Herzlich Willkommen Kindeswohlgefhrdung aus rechtlicher Sicht Wie ist

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Herzlich Willkommen Kindeswohlgefährdung aus rechtlicher Sicht. Wie ist Kindeswohlgefährdung aus rechtlicher Sicht zu bewerten

Herzlich Willkommen Kindeswohlgefährdung aus rechtlicher Sicht. Wie ist Kindeswohlgefährdung aus rechtlicher Sicht zu bewerten und zu begründen? Fachforum Herausforderung – Insoweit erfahrene Fachkraft Richter am Amtsgericht Georg von Schmettau

Herzlich Willkommen Überblick Die Familienrichterin – Der Familienrichter Materiell-rechtliche Grundlagen Grundgesetz und BGB Fallbeispiele

Herzlich Willkommen Überblick Die Familienrichterin – Der Familienrichter Materiell-rechtliche Grundlagen Grundgesetz und BGB Fallbeispiele Das familiengerichtliche Verfahren Netzwerke

Die Familienrichterin – Der Familienrichter Universitäre Ausbildung - Referendariat Bestimmung durch das Präsidium des

Die Familienrichterin – Der Familienrichter Universitäre Ausbildung - Referendariat Bestimmung durch das Präsidium des Gerichts Die Rolle der Richterin bzw. des Richters (Entscheiderin oder Moderatorin ? ) Fortbildung Netzwerker. In (? )

Es geht auch so. . . „Das Umgangsrecht eines Elternteils steht allerdings ebenso wie

Es geht auch so. . . „Das Umgangsrecht eines Elternteils steht allerdings ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Beide Rechtspositionen erwachsen aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und müssen von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, muss demgemäß grundsätzlich den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ermöglichen. Das Umgangsrecht ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Aussprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen. Können sich Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, haben die Gerichte eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt. Die Gerichte müssen sich daher im Einzelfall um eine Konkordanz der verschiedenen Grundrechte bemühen. “ Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. 12. 2012 (Az. 1 Bv. R 1766/12) zu Art. 6 Grundgesetz und § 1684 BGB

Ausgangspunkt Kindschaftssachen § 151 Fam. FG Die elterliche Sorge (insb. §§ 1666, 1671 BGB)

Ausgangspunkt Kindschaftssachen § 151 Fam. FG Die elterliche Sorge (insb. §§ 1666, 1671 BGB) Das Umgangsrecht (§ 1684 BGB) Die Kindesherausgabe (§ 1632 BGB) (+ § 1666 BGB? ) Die Vormundschaft Die Pflegschaft Die Genehmigung der Freiheitsentziehung und Unterbringung eines Minderjährigen (§ 1631 b BGB) Die Anordnung freiheitsentziehender Unterbringung Die Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz

Materielle Rechtsgrundlagen Art. 6 Grundgesetz (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze

Materielle Rechtsgrundlagen Art. 6 Grundgesetz (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. (3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen. (4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. (5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Materielle Rechtsgrundlagen Ausgangspunkt: Elternrechte und Kindeswohl „Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Elternrechts dient in erster

Materielle Rechtsgrundlagen Ausgangspunkt: Elternrechte und Kindeswohl „Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Elternrechts dient in erster Linie dem Schutz des Kindes. Sie beruht auf dem Gedanken, dass in aller Regel den Eltern das Wohl des Kindes mehr am Herzen liegt als irgendeiner anderen Person oder Institution. Das Elternrecht ist um des Kindes willen gegen Eingriffe des Staates geschützt (vgl. BVerf. GE 59, 360 <376 f. >; zuletzt: BVerf. G Urteil vom 19. 02. 2013, Az: 1 Bv. L 1/11, 1 Bv. R 3247/09 ). “ 1 1 zuletzt in Bezug auf das Adoptionsrecht des gleichgeschlechtlichen Partners

Materielle Rechtsgrundlagen § 1666 BGB (Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls) (1) Wird das

Materielle Rechtsgrundlagen § 1666 BGB (Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls) (1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. (2) …

Materielle Rechtsgrundlagen §§ 1666, 1666 a BGB Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl

Materielle Rechtsgrundlagen §§ 1666, 1666 a BGB Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, Vernachlässigung des Kindes, unverschuldetes Versagen der Eltern oder das Verhalten eines Dritten gefährdet, so hat das Familiengericht die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind die Gefahr für das Kind abzuwenden.

