STRUKTURFUNKTIONALE THEORIE der SOZIALISATION Talcott PARSONS 1902 1979

  • Slides: 27
Download presentation
STRUKTURFUNKTIONALE THEORIE der SOZIALISATION Talcott PARSONS, 1902 -1979: Zur Theorie sozialer Systeme. Opladen 1976

STRUKTURFUNKTIONALE THEORIE der SOZIALISATION Talcott PARSONS, 1902 -1979: Zur Theorie sozialer Systeme. Opladen 1976 (1945) Sozialstruktur und Persönlichkeit. Opladen 1968. 1

STRUKTURFUNKTIONALE THEORIE der SOZIALISATION n Grundfrage: Wie werden die Werte der Gesellschaft so auf

STRUKTURFUNKTIONALE THEORIE der SOZIALISATION n Grundfrage: Wie werden die Werte der Gesellschaft so auf die handelnden Personen übertragen, dass sie Teil der Persönlichkeitsstruktur der Individuen werden, die dann von sich aus die Gesellschaft stützen. n Allgemeine Antwort: Dadurch, dass im Prozess der Sozialisation eine relativ dauerhafte und stabile Entsprechung zwischen den Motiven sozialen Handelns der einzelnen Gesellschaftsmitglieder einerseits und den in einem Sozialsystem jeweils historisch gültigen Werten, Normen und Handlungsmustern andererseits geschaffen wird. 2

STRUKTURFUNKTIONALE THEORIE der SOZIALISATION GESELLSCHAFT als SYSTEM: § Anordnung der Subsysteme (= Struktur =

STRUKTURFUNKTIONALE THEORIE der SOZIALISATION GESELLSCHAFT als SYSTEM: § Anordnung der Subsysteme (= Struktur = statische Elemente) § Austauschprozesse zwischen den Subsystemen (prozesshafte Vorgänge zur Erhaltung der Struktur = Funktion) Grundeinheit aller sozialen SYSTEME: der handelnde Mensch (in Rollenmuster und Subsysteme – institutionelle Strukturen – eingebunden) 3

SOZIALISATION - strukturfunktional n Hierarchie des Sozialsystems: Basis: Konkrete Menschen als physische Organismen Persönlichkeit

SOZIALISATION - strukturfunktional n Hierarchie des Sozialsystems: Basis: Konkrete Menschen als physische Organismen Persönlichkeit in verschiedenen Rollen sind zu Kollektiven aggregiert – durch institutionelle Normen gesteuert n § Spitze: Gesellschaft als Gesamtsystem – (z. B. politisches Kollektiv) aus Teilsystemen zusammengesetzt (z. B. Bildungs-, Verkehrs-, Wirtschaftssystem) 4

SOZIALISATION - strukturfunktional n n STRUKTUR Relativ stabiles System von Beziehungsmustern zwischen Rollenträgern (statischer

SOZIALISATION - strukturfunktional n n STRUKTUR Relativ stabiles System von Beziehungsmustern zwischen Rollenträgern (statischer Aspekt des Systems) FUNKTION Prozesshaft – dynamischer Aspekt eines Systems (Prozesse tragen zur Erhaltung des Systems bei) STRUKTUR - FUNKTIONAL 5

SOZIALISATION - strukturfunktional n ROLLE Komplex von Verhaltenserwartungen (von Institutionen – z. B. Familie,

SOZIALISATION - strukturfunktional n ROLLE Komplex von Verhaltenserwartungen (von Institutionen – z. B. Familie, Politik, Beruf – hergestellt) n ROLLENHANDELN (= Erfüllung der Verhaltenserwartungen) Verknüpft den Handelnden (=Untersystem) mit dem übergeordneten (Teil-, Gesamt-)System Bei der Erfüllung der Rollen-(Verhaltens-)erwartung: „ungestörte Kommunikation“ Abweichungen: dysfunktional, unerwünscht 6

