verkehrsgemeinschaft“ gebunden und „spiegelt deren Eigenart und Schicksale“. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 13

n Die vierbändige Sprachgeschichte von Hans Eggers (1963 – 1977) stellt im Einleitungskapitel „Sprache

n Die vierbändige Sprachgeschichte von Hans Eggers (1963 – 1977) stellt im Einleitungskapitel „Sprache und Gesellschaft“ ebenfalls den Leitbegriff „Sprachgemeinschaft“ und „Verkehrsgemeinschaft“ heraus, widmet sich jedoch vor allem dem Wortschatz und den syntaktischen Verbindungen als einem „Spiegel der geistigen Entwicklung“. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 14

n Stärkeres Gewicht auf die Beziehungen zwischen der Sprache und Politik legt „Geschichte der

n Stärkeres Gewicht auf die Beziehungen zwischen der Sprache und Politik legt „Geschichte der deutschen Sprache“ Peter von Polenz’ (1978); sie ist eher problembezogen als epochenorientiert. Der Sprachwandel tritt zum ersten Mal in den Vordergrund als Normwandel auf der Basis einer polyfunktionalen Auffassung von Sprache. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 15

n Die unter Leitung Wilhelm Schmidts von einem Autorenteam verfasste „Geschichte der deutschen Sprache“

n Die unter Leitung Wilhelm Schmidts von einem Autorenteam verfasste „Geschichte der deutschen Sprache“ aus der DDR (1984) verbindet eine zusammenhängende Darstellung der historischen Entwicklung der Sprache mit einem grammatischen Teil. Sie räumt aus materialistischer Sicht der jeweiligen politisch-sozialökonomischen Situation einen besonderen Platz ein. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 16

n In der neueren Diskussion um diachronische Prozesse hat sich der Begriff „Sprachwandel“ fest

n In der neueren Diskussion um diachronische Prozesse hat sich der Begriff „Sprachwandel“ fest etabliert. Der Begriff „Sprachwandel“ bezeichnet die schon geordnete „Vielfalt der ständig verlaufenden Prozesse der Umgestaltung, des Verlusts und der Neubildung sprachlicher Elemente“. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 17

Theorien zum Sprachwandel n In der Stammbaumtheorie (August Schleicher 1863) verschmelzen die genealogischen Auffassungen

Theorien zum Sprachwandel n In der Stammbaumtheorie (August Schleicher 1863) verschmelzen die genealogischen Auffassungen der Antike mit den organologischen und biologistischen Vorstellungen des 19. Jh. Danach haben sich die indogermanischen Sprachen durch Spaltung aus einer Ursprache entwickelt. Abhängigkeiten und Sprachverwandtschaften lassen sich in Form eines Stammbaums darstellen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 18

n Die Wellentheorie (Johannes Schmidt 1872) erklärt den Sprachwandel wie folgt: Von bestimmten politisch-geografischen

n Die Wellentheorie (Johannes Schmidt 1872) erklärt den Sprachwandel wie folgt: Von bestimmten politisch-geografischen Zentren gehen Neuerungen aus, die sich durch Sprachstrahlungen oder Sprachströmungen wellenförmig ausbreiten, jedoch nicht alle Sprachschichten bzw. Sprachebenen gleichmäßig erfassen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 19

n Die Entfaltungstheorie (Otto Höfler 1955) rechnet dagegen mit der allmählichen Durchsetzung der angeborenen

n Die Entfaltungstheorie (Otto Höfler 1955) rechnet dagegen mit der allmählichen Durchsetzung der angeborenen Eigenschaften eines Volkes, also einer erbbiologischen Prädisposition, die sich zeitlich-räumlich recht unterschiedlich auswirken kann. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 20

n Die Konvergenztheorie (Nikolaj Trubetzkoy 1939) verfolgt einen anderen Grundcharakter: Sprachen stehen im ständigen

n Die Konvergenztheorie (Nikolaj Trubetzkoy 1939) verfolgt einen anderen Grundcharakter: Sprachen stehen im ständigen Kontakt und beeinflussen sich gegenseitig. Durch Sprachmischung (auch genetisch nicht verwandter Sprachen) ergibt sich allmählich eine strukturelle Angleichung (z. B. durch Entlehnungsprozesse). D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 21

n Entsprechend der soziopragmatischen Theorie (Peter von Polenz 1978) ist die Sprache grundsätzlich variabel

