Financial Assistance Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern bei
„Financial Assistance“: Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern bei der Emission von Aktien und Anleihen 7. März 2018, 11: 00 Uhr
Einführung Worum geht es? • Vereinbarungen zwischen (börsennotierten) Gesellschaft und maßgeblich beteiligten Gesellschaftern („Ankeraktionären“) weit verbreitet • Typische Konstellationen: § Bezugsrechtskapitalerhöhungen, insbesondere in volatilem Umfeld oder in Sanierungssituationen § IPO / IBO, insbesondere auch wegen allgemeiner Signalwirkung („Mitziehen der Ankeraktionäre“ als Marktsignal) § • Verzicht des Großaktionärs auf Bezugsrechte, um neue (Groß-)Aktionäre zu ermöglichen oder einen möglichst hohen Emissionserlös zu ermöglichen. Erscheinungsformen: Vereinbarungen sowohl mit Blick auf eine Beteiligung als auch mit auf einen (Beteiligungs-)Verzicht denkbar 3
Grundlagen Wirtschaftliche Hintergründe und Motivation der Gesellschaft • Bedarf eines Nettoemissionserlöses, etwa zur Ablösung einer Fremdfinanzierung oder Finanzierung einer Akquisition • Planungssicherheit erforderlichen etwa im Vorfeld der Hauptversammlung oder Ausnutzung des Genehmigten Kapitals • Bis-zu-Kapitalerhöhung rechtlich, aber wirtschaftlich oftmals keine Alternative, da ungewisses Bezugsverhalten der Aktionäre und geringerer Emissionserlös • Daher frühzeitige Kontaktaufnahme mit „Ankeraktionären“ um Bezugsverhalten zu identifizieren und für eine Absicherung des Emissionsvolumens zu gewinnen • Ggf. auch Ansprache weiterer Investoren, die einen (höheren) Bezugspreis leisten (können) • Verbindliche Zusagen als „vertrauensbildende Maßnahme“ (Signalwirkung für Kleinaktionäre) 4
Grundlagen Wirtschaftliche Hintergründe und Motivation von Gesellschaftern • Handlungsalternativen bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen: Vollständige bzw. teilweise Ausübung (ggf. mit Verkauf von Bezugsrechten) oder Bezugsrechtsverzicht • Motivation: Absicherung finanzielle Position, Ausnutzung „Upside Potential“, ggf. auch Sicherung zusätzlicher Einflussnahme • Selbst bei Nichtausübung von Bezugsrechten, erhebliches Interesse an Bezugsrechtshandel (Sicherung des eigenen Investments durch „frisches Kapital“ weiterer Aktionäre neuer Investoren) 5
Grundlagen Typische Erscheinungsformen / Regelungsgegenstände bei Aktienemissionen • Festbezugserklärungen: Verpflichtung des Aktionärs gegenüber Gesellschaft, im Rahmen einer Kapitalerhöhung auf seine Beteiligung entfallenden Aktien vollständig zu beziehen • Übernahmeerklärungen: Verpflichtung des Aktionärs, nicht bezogene weitere Aktien zum Bezugspreis zur erwerben (sog. Zeichnungsgarantie). • Weitere Regelungen (etwa im Rahmen von Back-Stop-Vereinbarungen): Höhe der Übernahmegarantie (etwa Höchstgrenze wegen WpÜG sofern keine Sanierungsbefreiung; Vereinbarung eines Minimalbetrags („floor“); Provisionen • Nichtausübungserklärungen (Bezugsrechtsverzicht): Schaffung bezugsrechtsfreier Tranchen durch Bezugsrechtsverzichts; Abtretung von Bezugsrechten zur (Vorab-)Platzierung bei institutionellen Anlegern • Problemkreise: § Sonderrechte (Schaffung Bezugsrechtsfreier Tranchen) § Provisionsvereinbarungen, Break-Fee Vereinbarungen 6