Materielle Rechtsgrundlagen Konkurrenzen: §§ 1666, 1666 a BGB und § 1671 Zwischen beiden Vorschriften

Materielle Rechtsgrundlagen Konkurrenzen: §§ 1666, 1666 a BGB und § 1671 Zwischen beiden Vorschriften gibt es ein Konkurrenzverhältnis. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Zuordnung der elterlichen Sorge nach § 1671 BGB auf einen Elternteil vorgeht. Kann dadurch die Gefahr einer Kindeswohlgefährdung abgewendet werden, ist kein Raum mehr für Maßnahmen nach § 1666 BGB. Das Gleiche gilt für §§ 1628, 1630 Abs. 3 BGB. §§ 1628, 1630 Abs. 3, 1671 BGB sind Antragsverfahren! Viele Themen für Arbeitskreise „Frühe Hilfen“, „Kinderschutz

Materielle Rechtsgrundlagen Auslegung des unbestimmten Begriffs des „Kindeswohls“ und der Kindeswohlgefährdung“ ist abhängig von

Materielle Rechtsgrundlagen Auslegung des unbestimmten Begriffs des „Kindeswohls“ und der Kindeswohlgefährdung“ ist abhängig von verschiedenen Faktoren: Fachliches Wissen der einzelnen Professionen und ggf. gesetzlicher oder institutioneller Auftrag der einzelnen Profession persönliche Erfahrungen Historische, kulturelle, ethnische Prägung – siehe z. B. neu § 1631 d BGB, Beschneidung des männlichen Kindes Normen- und Wertvorstellungen – Recht auf gewaltfrei Erziehung, § 1631 Abs. 2 BGB - § 16 Abs. 1 S. 3 SGB VIII (Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung vom 2. November 2000) Bewertung des Einzelfalls Netzwerk – Austausch der Bewertungen

Materielle Rechtsgrundlagen Auslegung des unbestimmten Begriffs des „Kindeswohls“: Zur Ermittlung des Begriffes Kindeswohl wird

Materielle Rechtsgrundlagen Auslegung des unbestimmten Begriffs des „Kindeswohls“: Zur Ermittlung des Begriffes Kindeswohl wird § 1 Abs. 1 SGB VIII herangezogen. Danach hat jeder junge Mensch das Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Der unbestimmte Begriff des Kindeswohls orientiert sich am Erziehungsziel des Art. 6 Abs. 2 GG: Danach soll die Erziehung zu einem gesunden, zur Selbstbestimmung und -verantwortung fähigen Menschen führen. Für den Begriff „Wohl des Kindes“ ist sonach nicht entscheidend, ob die leibliche, geistige und seelische Entwicklung des Kindes bei den Eltern bzw. der Mutter optimal verlaufen wird, sondern allein, ob das Kind unter Berücksichtigung der milieubedingten Gegebenheiten in seiner Entwicklung gefährdet ist. Dahin gehend ist also eine Einzelfallprüfung erforderlich, hierfür muss das Gericht die notwendigen Informationen über das Leben des Kindes und seiner Eltern ermitteln, um anhand dieser Faktoren unter Berücksichtigung der allgemeinen Wertgrundsätze im Einzelfall das Kindeswohl zu bestimmen. Die Eltern und deren sozioökonomischen Verhältnisse gehören regelmäßig zum Lebensrisiko des Kindes.

Materielle Rechtsgrundlagen Der Begriff der Gefährdung Nach der Rechtsprechung des BGH ist „Voraussetzung für

Materielle Rechtsgrundlagen Der Begriff der Gefährdung Nach der Rechtsprechung des BGH ist „Voraussetzung für ein Eingreifen des Familiengerichts eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt“ (siehe BGH Beschluss vom 26. 10. 2011 , Az. XII ZB 247/11). Als gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls hat der BGH die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens angeführt (BGH Beschluss vom 26. 10. 2011, Az. XII ZB 247/11).

