Examinatorium Sachenrecht Prof Dr EvaMaria Kieninger So Se

  • Slides: 22
Download presentation
Examinatorium Sachenrecht Prof. Dr. Eva-Maria Kieninger So. Se 2019 Mo. 9 -12 h HS

Examinatorium Sachenrecht Prof. Dr. Eva-Maria Kieninger So. Se 2019 Mo. 9 -12 h HS III

Fall 13: „Pepita“ Klara Klar (K) kommt am 18. 01. 2018 zu Rechtsanwalt Dr.

Fall 13: „Pepita“ Klara Klar (K) kommt am 18. 01. 2018 zu Rechtsanwalt Dr. Schlau und bittet um Rechtsrat in folgendem Fall: „Mein Onkel Dr. Erwin Eberhard (Dr. E) ist im Alter von 52 Jahren am 16. 12. 2017 unerwartet an einem Herzinfarkt gestorben. Er war unverheiratet, kinderlos und bis zu seinem Tod praktizierender Arzt in einer großen Praxis für Kinderheilkunde. Folgendes eigenhändig geschriebenes Testament wurde in seinen Unterlagen gefunden: 12. 2011 Mein letzter Wille, hiermit vermache ich mein gesamtes Vermögen meiner Lieblingsnichte Klara Klar, meinem ärztlichen Kollegen Dr. Heil und meiner Freundin Melanie Mild. Dr. Erwin Eberhard

Nach diesem Testament bin ich doch eindeutig Erbin geworden, sodass Sie mir helfen müssen,

Nach diesem Testament bin ich doch eindeutig Erbin geworden, sodass Sie mir helfen müssen, Pepita zu bekommen. Pepita ist ein junges Fohlen, welches mein Onkel als bekennender Pferdeliebhaber und begeisterter Reiter kurz vor seinem Tod von D erworben hat. D, Bekannter meines Onkels und Pferdezüchter, und Dr. E hatten im August 2017 miteinander abgesprochen, dass Dr. E als Gegenleistung für diverse Tätigkeiten ein Fohlen aus seiner Zucht erhalten würde. Zu dieser Zeit waren mehrere Stuten in der Zucht von D trächtig. D und Dr. E vereinbarten, dass das von D auszusuchende Fohlen noch solange bei diesem bleiben sollte, bis es von seiner Mutter getrennt werden könnte. D hat Pepita, nach dem Verkauf der anderen Fohlen, für Dr. E zurückbehalten und diesen hierüber vereinbarungsgemäß schriftlich informiert.

Doch dann trat im Oktober 2017 Gerlinde Geizig (G) an D heran und zeigte

Doch dann trat im Oktober 2017 Gerlinde Geizig (G) an D heran und zeigte Interesse an Pepita. D erklärte G, dass Pepita für Dr. E bestimmt, er auch nicht zur Weitergabe des Fohlens berechtigt sei, er ihr Pepita dennoch auf eigene Kosten ‚einstweilen’ mitgebe, da er den Platz in seinem Stall gut gebrauchen könnte. Darüber hinaus informierte er G, dass Pepita ca. 8000 € wert ist. Im November 2017 hat D jedoch die Papiere des Züchterverbandes für Pepita an G geschickt, woraufhin diese die zuvor genannten 8000 € an D überwies. Da ich selber gerne reite, möchte ich nun Ansprüche auf Pepita geltend machen. G weigert sich jedoch, Pepita herauszugeben. Außerdem möchte sie, falls sie Pepita wirklich hergeben müsste, für ihre Aufwendungen wie Tierarzt-, Stall- und Futterkosten sowie Akupunkturkosten zur Gesundheitsvorsorge für Pepita, einen finanziellen Ersatz erhalten. Die genauen Kosten wird sie mir noch detailliert mitteilen.

Bearbeitervermerk: „Bitte erklären Sie mir in einem Rechtsgutachten, wie die Rechtslage hinsichtlich Pepita aussieht

Bearbeitervermerk: „Bitte erklären Sie mir in einem Rechtsgutachten, wie die Rechtslage hinsichtlich Pepita aussieht und ob und wenn ja, wie ich Pepita bekommen kann. “

Lösung A) Anspruch K gegen G aus § 985 BGB I) K Eigentümerin des

Lösung A) Anspruch K gegen G aus § 985 BGB I) K Eigentümerin des Pferdes? 1. Ursprünglich war D Eigentümer - über §§ 953, 99 I, 90 a BGB 2. Eigentumserwerb des E nach § 956 BGB (-) - keine Besitzüberlassung oder Besitzergreifung i. S. v. Abs. 1 S. 1

