ZUR LEISTUNGSFHIGKEIT RECHTSMITTELINSTANZ DER WOLFGANG ARENHVEL PRSIDENT DES

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ZUR LEISTUNGSFÄHIGKEIT RECHTSMITTELINSTANZ DER WOLFGANG ARENHÖVEL PRÄSIDENT DES OBERLANDESGERICHTS A. D.

ZUR LEISTUNGSFÄHIGKEIT RECHTSMITTELINSTANZ DER WOLFGANG ARENHÖVEL PRÄSIDENT DES OBERLANDESGERICHTS A. D.

2 Leistungsfähigkeit der Rechtsmittelinstanzen (Berufung) u Organisation der Rechtsmittelgerichte u Flexibilität des Richtereinsatzes u

2 Leistungsfähigkeit der Rechtsmittelinstanzen (Berufung) u Organisation der Rechtsmittelgerichte u Flexibilität des Richtereinsatzes u Besonderheiten des Verfahrensrechtes (dargestellt am Berufungsverfahren) ² Zulässigkeitsbeschränkungen ² Beschränkungen des Streitstoffs im Rechtsmittelzug ² Beschleunigte Entscheidungsmöglichkeiten im schriftlichen Verfahren

3 Gerichtsorganisation* (in Zivilsachen) Bundesgerichtshof (Revisionsinstanz) Oberlandesgericht Landgericht (Berufungsgericht) Landgericht Amtsgericht 1. Instanz *

3 Gerichtsorganisation* (in Zivilsachen) Bundesgerichtshof (Revisionsinstanz) Oberlandesgericht Landgericht (Berufungsgericht) Landgericht Amtsgericht 1. Instanz * 639 Amtsgerichte, 115 Landgerichte, 24 Oberlandesgerichte

4 Aufgaben der Gerichtsinstanzen u Eingangsgericht (Amtsgerichte und Landgerichte) § Entscheidung im Einzelfall §

4 Aufgaben der Gerichtsinstanzen u Eingangsgericht (Amtsgerichte und Landgerichte) § Entscheidung im Einzelfall § (small claims bei Amtsgerichten, Wert bis 5. 000 €, § 23 GVG) u Berufungsgericht (Landgerichte u. Oberlandesgerichte) § Beschränkung auf Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung des erstinstanzlichen Verfahrens § Eingeschränkte Möglichkeit erneuter oder zusätzlicher Tatsachenfeststellung § selten: Vereinheitlichung der Rechtsprechung für den Bezirk u Revisionsgericht (Bundesgerichtshof) § Entscheidung bei rechtsgrundsätzlicher Bedeutung § Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung § Rechtsfortbildung § Reine Rechtsanwendung, keine Tatsachenfeststellung

5 Statistik der Eingangsgerichte (2016) (Amtsgerichte, Landgerichte 1. Instanz) Eingänge Erledigungen durch Urteil durch

5 Statistik der Eingangsgerichte (2016) (Amtsgerichte, Landgerichte 1. Instanz) Eingänge Erledigungen durch Urteil durch sonstige Vergleich Erledigungen* Amtsgerichte 986. 359 1. 020. 966 262. 238 158. 134 600. 594 (= 25, 7 %) (= 15, 5 %) (= 56, 9 %) Landgerichte (1. Instanz) 321. 812 322. 201 88. 793 90. 731 142. 677 (= 27, 6 %) (= 28, 2 %) (= 44, 2 %) * sonstige Erledigungen: Klagerücknahmen, Verweisungen, Versäumnisurteile pp. Verfahrensdauer aller Erledigungen Verfahrensdauer bei Erledigung durch Urteil Amtsgerichte 4, 9 Monate 7, 7 Monate Landgerichte (1. Instanz) 9, 2 Monate 13, 7 Monate

6 Statistik der Berufungsgerichte (2016) Oberlandesgerichte, Landgerichte (2. Instanz) Eingänge Erledigungen durch Urteil durch

6 Statistik der Berufungsgerichte (2016) Oberlandesgerichte, Landgerichte (2. Instanz) Eingänge Erledigungen durch Urteil durch sonstige Vergleich Erledigungen* Landgerichte (2. Instanz) 49. 197 51. 064 14. 214 6. 973 29. 877 (= 27, 8 %) (= 13, 6 %) (= 58, 6 %) Oberlandesgerichte 49. 941 49. 260 6. 852 9. 123 33. 285 (= 13, 9 %) (= 18, 5 %) (= 67, 6 %) *sonstige Erledigungen: Rücknahmen nach Hinweisbeschluss, Versäumnisurteile pp Verfahrensdauer aller Erledigungen Verfahrensdauer bei Erledigung durch Urteil Landgerichte (2. Instanz) 6, 7 Monate 9, 6 Monate Oberlandesgerichte 9, 4 Monate 12, 5 Monate

7 Gerichtsorganisation / Richtereinsatz Gerichte sind nach jährlich festgelegtem Geschäftsverteilungsplan organisiert (§§ 21 a

7 Gerichtsorganisation / Richtereinsatz Gerichte sind nach jährlich festgelegtem Geschäftsverteilungsplan organisiert (§§ 21 a ff. GVG) u Besondere Zuständigkeiten der einzelnen Spruchkörper u ² z. B. Arzthaftung, Banken u. Finanzen, Versicherungsrecht pp. ² Folge: Spezialisierte Kenntnisse der Richter in den jeweiligen Rechtsgebieten u Flexibilität des Richtereinsatzes: Grundsätzlich entscheidet der Spruchkörper in vollständiger Besetzung (3 Berufsrichter) ² Aber: Übertragung auf den Einzelrichter (§ 526 ZPO) möglich, wenn ² • • das angefochtene Urteil vom Einzelrichter erlassen wurde, der Fall keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. selten: vorbereitender Einzelrichter (§ 527 ZPO) ² Rückübertragung vom Einzelrichter auf den Spruchkörper ebenfalls möglich