n Entsprechend der soziopragmatischen Theorie (Peter von Polenz 1978) ist die Sprache grundsätzlich variabel und im kommunikativen Vollzug ständiger Variation unterworfen, die einen permanenten Normwandel bedingt. Vier Faktoren bestimmen im Sprachvollzug miteinander den Wandel der Sprache: Ökonomie (Streben nach Kürze), Innovation (Streben nach Neuerungen), Variation (Streben nach Alternativen) und Evolution (Einfluss gesellschaftlicher Kräfte). D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 22

n Deutsche Sprachgeschichte: Gegenstand, Aufgaben und Methoden der Sprachgeschichtsschreibung Nach Auffassung Wilhelm Schmidts hat

n Deutsche Sprachgeschichte: Gegenstand, Aufgaben und Methoden der Sprachgeschichtsschreibung Nach Auffassung Wilhelm Schmidts hat die Sprachgeschichte wie die Sprachwissenschaft „die Aufgabe, Sprache und Sprachgebrauch als besondere Erscheinungsform des menschlichen Lebens, als spezifische Form sozialen Handelns zu erforschen, und zwar in all ihren funktionalen, sozialen, arealen und situativen Varianten. Damit wird die Sprachgeschichte auch neueren Forderungen der Soziolinguistik und der Sprachpragmatik gerecht“. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 23

n Olga Moskalskaja definiert die Geschichte der deutschen Sprache als „ein Teilgebiet der Germanistik.

n Olga Moskalskaja definiert die Geschichte der deutschen Sprache als „ein Teilgebiet der Germanistik. Sie erforscht und beschreibt aus diachronischer Sicht das phonologische System, den grammatischen Bau, den Wortschatz und das System der Stile der deutschen Sprache. Ihr Forschungsgebiet sind einerseits die konstanten Charakteristiken des Sprachsystems, andererseits die Dynamik und die Haupttendenzen der Sprachveränderung. Gegenstand der Sprachgeschichte sind außerdem die Existenzformen der deutschen Sprache, ihr sozialhistorisch bedingter Wandel und das Werden der modernen deutschen Nationalsprache“. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 24

n Sprachvariation und Sprachwandel sind (wie alle Sprach- und Kulturphänomene) nicht kausal, sondern final

n Sprachvariation und Sprachwandel sind (wie alle Sprach- und Kulturphänomene) nicht kausal, sondern final oder intentional erklärbar. Sprachgeschichtliche Deutung befasst sich zudem zentral mit dem Verhältnis von Sprachstil und Zeitstil. Dafür müssen neben den primären Sprachdokumenten einer Epoche Zeugnisse aus dem Alltagsleben, aus Politik und Kultur, literarische und wissenschaftliche Texte herangezogen werden. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 25

Die Sprachgeschichtsschreibung hat zur Darstellung vergangener Sprachformen schon im 19. Jh. zwei Methoden entwickelt:

Die Sprachgeschichtsschreibung hat zur Darstellung vergangener Sprachformen schon im 19. Jh. zwei Methoden entwickelt: - die komparative Methode (Vergleich zweier Sprachzustände; Beschreibung des Wandels einzelner distinktiver Merkmale, z. B. der Konsonanten, der Flexionsendungen); - die Methode der inneren Rekonstruktion (Annahmen aus beobachteten Gesetzmäßigkeiten innerhalb eines Paradigmas für eine frühere Sprachperiode, z. B. Erschließen indogermanischer Wurzeln ohne direkte historische Zeugnisse). n D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 26

Indogermanische Sprachen. Ausgliederung der germanischen Sprachen aus der Großgruppe der indogermanischen Sprachen. n „Indoeuropäisch“

Indogermanische Sprachen. Ausgliederung der germanischen Sprachen aus der Großgruppe der indogermanischen Sprachen. n „Indoeuropäisch“ und „indogermanisch“ treten als synonyme Begriffe auf. „Indogermanisch“ ist dabei geläufiger im deutschen Sprachraum. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 27

Indogermanische Sprachen n 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Historische (nicht-lebende) Sprachen:

Indogermanische Sprachen n 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Historische (nicht-lebende) Sprachen: Hethitisch (Kleinasien), Phrygisch (Kleinasien), Lydisch (Kleinasien), Tocharisch (Ostturkestan (China)), Pelasgisch (Ägäis und Balkan, Adriatischer Raum), Makedonisch (Ägäis und Balkan, Adriatischer Raum), Thrakisch (Ägäis und Balkan, Adriatischer Raum), Venetisch (Ägäis und Balkan, Adriatischer Raum); D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 28

n 1. 2. 3. 4. 5. 6. Indische Sprachen: Altindisch (Sanskrit), Neuindisch (Hindī und

n 1. 2. 3. 4. 5. 6. Indische Sprachen: Altindisch (Sanskrit), Neuindisch (Hindī und Urdū), Bengalī (Bangladesch), Nepalī (Srilanka), Sinhalisch (Srilanka), Sprachen der Sinti und Roma; D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 29

n 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Iranische Sprachen: Altiranisch, Soghdisch,

n 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Iranische Sprachen: Altiranisch, Soghdisch, Mittelpersisch, modernes Persisch, Afghanisch, Belutschisch, Tadschikisch, Ossetisch, Kurdisch; D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 30

n n n Armenisch; Griechisch (Altgriechisch und Neugriechisch); Albanisch; D. Koroljow Geschichte der deutschen

n n n Armenisch; Griechisch (Altgriechisch und Neugriechisch); Albanisch; D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 31

n 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.

n 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. Romanische Sprachen: Altitalische Dialekte, Umbrisch, Oskisch, Lateinisch, Italienisch, Französisch, Sardisch, Provenzalisch, Katalanisch, Kastilianisch, Portugiesisch, Rumänisch, Moldauisch, Rätoromanisch, Furlanisch, Ladinisch; D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 32

n 1. 2. 3. 4. Keltische Sprachen: Irisch, Kymrisch, Gälisch, Bretonisch; D. Koroljow Geschichte

n 1. 2. 3. 4. Keltische Sprachen: Irisch, Kymrisch, Gälisch, Bretonisch; D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 33

n 1. 2. 3. n n Baltische Sprachen: Altpreußisch, Litauisch, Lettisch; Slawische Sprachen; Germanische

n 1. 2. 3. n n Baltische Sprachen: Altpreußisch, Litauisch, Lettisch; Slawische Sprachen; Germanische Sprachen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 34

Deutsch Mutter drei neu Englisch mother three new Latein māter trēs novus Griechisch mētēr

Deutsch Mutter drei neu Englisch mother three new Latein māter trēs novus Griechisch mētēr treĩs neos Russisch materi (Gen. ) motė (Ehefrau) mātār tri novyj trỹs naũjas trayas navah Litauisch Altindisch D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 35

n Wortschatz und Flexion weisen Ähnlichkeiten bei verschiedenen indogermanischen Sprachen auf. Da geht es

n Wortschatz und Flexion weisen Ähnlichkeiten bei verschiedenen indogermanischen Sprachen auf. Da geht es vor allem um Verwandtschaftsbezeichnungen, Körperteile, Pflanzen, Tiere, Zahlwörter, Pronomina und manche geografische Bezeichnungen. Laut einer Hypothese gehen die meisten europäischen Sprachen auf das Altindische zurück. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 36

n n Laut Trubetzkoy erstreckte sich der indogermanische Sprachraum zwischen der Nordsee und dem

n n Laut Trubetzkoy erstreckte sich der indogermanische Sprachraum zwischen der Nordsee und dem Kaspischen Meer mit dem Kern im Donaugebiet. Indogermanische Sprache ist eine wissenschaftliche Abstraktion, eine Rekonstruktion, die durch historisch-vergleichende Methode zustande kam. „Indogermanisch“ ist ein linguistischer Begriff und entspricht keiner politisch-geografischen Gemeinschaft. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 37

Primäre Aufgliederung des Indogermanischen n n Am wahrscheinlichsten gilt heute eine primäre Aufgliederung des

Primäre Aufgliederung des Indogermanischen n n Am wahrscheinlichsten gilt heute eine primäre Aufgliederung des Indogermanischen in eine östliche Gruppe (Indoiranisch und Balkanindoeuropäisch) und eine westliche, „alteuropäische“ Gruppe Zur östlichen Gruppe gehören als Nachfolgesprachen Sanskrit, Avestisch, Griechisch und Armenisch, zur westlichen Gruppe die baltischen, italischen, keltischen und germanischen Sprachen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 38

n Bis zur Entdeckung des Tocharischen und des Hethitischen im frühen 20. Jh. gliederte

n Bis zur Entdeckung des Tocharischen und des Hethitischen im frühen 20. Jh. gliederte man das Indogermanische nach einer Theorie Peter von Bradkes (1890) in Kentum- und Satemsprachen. Die Bezeichnungen stammen von dem altpersischen (satem) und lateinischen (centum) Wort für hundert, das im Indogermanischen kmtóm lautete. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 39

