Deutsche Grammatik I Vt Dovalil Ph D Finite

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Deutsche Grammatik I Vít Dovalil, Ph. D. Finite Verbformen Vít Dovalil, Ph. D.

Deutsche Grammatik I Vít Dovalil, Ph. D. Finite Verbformen Vít Dovalil, Ph. D.

Finite Verbformen drücken grammatische Kategorien aus: Person, Numerus, Tempus, Modus, Genus verbi n Person

Finite Verbformen drücken grammatische Kategorien aus: Person, Numerus, Tempus, Modus, Genus verbi n Person – sprechende (ich, wir), angesprochene (du, ihr, Sie seit dem 17. Jh. ), besprochene Person (er, sie, es) n Bestandteil analytischer Formen (Indikativ, Konjunktiv) n Imperativ – synthetisch (komm, kommt) n Vít Dovalil, Ph. D.

Finite Verbformen Person, Numerus n du komm-st eindeutig – Redundanz der Person n komm-t

Finite Verbformen Person, Numerus n du komm-st eindeutig – Redundanz der Person n komm-t 3. P. Sg. er/sie/es kommt 2. P. Pl. ihr kommt n komm-en 1. oder 3. P. Pl. wir/sie kommen Vít Dovalil, Ph. D.

Finite Verbformen Person, Numerus vom Substantiv vererbt n Synkretismus – Person und Numerus in

Finite Verbformen Person, Numerus vom Substantiv vererbt n Synkretismus – Person und Numerus in einem Allomorph mitausgedrückt n Neutralisation: Auf dem Wenzelsplatz wimmelt es von Menschen. Mehrere Menschen in ES enthalten n Transposition – Übertragung der Person (man) – man hat es mir gesagt n Vít Dovalil, Ph. D.

Finite Verbformen Person, Numerus Pl. maiestaticus Wir, Karl der Vierte, haben beschlossen. . .

Finite Verbformen Person, Numerus Pl. maiestaticus Wir, Karl der Vierte, haben beschlossen. . . n Pl. auctoris (modestiae) In diesem Aufsatz widmen wir uns der Frage. . . n Pl. benevolentiae Wir gehen schlafen statt geh(t) schlafen n Vít Dovalil, Ph. D.

Finite Verbformen - Tempus Präsens, Präteritum n alle Formen bilden das Paradigma n regelmäßige

Finite Verbformen - Tempus Präsens, Präteritum n alle Formen bilden das Paradigma n regelmäßige oder unregelmäßige Konjugation stark Mischtyp Basismorphem nicht geändert – Verben auf –ieren, -eln, -ern, -igen, -lichen n Allomorphe gleich für beide Konjugationstypen n -e, (e)st, (e)t, en n Vít Dovalil, Ph. D.

Finite Verbformen - Tempus Präsens (Präteritum) n aus phonetischen Gründen durch –e ergänzt du

Finite Verbformen - Tempus Präsens (Präteritum) n aus phonetischen Gründen durch –e ergänzt du kaufst x atmest, rechnest, redest, antwortest n aus phonetischen Gründen kontrahiert du grüßt, heißt, lässt – 2. P. mit der 3. P. identisch n Vít Dovalil, Ph. D.

Introflexion Signal der unregelmäßigen Konjugation n 3 Erscheinungen der Introflexion n Umlaut Ablaut Brechung

Introflexion Signal der unregelmäßigen Konjugation n 3 Erscheinungen der Introflexion n Umlaut Ablaut Brechung im Indikativ Präsens Sg. , A Ä (schlafen – schläfst), AU ÄU (laufen – läufst), O Ö (stoßen – stößt) Imperativ und Konjunktiv nicht umgelautet Vít Dovalil, Ph. D.

Starke Konjugation Indikativ und Konjunktiv Präteritum n Partizip II n 2. bzw. 3. P.

Starke Konjugation Indikativ und Konjunktiv Präteritum n Partizip II n 2. bzw. 3. P. Sg. Ind. Präs. Akt. und Imp. n allgemeine Tendenz: stark schwach 1. neue Verben – filmen, entölen, röntgen, mailen 2. Verben mit abgeschlossenem Übergang bellen 3. Verben mitten im Übergang n Vít Dovalil, Ph. D.

starke Konjugation - Tendenzen n 1. 2. 3. Faktoren Vorkommenshäufigkeit: hohe Gebrauchsfrequenz einiger starker

starke Konjugation - Tendenzen n 1. 2. 3. Faktoren Vorkommenshäufigkeit: hohe Gebrauchsfrequenz einiger starker Verben seltenere Verben: im gesprochenen D. eher schwach, im geschriebenen stark flektiert Dialekte – können sowohl konservativ, als auch progressiv wirken Vít Dovalil, Ph. D.

