Examinatorium Sachenrecht Prof Dr EvaMaria Kieninger So Se
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Examinatorium Sachenrecht Prof. Dr. Eva-Maria Kieninger So. Se 2019 Mo. 9 -12 h HS III
Fall 7: Mechanikerfall A ist Inhaber eines Autohauses. Er erhält Besuch von B, der an einem ganz bestimmten Wagen interessiert, aber nicht zur sofortigen Kaufpreiszahlung in der Lage ist. Man einigt sich darauf, dass B eine Anzahlung zu leisten hat und das Fahrzeug sofort mitnehmen darf. Allerdings behält sich A bis zur endgültigen Begleichung der noch offenen Kaufpreissumme das Eigentum vor. Außerdem müsse B zwischenzeitlich erforderlich werdende Reparaturen auf eigene Kosten durchführen lassen. B ist einverstanden, leistet die Anzahlung und zieht mit dem Wagen von dannen. Wenig später wird der geparkte Wagen durch ein anderes Fahrzeug beschädigt. B beauftragt den C als Inhaber einer Reparaturwerkstatt mit den erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen. C führt die erforderlichen Arbeiten durch und verlangt von B seine Vergütung.
Fall 4 (Fortsetzung) Allerdings ist B dazu wegen massiver finanzieller Probleme nicht mehr in der Lage. Auch die noch offene Kaufpreisforderung des A kann er nicht mehr begleichen. A erklärt gegenüber dem B, somit sei der Verkauf des Fahrzeugs null und nichtig und verlangt von C die Herausgabe des Wagens. C ist empört und meint, solange A nicht für die Reparatur aufkomme, bleibe der Wagen in seiner Werkstatt. Ihn gehe die durch A ausgesprochene „Kündigung“ nichts an. Bearbeitervermerk: Kann A die Herausgabe von C verlangen? Deliktsund bereicherungsrechtliche Ansprüche sind nicht zu prüfen.
Anspruch des A gegen C auf Herausgabe des Kfz • A. § 631 BGB • Kein Werkvertrag zwischen A und C • Stellvertretung gem. § 164 I BGB? • Offenkundigkeit (-) • Vertretungsmacht (-) • Verpflichtungsermächtigung? (-) • Dem deutschen Recht fremd • B soll Reparaturen auf eigene Kosten erledigen, eine Verpflichtungsermächtigung wäre somit widersprüchlich • Wäre Stellvertretung unter Verletzung des Offenkundigkeitsprinzips
Anspruch des A gegen C auf Herausgabe des Kfz • B. § 985 BGB • I. Besitz des C (+) • II. Eigentum des A? • Urspr. (+) • Verloren gem. § 929 I BGB? (-) • Einigung (-) aufschiebend bedingt § 158 I BGB, vgl. § 449 I BGB • Bedingung nicht eingetreten • III. Besitzrecht des C, § 986 BGB • H. M. von Amts wegen zu prüfende Einwendung
Anspruch des A gegen C auf Herausgabe des Kfz • 1. abgeleitetes Besitzrecht, § 986 I 1 Alt. 2 BGB • B (mittelbarer Besitzer) zum Besitz berechtigt • Wegen Reparaturabrede hierzu berechtigt/verpflichtet • Rücktritt des A vom KV ließ dieses jedoch ex nunc entfallen (§ 346 I BGB) • 2. Eigenes Besitzrecht, § 986 I 1 Alt. 1 BGB • a) direkte Anwendung des § 647 BGB (-) • b) analoge Anwendung wegen „Verfügungsermächtigung“? • E. A. : Werkunternehmerpfandrecht analog § 185 BGB erlangt • Arg. : § 647 BGB könnte durch Zwischenschaltung eines Dritten umgangen werden • H. M. : keine Analogie • Arg. : Vermengung von rechtsgeschäftlichem und gesetzlichem Pfandrecht; Willensrichtungen spielen für § 647 BGB keine Rolle