Merkmale der indogermanischen Grundsprache: q q q q Flektierende Sprache, reicher Formbestand, synthetischer Sprachbau,

Merkmale der indogermanischen Grundsprache: q q q q Flektierende Sprache, reicher Formbestand, synthetischer Sprachbau, 8 Kasusformen wie im Lateinischen, 3 Numeri wie im Griechischen (Singular, Plural, Dual), 3 Genera Verbi (Aktiv, Passiv, Medium), stark ausgeprägter Ablaut (qualitativer Ablaut und quantitativer Ablaut), freier Wortakzent wie im Altgriechischen oder Lateinischen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 40

n Qualitativer Ablaut (Abtönung): lat. tego „ich bedecke“ - toga „Kleid“ n Quantitativer Ablaut

n Qualitativer Ablaut (Abtönung): lat. tego „ich bedecke“ - toga „Kleid“ n Quantitativer Ablaut (Abstufung): lat. sědeo “ich sitze” - sēdi “ich habe gesessen” ahd. nëman “nehmen” - nâmum “wir nahmen” n Freier Wortakzent: lat. Roma “Rom” - Romanus “der Römer” Romanorum (Gen. Plur. ) D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 41

n Die germanischen Sprachen beginnen schon im 2. Jahrtausend v. Chr. sich aus der

n Die germanischen Sprachen beginnen schon im 2. Jahrtausend v. Chr. sich aus der indogermanischen Ursprache herauszulösen. Dieser Prozess zieht sich bis in die ersten Jahrhunderte nach Beginn unserer Zeitrechnung hin. Frühe schriftliche Zeugnisse davon sind skandinavische Runeninschriften, Berichte römischer Autoren sowie germanische Lehnwörter in benachbarten Sprachen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 42

n Germanische Sprachen weisen schon deutliche Unterschiede von anderen indogermanischen Sprachen auf. Die wichtigste

n Germanische Sprachen weisen schon deutliche Unterschiede von anderen indogermanischen Sprachen auf. Die wichtigste Besonderheit, wodurch sich germanische Sprachen von den restlichen indogermanischen abheben, ist die 1. Lautverschiebung (germanische Lautverschiebung). Diese Entwicklung hatte die Ausgliederung der germanischen Sprachen aus der Großgruppe der indogermanischen Sprachen zur Folge. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 43

n Ein zweites Merkmal ist die Festlegung des Wortakzents auf die Wurzelsilbe (Wurzelsilbenakzent). Unbetonte

n Ein zweites Merkmal ist die Festlegung des Wortakzents auf die Wurzelsilbe (Wurzelsilbenakzent). Unbetonte Silben verlieren allmählich ihre Funktion. Vokale in unbetonten Silben werden reduziert. Es kommt zur Abschwächung der vollklingenden Endsilben. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 44

n n Ein weiteres Merkmal ist die Reduzierung der Kasusformen bei Nomina. Indogermanische Ursprache

n n Ein weiteres Merkmal ist die Reduzierung der Kasusformen bei Nomina. Indogermanische Ursprache war eine synthetische Sprache. In germanischen Sprachen zeichnet sich deutlich eine Tendenz zum analytischen Sprachbau ab. Das vierte Merkmal ist die Herausbildung der starken und schwachen Adjektivflexion. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 45

n n Wichtig ist auch der Ausbau des Ablauts. Der Ablaut wird zum produktiven

n n Wichtig ist auch der Ausbau des Ablauts. Der Ablaut wird zum produktiven Mittel der Formbildung des Verbs. Zum Schluss kommen die Entstehung der schwachen Verben und der Ausbau des Wortschatzes durch Neubildung germanischer Wörter und Übernahme fremden Wortguts. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 46

1. (Germanische) Lautverschiebung n Die 1. Lautverschiebung führte zur Ausgliederung der germanischen Sprachen aus

1. (Germanische) Lautverschiebung n Die 1. Lautverschiebung führte zur Ausgliederung der germanischen Sprachen aus der Reihe der indogermanischen Sprachen. Die germanische Lautverschiebung wurde erstmals von Jacob Grimm beschrieben. Sie hat die indogermanischen Verschlusslaute betroffen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 47

1. Indg. Germ. Verschlusslaut → (un)behaucht stimmlos Reibelaut stimmlos p(h) → f lat. pater

1. Indg. Germ. Verschlusslaut → (un)behaucht stimmlos Reibelaut stimmlos p(h) → f lat. pater → ahd. fater t(h) þ lat. tonāre → ahd. Thonar „Donner“ x(ch) lat. cutis “Haut”→ ahd. hūt “Haut” → k(h) → Beispiele D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 48