Differenzierung 3. 1 semantisch: schaffen, sprießen, schleifen, bewegen, wiegen, scheren, pflegen Bsp. pflegen –

Differenzierung 3. 1 semantisch: schaffen, sprießen, schleifen, bewegen, wiegen, scheren, pflegen Bsp. pflegen – pflog – gepflogen: eingeschr. Sem. verhandeln, Rat/Freundschaft pflegen Bsp. scheren – schor – geschoren (19. Jh. ) schneiden schwankend: sich kümmern um schwach (20. Jh. ) unterstützt durch schriftlichen Sprachgebrauch Vít Dovalil, Ph. D.

Differenzierung 3. 2 grammatisch: hängen, erschrecken, bleichen, stecken, quellen, schwellen, löschen 3. 3 weder

Differenzierung 3. 2 grammatisch: hängen, erschrecken, bleichen, stecken, quellen, schwellen, löschen 3. 3 weder semantisch, noch grammatisch (echte Schwankung): melken, glimmen, klimmen, schleißen, sieden, stieben 3. 3. 1 stilistische Markierung: triefen, sprießen Vít Dovalil, Ph. D.

Differenzierung 3. 3. 2 häufiger stark konjugiert: klimmen 3. 3. 3 häufiger schwach konjugiert:

Differenzierung 3. 3. 2 häufiger stark konjugiert: klimmen 3. 3. 3 häufiger schwach konjugiert: glimmen 3. 3. 4 gespaltene Konjugation: melken eher schwaches Präteritum melkte (seltener molk) eher starkes Partizip II gemolken (seltener gemelkt) Vít Dovalil, Ph. D.

Gebrauchsverhältnisse (Gr. 3. 3) 1. sehr seltene Lexeme: klimmen, schleißen 2. häufigere Lexeme, stark/schwach

Gebrauchsverhältnisse (Gr. 3. 3) 1. sehr seltene Lexeme: klimmen, schleißen 2. häufigere Lexeme, stark/schwach gleichwertig: saugen, glimmen, triefen 3. schwankend, vorwiegend aber schwach: küren, gären 4. Vergangenheit durch Präteritum, das Prät. stark: scheinen, stieben, gleiten 5. starkes P II: dingen, melken, sieden Vít Dovalil, Ph. D.

Umgekehrte Tendenz schwach stark preisen, weisen, pfeifen, gleichen Aktuell: insgesamt 191 unregelmäßige Verben, 49

Umgekehrte Tendenz schwach stark preisen, weisen, pfeifen, gleichen Aktuell: insgesamt 191 unregelmäßige Verben, 49 davon kommentiert (Dudenwerke nach 1997) Bemerkungen: höhere Vorkommenshäufigkeit schwacher/starker Formen, Zugehörigkeit zu Varietäten, Stilistik Vít Dovalil, Ph. D.

Tempus Diskurs besonders seit 1964 (Harald Weinrich) n Bilden die Tempora im Deutschen ein

Tempus Diskurs besonders seit 1964 (Harald Weinrich) n Bilden die Tempora im Deutschen ein System? n Tempus als Zeichen n Auf welchem Kriterium würde ein solches System beruhen? n Semantik? – Ist die (Darstellungs)Funktion eines Tempus die Zeitreferenz? (= spiegeln die Tempora die Zeitverhältnisse wider? ) n Vít Dovalil, Ph. D.

Präsens kein Aspekt n Fast jedes deutsche Verb kann zweimal ins Tschechische übersetzt werden

Präsens kein Aspekt n Fast jedes deutsche Verb kann zweimal ins Tschechische übersetzt werden n Gegenwart aktuell ich spreche, (tun + Inf. I, am) bereits angefangen ich wohne in Prag n Akt. = Sprech. = Betr. Vít Dovalil, Ph. D.

Präsens (atemporal) wiederholtes Geschehen – unsere Vorlesung findet montags statt n allgemeine Aussagen –

Präsens (atemporal) wiederholtes Geschehen – unsere Vorlesung findet montags statt n allgemeine Aussagen – generelles Präsens Definitionen, Sprichwörter, Aphorismen Der Kern von Plutonium enthält 94 Protonen. n Akt. Sprech. = Betr/Akt. Vít Dovalil, Ph. D. Akt.

Präsens n historisches Präsens – Stilmittel Akt=Betr n Sprechzeit Zukunft – was machst du

Präsens n historisches Präsens – Stilmittel Akt=Betr n Sprechzeit Zukunft – was machst du nächste Woche? Spr. Vít Dovalil, Ph. D. Akt=Betr.

