Das Nachkriegswerk Franz Tumlers Tumlers Vorkriegswerk Franz Tumler

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Das Nachkriegswerk Franz Tumlers

Das Nachkriegswerk Franz Tumlers

Tumlers Vorkriegswerk • Franz Tumler: 1912 -1998 - NSDAP-Mitglied • Ein exponierter und auflagenstarker

Tumlers Vorkriegswerk • Franz Tumler: 1912 -1998 - NSDAP-Mitglied • Ein exponierter und auflagenstarker Autor der völkischen Literatur: Der Soldateneid (1939), Österreich ist ein Land des Deutschen Reiches (1940) • Antimoderne Literatur: Verherrlichung des Landlebens, Rückkehr zur Natur

Tumler in Berlin • Wohnsitz als freier Schriftsteller seit 1950/1955 in West-Berlin • Kulturpolitische

Tumler in Berlin • Wohnsitz als freier Schriftsteller seit 1950/1955 in West-Berlin • Kulturpolitische Funktion: 1967 -1970 Direktor bzw. stellvertretender Direktor der Literaturabteilung der Akademie der Künste in West-Berlin

Nachkriegswerk: Tumlers Berlin-Essays • Erneute Publikation von Tumlers Berlin-Essays aus den 1950 er/1960 er

Nachkriegswerk: Tumlers Berlin-Essays • Erneute Publikation von Tumlers Berlin-Essays aus den 1950 er/1960 er Jahren: Hier in Berlin, wo ich wohne (2014; Herausgeber: Toni Bernhart) • Bewertung Tumlers von Seiten des Herausgebers: ”Ideologische und poetische Entwicklung vom involvierten zum distanzierten Autor” • Meine These: Kein Neustart Tumlers nach 1945, da ideologische Kontinuitäten vor 1945 in seinen Berlin-Essays vorhanden sind

Tumlers Modernitätskritik nach 1945 • Modernität = Auflösung von Bindungen • ”So ist es

Tumlers Modernitätskritik nach 1945 • Modernität = Auflösung von Bindungen • ”So ist es vielleicht möglich zu sagen, daß in der Zeit ab 1914 alle Völker in Europa sich vereinigt haben, ihre herkömmlichen Ordnungen zu vernichten, ihre Städte zu zerstören, die festen Menschen-Heimaten aufzulösen und die geschlossenen Volkskörper durcheinanderzumischen“

Opferrolle Berlins nach 1945 • Berlin als Opfer von Bombenkrieg, Besatzung und Einteilung in

Opferrolle Berlins nach 1945 • Berlin als Opfer von Bombenkrieg, Besatzung und Einteilung in vier Sektoren:

„Die Stadt hat aus ihren Leiden einen Gewinn gezogen. Sie hat durch eine Kette

„Die Stadt hat aus ihren Leiden einen Gewinn gezogen. Sie hat durch eine Kette mörderischen Zugriffs: Zerbombung, Eroberung, Teilung, Blockade, und man muß hier auch von der Schleifung des Schlosses sprechen, einem Akt, den man sich nicht anders vorzustellen hat, als wäre in Wien die Hofburg angebombt und dann geschleift worden zugunsten einer Tribüne aus Beton – sie hat durch diese Kette von Leiden etwas bekommen, das ihr früher gefehlt hat: jenen unverwechselbaren Zug historischer Würde, den ein gleichgültiger Ort niemals besitzt. Plötzlich hat sie ihn im Gesicht, und hat ihn auch in den Gesichtern ihrer Einwohner, eine erstaunliche Wendung, ein tieferes Leben“

Selbstdarstellung Tumlers nach 1945 • Unpolitischer Standpunkt jenseits von Ideologien: • „Ich habe gelernt,

Selbstdarstellung Tumlers nach 1945 • Unpolitischer Standpunkt jenseits von Ideologien: • „Ich habe gelernt, daß die Menschlichkeit das einzige Gut ist, das mir in meinem Rang zu verteidigen zukommt, und daß mich nur das ehrenhafte Gewissen rechtfertigen kann, dem nichts hinzugefügt wird. Ich bin darum gegen die Hinzufügung von Meinungen, Überzeugungen und Glaubenssätzen abweisend geworden und habe mich an jenen Ort begeben, an den sie mir nicht nachgekommen sind“

