Ringvorlesung Einfhrung in die Methoden der Empirischen Sozialforschung

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Ringvorlesung: Einführung in die Methoden der Empirischen Sozialforschung Teil: Forschungslogik VI TU Dresden –

Ringvorlesung: Einführung in die Methoden der Empirischen Sozialforschung Teil: Forschungslogik VI TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Gliederung des Teils ‚Forschungslogik‘ 1. 2. 3. 4. 5. 6. Einführendes: Organisatorisches, Grundgedanken und

Gliederung des Teils ‚Forschungslogik‘ 1. 2. 3. 4. 5. 6. Einführendes: Organisatorisches, Grundgedanken und Geschichte von Sozialforschung Forschung: Aufgaben von Wissenschaft, hierzu geeignete Methoden und der Forschungsprozess Grundlagen: Wissenschaft und Wahrheit, wissenschaftliche Aussagen und die ihnen zugrunde liegenden Erkenntnisprozesse Denkwerkzeug: Begriffe, Aussagen, Theorien und Modelle Theorie und Wirklichkeit: Theoriebildung und Theorieprüfung; Ratschläge zu typischen Forschungsstilen und Interpretationsfehlern Ergebnissicherung: Merkmalsräume, Typologien und Klassifikationen Ø In der Regel aus Zeitgründen nicht in der Vorlesung behandelt TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Wie macht man zentrale theoretische Forschungsergebnisse überschaubar? Achtung: Es muss das Streben nach ‚Gestalterkenntnis‘

Wie macht man zentrale theoretische Forschungsergebnisse überschaubar? Achtung: Es muss das Streben nach ‚Gestalterkenntnis‘ bzw. nach dem Erkennen von Strukturen und Typen im interessierenden Wirklichkeitsausschnitt stets dem Streben nach Erklärungen vorausgehen, weil sonst der Erkenntnisprozess bei vielen, in ihren wechselseitigen Zusammenhängen schwer überschaubaren Einzelerklärungen endet, ohne zu einem Eindruck vom ‚großen Ganzen‘ geführt zu haben! ü ‚gestalterfassende‘ Möglichkeiten ü Merkmalsräume ü Typologien ü Klassifikationen / Taxonomien ü Erklärungsmodelle Ø Pfeilmodelle (wie bereits behandelt) TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Merkmalsräume = Standardmöglichkeit, die einer Mehrzahl von Fällen oder Variablen eigentümliche ‚Gruppenstruktur‘ sichtbar zu

Merkmalsräume = Standardmöglichkeit, die einer Mehrzahl von Fällen oder Variablen eigentümliche ‚Gruppenstruktur‘ sichtbar zu machen und zu erkennen ü Zweck: (Vergleichs-) Fälle oder analytische Kategorien sollen in einer Weise übersichtlich gegliedert werden, die für die Beantwortung einer Fragestellung oder die Lösung eines Problems wichtig ist. ü Am wichtigsten: ein-, zwei- und dreidimensionale Merkmalsräume ü … und falls sich in der Verteilung der Fälle im Merkmalsraum ein Muster zeigt: dann bildet man eine Typologie! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Achtung: Validität und Reliabilität sicherstellen! eindimensionaler Merkmalsraum entweder anhan d z. B. politische Aussagen

Achtung: Validität und Reliabilität sicherstellen! eindimensionaler Merkmalsraum entweder anhan d z. B. politische Aussagen von Messwerten oder ‚intuitiv‘ Verortung der Variablen oder Fälle auf dem Merkmalskontinuum z. B. Parteien ‚Vergesellschaftung der Produktionsmittel !‘ PDS z. B. ‚links‘ ‚Ausländer raus dem Arbeitsmarkt!‘ ‚Soziale Marktwirtschaft!‘ SPD CDU Merkmalskontinuum Definition polarer Eckpunkte TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt NPD z. B. ‚rechts‘

Analyse: hermeneutisch und statistisch (Zusammenhangsmaß, Regression …) nähere Infos zweidimensionaler Merkmalsraum Variablenausprägungen … Variable

