Graphemik und Orthographie 02 04 2013 Graph und
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Graphemik und Orthographie 02. 04. 2013
Graph und Graphem Grundeinheiten der Graphematik Der Graph (Bußmann 2006): einzelner, schriftlich realisierter Buchstabe, dessen Zugeho rigkeit zu einem bestimmten Graphem noch nicht festgestellt ist. Graph = Buchstabe, analog zu Phon ODER Das Graph (Metzler): Buchstabe oder Graphem Buchstabe muss nicht zwangsläufig ein Graphem sein, aber ein Graphem besteht aus einem oder mehreren Buchstaben. weich – 5 Buchstaben, 5 Graphe, aber wie viele Grapheme?
Graphematik Teildisziplin der Linguistik, die sich mit der Schreibung von Wo rtern und deren Zustandekommen befasst. Definition: Wissenschaft, die distinktiven Einheiten des Schriftsystems einer bestimmten Sprache und davon ausgehend die mo glichen Schreibungen von gesprochener Sprache ermittelt. Aufgrund der Korrelationen zwischen gesprochener und geschriebener Sprache ist ha ufig das Phonemsystem Ausgangspunkt der Analysen. Um graphematische Pha nomene vollsta ndig erfassen zu ko nnen, ist aber auch ein Bezug auf andere linguistische Teildisziplinen wie z. B. Morphologie und Syntax notwendig.
Graphematik Dependenz-Hypothese: Sprechen geht dem Schreiben voraus; Schrift ist Visualisierung des Gesprochenen; Primat des Mündlichen; Spracherwerb, Entwicklung von Sprachen; Sprache kann ohne Schrift existieren. Kann z. B. Großschreibung nicht erklären.
Graphematik Autonomie-Hypothese Schrift als völlig eigenständige Realisierungsform von Sprache. Grapheme sind nicht nur Spiegelbilder von Phonemen.
Minimalpaaranalyse Phonem - kleinste bedeutungsunterscheidende Lauteinheit der Sprache. Graphem - kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit der Schriftsprache. weich Welche Einheiten muss man mindestens austauschen, damit sich die Bedeutung des Wortes a ndert? <w> <ei> oder <e>, <i> <ch>
Grapheminventar des Deutschen nach Eisenberg (2004: 306) Konsonantengrapheme • <p>, <t>, <k>, <b>, <d>, <g>, <f>, <s>, <ß>, <w>, <j>, <h>, <m>, <n>, <l>, <r>, <qu>, <ch>, <sch>, <z> Vokalgrapheme • <a>, <e>, <ie>, <o>, <u>, <a >, <o >, <u > Notation: spitze Klammern Digraphen: <qu>, <ch>, <ie> Trigraphen: <sch> Fehlende Buchstaben: v, x, y, c, q – Fremdwörter und seltene Schreibungen
Bei Eisenberg fehlen: Diphtonge: <ei>, <au>, <äu>, <eu> sowie <pf>, <ng Mehr Grapheme als Buchstaben Weniger Grapheme als Phoneme Schwierigkeiten in der orthographischen Praxis
Allographie • Unterschiedliche Realisierung eines Graphems • Groß- und Kleinbuchstaben • Typographische Varianten, Schrifttypen • Mittel der Hervorhebung • Handschrift allographische Varianten
Graphematische Prinzipien Phonographisch – alle Schreibungen beziehen sich (rein gedanklich) auf Laute – Deutsch u. a. Logographisch – z. B. die chinesische Hanzi-Schrift, “Wortbilder”, gedankliche Gesamtvorstellung des Wortes Phonologisches Prinzip: Schreibe, wie du sprichst! Jedem Phonem ist ein Graphem bzw. Graphemfolge zugeordnet. aber: Halle hallt halt
Silbisches Prinzip Konsonantenverdopplung (Schärfung): Halle – [l] als Silbengelenk, ambisilbischer Konsonant Nicht bei Mehrgraphen: Tasche, Küche *Taschsche Dehnung – silbeninitiales <h>, Ruhe Dehnungs-h – vor <r>, <l>, <m>, <n>, aber nicht immer: Ware, wahre
Morphologisches Prinzip Morphemkonstanz: Morpheme in verschiedenen Verwendungen (z. B. Flexionsformen oder Wortbildungen) werden immer gleich geschrieben, bzw. anhand der Schreibung ist die Verwandtschaft zwischen Morphemen erkennbar, wie z. B. bei der Umlautschreibung. geben, gab Backen, Bäcker Schaum, schäumen
Etymologisches Prinzip Wo rter bzw. Morpheme, die aus einer Fremdsprache entlehnt wurden, behalten ihre Schreibung bei. Leib, Laib Zum Teil ist auch an nicht bzw. schon vor sehr langer Zeit entlehnten homophonen Wo rtern noch ihre unterschiedliche Etymologie erkennbar.
Pragmatisches Prinzip Syntaktisches Prinzip • Anredepronomina werden großgeschrieben. Sie, Du • Wo rter bzw. Wortgruppen werden entsprechend ihrer Verwendung im Satz großoder klein-, auseinander- oder zusammengeschrieben. halt als Interjektion Halt als Substantiv
Beispiele Es gibt fleischfressende/Fleisch fressende und vegetarische Lebewesen. Die Gesellschaft wirkte auf mich wie eine Fleisch, Ka se und Wurst fressende Horde. Das war ein aufsehenerregendes/Aufsehen erregendes Ereignis. Das war ein ziemlich großes Aufsehen und in der O ffentlichkeit teilweise direkten Widerspruch erregendes Bekenntnis. Freudestrahlend kam er nach Hause. Vor Freude strahlend kam er nach Hause. *Freude strahlend kam er nach Hause. Er ist ein ordnungsliebender Mensch. Er ist ein Ordnung liebender Mensch. Er ist ein *Ordnungs liebender Mensch.
Orthographie (aus griech. orthos = richtig + graphein = schreiben): „richtige Schreibung“ immer relativ zur jeweils geltenden Norm. Orthographische Norm ist die systematische und einheitliche Verschriftung von Sprache durch Buchstaben. Definition: explizit geregeltes, konventionalisiertes System von Normen, nach dem fu r jedes Wort in der Regel nur eine einzige Schreibweise gu ltig ist.
Orthographie 1876 in Berlin: die I. Orthographische Konferenz: keine einheitliche Regelung 1901: Die II. Orthographische Konferenz: Einigung auf eine verbindliche Regelung, basierend auf dem schon ohnehin herrschenden Schreibgebrauch. 1902: der 1. Rechtschreibduden erscheint
Rechtschreibreform • 1990: Internationaler Arbeitskreis fu r Orthographie (Deutschland, O sterreich, Schweiz) 1998: die Neuregelung wird beschlossen bis 2005/2006: die U bergangsphase • ab 2006: nur die neue Rechtschreibung gilt
Beispiele überschwenglich überschwänglich numerieren nummerieren selbständig auch: selbstständig Ballettänzerin Balletttänzerin Potentiell auch: potenziell Lexikographie Lexikografie Photometrie Fotometrie Ketchup Ketschup
Übung Erkla ren Sie, welchen Prinzipien die Schreibung folgender Wo rter folgt! <Ra uber>, <Stalllaterne>, <Rad fahren>, <Tod>, <Star>, <Sa le>, <Moor>, <substanziell>, <Delfin>.
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