2. Indg. Germ. Verschluss -laut → unbehaucht stimmhaft Verschlusslaut stimmlos b → p lat.

2. Indg. Germ. Verschluss -laut → unbehaucht stimmhaft Verschlusslaut stimmlos b → p lat. lābī „hingleiten“ → got. slēpan „schlafen“ d → t lat. duo → got. twai g → k lat. gena “Wange”→ got. kinnus “Kinn” D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 49

3. Indg. Germ. Verschlusslaut → behaucht stimmhaft Reibelaut stimmhaft b(h) → ƀ (w) aind.

3. Indg. Germ. Verschlusslaut → behaucht stimmhaft Reibelaut stimmhaft b(h) → ƀ (w) aind. bhrātar → got. brôþar “Bruder” d(h) → đ (wie in „the“) aind. vidhava → got. widuwō g(h) → ǥ lat. hostis „Fremdling“ → got. Gasts “Gast” D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 50

n Die indogermanischen behauchten stimmhaften Explosivlaute werden im Germanischen unbehaucht. Diese Konsonanten können auch

n Die indogermanischen behauchten stimmhaften Explosivlaute werden im Germanischen unbehaucht. Diese Konsonanten können auch als stimmlose und behauchte Konsonanten auftreten. Es gibt aber zwei Ausnahmen: D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 51

1. Die Verschiebung von p, t, k findet nicht statt bei den Lautverbindungen sp,

1. Die Verschiebung von p, t, k findet nicht statt bei den Lautverbindungen sp, st, sk. Sie bleiben in alter Form erhalten Latein Gotisch lat. spuere → got. speiwan „speien“ lat. stella → got. stairno „Stern“ lat. scabere → got. skaban “scheren” D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 52

2. Ebenso bleibt t nach k und p unverschoben Latein Gotisch / Althochdeutsch lat.

2. Ebenso bleibt t nach k und p unverschoben Latein Gotisch / Althochdeutsch lat. octo → got. ahtau „acht“ lat. neptis → ahd. nift “Enkelin, Stieftochter” D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 53

Das Wernersche Gesetz und der grammatische Lautwechsel n Ein weiterer wichtiger Lautwandel betraf die

Das Wernersche Gesetz und der grammatische Lautwechsel n Ein weiterer wichtiger Lautwandel betraf die stimmlosen Reibelaute f, þ, x und s. Diese stimmlosen Reibelaute wurden inlautend immer dann, wenn der Akzent im Indg. nicht auf dem Vokal davor lag, stimmhaft und fielen dadurch mit den aus indogerm. b(h), d(h), g(h) entstandenen Reibelauten b, đ und g zusammen. Im Falle von s entstand ein neues Phonem, das stimmhafte [z]. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 54

Indg. über Germ. s → z p → f → ƀ t → þ

Indg. über Germ. s → z p → f → ƀ t → þ → đ k → x → ǥ gr. pat ēr gr. phr ātōr → got. fađar (stimmhaft wie in engl. „brother“) → got. brôþar (stimmlos wie in engl. „cloth“) D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 55

n Dieses Lautgesetz wurde 1875 vom dänischen Wissenschaftler Karl Werner entdeckt. Da der Akzent

n Dieses Lautgesetz wurde 1875 vom dänischen Wissenschaftler Karl Werner entdeckt. Da der Akzent im Indg. bei Flexion und Wortbildung nicht immer auf derselben Silbe lag, konnten sich in grammatisch zusammengehörigen Formen stimmhafte und stimmlose Reibe- und Verschlusslaute gegenüberstehen. Besonders regelmäßig war dies im Prät. der starken Verben der Fall. Wenn man die späteren Entwicklungen berücksichtigt, stehen im Deutschen nebeneinander: D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 56

№ 1. Alternanz s – r (kombinatorischer Lautwechsel oder Rhotazismus) Verlust – verlieren Frost

№ 1. Alternanz s – r (kombinatorischer Lautwechsel oder Rhotazismus) Verlust – verlieren Frost – frieren 2. f – b be)dürfen – darben Hefe (ein Mittel, welches hebt) D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 57

№ Alternanz 3. d – t schneiden – geschnitten leiden – gelitten 4. h

№ Alternanz 3. d – t schneiden – geschnitten leiden – gelitten 4. h – g ziehen – gezogen Höhe – Hügel D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 58