Materielle Rechtsgrundlagen Der Begriff der Gefährdung Zu einer Trennung des Kindes von seiner Familie

Materielle Rechtsgrundlagen Der Begriff der Gefährdung Zu einer Trennung des Kindes von seiner Familie ist der Staat auf Grundlage seines Wächteramtes (Art 6 Abs. 2 S 2 GG) erst dann - unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, wenn das elterliche Fehlverhalten ein solches Ausmaß erreichen, dass das Kind bei einem Verbleiben in der Familie in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet ist. Zunächst muss der Staat versuchen, durch helfende, unterstützende, auf Herstellung oder Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der leiblichen Eltern gerichtete Maßnahmen sein Ziel zu erreichen (BVerf. G, Stattgebender Kammerbeschluss vom 17. Juni 2009 – 1 Bv. R 467/09 –, juris) - Befürchtung der Einschränkung des Umgangs durch einen Elternteil – Kommunikation eingeschränkt zw. den Eltern

Materielle Rechtsgrundlagen § 1666 BGB (Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls) - Katalog (3)

Materielle Rechtsgrundlagen § 1666 BGB (Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls) - Katalog (3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere 1. Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, 2. Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, 3. Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, 4. Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, 5. die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, 6. die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

Materielle Rechtsgrundlagen Übersicht bzw. (Grenz-) Fälle: Eine Kindeswohlgefährdung liegt bei gegen Kinder gerichteten Straftaten

Materielle Rechtsgrundlagen Übersicht bzw. (Grenz-) Fälle: Eine Kindeswohlgefährdung liegt bei gegen Kinder gerichteten Straftaten vor, wobei auch eine Rauschtat genügt (Tötungsdelikt, Körperverletzung, Beschneidung, Verweigerung Bluttransfusion). Die Weigerung der Kindeseltern, ihre Kinder einer öffentlichen Schule oder einer anerkannten Ersatzschule zuzuführen, stellt einen Missbrauch der elterlichen Sorge dar, der das Kindeswohl nachhaltig beeinträchtigt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 15. August 2014 – 6 UF 30/14 – juris); Einstweilige Entziehung von Teilen der elterlichen Sorge wegen Schulschwänzens (OLG Koblenz, Beschluss vom 11. Mai 2005 – 13 WF 282/05 – juris) Das Rauchen der Eltern in der Familienwohnung rechtfertigt für sich allein staatliche Eingriffe nach BGB § 1666 ebenso wenig wie eine gefahrgeneigte sportliche Betätigung der Kinder, die von den Eltern geduldet oder gefördert wird, oder eine in der Familie übliche, aus medizinischer Sicht aber einseitige und unsachgemäße Art der Ernährung (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 30. April 1993 – 1 Z BR 104/92 – juris)

Materielle Rechtsgrundlagen Übersicht bzw. (Grenz-) Fälle: Eine Kindeswohlgefährdung liegt dann vor, wenn eine Vernachlässigung

Materielle Rechtsgrundlagen Übersicht bzw. (Grenz-) Fälle: Eine Kindeswohlgefährdung liegt dann vor, wenn eine Vernachlässigung des Haushalts und eine damit verbundene Beeinträchtigung der Kinder vorliegt, ferner dann, wenn die Mutter nicht in der Lage ist, auf die emotionalen Bedürfnisse ihrer Kinder, die sie einschüchtert, zu erkennen und auf diese einzugehen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 27. Januar 2009 – 10 UF 188/08 –, juris) Eine Gefährdung des Kindeswohls ist darin zu sehen, dass das Verhalten der Mutter im Zusammenhang mit der Unterbindung von Kontakten des Kindes zum Vater bei dem Kind zu einem Loyalitätskonflikt geführt hat. Dieser habe bereits manifeste Verhaltensauffälligkeiten und Bindungsstörungen hervorgerufen, die psychologisch und psychotherapeutisch behandelt werden müssten (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – XII ZB 247/11 –, Rn. 26, juris) Mit Blick auf die Grundrechte der Eltern und der Kinder sind auch im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes hohe Anforderungen an die Feststellung des Vorliegens einer Kindeswohlgefährdung zu stellen (BVerf. G, Stattgebender Kammerbeschluss vom 13. Juli 2017 – 1 Bv. R 1202/17 –, juris). Entzug der elterliche Sorge einer psychisch kranken Mutter (BVerf. G, zurückweisender Beschluss vom 27. 04. 2017 – 1 Bv. R 563/17 –, juris

Materielle Rechtsgrundlagen Übersicht bzw. (Grenz-) Fälle: Die Notwendigkeit einer (vorübergehenden) Fremdunterbringung eines Kindes allein