Aktienrechtliche Rahmenbedingungen Bezugs- und Übernahmegarantie: Pflichtgemäßes Handeln bei Zuteilung nicht bezogener Aktien • • Verstoß gegen Neutralitätspflicht (§ 53 a Akt. G)? § Keine Pflicht zur Gleichbehandlung (vgl. auch Möglichkeit des Bezugsrechtsausschlusses bei 10%Barkapitalerhöhung) § Bindung finanzstarker Aktionäre „über Bezugsrechtsquote hinaus“ gegebenenfalls existenzsichernd § Grenze: Faktischer Bezugsrechtsausschluss Verpflichtung zur bestmöglichen Verwertung? Wahlmöglichkeit des Vorstands zugunsten hard underwriting von Emissionsbanken / Großaktionär (im Gegensatz zur ungewissen Aussicht, nicht bezogene Aktien zu einem höheren Preis zu platzieren). Wichtig: Ermessenserwägungen dokumentieren. 7
Aktienrechtliche Rahmenbedingungen Entgeltvereinbarungen / Preisnachlässe • Zulässigkeit von Entgelten / Preisnachlässen zugunsten von Aktionären bei Festbezugs- bzw. Überbezugserklärungen? • § 71 a Akt. G (Verbot finanzieller Unterstützung / financial assistance): kein Verstoß, da kein besonderer Funktionsbezug zwischen Finanzierung und Aktienerwerb • § 57 Akt. G: Grundsätzliches Verbot jeglichen Vermögenstransfers von der Gesellschaft an den Aktionär außerhalb der Gewinnverwendung § Ausnahme: Geschäft hält Drittvergleich stand (Kontrollfrage: Würde die Gesellschaft die Transaktion mit einem Nichtaktionär zu gleichen Konditionen eingehen) § Drittvergleich sehr schwierig, weil das Rechtsgeschäfts faktisch nur mit dem Aktionär geschlossen werden kann. § Rechtfertigung wegen besonderer Förderung des Gesellschaftsinteresses. § Äquivalenz der Gegenleistung – sorgfältig zu prüfen und idealerweise durch eine fairness opinion o. ä. zu unterlegen. 8
Aktienrechtliche Rahmenbedingungen Denkbare Einflussnahme von „Ankeraktionären“ bei Festlegung des Bezugspreises • Sofern Parameter der Kapitalerhöhung nicht durch die Hauptversammlung festgelegt werden, ist hierfür Vorstand (ggf. mit Zustimmung des Aufsichtsrats) zuständig (§ 76 Abs. 1 Akt. G) = Keine Delegation auf Dritte. • Bemessung des Bezugspreises liegt im grundsätzlich im Ermessen des Vorstands • Grenzen: § Entscheidung am Gesellschaftsinteresse auszurichten; ggf. Verpflichtung ein angemessenes § • Aufgeld zu verlangen (Str. ) Kein unangemessen niedriger Bezugspreis sowie unangemessen hoher Bezugspreis (faktischer Bezugsrechtsausschluss) Ergebnis: Abstimmungen zwischen garantierendem Ankeraktionär denkbar jedoch durch den Vorstand kritisch zu prüfen 9
Aktienrechtliche Rahmenbedingungen Bezugsrechtsverzicht • Vereinbarungen über Bezugsrechtsverzicht im Vorfeld der Kapitalerhöhung möglich (Nichtausübungserklärung), insbesondere bei geplanter Vorabplatzierung • „Bezugsrechtsfreie Tranche“ oder Anwachsung bei den übrigen Aktionären? • § Allgemeine Meinung: Bezugsrechte wachsen nicht den bisherigen Aktionären an, sondern verfallen § Grundsatz bestmöglicher Verwertung: Frei werdende Aktien können außenstehenden Investoren und Aktionären angeboten werden; Aktionäre haben kein Bezugsvorrecht oder Nachbezugsrecht sondern nur Anspruch auf Gleichbehandlung Ungleichbehandlung der Kleinaktionäre durch Vorabplatzierung? 10
Aktienrechtliche Rahmenbedingungen Vergütungen für den Bezugsrechtsverzicht • § 57 Akt. G: Grundsätzliches Verbot jeglichen Vermögenstransfers von der Gesellschaft an den Aktionär außerhalb der Gewinnverwendung § Ausnahme: Geschäft hält Drittvergleich stand (Kontrollfrage: Würde die Gesellschaft die Transaktion mit einem Nichtaktionär zu gleichen Konditionen eingehen) § Drittvergleich sehr schwierig, weil das Rechtsgeschäfts faktisch nur mit dem Aktionär geschlossen werden kann. § Rechtfertigung wegen besonderer Förderung des Gesellschaftsinteresses. § Äquivalenz der Gegenleistung – sorgfältig zu prüfen und idealerweise durch eine fairness opinion o. ä. zu unterlegen. § Denkbar: Vergütung in Form des – sachverständig ermittelten – Wert des Bezugsrechts, angepasst an konkrete Verhältnisse. 11
Vereinbarungen bei Anleiheemissionen Wirtschaftliche Hintergründe und Motivation / Rahmenbedingungen • Incentiverung des Anleiheerwerbs durch Gewährung eines Disagios an den Ankeraktionär kann sinnvoll sein um (Voll-)Platzierung sicher zu stellen • Motivationslage in Teilen vergleichbar mit Beteiligung an einer Aktienemission (insbesondere Sicherung der Finanzierung der Gesellschaft) • Gleichbehandlung der Aktionäre in der Regel gewahrt, wenn nur der Großaktionär über entsprechende Mittel verfügt, i. Ü. keine vergleichbaren Gleichbehandlungserfordernisse gegenüber sonstigen Bondholdern (anders bei Restrukturierung nach Sch. VG) • § 57 Akt. G: Drittvergleich, wenn Gesellschaft auch mit anderen Groß-Zeichnern entsprechende Vereinbarungen abschließt oder hierzu bereit ist. • Wichtig: Besondere Vorteile müssen die Nachteile rechtfertigen (etwa: langfristige Finanzierung der Gesellschaft rechtfertigt wirtschaftlich das Disagio im Vergleich zu einer Bankenfinanzierung) 12
Pflichten des Vorstands Entscheidungsgrundlagen des Vorstands bei Abschluss von Vereinbarungen • Bei sämtlichen Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Großaktionär haben Vorstandsmitglieder die Sorgfaltspflichten des § 93 Akt. G zu beachten. • Abschluss von Aktionärsvereinbarung grundsätzlich „unternehmerische Entscheidung“: Möglichkeit der Inanspruchnahme der sog. Business Judgement Rule (§ 93 Abs. 1 S. 2 Akt. G ) § ordnungsgemäße Informationsgrundlage § sorgfältige Abwägung anhand des Gesellschaftswohls • Zur Haftungsprophylaxe (insbesondere in Sanierungssituationen) dringend geboten: Genaue Dokumentation der Informationen und des Abwägungsprozesses, der sich allein am Gesellschaftswohl orientiert • Dokumentation der wirtschaftlichen Parameter entsprechender Aktionärsvereinbarungen, etwa durch Stellungnahmen eines financial advisors und/oder einer fairness opinion 13
Dr. Klaus Felke ist Partner im Bereich Bank-und Kapitalmarktrecht sowie im Bereich Gesellschaftsrecht. Er berät u. a. börsen- und nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften in allen Bereichen des Aktienrechts, insbesondere auch im Zusammenhang mit Kapitalmaßnahmen. Darüber hinaus berät er im Zusammenhang mit Übernahme- und Pflichtangeboten nach dem WpÜG sowie Aktionäre im Zusammenhang mit dem Aufbau und der Verwaltung von Beteiligungen an börsennotierten Gesellschaften. Köln • Tätigkeitsschwerpunkte: Bank- und Kapitalmarktrecht, Gesellschaftsrecht Kennedyplatz 2 50679 Köln T: +49 221 33660 -677 F: +49 221 33660 -81 M: kfelke@goerg. de • Branchen: Banken und Sparkassen • Fremdsprachen: Englisch • Ausbildung/Berufliche Laufbahn: Universitäten Bielefeld und Köln (Dr. iur. 2003)
Dr. Michael Zenker ist Assoziierter Partner im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Gesellschaftsrecht und berät vorwiegend Konzerne und Investoren, insbesondere bei Umstrukturierungen und Kapitalmarktransaktionen. • Tätigkeitsschwerpunkte: Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht • Fremdsprachen: Englisch Köln Kennedyplatz 2 50679 Köln T: +49 221 33660 -674 F: +49 221 33660 -81 M: mzenker@goerg. de • Ausbildung/Berufliche Laufbahn: Universitäten Berlin und Bonn (Dr. iur. 2013)
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