Vokalische Veränderungen Vokalische Übergänge, die das Germanische vom Indogermanischen trennen, sind die von n

Vokalische Veränderungen Vokalische Übergänge, die das Germanische vom Indogermanischen trennen, sind die von n № Indg. Germ. Beispiel 1. Indg. o (kurz) → 2. Indg. ā → Germ. ō lat. māter → anord. môdir, as. môdar 3. Indg. ei → gr. steichein “gehen, steigen” → ahd. stīgan “steigen” Germ. a lat. hostis „Fremder, Feind“→ got. gasts (kurz) „Gast“ Germ. ī D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 59

Akzentverhältnisse n n Der im Indogerm. freie Wortakzent wurde im Germanischen auf die erste

Akzentverhältnisse n n Der im Indogerm. freie Wortakzent wurde im Germanischen auf die erste Silbe festgelegt. Das betraf nicht nur einfache Wörter (Vater), sondern auch nominale Präfixbildungen (Antlitz, Urlaub) und Komposita. Ohne Anfangsbetonung bleiben jüngere verbale Präfixbildungen und ihre Ableitungen (entstehen – Entstehung, ertragen – erträglich). Auch eine kleine Gruppe dreisilbiger Wörter entzieht sich der Anfangsbetonung (lebendig, Forelle, Wacholder). D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 60

n Die Anfangsbetonung (Stammsilbenakzent) führt zur Abschwächung unbetonter Silben im Inund Auslaut, die schließlich

n Die Anfangsbetonung (Stammsilbenakzent) führt zur Abschwächung unbetonter Silben im Inund Auslaut, die schließlich synkopiert bzw. apokopiert werden. Ursprünglich kurze Endvokale verschwinden und Langvokale werden kurz. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 61

n n Synkope ist ein Schwund reduzierter Vokale innerhalb eines Wortes: mhd. obest →

n n Synkope ist ein Schwund reduzierter Vokale innerhalb eines Wortes: mhd. obest → nhd. Obst Apokope ist ein Schwund reduzierter Vokale am Wortende: mhd. schœne → nhd. schön D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 62

n Mit dem Stammsilbenakzent hängt die Entstehung des typisch germanischen Stabreims zusammen. Der Stabreim

n Mit dem Stammsilbenakzent hängt die Entstehung des typisch germanischen Stabreims zusammen. Der Stabreim beruht auf der Alliteration, d. h. auf dem Gleichklang des Anlauts der betonten Silben einzelner Wörter. Eine solche Reimbindung ist noch sichtbar in feststehenden Formeln wie Haus und Hof, Mann und Maus, Kind und Kegel. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 63

Germanische Sprachen n 1. 2. 3. 4. 5. Nordgermanische (Skandinavische) Sprachen: Norwegisch, Schwedisch, Dänisch,

Germanische Sprachen n 1. 2. 3. 4. 5. Nordgermanische (Skandinavische) Sprachen: Norwegisch, Schwedisch, Dänisch, Färöisch, Isländisch; D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 64

n 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Westgermanische Sprachen: Deutsch (seit dem 8.

n 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Westgermanische Sprachen: Deutsch (seit dem 8. Jh. überliefert), Englisch, Niederländisch, Afrikaans (Sprache der nach Südafrika ausgewanderten holländischen Buren („Bauern“)), Jiddisch (entstanden im Mittelalter auf der Grundlage deutscher Dialekte als überregionale Verkehrssprache der aschkenasischen Juden), Letzeburgisch (Umgangssprache in Luxemburg), Friesisch ( Minderheitssprache im nördlichen Holland, in Deutschland auf Inseln um Sylt, an der Küste bei Husum); D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 65

n Ostgermanische Sprachen: Gotisch (4. – 6. Jh. ) Gotisch ist die früheste alphabetschriftlich

n Ostgermanische Sprachen: Gotisch (4. – 6. Jh. ) Gotisch ist die früheste alphabetschriftlich überlieferte ausgestorbene germanische Sprache aus der Epoche der „Völkerwanderung“. Das ist die Sprache des germanischen Stammes der Goten, die seit 200 Reiche auf dem Balkan, in Italien und Spanien gründen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 66

Fast alle überlieferten Sprachdenkmäler der Goten stammen aus Italien, wo die Ostgoten unter Theoderich

Fast alle überlieferten Sprachdenkmäler der Goten stammen aus Italien, wo die Ostgoten unter Theoderich um und nach 500 ein mächtiges Reich errichteten. Wichtigste Quelle ist der Codex Argenteus, eine Prachthandschrift auf purpurgefärbtem Pergament mit silbernen bzw. goldenen Buchstaben. Er enthält die vier Evangelien. Gotische Sprachreste sind auch erhalten in vielen Eigennamen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 67