Materielle Rechtsgrundlagen Übersicht bzw. (Grenz-) Fälle: Die Notwendigkeit einer (vorübergehenden) Fremdunterbringung eines Kindes allein erfordert nicht zwangsläufig den Sorgerechtsentzug. Dies kann dann entbehrlich sein, wenn der erziehungsberechtigte Elternteil die Fremdunterbringung mitträgt und unterstützt und alle im Zusammenhang hiermit notwendig werdenden Mitwirkungshandlungen vornimmt oder vorzunehmen bereit ist. In diesem Fall ist ein familiengerichtliches Einschreiten grundsätzlich nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig (BVerf. G, Stattgebender Kammerbeschluss vom 13. Juli 2017 – 1 Bv. R 1202/17 –, juris) – Entscheidung bitte lesen Die Maßnahme der Trennung eines Kindes von seiner Familie ist als stärkster Eingriff in das Elternrecht nur bei strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerf. G, Beschluss vom 17. Februar 1982 – 1 Bv. R 188/80 –, BVerf. GE 60, 79 -95 - Die Beschwerdeführer sind seit 1974 miteinander verheiratet. Beide Beschwerdeführer werden seit Jahren im Rahmen der Behinderten-Fürsorge vom städtischen Sozialamt betreut. Der Beschwerdeführer geht einer Tätigkeit in einer Behinderten-Werkstätte nach. Als feststand, dass die Beschwerdeführerin schwanger war, wurde ihr ärztlicherseits zu einem Schwangerschaftsabbruch geraten, weil sie an Schwachsinn ersten bis zweiten Grades leide und der Beschwerdeführer geistig erheblich minderbegabt und Epileptiker sei. Die Beschwerdeführerin lehnte dies ab (BVerf. G, Beschluss vom 17. Februar 1982 – 1 Bv. R 188/80 –, BVerf. GE 60, 79 -95, Rn. 12).

Materielle Rechtsgrundlagen § 1666 a BGB (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Vorrang öffentlicher Hilfen) (1) Maßnahmen,

Materielle Rechtsgrundlagen § 1666 a BGB (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Vorrang öffentlicher Hilfen) (1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. Wird einem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen Wohnung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob diesem das Eigentum, das Erbbaurecht oder Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das dingliche Wohnrecht oder wenn der Elternteil oder Dritte Mieter der Wohnung ist. (2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.

Materielle Rechtsgrundlagen Grundsätze: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bedeutet Maßnahme muss erforderlich sein. Maßnahme muss geeignet

Materielle Rechtsgrundlagen Grundsätze: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bedeutet Maßnahme muss erforderlich sein. Maßnahme muss geeignet sein, die Gefahr für das Kindeswohl zu beseitigen, es muss also eine Verbesserung der Situation des Kindes zu erwarten sein. Es gibt keine andere geeignete Maßnahme, die mit einem geringeren Eingriff in das Elternrecht verbunden wäre. Maßnahme ist verhältnismäßig im engeren Sinne (Gesamtbetrachtung!!)

Materielle Rechtsgrundlagen Übersicht bzw. (Grenz-) Fälle: Zur Beseitigung einer Gefährdung des Kindeswohls (hier: Umgangsvereitelung

Materielle Rechtsgrundlagen Übersicht bzw. (Grenz-) Fälle: Zur Beseitigung einer Gefährdung des Kindeswohls (hier: Umgangsvereitelung und massive Beeinflussung des Kindes durch die allein sorgeberechtigte Mutter gegen den Vater) darf nur das mildeste Mittel gewählt werden. Vor Entziehung des – gesamten – Aufenthaltsbestimmungsrechts wegen Umgangsvereitelung ist eine Umgangspflegschaft einzurichten. Davon kann nur bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit abgesehen werden. Auch bei Wahl des mildesten Mittels hat ein Eingriff in das Sorgerecht (hier: Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zum Zweck der Heimunterbringung) zu unterbleiben, wenn dieser mit anderweitigen Beeinträchtigungen des Kindeswohls einhergeht und bei einer Gesamtbetrachtung zu keiner Verbesserung der Situation des gefährdeten Kindes führt - BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – XII ZB 247/11 –, juris.