Anspruch des A gegen C auf Herausgabe des Kfz • c) gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts? • Teile der Lit. (+): • Wg. Besitzübertragung selber Rechtsschein wie bei rechtsgeschäftlichem Bestellungsakt • § 647 BGB nur gesetzliche Wiedergabe dessen, was redliche Parteien vereinbaren würden • § 366 III HGB gutgläubiger gesetzlicher Erwerb nicht gänzlich unbekannt • § 647 BGB ist Gegenstück zur Vorleistungspflicht des Unternehmers
Anspruch des A gegen C auf Herausgabe des Kfz • BGH und Lit (-): • § 1257 BGB verweist nur auf Normen die nicht mit Entstehung zusammenhängen • § 366 III HGB Schluss vom spezielleren aufs allgemeine ist nicht möglich • Nicht jede Partei würde Vereinbarung entsprechend § 647 BGB schließen • Gutgläubiger Erwerb würde dazu führen, dass der wahre Eigentümer auch Luxusaufwendungen absichert • Besitz am Kfz lässt heutzutage nicht immer auf Eigentum schließen (Gutgläubigkeit fraglich) Wenn man mit dem BGH und Teilen der Lit den gutgläubigen Erwerb verneint:
Anspruch des A gegen C auf Herausgabe des Kfz • d) Werkunternehmerpfandrecht am Anwartschaftsrecht des B? • Pfandrecht ist am Anwartschaftsrecht entstanden • Anwartschaftsrecht ist jedoch mit Rücktritt erloschen, somit erlosch auch das Pfandrecht • Typische Schwäche des AWR • e) Besitzrecht infolge Zurückbehaltungsrecht gem. § 1000 S. 1 BGB? • BGH: ZBR = Rz. B • H. M. : ZBR ungleich Rz. B, ZBR führt zur Veurteilung Zug um Zug, mit Rz. B würde Klage als unbegründet abgewiesen, Zirkelschlussargument (ZBR würde Vindikationslage entfallen lassen) • f) Zwischenergebnis: Kein Besitzrecht des C
Anspruch des A gegen C auf Herausgabe des Kfz • IV. Zurückbehaltungsrecht des C gem. § 1000 S. 1 BGB • Verwendungsersatzanspruch gem. § 994 I BGB? • 1. Verwendung (+) • 2. Notwendigkeit (+) • 3. C Verwender? • E. A. C ist nicht Verwender, • er hat Leistung i. S. v. § 812 BGB erbracht somit keine Verwendung i. S. d. EBV • Vorgang wird wirtschaftlich gesehen vom Werkbesteller gesteuert • C erbringt Reparaturleistung um Werklohn zu erhalten
Anspruch des A gegen C auf Herausgabe des Kfz • H. M. C ist Verwender • • A. A. lässt Unternehmer in Vorleistung treten, Sache des A erfährt Wertsteigerung C würde keine Kompensation erhalten Hintergrund ist Reparaturverpflichtung die durch den Eigentümer vereinbart wurde Ansprüche aus EBV können neben vertraglichen gegenüber einem Anderen stehen • 4. Vindikationslage im Zeitpunkt der Verwendung • (P) Im Zeitpunkt der Reparatur keine Vindkationslage • Str. ob ausnahmsweise ausreichend das Vindikationslage im Zeitpunkt des Herausgabeverlangens vorlag
Anspruch des A gegen C auf Herausgabe des Kfz • Große Teile der Lit. (-): • • Fehlendes Besitzrecht ist ungeschriebenes TB-Merkmal der §§ 994 ff. BGB Werkunternehmer hat Werklohnanspruch Gibt Werkunternehmer weiteren Schuldner (Verschiebung des Insolvenzrisikos) Wertungen der §§ 346 ff sowie 812 ff. BGB werden unterlaufen • BGH und Teile der Lit. (+): • Erstrecht-Schlussargument (gutgl. nichtb. Eigenbesitzer zu besitzb. Fremdbesitzer) • Ablehnung vom gutgl. Erwerb der gesetzlichen Pfandrechte führt zu Schutzbedürftigkeit des Werkunternehmers • Zufall würde entscheiden ob Unternehmer Ansprüche aus EBV erhält (Zeitpunkt des Rücktritts)
Anspruch des A gegen C auf Herausgabe des Kfz • V. Ergebnis • Herausgabe gem. § 985 BGB Zug um Zug gegen Zahlung des Verwendungsersatzes (§§ 1000 S. 1, 274 I BGB) • C. 861 I BGB (-) • Verbotene Eigenmacht (-) • D. 1007 I BGB • C erhielt Besitzrecht bei Besitzerwerb • E. 1007 II BGB • Kein Abhandenkommen