Das Gotische (genauer: das Wulfilanische Gotisch, zurückzuführen auf die Bibelübersetzung durch Missionsbischof Wulfila (311

Das Gotische (genauer: das Wulfilanische Gotisch, zurückzuführen auf die Bibelübersetzung durch Missionsbischof Wulfila (311 – 382)) ist der älteste überlieferte germanische Dialekt überhaupt. Im Got. haben u. a. folgende grammatische Kategorien in der Morphologie ihren formalen Ausdruck: das Nomen besitzt fünf Kasus (Nom. , Gen. , Dat. , Akk. , Vok. ), das Verb zwei Tempora (Vergangenheit und Nich-Vergangenheit), drei Numeri (Sg. , Pl. , Dual zum Ausdruck der Paarigkeit des Subjekts). D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 68

n Das Gotische ist eine wesentliche Stütze bei der Rekonstruktion früher Stufen des Germanischen,

n Das Gotische ist eine wesentliche Stütze bei der Rekonstruktion früher Stufen des Germanischen, bei der etymologischen Erforschung des Deutschen, des Englischen und der anderen germanischen Sprachen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 69

n n Die urgermanische Sprache stellte seit Anfang ihres Bestehens kein einheitliches System dar.

n n Die urgermanische Sprache stellte seit Anfang ihres Bestehens kein einheitliches System dar. Einzelne Stämme der Germanen sprachen ihre eigenen Stammessprachen. Diese Differenzierung vertiefte sich noch, als im 2. bzw. 3. Jh. n. Chr. germanische Stämme begannen in andere Gebiete abzuwandern. Das erfolgte noch vor der eigentlichen Völkerwanderung, die in Europa erst später, mit dem Einfall der Hunnen, Ende des 4. Jh. einsetzte. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 70

Germanische Stämme und ihre Wanderungen n 1. 2. Ostgermanen: die Goten, die Westgoten, die

Germanische Stämme und ihre Wanderungen n 1. 2. Ostgermanen: die Goten, die Westgoten, die Ostgoten, die Burgunder, die Wandalen; Nordseegermanen: die Angeln, die Sachsen, die Jüten, die Friesen; Südgermanen: Weser-Rhein-Germanen (Istwäonen): die Franken, die Chatten; Elbgermanen (Irminonen): die Sweben (Schwaben), die Alamanen, die Hermunduren, die Langobarden, die Baiern. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 71

n n n Im 2. Jh. begannen die Goten nach Süden abzuwandern und hatten

n n n Im 2. Jh. begannen die Goten nach Süden abzuwandern und hatten auf die spätere Entwicklung des Deutschen keinen Einfluss. Im 3. Jh. zogen die Burgunder von ihren Wohnsitzen an der Weichsel und Oder an den Rhein, an ihre Stelle traten später slawische Stämme. Im Norden wanderten im 5. Jh. die Angeln nach Großbritannien ab und trugen mit ihrer Stammessprache zur Entstehung der englischen Sprache bei. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 72

n Isoglossen sind sprachliche Gemeinsamkeiten zwischen den Sprachgruppen, Einzelsprachen und Dialekten. Innerhalb der germanischen

n Isoglossen sind sprachliche Gemeinsamkeiten zwischen den Sprachgruppen, Einzelsprachen und Dialekten. Innerhalb der germanischen Sprachgruppen gibt es nordostgermanische, nord-westgermanische, westgermanische und gotischhochdeutsche Isoglossen. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 73

Einfluss des Lateins auf germanische Sprachen n Durch Kontakte der Germanen mit den Römern

Einfluss des Lateins auf germanische Sprachen n Durch Kontakte der Germanen mit den Römern wurden in die germanischen Sprachen viele lateinische Wörter übernommen. Aus lateinischer Sprache stammen u. a. Wörter aus den Bereichen der Religion (lat. offere → as. offrōn → nhd. opfern), des Handelsverkehrs (lat. cauponāri, „schachern“ → got. kaupōn → nhd. kaufen; lat. pondo → nhd. Pfund; lat. monēta → as. munita → nhd. Münze), der Handelswaren (lat. pīper → nhd. Pfeffer; lat. vīnum → nhd. Wein), des Bauwesens (lat. mūrus → nhd. Mauer; lat. tēgula → nhd. Ziegel), Gartenbaus (lat. caulis → nhd. Kohl; lat. curcurbita → nhd. Kürbis), Weinbaus (lat. calix → nhd. Kelch; lat. calcatūra → nhd. Kelter) und der Küche (lat. coquina → nhd. Küche; lat. catinus → nhd. Kessel). D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 74