Materielle Rechtsgrundlagen Übersicht bzw. (Grenz-) Fälle: Versprechen angesichts der beharrlichen Weigerung beider Elternteile (aus

Materielle Rechtsgrundlagen Übersicht bzw. (Grenz-) Fälle: Versprechen angesichts der beharrlichen Weigerung beider Elternteile (aus weltanschaulichen Gründen mit Propagierung des Selbst-Unterrichts bzw. des sog. Freilernens), die Beschulung ihres 10 Jahre alten Sohnes auf einer Regelschule (öffentliche oder private Schule) sicherzustellen, zur Abwendung der daraus resultierenden Kindeswohlgefährdung gegenwärtig allein noch sorgerechtliche Maßnahmen Erfolg, die – wie vom Jugendamt beantragt – durch den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts insgesamt mit einer Trennung des Kindes von seinen Eltern und einer Fremdunterbringung verbunden wären, so ist dieser stärkste Eingriff in die elterliche Sorge nur unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig. Eine Herausnahme des Kindes aus dem elterlichen Haushalt mit anschließender Unterbringung in einem Internat erscheint im Verhältnis zu dem damit zu erreichenden Vorteil seiner Beschulung außer Verhältnis, wenn bezweifelt werden darf, dass sich hierdurch die zwischenzeitlich auch eigene ablehnende Haltung des Kindes hinsichtlich des Schulbesuches ändern würde und das Kind zudem eine enge und tragfähige Bindung zu beiden Elternteilen entwickelt hat und stark auf seine elterliche Umgebung fixiert ist, weshalb eine Herausnahme aus diesem stabilen Umfeld verbunden mit einer dauerhaften Internatsunterbringung für das Kind eine besondere Härte darstellen und es erheblich belasten würde (OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. November 2016 – 9 UF 551/16 –, juris).

Das familiengerichtliche Verfahrensantrag oder Anregung eines Verfahrens §§ 23, 24 Fam. FG Der Antragsteller

Das familiengerichtliche Verfahrensantrag oder Anregung eines Verfahrens §§ 23, 24 Fam. FG Der Antragsteller stellt einen konkreten Antrag (§ 23 Abs. 1 Fam. FG) Das Familiengericht wird von Amts wegen tätig (§ 24 Fam. FG) § 1666 BGB ist ein Amtsverfahren!!

Das familiengerichtliche Verfahrensbeteiligte § 7 Fam. FG Der Antragsteller Die Eltern des Kindes Das

Das familiengerichtliche Verfahrensbeteiligte § 7 Fam. FG Der Antragsteller Die Eltern des Kindes Das minderjährige Kind (jeden Alters!) Der Verfahrensbeistand Das Jugendamt - § 162 Abs. 2 Satz 1 Fam. FG Die Pflegeperson - § 161 Fam. FG

Das familiengerichtliche Verfahrensbeteiligte § 7 Fam. FG – Folgen der Verfahrensbeteiligung - Mitwirkungsrechte Antragstellung,

Das familiengerichtliche Verfahrensbeteiligte § 7 Fam. FG – Folgen der Verfahrensbeteiligung - Mitwirkungsrechte Antragstellung, § 25 Fam. FG Empfänger von Hinweispflichten des Gerichts, § 28 Fam. FG Persönliche Anhörungsverpflichtung, § 34 Fam. FG, Anordnung persönliches Erscheinen, § 33 Fam. FG Einsichtnahme in gerichtliche Akten, § 13 Fam. FG Einsichtnahme in gerichtlich eingeholte Gutachten Bekanntgabe von Dokumenten und Entscheidungen §§ 15, 41 Fam. FG Kostentragungspflichten, §§ 81 ff. Fam. FG Beschwerdeberechtigung, 58 ff Fam. FG

Das familiengerichtliche Verfahren Aufklärung des Sachverhaltes ■ Amtsermittlungsgrundsatz - § 26 Fam. FG ■

Das familiengerichtliche Verfahren Aufklärung des Sachverhaltes ■ Amtsermittlungsgrundsatz - § 26 Fam. FG ■ Hinweispflichten des Gerichts ■ Anordnung des persönlichen Erscheinens zur Aufklärung - ■ ■ ■ Beteiligtenvernehmung Kindesanhörung, § 159 Fam. FG – siehe auch § 163 a Fam. FG: das Kind ist weder als Zeuge noch als Beteiligter anzuhören Einbeziehung weiterer Personen - Zeugeneinvernahme Fachliche Stellungnahme des Jugendamtes Inaugenscheinnahme (z. B. Hausbesuch) Einholung eines Sachverständigengutachtens Urkundenvorlage

Das familiengerichtliche Verfahren Aufklärung des Sachverhaltes - Mitwirkung des Jugendamtes in Verfahren vor dem