Analyse: hermeneutisch und statistisch (Zusammenhangsmaß, Regression …) nähere Infos zweidimensionaler Merkmalsraum Variablenausprägungen … Variable A Ausprägungen der Variable B Ausprägungen der Variable A ## # F 75 USA ### ## 30 ## 22 Frage: Was besagt das alles? D, UK 17 (beliebig viele in beliebigen Kombinationen): • nominalskaliert (= Anordnung der Kategorien vertauschbar) • ordinalskaliert (= Anordnung der Kategorien nicht vertauschbar) • metrisch skaliert (= mit den Zahlenwerten der ‚Koordinaten‘ kann ganz normal gerechnet werden) Fälle eintragen: intu i nac tiv ode r h. M ess wer • mit Namen, oder • durch Symbole, oder • als Fallzahlen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt ten

keine Aussagen über Zusammenwirken der Variablen! Einfachster 2 -D-Raum: Vier-Felder-Tafel ü entsteht durch ‚Kreuztabellierung‘

keine Aussagen über Zusammenwirken der Variablen! Einfachster 2 -D-Raum: Vier-Felder-Tafel ü entsteht durch ‚Kreuztabellierung‘ von zwei Variablen mit je zwei Ausprägungen ü Beispiel: Landman, Comparative Politics, S. 40 TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Variable 1 Beispiel für 2 -DMerkmalsraum Variable 2 aus: Lijphart, Democracies ‚Operationalisierung‘ sekundäranalytisch ausgewertete

Variable 1 Beispiel für 2 -DMerkmalsraum Variable 2 aus: Lijphart, Democracies ‚Operationalisierung‘ sekundäranalytisch ausgewertete Quellen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

klassisches Beispiel für 2 -D-Merkmalsraum Landman, Comparative Politics, S. 7 TU Dresden – Institut

klassisches Beispiel für 2 -D-Merkmalsraum Landman, Comparative Politics, S. 7 TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Analyse: hermeneutisch und statistisch (etwa: multidimensionale Skalierung …) dreidimensionaler Merkmalsraum Variablenausprägungen … (beliebig viele

Analyse: hermeneutisch und statistisch (etwa: multidimensionale Skalierung …) dreidimensionaler Merkmalsraum Variablenausprägungen … (beliebig viele in beliebigen Kombinationen): • nominalskaliert (= Anordnung der Kategorien vertauschbar) Variable B • ordinalskaliert (= Anordnung der Kategorien nicht vertauschbar) ble a i r C Va • metrisch skaliert (= mit den Zahlenwerten der ‚Koordinaten‘ kann ganz normal gerechnet werden) Fälle eintragen: Variable A Frage: Was besagt das alles? intu i nac tiv ode r h. M ess wer • mit Namen, oder • durch Symbole, oder • als Fallzahlen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt ten

Ausgangsdaten: Beispiel für 3 -D-Merkmalsraum Pennings, Paul et al. , Doing Research in Political

Ausgangsdaten: Beispiel für 3 -D-Merkmalsraum Pennings, Paul et al. , Doing Research in Political Science, London 1999, S. 288 = Operationalisierung TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Wie bildet man eine (dreidimensionale) Typologie? Re alt yp olo gie ‚Realtypen‘: im Datenmaterial

Wie bildet man eine (dreidimensionale) Typologie? Re alt yp olo gie ‚Realtypen‘: im Datenmaterial vorgefunden! Fragestellung Fälle Typ A Variable III Variable II Typ B Variable I Typ C TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Schnittst elle zur m athemat Modellie ischen rung pol itischer P rozesse (‚positive political

Schnittst elle zur m athemat Modellie ischen rung pol itischer P rozesse (‚positive political theory‘) Realtyp vs. Idealtyp ü Realtyp: ‚Cluster‘ von tatsächlich vorkommenden Fällen bzw. Merkmalskombinationen Zweck: Ordnungsstrukturen entdecken ü Idealtyp: Konfiguration von Extremwerten auf den Vergleichskategorien Zweck: ü Gedankliche Analyse der Funktionslogik solcher (Extrem-)Konfigurationen (‚Gedankenexperimente‘) ü Analyse und Beurteilung von realen Fälle oder Merkmalskombinationen anhand der in solchen ‚Gedankenexperimenten‘ gewonnenen Vermutungen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Wie arbeitet man mit ‚Idealtypen‘? (dreidimensional) Ide alt yp olo gie ‚Idealtypen‘: durch Theoriebildung