Präteritum Akt=Betr Sprechzeit Vergangenheit: Ich kaufte (gestern) ein Buch. wichtigstes Erzähltempus n Erlebte Rede/Reflexion

Präteritum Akt=Betr Sprechzeit Vergangenheit: Ich kaufte (gestern) ein Buch. wichtigstes Erzähltempus n Erlebte Rede/Reflexion – Präteritum und Perfekt gegenseitig nicht austauschbar n im Vordergrund steht, was einer handelnden Person (= dem Reflektierenden) durch den Kopf geht Vít Dovalil, Ph. D.

Erlebte Rede n 1. 2. 3. 4. 5. Regularitäten Personen- und Tempusmarkierung Präteritum bezeichnet

Erlebte Rede n 1. 2. 3. 4. 5. Regularitäten Personen- und Tempusmarkierung Präteritum bezeichnet gegenwärtige Sachverhalte pronominale Perspektive (Figurenperspektive) Hauptsatzform häufig Emotionen, Empfindungen, Wahrnehmungen des/der Reflektierenden Vít Dovalil, Ph. D.

Tempora in der erlebten Rede Präsens Präteritum n Perfekt, Präteritum Plusquamperfekt n Futur I,

Tempora in der erlebten Rede Präsens Präteritum n Perfekt, Präteritum Plusquamperfekt n Futur I, futurisches Präsens würde-Form bzw. Konjunktiv Präteritum n Modi unverändert Pronominalverschiebung n 1. Person 3. Person (nicht im Ich-Roman) n Vít Dovalil, Ph. D.

Präteritum und Perfekt Fälle der Nicht-Austauschbarkeit 1. erlebte Rede/Reflexion 2. Temporalsätze – Konjunktionen bis,

Präteritum und Perfekt Fälle der Nicht-Austauschbarkeit 1. erlebte Rede/Reflexion 2. Temporalsätze – Konjunktionen bis, bevor, ehe, solange mit Negation (= Vorzeitigkeit !) Bis er sein Zimmer nicht aufgeräumt hat, darf er nicht hinausgehen! Konditionale Nebenbedeutung: Erst wenn er sein Zimmer aufgeräumt hat, darf er hinausgehen. n Vít Dovalil, Ph. D.

Präteritum und Perfekt 3. Temporalsätze – Konjunktionen nachdem, wenn gegenwarts- bzw. zukunftsbezogen n Jetzt

Präteritum und Perfekt 3. Temporalsätze – Konjunktionen nachdem, wenn gegenwarts- bzw. zukunftsbezogen n Jetzt nachdem wir den Aufsatz geschrieben haben, können wir uns endlich etwas Ruhe gönnen. n Wenn sie den Gipfel erreicht haben, machen sie eine längere Pause. Perfekt ~ reduziertes Futur II Sprz. Aktz. Vít Dovalil, Ph. D. Betrz.

Präteritum und Perfekt 4. perfektdefiziente Verben (bzw. bestimmte Gebrauchsvarianten): pflegen (gewohnheitsmäßig tun), scheinen (modalverbähnlich),

Präteritum und Perfekt 4. perfektdefiziente Verben (bzw. bestimmte Gebrauchsvarianten): pflegen (gewohnheitsmäßig tun), scheinen (modalverbähnlich), angehen (? ), gedenken (? ), drohen (= nahe daran sein), belieben (= bereit sein, gern tun), suchen (mit Mühe anstreben, sich bemühen), anheben (= beginnen, veraltet), sich unterstehen (= etwas Ungehöriges tun), versprechen (= als erwünscht bevorstehen) Vít Dovalil, Ph. D.

Präteritum und Perfekt 5. MV epistemisch x deontisch gebraucht: Vermutung in der Vergangenheit über

Präteritum und Perfekt 5. MV epistemisch x deontisch gebraucht: Vermutung in der Vergangenheit über ein vorzeitiges Geschehen/fremde Meinung Er musste/konnte/mochte/sollte/wollte es gelesen haben. X Er hat es lesen müssen/können/dürfen /mögen/wollen/sollen. 6. pragmatisch bedingt - Höflichkeitsformen Vít Dovalil, Ph. D.

Präteritum und Perfekt Rückgang des Präteritums (gesprochenes Dt. ) n im obd. Raum Präteritumsschwund

Präteritum und Perfekt Rückgang des Präteritums (gesprochenes Dt. ) n im obd. Raum Präteritumsschwund – Ausfall des unbetonten e-Lauts Präsens und Präteritum schwacher Verben ununterscheidbar (Lindgren 1957) n neues Perfekt ~ analytisches Präteritum (Leiss 1992), ein neuer Grammatikalisierungsprozess, übereinzelsprachlich beobachtbar n Vít Dovalil, Ph. D.

