Thomas Mann und die deutsche Hochkultur in Christian

Thomas Mann und die deutsche Hochkultur in Christian Krachts Faserland VORTRAG VON RUNE DELFS, 6. SEMESTER

Introduktion Thomas Mann habe ich auch in der Schule lesen müssen, aber seine Bücher haben mir Spaß gemacht. Ich meine, sie waren richtig gut, obwohl ich nur zwei oder so gelesen habe (Kracht, 2016 S. 160). Gibt es weitere Verbindungen?

Der Tod in Venedig & Faserland

Der Tod in Venedig & Faserland • Die Nord-Süd-Polarität bei Mann und Kracht • Zauberberg: Von Hamburg in die Schweizer Alpen • Venedig: Von München nach Venedig

Schlüsselszene Friedhof • Protagonist sucht das Grab von Th. Mann • Charakteristika der Todesboten • „Mit der anderen Krücke stützt sie sich auf. Sie steht halb zur Seite gebeugt“ (Kracht, 2016 S. 162) • Der Wanderer auf dem Friedhof hält „einen mit eiserner Spitze versehenen Stock, welchen er schräg gegen den Boden stemmte und auf dessen Krücke er, bei gekreuzten Füßen, die Hüfte lehnte“ (Mann, 2015 S. 12)

Schlüsselszene Friedhof • Genderfrage – Findet sich auch in anderen Stellen: Rollos Selbstmord John Collier – The Priestess of Bacchus (1889) Simeon Solomon – Bacchus (1867)

Todesboten & Sexualität • Archetypen • Die alte Frau: „An ihrem schlanken Handgelenk trägt sie eine dünne, flache Cartier-Uhr […] Sie haßt sicher das Fliegen. […] und jetzt muß sie es doch tun, weil ihr nicht mehr viel Zeit bleibt“ (Kracht, 2016 S. 58)

Der starke Mann • starke, fremd bzw. exotische und brutale männliche Figuren • Sexuelle Bedrohnung • Exempel – Der Student Eugen: „plötzlich faßt er mir an den Nakken. Er ist mit seinem Gesicht ziemlich nahe an meinem, viel näher, als mir lieb ist, und ich rieche seinen Bieratem, und ich sehe, daß er sich um seinen Adamsapfel, der auf und ab hüpft, während er auf mich einredet, nicht richtig rasiert hat. Da sind so kleine schwarze Borsten dran“ (Kracht, S. 105 -106) • Bei Th. Mann. Der Wanderer auf dem Friedhof: „an seinem hager dem losen Sporthemd entwachsenden Halse der Adamsapfel stark und nackt hervortrat“ (Mann, S. 12)

Das Zahnmotiv • Seit Buddenbrooks das bekannteste Mann'sche Motiv • Ebenfalls in der Venedig-Novelle: Die Todesboten sind in dem Text ausschließlich durch "weiße", "lange", "große", und "starke" Zähne gekennzeichnet (Mann, S. 12, 59, 113) • Der Student Eugen: Gefahr und Vitalität: „Und dann klopft er mir auf die Schulter und lächelt, und ich sehe, daß er schneeweiße Zähne hat“ (Kracht, S. 100)

Der antike Mythos • Grundpfeiler in der Venedigrezeption • Wie ist dies in Faserland zu finden? • Apollon und Dionysos nach Nietzsche – Zwei Rivalen in Sachen Kunst

Dionysische Orgie auf der Insel Apollons • Die Insel Mykonos nach Apollons Enkel Mykon benannt • Ein langer und beschwerlicher Weg zum Strand John Roddam Spencer Stanhope - The Waters of Lethe by the Plains of Elysium (1880)

Dionysische Orgie auf der Insel Apollons • Das zügellose Fest: „Als Sadness von Enigma aus den Lautsprechern kommt, fangen alle an, ganz versonnen auf dem Kies vor der Bar zu tanzen. […]. Sie sind völlig nackt, und während sie tanzen, schwingen ihre Hoden umher“ (Kracht, S. 141). Lovis Corinth – Heimkehrende Bacchanten (1898) "schrilles Jauchzen […] alles durchsetzt und grauenhaft süß übertönt von […] ruchlos beharrlichem Flötenspiel, welches auf schamlos zudringende Art die Eingeweide bezauberte“ & „betäubende Wollust“ (Mann, S. 125 f. ) • Die Panflöte ist charakteristisch in Enigmas Sadness Part I

Der Festzug und die Seuche aus Indien Die Zeit des sokratischen Menschen ist vorüber: kränzt euch mit Epheu, nehmt den Thyrsusstab zur Hand und wundert euch nicht, wenn Tiger und Panther sich schmeichelnd zu euren Knien niederlegen. Jetzt wagt es nur, tragische Menschen zu sein: denn ihr sollt erlöst werden. Ihr sollt den dionysischen Festzug von Indien nach Griechenland geleiten! (Nietzsche, S. 65) • Venedig: Die Seuche • Faserland: Inversion und Modern Talking • Faserland: Rollos Vater und das Aschram Peter Paul Rubens / Cornelis De Vos – Triumph des Bacchus (Dionysos) (1637 -1638)

Granatapfel als Symbol für den Niedergang „Aschenbach saß an der Balustrade und kühlte zuweilen die Lippen mit einem Gemisch aus Granatapfelsaft und Soda, das vor ihm rubinrot im Glase funkelte“ (Mann, S. 109) „Ich möchte so ein Bier mit dieser roten Brause drinnen. […] Bier mit Grenadine heißt das Zeug. […] Es schmeckt wie Bier mit Sirup. Es ist ein bisschen süß […]“ (Kracht, S. 155 -156) • Freiwilliger Genuss, flüssige Form • Ursprung im Griechischen: Persephone und Hades Hugo van der Goes – Wiener Diptychon (Sündenfall/Erlösung) (1477)

Charon und die Fahrt ins Totenreich Allein auf der Flut mit dem sonderbar unbotmäßigen, unheimlich entschlossenen Menschen, sah der Reisende kein Mittel, seinen Willen durchzusetzen. […] Eine Art von Pflichtgefühl oder Stolz […] vermochte ihn, sich noch einmal aufzuraffen (Mann, S. 44 -45) Ich mache meinen Schultern gerade, so, als ob ich mehr Mut hätte, und frage den John Roddam Spencer Stanhope – Charon und Psyche Mann, ob er mich auf die andere Seite des (1883) Sees rudern würde, für zweihundert Franken. Er überlegt eine Weile und dann sagt er ja, er würde es schon machen (Kracht, S. 164).

Charon und die Fahrt ins Totenreich • Todesassoziationen: Die rote Glut leuchtet, wenn er an seiner Zigarette zieht, und das Leuchten spiegelt sich im Wasser des Sees. Ich beobachte ihn eine ganze Weile, vielleicht zehn Minuten, wie er raucht und wie er die Asche ins Wasser fallen läßt, so daß es zischt“ & „Drüben am anderen Ufer leuchten die Lichter“ (Kracht, S. 164)

Ende … der Mann schiebt die Ruder durch diese Metaldinger und rudert los. Bald sind wir in der Mitte des Sees. Schon bald. (Kracht, S. 165)