Wie arbeitet man mit ‚Idealtypen‘? (dreidimensional) Ide alt yp olo gie ‚Idealtypen‘: durch Theoriebildung ‚konstruiert‘ Fragestellung Fälle Fallgruppe A Fallgruppe B Fallgruppe C Variable III Variable I Interpretation der Fallgruppen im Licht der Idealtypen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Zusammenfassung: Was ist eine Typologie? ü Eine Typologie ist ein mehrdimensionaler Merkmalsraum. ü Dessen

Zusammenfassung: Was ist eine Typologie? ü Eine Typologie ist ein mehrdimensionaler Merkmalsraum. ü Dessen Dimensionen werden von zentralen forschungsleitenden Variablen gebildet. ü Innerhalb dieses Merkmalsraums werden die Fälle anhand der Merkmalsausprägungen dieser forschungsleitenden Variablen sortiert. ü Bilden sich dabei ‚Cluster‘ von Fällen, so hat man (Real-) ‚Typen‘ gefunden und kann auf ihnen eine (Real-) ‚Typologie‘ aufbauen. TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Zweck einer Typologie ü ‚Kurzschrift‘ für Ergebnisse von (System-) Vergleichen ü Systematisierung erarbeiteten Wissens

Zweck einer Typologie ü ‚Kurzschrift‘ für Ergebnisse von (System-) Vergleichen ü Systematisierung erarbeiteten Wissens ü Aufbewahrung und Verfügbarhaltung erarbeiteten Wissens ü Inspiration für weiterführende Fragestellungen ü Rolle als ‚forschungsleitende Theorie‘ TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Arten von Typologien ü Idealtypologie vs. Realtypologie ü z. B. Max Webers Typen ‚reiner

Arten von Typologien ü Idealtypologie vs. Realtypologie ü z. B. Max Webers Typen ‚reiner Legitimität‘ vs. ü Typologie freiheitlicher Regierungssysteme: parlamentarisch – semiparlamentarisch – präsidentiell ü Strukturtypologie vs. Prozesstypologie ü z. B. Gesellschaftsstruktur: agrarisch – industriell – postindustriell vs. ü Gesellschaftsentwicklung: Evolution – Revolution - Transformation ü Globaltypologie vs. Bereichstypologie ü z. B. Typologie politischer Systeme im allgemeinen vs. ü Typologie freiheitlicher Regierungssysteme TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Klassifikationen ü = sind Merkmalsräume beliebig vieler theoretisch gut begründeter Dimensionen, in denen sich

Klassifikationen ü = sind Merkmalsräume beliebig vieler theoretisch gut begründeter Dimensionen, in denen sich alle Untersuchungsfälle eindeutig genau einer einzigen Stelle im Klassifikationssystem zuordnen lassen. Ø Beispiele: Periodensystem der Elemente, Klassifikation der Tiere und Pflanzen ü ‚schwächere‘ Form: Taxonomie = Merkmalsraum, in dem die Untersuchungsfälle vorläufig und ohne Anspruch auf bleibende theoretische Trennschärfe gegliedert werden TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Damit sollte klar sein … ü was ein-, zwei- und dreidimensionale Merkmalsräume sind und

Damit sollte klar sein … ü was ein-, zwei- und dreidimensionale Merkmalsräume sind und wie man mit ihnen arbeitet ü was Typologien sind und wofür sie dienen ü was insbesondere die Unterschiede zwischen Real- und Idealtypen bzw. Real- und Idealtypologien sind ü welche weiteren Formen von Typologien man unterscheidet ü was Klassifikationen und Taxonomien sind sowie wofür man sie nutzt ü in welchem Verhältnis die Entdeckung von ‚Gestalten‘ bzw. Strukturen im interessierenden Wirklichkeitsausschnitt zum Versuch steht, Aufgefundenes zu erklären Noch Fragen? – Bitte! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt