DGA 31 MORPHOLOGIE Klasse 5 Derivationelle Morphologie 14

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DGA 31 MORPHOLOGIE Klasse 5. Derivationelle Morphologie 14. April 2020 Winfried Lechner Nationale and

DGA 31 MORPHOLOGIE Klasse 5. Derivationelle Morphologie 14. April 2020 Winfried Lechner Nationale and Kapodistrische Universität Athen

v Hausübung v Das Lexikon § Merkmale § Architektur der Grammatik v Derivationsmorphologie §

v Hausübung v Das Lexikon § Merkmale § Architektur der Grammatik v Derivationsmorphologie § Merkmale und Selektion § Einfache morphologische Derivationen FAHRPLAN

DAS LEXIKON Das Lexikon enthält I. Wurzeln/Stämme (lexikalische Morpheme) II. Derivationsaffixe (-bar, -heit, -er,

DAS LEXIKON Das Lexikon enthält I. Wurzeln/Stämme (lexikalische Morpheme) II. Derivationsaffixe (-bar, -heit, -er, …. ) III. Merkmale ([SG], [3. Person], [Präsens], …) I. Wurzeln/Stämme repräsentieren die Basislexeme. (1) (2) Lexikoneintrag für ‚Tisch’ Phonologie: /ti / Syntax: Kategorie: N Numerus: [SG] Semantik: Zählnomen {x|x ist ein TISCH}, … Lexikoneintrag für ‚lach-’ Phonologie: /lax/ Syntax: Kategorie: V Flexion: schwach Semantik: Physische Aktivität, nur bei Homo Sapiens zu finden, etc… Derivation (14. 04. 2020) DGA 31 Morphologie 3

DAS LEXIKON II. Derivationsaffixe besitzen – im Gegensatz zu vielen Flexionsaffixen – lexikalische Bedeutung

DAS LEXIKON II. Derivationsaffixe besitzen – im Gegensatz zu vielen Flexionsaffixen – lexikalische Bedeutung (diese kann teils komplex sein, und oft auch ambig). (1) Lexikoneintrag für ‚-bar’ Phonologie: /bar/ Syntax: Suffix: V ➝A (-bar verändert die Kategorie) Semantik: Für jedes transitive Verb V, Subjekt S und Objekt O: (i) S V O ➝O ist V-bar (-bar unterdrückt das Subjekt S) (ii) O ist V-bar = O kann VPartizip II werden Anwendung der semantischen Regel. (2) a. Hans. S liest das Buch. O ➝ Das Buch. O ist les. V-bar b. Das Buch. O ist les. V-bar = Das Buch kann gelesen. Partizip II werden Frage. Wie muss (1) modifiziert werden, um *Maria ist helfbar zu erklären? Frage. Was ist die Bedeutung des Präfixes be- in (3)? (3) bearbeiten, begleiten, befehlen, benehmen, bespielen Derivation (14. 04. 2020) DGA 31 Morphologie 4

DAS LEXIKON III. Merkmale besitzen zwei zentrale Aufgaben. Sie (i) Kongruenz (ii) (1) regeln

DAS LEXIKON III. Merkmale besitzen zwei zentrale Aufgaben. Sie (i) Kongruenz (ii) (1) regeln morphologische/syntaktische Operationen, wie z. B. bestimmen die Auswahl konkreter Flexionsaffixe, z. B. [2 Sg]: -st (Maria glaubt, dass…) a. du[2 SG] schläfst[2 SG]. Kongruenz b. *du[2 SG] schläft[3 SG]. Kongruenz =Def Übereinstimmung in Merkmalen zwischen zwei Morphemen, Köpfen oder Phrasen. Semantik. Während einige Merkmale eine lexikalisch festgelegte Interpretation besitzen (z. B. [SG]), sind andere, wie etwas [NOM] (Kasus) semantisch leer. Beispiel für Lexikoneinträge von Merkmalen (2) Lexikoneintrag für [2] Phonologie: /-st/ Syntax: V-Suffix Derivation (14. 04. 2020) 31 Morphologie Semantik: [2] DGA Hörer [SG] V/N/A-Suffix 5 [SG] einziges Individuum

KONGRUENZ IN DER SYNTAX Merkmale und Derivation. Merkmale werden im Laufe der syntaktischen Derivation

KONGRUENZ IN DER SYNTAX Merkmale und Derivation. Merkmale werden im Laufe der syntaktischen Derivation eingesetzt und bestimmen Beziehungen zwischen Knoten. (1) (Maria glaubt, dass) Du[2 SG] schläfst[2 SG]. A. Das Subjekt befindet sich in der Spezifikatorposition der TP ("Spec. TP") B. Merkmale am Kopf T° (i) weisen dem Subjekt Nomativkasus zu und (ii) lösen Kongruenz zwischen Subjekt und Verb aus. (2) TP Subjekt in Spec. TP T° vermittelt Kongruenz zwischen Subjekt und Verb (2. Person Singular) Derivation (14. 04. 2020) qp DP[2 SG] T' g [NOM] 3 D° T°[2 SG] VP g [NOM] g V° du[2 SG], [NOM] g schläf-st T° überträgt Nominativkasus an Subjekt in Spec. TP 6

DIE ARCHITEKTUR DER GRAMMATIK Standardmodell der Grammatik (Chomsky 1981, i. a) [Grafik aus Heck

DIE ARCHITEKTUR DER GRAMMATIK Standardmodell der Grammatik (Chomsky 1981, i. a) [Grafik aus Heck 2014] Derivation (14. 04. 2020) DGA 31 Morphologie 7

SELEKTION Frage. Was erklärt die folgenden Kontraste? (1) a. b. c. d. *hellbar *Lesbarung

SELEKTION Frage. Was erklärt die folgenden Kontraste? (1) a. b. c. d. *hellbar *Lesbarung *Esskeitbar *Wiederspiel aufhellbar *hell. A-bar Lesung *Lesbar. A-ung Essbarkeit *Ess. V-keit-bar Rückspiel *Wieder-spiel. N aufhell. V-bar. A Les. V-ung. N Essbar. A-keit. N Rück-spiel. N Beobachtung 1. Gebundene Morpheme (-bar) können nur mit spezifischen morphosyntaktischen Kategorien (A, V, N, P) kombiniert werden. Beobachtung 2. Das Resultat gehört einer bestimmten Kategorie an. -bar wird an einen Ausdruck der Kategorie V angefügt, und resultiert in einem Ausdruck der Kategorie A (symbolisch: V A). (2) a. b. c. d. V A A A N A P A Derivation (14. 04. 2020) lesbar, essbar, spielbar *gutbar, *lustigbar, *verspieltbar *buchbar, *fraubar *unterbar, *inbar DGA 31 Morphologie 8

SELEKTION (1) -ung: V N a. Lesung, Verschönerung, Hoffnung, Leitung, Zerstörung, Erlernung b. *Schönung,

SELEKTION (1) -ung: V N a. Lesung, Verschönerung, Hoffnung, Leitung, Zerstörung, Erlernung b. *Schönung, *Treuung, *Lustigung c. *Tischung, *Fleischung, *Tierung d. *Hinterung, *Oberung (2) -heit/keit: A N a. *Laufheit, *Spielheit, *Wissheit b. Schönheit, Langsamkeit, Weisheit c. *Frauheit, *Tischheit, *Spielheit d. *Unterheit/keit, *Inheit/keit (3) wieder-: V V a. wiederbringen, wiederholen, wiedersehen b. *wiederlangweilig, *wiedergut, *wiedergesund c. *Wiedersieger, *Wiederkrieg d. *wiederin, *wiederunten Derivation (14. 04. 2020) DGA 31 Morphologie 9

MERKMALE UND SELEKTION Beobachtung 1. Gebundene Morpheme können nur mit spezifischen morphosyntaktischen Kategorien (A,

MERKMALE UND SELEKTION Beobachtung 1. Gebundene Morpheme können nur mit spezifischen morphosyntaktischen Kategorien (A, V, N, P) kombiniert werden. Analyse. Affixe selegieren ein spezifisches kategoriales Merkmal. Lexikoneinträge, v. 1. -heit: [*A*] („-heit selegiert A“) -bar: [*V*] („-bar selegiert V“) -ig: [*N*] („-ig selegiert N“) Schönheit lesbar 3 3 schön[A] heit[*A*] les[V] bar[*V*] staubig 3 staub[N] ig [*N*] Merkmalsübereinstimmung. Das Selektionsmerkmal [*X*] muss mit dem kategorialen Merkmal seines Schwesterknotens übereinstimmen. *staubbar 3 staub[N] bar[*V*] Derivation (14. 04. 2020) DGA 31 Morphologie 10

MERKMALE UND SELEKTION Beobachtung 2. Das Resultat der Affigierung gehört einer bestimmten Kategorie an.

MERKMALE UND SELEKTION Beobachtung 2. Das Resultat der Affigierung gehört einer bestimmten Kategorie an. Analyse. (i) Affixe tragen, wie Stämme, ein Kategoriemerkmal. (ii) Die Kategorie des Affixes bestimmt die Kategorie des Wortes. Lexikoneinträge, v. 2. -heit: [N], [*A*] („ist ein N und selegiert A“) -bar: [A], [*V*] („ist ein A und selegiert V“) -ig: [A], [*N*] („ist ein A und selegiert N“) Schönheit[N] 3 schön[A] heit[N], [*A*] lesbar[A] 3 les[V] bar[A], [*V*] staubig[A] 3 staub[N] ig[A], maskieren[V] 3 Mask[N] ieren[V], [*N*] Derivation (14. 04. 2020) [*N*] DGA 31 Morphologie 11

MERKMALE UND SELEKTION täglich[A] 3 tag[N] lich[A], [*N*] lesbar[A] 3 les[V] bar[A], [*V*] Übung.

MERKMALE UND SELEKTION täglich[A] 3 tag[N] lich[A], [*N*] lesbar[A] 3 les[V] bar[A], [*V*] Übung. Finden Sie Affixe mit folgenden Eigenschaften: [A], [*A*]: ________ [A], [*N*]: ________ [V], [*A*]: ________ [V], [*N*]: ________ [V], [*V*]: ________ [N], [*N*]: ________ Derivation (14. 04. 2020) DGA 31 Morphologie 12

WAS IST DER KOPF EINES WORTES? Konsequenz. Der Kopf eines komplexen, derivierten Wortes ist

WAS IST DER KOPF EINES WORTES? Konsequenz. Der Kopf eines komplexen, derivierten Wortes ist nicht der Stamm – wie man vermuten möchte – sondern der Derivationsaffix. Schönheit[N] 3 schön[A] heit [N] Projektion der Merkmale des Kopfes and den Mutterknoten [*A*] Der Kopf des Wortes (i) legt die Kategorie (Wortart) fest. Dies geschieht, indem der Kopf seine kategorialen Merkmale weitergibt (“projiziert ”) und (ii) selegiert seine Komplemente (Nachbarknoten) Derivation (14. 04. 2020) DGA 31 Morphologie 13

AMBIGUIT�T Homophonie/Ambiguität. Affixe können, genauso wie Wörter oder Sätze, mehr als eine Bedeutung oder

AMBIGUIT�T Homophonie/Ambiguität. Affixe können, genauso wie Wörter oder Sätze, mehr als eine Bedeutung oder Funktion besitzen. Beispiel für ein vielfach ambiges Morphem ist der Suffix –er im Deutschen. (1) a. b. c. Derivationssuffix -er 1 : [N], [*V*] Arbeit-er, Spiel-er, Fahr-er (2) a. b. c. Derivationssuffix -er 2 : [N], [*N*] Wien-er, Berlin-er (3) a. b. c. Kompararativsuffix -er 3 : [A], [*A*] größ-er, bekannt-er (4) a. b. c. Flexionssuffix (Plural) -er 4 : [N], [*N*] Kind-er, Lied-er Derivation (14. 04. 2020) DGA 31 Morphologie 14

ZUSAMMENFASSUNG Ø Das Lexikon enthält Information über o Freie und gebundene Wurzeln o Affixe

ZUSAMMENFASSUNG Ø Das Lexikon enthält Information über o Freie und gebundene Wurzeln o Affixe mit eigenständiger Bedeutung (Derivationsmorphologie) o Merkmale (Flexions- und Derivationsmorphologie) Ø Lexikoneinträge o werden zu Beginn der Derivation eines Ausdrucks eingesetzt o tragen die Basisbedeutungen bei (Wurzeln, Derivationsaffixe) Ø Merkmale o steuern syntaktische Operationen (Kongruenz) und o regulieren morphologische Prozesse (Derivation) o müssen paarweise übereinstimmen Ø Derivationsaffixe o besitzen ein Selektionsmerkmal (Teil des Lexikoneintrages) o tragen ein kategoriales Merkmal (Teil des Lexikoneintrages) o legen die Kategorie des komplexen Wortes fest Derivation (14. 04. 2020) DGA 31 Morphologie 15

Danke für Ihre Aufmerksamkeit und ΚΑΛΟ ΠΑΣΧΑ! Wir sehen uns wieder am 28. 04.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit und ΚΑΛΟ ΠΑΣΧΑ! Wir sehen uns wieder am 28. 04. 2020 , selber Kanal, selbe Zeit (10. 00 pünktlich)

LITERATUR Baker, Mark & Jonathan Bobaljik. 2002. Introduction to Morphology. Ms. , Rutgers University

LITERATUR Baker, Mark & Jonathan Bobaljik. 2002. Introduction to Morphology. Ms. , Rutgers University and Mc. Gill University. ege 1884, 1892; Chomsky, Noam. 1981. Lectures on Government and Binding. Dordrecht, The Netherlands: Foris Publications. Heck, Fabian. 2014. BA Grundkurs Morphologie. Ms. , Universität Leipzig. Derivation (14. 04. 2020) DGA 31 Morphologie 17