3. Eigentumserwerb des E gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB? a) Einigung zwischen

3. Eigentumserwerb des E gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB? a) Einigung zwischen D und E? - Auslegung Absprache zw. E und D - künftige Sache (Fohlen noch ungeboren) → Lösung über § 158 I BGB - P: Bestimmtheitsgrundsatz → L: Bestimmbarkeit über Individualisierungsmaßnahme b) (antizipiertes) Besitzkonstitut nach §§ 930, 868 BGB - über Verwahrungsvertrag § 688 BGB c) Berechtigung D (+)

d) Zwischenergebnis: - E wurde mit der Benachrichtigung durch D Eigentümer von Pepita gem.

d) Zwischenergebnis: - E wurde mit der Benachrichtigung durch D Eigentümer von Pepita gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB 4. Eigentumsverlust durch Übereignung D an G? a) Einigung D/G im Oktober 2017 (-) b) Eigentumsübergang im November 2017 nach §§ 929 S. 2, 932 BGB? aa) Einigung - konkludentes Angebot auf Eigentumsübertragung durch Zusendung der Papiere - Annahme durch Überweisung 8000 Euro

bb) Übergabe (+) cc) Berechtigung (-) - D nicht mehr Eigentümer (s. o. );

bb) Übergabe (+) cc) Berechtigung (-) - D nicht mehr Eigentümer (s. o. ); auch keine Ermächtigung nach § 185 Abs. 1 BGB dd) gutgläubiger Erwerb über § 932 BGB? - Ausschluss durch § 935 Abs. 1 S. 2 BGB (-) - Gutgläubigkeit G (-) ee) Zwischenergebnis - G konnte nicht gutgläubig Eigentum erwerben - E war im Zeitpunkt des Erbfalls Eigentümer von Pepita

II. Erbrechtliche Nachfolge nach E: - Vorrang der gewillkürten vor der gesetzlichen Erbfolge nach

II. Erbrechtliche Nachfolge nach E: - Vorrang der gewillkürten vor der gesetzlichen Erbfolge nach § 1937 BGB 1. Wirksamkeit des Testamentes - Testierfähigkeit § 2229 BGB (+) Testierwille (+) → kein Entwurf Höchstpersönliche Errichtung gem. §§ 2064, 2065 BGB (+) Formerfordernisse - Eigenhändig geschrieben und unterschrieben § 2247 Abs. 1 BGB - Ort der Niederschrift nicht genannt → § 2247 Abs. 2 BGB jedoch nur „Soll-Vorschrift“

2. Auslegung - Nach § 133 BGB ist nur der wirkliche Wille des Erblassers

2. Auslegung - Nach § 133 BGB ist nur der wirkliche Wille des Erblassers zu berücksichtigen - § 157 BGB ist nicht anzuwenden, da der objektive Empfängerhorizont hier gerade keine Rolle spielt - P: „Vermachen“ → Parallelwertung in der Laiensphäre; Zweifelsregelung des § 2087 Abs. 1 BGB - K, Dr. H und M sind entgegen dem Testamentswortlaut als Erben anzusehen - Erbquote gem. § 2091 BGB jeweils 1/3 mangels ausdrücklicher Bestimmung

3. Ergebnis - K, H und M sind jeweils zu 1/3 Erben geworden -

3. Ergebnis - K, H und M sind jeweils zu 1/3 Erben geworden - Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft §§ 2032 ff. BGB fand noch nicht statt - K kann der Herausgabeanspruch daher nicht allein zustehen

B. Anspruch der Erbengemeinschaft gegen G auf Herausgabe des Pferdes nach § 985 BGB

B. Anspruch der Erbengemeinschaft gegen G auf Herausgabe des Pferdes nach § 985 BGB I. Eigentum der Erbengemeinschaft - Einrücken in Eigentümerstellung des E über § 1922 BGB II. Prozessführungsbefugnis der K - Gesamthandsgemeinschaft: grds. Anspruch von allen Miterben gemeinschaftlich geltend zu machen - § 2039 S. 1 Alt. 2 BGB ermöglicht es K Leistung an alle zu fordern III. Besitz der G (+)

IV. Kein Recht zum Besitz - Abgeleitetes Besitzrecht § 986 Abs. 1 S. 2

IV. Kein Recht zum Besitz - Abgeleitetes Besitzrecht § 986 Abs. 1 S. 2 BGB (-) - Aus § 1000 BGB (-), da lediglich Zurückbehaltungsrecht V. Zwischenergebnis - Die Voraussetzungen des § 985 BGB liegen vor VI. Zurückbehaltungsrecht nach § 1000 S. 1 BGB - G macht Verwendungen (Fütterung, Unterbringung, Arztkosten, Akkupunktur) geltend - § 1000 S. 2 BGB greift nicht - Wegen der Vindikationslage im Zeitpunkt der Verwendungen sind §§ 994 ff. BGB zu prüfen