Selbstdarstellung Tumlers nach 1945 • Meine These: Nur vorgeblicher Rückzug Tumlers aus der Politik

Selbstdarstellung Tumlers nach 1945 • Meine These: Nur vorgeblicher Rückzug Tumlers aus der Politik ins Allgemein. Menschliche • Ideologische Kontinuität der NS-Ideologie in Hier in Berlin, wo ich wohne • Zum Beispiel in dem Text Auf der Autobahn (1961)

Am Rande der Transitautobahn • Völkischer Ortsbegriff Tumlers auch nach 1945 • Die Verherrlichung

Am Rande der Transitautobahn • Völkischer Ortsbegriff Tumlers auch nach 1945 • Die Verherrlichung von Natur und Landleben versucht einen Gegenpol zur Beschleunigung und Mobilität zu etablieren:

Am Rande der Transitautobahn „Die Strecke führt durch ein hochliegendes, spärlich besiedeltes und armes

Am Rande der Transitautobahn „Die Strecke führt durch ein hochliegendes, spärlich besiedeltes und armes Land. Aber plötzlich sind Dörfer da, Gespanne, Schulkinder […] Ich merke, wie sich über einen Hang eine neue Siedlung auffächert; oder wie ein Ort zurückbleibt mit seinem vorletzten und nun mit dem letzten Haus. […] An der Autobahn gibt es solche Bilder nicht. Sie entstehen nur dort, wo der Mensch zu Hause ist […] hier, wo er wohnt, haben seine Blicke Nachdruck, die Bilder bekommen Gestalt und kommen zu Namen“

Am Rande der Transitautobahn • „Vorm Aufsteigen sah ich dicht unter der Böschung ein

Am Rande der Transitautobahn • „Vorm Aufsteigen sah ich dicht unter der Böschung ein Bauernhaus: einen Zaun, die Hühner hinter einem Gitter, die Stalltür, ein Kind mit Strohhalmen im Haar; es sang vor sich hin“ • „Und einmal, als ich hier fuhr, sah ich die alte Schönheit: unendlich sanft rötlich wie Schimmer der Vorwelt blühte das Heidekraut auf dem Boden dieser Wälder“

Das Fehlen von Heimat • Nur ein naturverbundenes Leben garantiert ein Heimatgefühl • Suche

Das Fehlen von Heimat • Nur ein naturverbundenes Leben garantiert ein Heimatgefühl • Suche nach ländlichen Orten als werkphasenübergreifender roter Faden • Berlins Insellage bedeutet Abgeschnittensein vom Umland, aus Tumlers Sicht von völkischen Orten in Brandenburg und Mecklenburg:

Das Fehlen von Heimat • „Also erklärt er mir Güstrow, von dem ich keinen

Das Fehlen von Heimat • „Also erklärt er mir Güstrow, von dem ich keinen Begriff habe wie von keinem der Orte rings um Berlin, es ist nicht weit zu ihnen, unter anderen Umständen würde man sie längst kennen, wüßte, wie es weitergeht außerhalb der Stadt. Hier nicht. Hier liegen diese Orte in einem verschlossenen Land, man kann hier leben in dieser Zeit nach dem Krieg und weiß nichts von ihnen – nur die Älteren erzählen aus ihrer Erinnerung: Rheinsberg, Niederfinow, die Schleuse, und andere Namen“

Fazit: Hier in Berlin, wo ich wohne • Das Fehlen von nationaler und regionaler

Fazit: Hier in Berlin, wo ich wohne • Das Fehlen von nationaler und regionaler Heimat durch Suche nach ‘intakten’ ländlichen Orten kompensieren • Wertschätzung vormoderner Lebensformen und Sehnsucht nach dem bäuerlichen Lebensraum • Völkisch (und damit ideologisch) geprägter Raumbegriff Tumlers • Modifikation der Annahme, Tumler sei nach 1945 ein unpolitischer Autor geworden