8 Verfahrensrecht u Berufung / Revision markieren eigenständige Verfahrensabschnitte. u Zulässigkeitsvoraussetzungen der Berufung: ²

8 Verfahrensrecht u Berufung / Revision markieren eigenständige Verfahrensabschnitte. u Zulässigkeitsvoraussetzungen der Berufung: ² Beschwerdesumme mehr als 600 € oder ausdrückliche Zulassung der Berufung (selten) ² Rechtmittelfristen: Einlegung der Berufung: spätestens 1 Monat nach Zustellung des Urteils (sog. Notfrist, keine Verlängerungsmöglichkeit), § Begründung der Berufung: spätestens 2 Monate nach Zustellung (mit Verlängerungsmöglichkeit) § ² Inhalt der Berufungsbegründung (§ 520 ZPO) • Formal: - Anwaltszwang; Berufungsschrift muss von Anwalt unterschrieben sein. - Änderungsanträge: Bestimmen den Umfang der gerichtlichen Prüfung (§ 528 ZPO). • Inhaltlich: - Begründung soll Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs erreichen. - Beschränkte Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel (§§ 520, 531 ZPO)

9 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts, § 529 ZPO u Grundsatz: Bindung des Berufungsgerichts an die

9 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts, § 529 ZPO u Grundsatz: Bindung des Berufungsgerichts an die Tatsachenfeststellung des Eingangsgerichts ² Gilt nicht bei konkreten Anhaltspunkten auf § fehlerhafte § oder lückenhafte Feststellungen. ² Gilt ebenfalls nicht, wenn nicht nur theoretische Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung bestehen. ² Anhaltspunkte können sich ergeben aus § dem angefochtenen Urteil selbst § oder aus der Berufungsbegründung. § Nur in diesen Fällen eigenständige Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts (z. B. durch eigene Beweisaufnahme)

10 Beschränkung neuen Tatsachenvortrags u Berücksichtigung neuer Tatsachen nur eingeschränkt möglich (§ 531 Abs.

10 Beschränkung neuen Tatsachenvortrags u Berücksichtigung neuer Tatsachen nur eingeschränkt möglich (§ 531 Abs. 1 ZPO), nämlich wenn ² das Berufungsgericht den Fall materiell-rechtlich anders beurteilt, ² das erstinstanzliche Gericht einen rechtlichen Hinweis unterlassen hat und deshalb Vortrag unterblieben ist oder ² die neuen Tatsachen ohne Verschulden der Partei in erster Instanz nicht vorgetragen wurden. u Neuer Vortrag bleibt unberücksichtigt, ² wenn die Tatsachenbehauptungen bereits in erster Instanz zutreffend zurückgewiesen worden sind (§ 531 Abs. 2 ZPO).

11 Beschleunigte Entscheidungsmöglichkeiten u Grundsatz: Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung u Ausnahme: Entscheidung im schriftlichen

11 Beschleunigte Entscheidungsmöglichkeiten u Grundsatz: Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung u Ausnahme: Entscheidung im schriftlichen Verfahren: ² Zurückweisung der Berufung als unzulässig, wenn sie nicht fristgerecht eingelegt und/oder begründet worden ist (§ 522 Abs. 1 ZPO) ² Zurückweisung der Berufung als unbegründet (§ 522 Abs. 2 ZPO), wenn § Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet, § Fall nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist § Entscheidung nicht zur Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig erscheint und § das Gericht durch einstimmigen Beschluss entscheidet. § Praxis dazu uneinheitlich und rechtspolitisch umstritten.

12 Ergebnis-Statistik der Berufungsgerichte (2016) Erledigungen der Landgerichte (2. Instanz) durch Vergleich 6. 973

12 Ergebnis-Statistik der Berufungsgerichte (2016) Erledigungen der Landgerichte (2. Instanz) durch Vergleich 6. 973 (= 13, 6 %) durch Urteil: 14. 214 (= 27, 8 %) davon: Aufhebung u. Zurückverweisung: 7. 007 (= 49, 3 %) Zurückweisung der Berufung 6. 237 (= 43, 8 %) durch Vergleich: 9. 123 (= 18, 5 %) durch Urteil: 6. 852 (= 27, 5 %) Aufhebung u. Zurückverweisung: Änderung und/oder eigene Sachentscheidung durch Beschluss: davon: 970 (= 6, 9 %) Änderung und/oder eigene Sachentscheidung Erledigungen der Oberlandesgerichte davon: 51. 064 49. 260 834 (= 6, 1 %) 6. 018 (= 44, 3 %) 8. 338 (= 16, 9 %) Verwerfung als unzulässig: Zurückweisung als offensichtlich unbegründet 942 (= 11, 3 %) 7. 396 (= 88, 7%)

13 Resümee u Leistungsfähigkeit der Berufungsinstanz hängt wesentlich ab von ² der Qualität der

13 Resümee u Leistungsfähigkeit der Berufungsinstanz hängt wesentlich ab von ² der Qualität der Richter in der ersten Instanz, ² der Qualität der Rechtsanwälte, ² der offenen mündlichen Verhandlung (Kommunikation zwischen Richtern, Rechtsanwälten und Parteien), ² dem Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit der Justiz ² und dem über viele Jahre gewachsenen und weiter entwickelten Verfahrensrecht.