1. Anspruch aus §§ 994 Abs. 2, 670, 683, 677 BGB? a) Notwendige Verwendungen?

1. Anspruch aus §§ 994 Abs. 2, 670, 683, 677 BGB? a) Notwendige Verwendungen? - Verwendungen sind sachbezogene Aufwendungen - Notwendigkeit meint, dass diese im Zeitpunkt der Vornahme zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache erforderlich sind - Daher sind Arzt-, Futter und Stallkosten als solche anzusehen, die Akkupunkturkosten dagegen nicht

b) G bösgläubige Besitzerin? - Bei § 994 Abs. 2, 990 BGB ist Bezugspunkt

b) G bösgläubige Besitzerin? - Bei § 994 Abs. 2, 990 BGB ist Bezugspunkt des guten Glaubens das Besitzrecht - das Ergebnis zu § 932 BGB darf nicht ohne weiteres übertragen werden, da dieser sich auf das Eigentumsrecht bezieht - D sagte G aber, dass er zur Weitergabe nicht berechtigt sei - Daher war G auch im Sinne des § 990 BGB bösgläubig

c) Verweis in die Go. A - Partielle Rechtsgrundverweisung → Fremdgeschäftsführungswille nicht zu prüfen

c) Verweis in die Go. A - Partielle Rechtsgrundverweisung → Fremdgeschäftsführungswille nicht zu prüfen - Fütterung, Unterbringung und medizinische Versorgung des Pferdes sind Geschäftsbesorgungen - Diese entsprechen auch dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der E gem. § 683 Abs. 1 S. 2 BGB - G kann aus §§ 994 Abs. 2, 670, 683, 677 BGB Verwendungsersatz verlangen - Analoge Anwendung des § 994 Abs. 1 S. 2 BGB ließe diesen Anspruch entfallen, wenn G Nutzungen behalten dürfte

- G muss jedoch als bösgläubige Besitzerin nach §§ 990 Abs. 1, 987 Abs.

- G muss jedoch als bösgläubige Besitzerin nach §§ 990 Abs. 1, 987 Abs. 1 BGB die Nutzungen herausgeben, sodass sie doch Verwendungsersatz verlangen kann 2. Anspruch aus § 996 BGB? - Akkupunkturkosten nicht ersatzfähig, da G bösgläubig (s. o. ) - Entscheidung zwischen nützlichen und Luxusaufwendungen daher obsolet

3. Befriedigung der Verwendungsersatzansprüche aus dem Nachlass - Nachlassschuld, für die Erben nach §

3. Befriedigung der Verwendungsersatzansprüche aus dem Nachlass - Nachlassschuld, für die Erben nach § 1967 Abs. 1 BGB haften - Vor der Auseinandersetzung aus dem Nachlass zu befriedigen § 2064 Abs. 1 BGB - Gesamtschuldnerische Haftung der Erben nach § 2058 BGB 4. Ergebnis - Erbengemeinschaft hat Herausgabeanspruch aus § 985 BGB - G kann diesem nach § 1000 S. 1 BGB Verwendungsersatzansprüche aus §§ 994 Abs. 2, 670, 683, 677 BGB entgegenhalten

C. Weitere Herausgabeansprüche der Erbengemeinschaft gegen G I. § 2018 BGB (-) - G

C. Weitere Herausgabeansprüche der Erbengemeinschaft gegen G I. § 2018 BGB (-) - G keine Erbschaftsbesitzerin II. § 1007 I BGB (+) - E war mittelbarer Besitzer des Pferdes - G ist derzeit unmittelbare Besitzerin - G war bei Besitzerwerb bösgläubig hinsichtlich ihres Besitzrechts - Anspruch damit gegeben, aber nach § 1007 Abs. 3 S. 2, 1000 BGB wie oben Zurückbehaltungsrecht der G

III. § 1007 Abs. 2 BGB (-) - Kein Abhandenkommen IV. §§ 869, 861

III. § 1007 Abs. 2 BGB (-) - Kein Abhandenkommen IV. §§ 869, 861 BGB (-) - D wurde der unmittelbare Besitz am Pferd nicht entzogen D. Erbauseinandersetzung - Pepita ist Teil des Gesamtnachlasses/des gemeinschaftlichen Vermögens der Erben § 2032 Abs. 1 BGB - K hat ein Interesse an Pepita - Fraglich ist demnach die Erbauseinandersetzung

- Teilungsanordnung nach § 2048 BGB (-) → kein schuldrechtlicher Anspruch der K gegen

- Teilungsanordnung nach § 2048 BGB (-) → kein schuldrechtlicher Anspruch der K gegen ihre Miterben - Erbauseinandersetzung erfolgt durch formlosen Auseinandersetzungsvertrag zwischen den Miterben und nach §§ 2042 Abs. 2, 752 BGB grds. in Natur - K, H und M müssten sich also darauf einigen, Pepita an K zu übereignen