Präteritum und Perfekt Harweg 1975: „Wir empfinden einen deutlichen Bedeutungsunterschied zwischen den Formen. “

Präteritum und Perfekt Harweg 1975: „Wir empfinden einen deutlichen Bedeutungsunterschied zwischen den Formen. “ n Hennig 2000: „Der im Sprachsystem angelegte und in bestimmten Textsorten […] benutzte Unterschied zwischen Perfekt und Präteritum ist im Sprachgefühl des Nichtlinguisten kaum noch vorhanden. “ n Vít Dovalil, Ph. D.

Präteritum und Perfekt (Hennig) 182 Befragte n Schlusssätze von Goethes Werther: „Handwerker trugen ihn.

Präteritum und Perfekt (Hennig) 182 Befragte n Schlusssätze von Goethes Werther: „Handwerker trugen ihn. Kein Geistlicher hat ihn begleitet. “ n unterschiedliche Bedeutungen? (119 - nein) n beliebig austauschbar? (88 – ja) n Welchen Text halten Sie für das Original? n Vít Dovalil, Ph. D.

Zusammenfassung Funktionen von Tempora als sprachlichen Indizes erst in Texten adäquat interpretierbar n Textfunktionen

Zusammenfassung Funktionen von Tempora als sprachlichen Indizes erst in Texten adäquat interpretierbar n Textfunktionen der Tempusformen bei weitem nicht nur zeitreferentiell n relative Zeitbetrachtung (Vor-, Gleich-, Nachzeitigkeit) n absolute Zeitbetrachtung (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) n Vít Dovalil, Ph. D.

Tempora im grammatischen Diskurs Engel (1988: 496) – Präteritum sei das „einzige reine Tempus

Tempora im grammatischen Diskurs Engel (1988: 496) – Präteritum sei das „einzige reine Tempus überhaupt“ Futur dem „Modalverbkomplex“ zugeordnet Engel (2004: 263) – Kap. 4. 8 „Tempus? “ Weinrich (seit 1964) – Tempusformen eine nicht temporale Bedeutung als die primäre Zwei Register – Besprechen und Erzählen Vít Dovalil, Ph. D.

Wie viele Tempora im Deutschen? Futur II ? Einwände schon in Paul 1920 oder

Wie viele Tempora im Deutschen? Futur II ? Einwände schon in Paul 1920 oder Behaghel 1924 (aber Thieroff 1992 !!) 5 Tempora (Brinkmann 1971 oder Glinz 1975) n Futur I ? Einwände spätestens seit Vater 1975 4 Tempora (Vater 1983, Schulz/Griesbach 1986) n Vít Dovalil, Ph. D.

Wie viele Tempora im Deutschen? Perfekt, Plusquamperfekt – keine Tempus-, sondern Aspektstrukturen – perfektische

Wie viele Tempora im Deutschen? Perfekt, Plusquamperfekt – keine Tempus-, sondern Aspektstrukturen – perfektische Aspekte 2 (synthetische) Tempora n Präsens und Präteritum ? (Bartsch 1980 als Fachstudie, Engel 1988 als Grammatik) n Präsens „zeitlos“ (Mugler 1988) 1 Tempus n Präteritum – oder ist das Deutsche tempuslos? n Vít Dovalil, Ph. D.

Zusammenfassung - Textfunktionen Zu welchem Zweck werden in Texten Tempusformen eingesetzt? n Marschall 1995/Vater

Zusammenfassung - Textfunktionen Zu welchem Zweck werden in Texten Tempusformen eingesetzt? n Marschall 1995/Vater 1998: Bericht, Erzählung (Sachprosa) n Textanfang – Bezug auf die KS Präsens oder Perfekt wiegen vor Nicht resümierender Charakter Präteritum (erstes Ereignis einer Kette) n Vít Dovalil, Ph. D.

Zusammenfassung - Textfunktionen folgende Textteile – Präteritum, Plusquampf. (Teilereignisse) n abschließender Teil – Sachverhalte

Zusammenfassung - Textfunktionen folgende Textteile – Präteritum, Plusquampf. (Teilereignisse) n abschließender Teil – Sachverhalte kommentiert, Präsens oder Perfekt (Zusammenfassung, Resümee) n Textstrukturierende Funktion der Tempora Vít Dovalil, Ph. D.