Das familiengerichtliche Verfahren Aufklärung des Sachverhaltes - Mitwirkung des Jugendamtes in Verfahren vor dem Familiengericht ■Tatsachen – ■Tatsachen ■- Tatsachen

Das familiengerichtliche Verfahren Aufklärung des Sachverhaltes – Mitwirkung des Jugendamtes in Verfahren vor dem

Das familiengerichtliche Verfahren Aufklärung des Sachverhaltes – Mitwirkung des Jugendamtes in Verfahren vor dem Familiengericht, § 50 SGB VIII (1) 1 Das Jugendamt unterstützt das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen. 2 Es hat in folgenden Verfahren nach dem Fam. FG mitzuwirken: 1. Kindschaftssachen (§ 162 Fam. FG), . . (2) 1 Das Jugendamt unterrichtet insbesondere über angebotene und erbrachte Leistungen, bringt erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen ein und weist auf weitere Möglichkeiten der Hilfe hin. 2 In Kindschaftssachen informiert das Jugendamt das Familiengericht in dem Termin nach § 155 Absatz Fam. FG über den Stand des Beratungsprozesses. (3). . . (zu § 155 a Fam. FG)

Das familiengerichtliche Verfahren Aufklärung des Sachverhaltes ■ Antrag bzw. Anregung der Einleitung eines Verfahrens

Das familiengerichtliche Verfahren Aufklärung des Sachverhaltes ■ Antrag bzw. Anregung der Einleitung eines Verfahrens wegen ■ ■ ■ Kindeswohlgefährdung an das Familiengericht, Fassung so konkret wie möglich (nur das Ziel muss beschrieben werden) Beschreibung der Situation in der Familie; nur Tatsachen zählen! Wer gehört zur Familie; Benennung sonstiger Beteiligter; einzelne Vorkommnisse sollten so konkret wie möglich beschrieben werden. Je gravierender Eingriff in die elterliche Sorge für notwendig erachtet wird, desto höher wird der Begründungsaufwand für das Gericht. Beschreibung der bereits erfolgten Hilfen und sonstigen Maßnahme, auch durch dritte Personen und Einrichtungen Beschreibung der Mitwirkungsbereitschaft der Eltern so konkret wie möglich

Das familiengerichtliche Verfahren Aufklärung des Sachverhaltes – Hilfestellung des Jugendamtes ■ Ziel der Antragstellung

Das familiengerichtliche Verfahren Aufklärung des Sachverhaltes – Hilfestellung des Jugendamtes ■ Ziel der Antragstellung – Blick auf die Folgen – Ist eine einstweilige ■ ■ ■ Anordnung erforderlich? Beifügung von Berichten z. B. der Schule, Kita, KJP (nicht nur zitieren), Fotos und anderen Dokumenten (Ampel? ) Hinweise oder Bitten an das Familiengericht (Beschleunigung, Entschleunigung, Verfahrensbeistand, Hausbesuch, persönliche Anhörung des Kindes und der Eltern, getrennte Anhörung der Eltern. . ) Fachliche Bewertung des Jugendamtes

Das familiengerichtliche Verfahren Vorrang und Beschleunigungsgebot in Verfahren, die das Kindeswohl betreffen § 155

Das familiengerichtliche Verfahren Vorrang und Beschleunigungsgebot in Verfahren, die das Kindeswohl betreffen § 155 Fam. FG Erörterung innerhalb eines Monats mit den Beteiligten, manchmal ist Entschleunigung angesagt! Kein schriftlicher Bericht des Jugendamtes Terminsverlegung nur aus zwingenden Gründen Vorranggebot in jeder Phase des Verfahrens

Das familiengerichtliche Verfahren Erörterungsgespräch in Verfahren wegen einer Kindeswohlgefährdung - § 157 Fam. FG

Das familiengerichtliche Verfahren Erörterungsgespräch in Verfahren wegen einer Kindeswohlgefährdung - § 157 Fam. FG ■ ■ ■ ■ Verfahren §§ 1666, 1666 a BGB Alle Beteiligte an einen Tisch Zwingende Beteiligung der Verfahrensbevollmächtigten Erörterung der Kindeswohlgefährdung Herbeiführung von Veränderungen in der Familie – Inanspruchnahme von Hilfen Herbeiführung der Akzeptanz einer Entscheidung Ist eine einstweilige Anordnung notwendig? Der Richter führt kein Erziehungsgespräch. „an einem Strang ziehen“ der Professionen – Grenzen des Cochemer Modells bei Verfahren nach §§ 1666, 1666 a BGB. Wie weit darf die Herbeiführung eines Konsenses gehen? Welche Kompetenzen haben die Eltern?

Das familiengerichtliche Verfahrensbeistand § 158 Fam. FG ■ ■ ■ ■ ■ Interessenfeststellung und

Das familiengerichtliche Verfahrensbeistand § 158 Fam. FG ■ ■ ■ ■ ■ Interessenfeststellung und Interessenwahrnehmung für das Kind Bei Interessenwiderstreit – gegensätzliche Anträge allein reichen nicht aus! – Regelbeispiele im Gesetz angegeben Kein gesetzlicher Vertreter ! Hinwirkenspflicht des Verfahrensbeistandes Lernt das Kind im Haushalt kennen Begleitet das Kind zur Anhörung Frühzeitige Bestellung nicht anfechtbar Abstimmung zwischen Jugendamt und Verfahrensbeistand notwendig

Das familiengerichtliche Verfahren Anhörung des Kindes § 159 Fam. FG ■ Zwingend ist die

Das familiengerichtliche Verfahren Anhörung des Kindes § 159 Fam. FG ■ Zwingend ist die Anhörung ab 14 Jahre ■ Wenn noch nicht 14 Jahre alt: wenn Neigungen, Bindungen und Wille des ■ Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sind. Gefahr im Verzug: Nachholungspflicht UN-Kinderrechtskonvention: „Die Vertragsstaaten sichern dem Kind das Recht zu … (seine) Meinung frei zu äußern und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife. “ – Anhörung bekommt unterschiedlichen Charakter. Die Anhörung eines jüngeren Kindes dient insbesondere der Feststellung der Situation des Kindes und der Familien, vielleicht auch Erforschung von Wünschen. Problem ist die Willensfeststellung!! Gut können sich kleine Kinder kleinen überschaubaren Fragestellungen äußern. Der Inhalt der Anhörung verschiebt sich mit dem wachsenden Alter des Kindes von einem Kennenlernen, Begreifen, Transportieren hin zur Willenserforschung.

Das familiengerichtliche Verfahren Das Sachverständigengutachten § 163 Fam. FG ■ Lösungsorientiertes Gutachten – Statusgutachten

Das familiengerichtliche Verfahren Das Sachverständigengutachten § 163 Fam. FG ■ Lösungsorientiertes Gutachten – Statusgutachten ■ Lösungsorientierte Begutachtung auch im Verfahren ■ ■ nach § 1666 BGB ! Fristsetzung notwendig Auswahl der Gutachterin bzw. des Gutachter - Berufsqualifikation Problem: Qualität der Gutachten – Diskussion bezieht sich auf schriftlich Gutachten Mündliche oder schriftliche Gutachten ?

Das familiengerichtliche Verfahren Rechtsmittel § 58 ff. Fam. FG ■ Wehren Sie sich !

Das familiengerichtliche Verfahren Rechtsmittel § 58 ff. Fam. FG ■ Wehren Sie sich ! – Nehmen Sie Stellung, auch, wenn sie nicht gefragt werden. ■ Das Jugendamt als Beteiligter des Verfahrens kann Rechtsmittel einlegen ■ Keine Angst vor Kostentragungslasten

Netzwerk - Rahmenbedingungen Netzwerk „Frühe Hilfen / Kinderschutz Erfurt“ Gründung 2013 Vernetzung Austausch von

Netzwerk - Rahmenbedingungen Netzwerk „Frühe Hilfen / Kinderschutz Erfurt“ Gründung 2013 Vernetzung Austausch von Telefonnummern Kennenlernen der Arbeitsweise anderer Professionen Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen Diskussionen

Netzwerk - Rahmenbedingungen Erfurter Arbeitskreis „Kinder bei Trennung und Scheidung“ - Ki. TS Gründung

Netzwerk - Rahmenbedingungen Erfurter Arbeitskreis „Kinder bei Trennung und Scheidung“ - Ki. TS Gründung 2006 Vernetzung 1 Erarbeitung eines Ablaufmodells unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse 2 Fortschreibung des Ablaufmodells Kennenlernen der Arbeitsweise anderer Professionen Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen 1 Persönliche Kontakte 2 Cochemer Modell als Arbeitsgrundlage, Anpassung an die örtlichen Verhältnisse, Beschreibung der Schnittstellen

Vielen Dank

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