SOZIALISATION - strukturfunktional SOZIALISATION Erwerb der Fähigkeit zu angemessenem Rollenverhalten. n Der Gesamtprozess, durch

SOZIALISATION - strukturfunktional SOZIALISATION Erwerb der Fähigkeit zu angemessenem Rollenverhalten. n Der Gesamtprozess, durch den ein Individuum n einmal die motivationale Beteiligung (commitment), n zum anderen die Fähigkeit (capacities) - erlernt, die allgemeinen Werte sozialer Systeme zu befolgen und - bestimmte Rollen in einem sozialen Subsystem auszuüben. ERFOLGREICHE SOZIALISATION Mit Rollenhandeln Erfüllung der Erwartungen des/der Anderen Erfüllung meiner eigenen Bedürfnisse Sozialisation der Bedürfnisse 7

SOZIALISATION - strukturfunktional n n 1. 2. 3. 4. 5. Der Handelnde „ist“ die

SOZIALISATION - strukturfunktional n n 1. 2. 3. 4. 5. Der Handelnde „ist“ die Rolle: Völlig sozialisierte Persönlichkeit PATTERN VARIABLES: Übergreifende basale unspezifische Rollenorientierungen als Gegensatzpaare: Affektivität – affektive Neutralität Diffusität – Spezifität Partikularismus – Universalismus Zuschreibung – Erringung Gemeinschaftsorientierung - Selbstorientierung 8

SOZIALISATION - strukturfunktional Zusammenfassung: Partikularistisch (vormodern) - universalistisch (arbeitsteilige, komplexe Gesellschaft) 9

SOZIALISATION - strukturfunktional Zusammenfassung: Partikularistisch (vormodern) - universalistisch (arbeitsteilige, komplexe Gesellschaft) 9

SOZIALISATION - strukturfunktional KRITIK n Systemerhaltung im Vordergrund n Identität von subjektiven Bedürfnissen und

SOZIALISATION - strukturfunktional KRITIK n Systemerhaltung im Vordergrund n Identität von subjektiven Bedürfnissen und Rollenerwartungen/Handlung ist eher pathologisch (Interessengegensätze verschleiert; als „Störung“ gebrandmarkt) n Forderungen nach Passung zwischen Rollenerwartungen - und Rollenhandeln - nur in totalen Institutionen n Aktive Auseinandersetzung des Individuums mit den Anforderungen seiner Umwelt bzw. aktive Gestaltung der Umwelt (Individualität) bei PARSONS zu wenig thematisiert. 10

SOZIALISATION - interaktionistisch n Interaktionismus n Interpretative Paradigma n Labeling Ansatz Sozialisation und Identitätsbildung

SOZIALISATION - interaktionistisch n Interaktionismus n Interpretative Paradigma n Labeling Ansatz Sozialisation und Identitätsbildung aus interaktionistischer Sicht George Herbert MEAD, 1863 -1931: Mind, Self, Society 1934 (Geist, Identität, Gesellschaft, Frankfurt/M. 1968) Erving GOFFMAN: Stigma. Über Techniken der Bewältigung beschädigter Identitäten. Frankfurt/M. 1947. Asyle über die Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen. Frankfurt/M. 1972. Jürgen HABERMAS: Stichworte zu einer Theorie der Sozialisation. Frankfurt/M. 1969/1973. Klaus MOLLENHAUER: Theorien zum Erziehungsprozess. München 1972 Micha BRUMLIK: Symbolischer Interaktionismus. In: D. LENZEN/K. MOLLENHAUER (Hg. ): Theorien und Grundbegriffe der Erziehung. Bd. I der Enzyklopädie Erziehungswissenschaft. Stuttgart 1983, S. 232 -245. 11

SOZIALISATION - interaktionistisch SYMBOLISCHER Interaktionismus beschreibt Kommunikation zwischen (zwei) SUBJEKTEN daraus: IDENTITÄT 12

SOZIALISATION - interaktionistisch SYMBOLISCHER Interaktionismus beschreibt Kommunikation zwischen (zwei) SUBJEKTEN daraus: IDENTITÄT 12

SOZIALISATION - interaktionistisch 3 Grundsachverhalte der Interaktion 1. 2. 3. Gemeinsames Symbolsystem (Sprache) Stabilisierte

SOZIALISATION - interaktionistisch 3 Grundsachverhalte der Interaktion 1. 2. 3. Gemeinsames Symbolsystem (Sprache) Stabilisierte Verhaltenserwartungen an den einzelnen – von den anderen an ihn gerichtet Meine Antizipation der Verhaltenserwartungen des anderen an mich. INTERAKTION „Wechselseitiger Aufeinander-Bezugnehmen der Akteure durch Erwartungen an das Verhalten anderer und das antizipierende Erwarten von den Erwartungen anderer an das eigene Verhalten“ (BRUMLIK/HOLTAPPELS, in: TILLMANN 1987, S. 91). 13

SOZIALISATION - interaktionistisch Ad 2 und 3 Verhaltenserwartungen/Antizipation der Verhaltenserwartungen n Systematische Brüche (anderer

SOZIALISATION - interaktionistisch Ad 2 und 3 Verhaltenserwartungen/Antizipation der Verhaltenserwartungen n Systematische Brüche (anderer – ICH) Interpretation (von Erwartungen, Bedürfnissen, Normen) Selbstentworfenes Handeln als Antwort (darin wird u. a. eigene Identität „verpackt“) 14

SOZIALISATION - interaktionistisch EGO versucht zu erkunden Wer ALTER ist Hängt u. a. davon

SOZIALISATION - interaktionistisch EGO versucht zu erkunden Wer ALTER ist Hängt u. a. davon ab, wer ALTER sein darf (welche Identitätsaspekte des ALTER akzeptiert EGO? ) 15

SOZIALISATION - interaktionistisch Wechselseitiges Einbringen von Identitätsanteilen in den Kommunikationsprozess: * Role taking: Ego

SOZIALISATION - interaktionistisch Wechselseitiges Einbringen von Identitätsanteilen in den Kommunikationsprozess: * Role taking: Ego versetzt sich in die Rolle von Alter (Perspektiven übernehmen) Kann Erwartungen von Alter an Ego erkennen * Role making: Ego entwirft „Antwort“-Verhalten Kann die Erwartungen von Alter erfüllen (= Alters Identitätsentwurf bestätigen) Kann die Erwartungen verweigern Kann die vorgeschlagene Rolle modifizieren 16

SOZIALISATION - interaktionistisch Role making – Rollenhandeln Nicht bloß Ausführung einer Rollenerwartung – sondern:

SOZIALISATION - interaktionistisch Role making – Rollenhandeln Nicht bloß Ausführung einer Rollenerwartung – sondern: Eigenständigen Handeln auf Grund der durch Alter unterstellten Rolle 17

SOZIALISATION - interaktionistisch IDENTITÄT entsteht, wenn der einzelne sich mit den Augen der anderen

SOZIALISATION - interaktionistisch IDENTITÄT entsteht, wenn der einzelne sich mit den Augen der anderen zu sehen vermag und darauf hin sein Antwortverhalten entwickelt. 18

SOZIALISATION - interaktionistisch IDENTITÄT ist die Fähigkeit, sich ein Bild von sich selbst zu

SOZIALISATION - interaktionistisch IDENTITÄT ist die Fähigkeit, sich ein Bild von sich selbst zu machen und dieses Bild zur Grundlage des eigenen Handelns zu machen. (G. H. MEAD 1968, S. 179 ff) 19

SOZIALISATION - interaktionistisch Personale Identität („sein wie kein anderer“) – Kontinuität in der Zeit

SOZIALISATION - interaktionistisch Personale Identität („sein wie kein anderer“) – Kontinuität in der Zeit Soziale Identität („sein wie jeder andere“) – Zugehörigkeit zu verschiedenen Bezugsgruppen (E. GOFFMAN. Stigma 1967) 20

SOZIALISATION - interaktionistisch ICH-IDENTITÄT: Immer wieder neu herzustellende Balance von personaler und sozialer Identität

SOZIALISATION - interaktionistisch ICH-IDENTITÄT: Immer wieder neu herzustellende Balance von personaler und sozialer Identität (J. HABERMAS 1968/1973, S. 131) Grundqualifikationen des interaktionistischen Rollenhandelns: n Sprachkompetenz n n Empathie – Hineinversetzen in Gefühle Frustrationstoleranz: Rollen-Bedürfnis nicht deckungsgleich Ambiguitätstoleranz: Unschärfen, Unklarheiten Rollendistanz – Reflexion 21

SOZIALISATION - interaktionistisch Nach TILLMANN. Sozialisationstheorien, 1993, S. 138 Gegenwärtige Funktion =. . .

SOZIALISATION - interaktionistisch Nach TILLMANN. Sozialisationstheorien, 1993, S. 138 Gegenwärtige Funktion =. . . Sozialer Identität Biographische Erfahrung =. . . Personaler Identität Ich. Identität als Balance von. . . Kommunizieren Alter Ego Interpretieren Erwartungen sind nie völlig deckungsgleich, Befriedigungen immer nur partiell. Kommunikation ist daher immer vom Abbruch bedroht Ich. Identität als Balance von. . . Sozialer Identität = gegenwärtige Funktion . . . Personaler Identität = biographische Erfahrungen 22

SOZIALISATION - interaktionistisch Das interaktionistische Modell unterstellt n GLEICHBERECHTIGUNG und n GLEICHGEWICHTIGKEIT von EGO

SOZIALISATION - interaktionistisch Das interaktionistische Modell unterstellt n GLEICHBERECHTIGUNG und n GLEICHGEWICHTIGKEIT von EGO und ALTER 23

SOZIALISATION - interaktionistisch Role taking – role making unterstellen Kommunikationsprozess und Aushandlung zwischen Subjekten

SOZIALISATION - interaktionistisch Role taking – role making unterstellen Kommunikationsprozess und Aushandlung zwischen Subjekten 24

SOZIALISATION - interaktionistisch Generalisierter Anderer: Teilsystem der Gesellschaft Wertvorstellungen von diesem Teilsystem (z. B.

SOZIALISATION - interaktionistisch Generalisierter Anderer: Teilsystem der Gesellschaft Wertvorstellungen von diesem Teilsystem (z. B. Heim, Schule, Gericht) eingefordert 25

SOZIALISATION - interaktionistisch KRITIK n n Sehr kognitiv orientiert (Triebdynamik fehlt) Strukturelle Aspekte der

SOZIALISATION - interaktionistisch KRITIK n n Sehr kognitiv orientiert (Triebdynamik fehlt) Strukturelle Aspekte der Gesellschaft ausgeblendet Machtprobleme vernachlässigt Jede Norm wird ausgehandelt – relativ: jeweils herrschende Moral erhält überragende Bedeutung – doch hinter ihr stehen die jeweils Mächtigen (Macht wird durch Moral verschleiert!) 26

SOZIALISATION - interaktionistisch INTERAKTIONISMUS – wichtig: Das Selbst(wert)gefühl ist immer gekoppelt an die soziale

SOZIALISATION - interaktionistisch INTERAKTIONISMUS – wichtig: Das Selbst(wert)gefühl ist immer gekoppelt an die soziale Anerkennung! Aber: reicht die soziale Anerkennung aus? Identitätskrisen durch andere Unzulänglichkeiten (z. B. in der Triebdynamik, in der Entwicklung etc. ) 27