n n Kriege, die Römer und Germanen führten, und die Tatsache, dass viele Germanen

n n Kriege, die Römer und Germanen führten, und die Tatsache, dass viele Germanen im römischen Heer als Soldaten dienten, führten zu der Übernahme vieler Wörter aus dem Bereich Heerwesen (lat. pīlum „Wurfspieß“→ nhd. Pfeil; lat. pālus „Palisade“→ nhd. Pfahl). Im 3. bis 5. Jh. übernahmen die Germanen unter römischem und griechischem Einfluss auch die Siebentagewoche. Die germanischen Namen für Wochentage waren zumeist Lehnübersetzungen der lateinischen Bezeichnungen, die von den Namen der Planetengötter stammen: Montag ← lat. diēs Lūnae „Tag des Mondes“; Dienstag ← lat. diēs Martis „Tag des Mars Thingsus“ (germanischer Gott Tyr, Beschützer des Thing); Donnerstag ← lat. diēs Jovis (Juppiter wurde mit dem germanischen Gott Donar gleichgesetzt); Freitag ← lat. diēs Veneris „Tag der Venus“ (mit der die germanische Göttin Fria identifiziert wurde); Sonntag ← lat. diēs Sōlis „Tag der Sonne“. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 75

n Das inschriftliche (vorliterarische) Deutsch (6. - 7. Jh. ) Zur Herausbildung des Deutschen

n Das inschriftliche (vorliterarische) Deutsch (6. - 7. Jh. ) Zur Herausbildung des Deutschen haben vor allem die folgenden Stammessprachen beigetragen: Fränkisch, Bairisch, Thüringisch, Alemannisch, Sächsisch und Friesisch. Eine besondere Rolle bei der Entstehung der deutschen Sprachgemeinschaft spielte das Frankenreich. Das früheste Deutsch ist nur inschriftlich überliefert. Es geht um insgesamt 60 Runeninschriften des 5. - 7. Jh. , vereinzelte Wörter in ursprünglicher oder latinisierter Form. n Das handschriftliche Deutsch (8. - 11. Jh. ) Der Beginn der schriftlichen Fixierung der deutschen Sprache geht auf das 8. Jh. zurück. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 76

Periodisierung der deutschen Sprachgeschichte n Bei der Periodisierung der deutschen Sprachgeschichte sind folgende Kriterien

Periodisierung der deutschen Sprachgeschichte n Bei der Periodisierung der deutschen Sprachgeschichte sind folgende Kriterien zu berücksichtigen: 1) Sprachliche Kriterien; 2) soziolinguistische Kriterien (Varietäten und ihr Verhältnis zueinander, die Rolle fremder Sprachen und ihr Einfluss auf das Deutsche, Vorbildwirkung einzelner Sprachräume, sozialer Gruppen und bestimmter Persönlichkeiten); 3) außersprachliche (extralinguistische) Kriterien (historische, sozialgeschichtliche, ökonomische, kulturelle Faktoren); 4) pragmatische Kriterien; 5) mediengeschichtliche Kriterien. D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 77

n Nach sprachlichen Aspekten lässt sich die Geschichte der deutschen Sprache in folgende Zeiträume

n Nach sprachlichen Aspekten lässt sich die Geschichte der deutschen Sprache in folgende Zeiträume untergliedern: Hochdeutsch 1. 2. 3. 4. Althochdeutsch (ca. 500 – ca. 1050), Mittelhochdeutsch (ca. 1050 – ca. 1350), Frühneuhochdeutsch (ca. 1350 – ca. 1650), Neuhochdeutsch (ca. 1650 – Gegenwart); D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 78

Niederdeutsch 1. 2. 3. 4. Frühaltsächsisch (ca. 5. Jh. – ca. 8. Jh. ),

Niederdeutsch 1. 2. 3. 4. Frühaltsächsisch (ca. 5. Jh. – ca. 8. Jh. ), Altsächsisch / Altniederdeutsch (ca. 800 – ca. 1150 / 1200), Mittelniederdeutsch (ca. 1150 / 1200 – ca. 1600 / 1650), Neuniederdeutsch (ca. 1600 / 1650 – Gegenwart). D. Koroljow Geschichte der deutschen Sprache 79

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