Zweitspracherwerbstheorien Universitt Athen Fachbereich fr Deutsche Sprache und
Zweitspracherwerbstheorien Universität Athen Fachbereich für Deutsche Sprache und Literatur Prof. Dr. Dafni Wiedenmayer
Grundprozess des Spracherwerbs Sprachlicher Input Interne Verarbeitung Intake
Theorien zum L 2 -Erwerb • verdeutlichen den sprachlichen Lernprozess als Ganzes. • verdeutlichen mögliche Verbindungen zu nicht-sprachlichem Lernen. • verdeutlichen Gemeinsamkeiten zwischen L 1 - und L 2 -Erwerb. • verdeutlichen die Bedingungen, unter denen der L 2 -Erwerb gelingen kann.
Behaviorismus • Jedes Lernen ist die Aneignung bzw. das Imitieren von Verhaltenseinheiten. • Mensch wird mit einer Äußerung konfrontiert → versucht sie partnergerecht zu verwenden → bekommt positive/negative Verstärkung aus der Umwelt.
Vom Behaviorismus zur Kontrastiven Analyse Fries/Lado • L 2 -Lerner, die ihre Muttersprache bereits weitgehend erlernt haben, übertragen Eigenschaften und Strukturen der L 1 auf die L 2. • Tranfer von L 1 auf L 2 • positiver Transfer: strukturelle Gleichheiten zwischen L 1 und L 2 setzen keine Fehler voraus → erleichtern den Fremdspracherwerb. • negativer Transfer: linguistische Unterschiede zwischen L 1 und L 2 → Fehler sind zu erwarten. • kann zur Vermeidung bestimmter Strukturen in die L 2 führen, weil sie in der L 1 nicht vorhanden sind. • kann zum überhäufigen Gebrauch bestimmter Strukturen in der L 2 führen, weil sie in der L 1 zur Norm gehören. • ähnliche Sprachen setzen keinen positiven Transfer voraus
Vom Behaviorismus zur Kontrastiven Analyse II • Interferenzen • Übertragung L 1 -Strukturen auf äquivalente L 1 -Strukturen und umgekehrt. Lassen sich auf allen sprachlichen Ebenen beobachten: auf phonetischer Ebene: Aussprachefehler auf semantischer Ebene: falsche Freunde auf pragmalinguistischer Ebene: kulturgeprägte Kommunikationsdivergenzen • auf grammatischer Ebene: weniger eindeutig • • • sind auch zwischen L 2 und L 3 usw. möglich
Vom Behaviorismus zur Kontrastiven Analyse III • Kritik des behavioristischen Lehrkonzepts: • Tranfer gilt als Störung. • Lerner soll eine aktive, selbst konstruierende und bewusst reflektierende Rolle einnehmen, um mit den Interferenzen zurechtzukommen. • der FSU sollte so gestaltet werden, als ob es keine L 1 gäbe. • Bedarf nach einer lernersprachlichen Theorie, die Interferenzen zwischen L 1 und L 2 anspricht und anhand von Regeln thematisiert → Bedarf nach der Kontrastiven Analyse.
Kognitivismus • Zweitpracherwerb ist ein ständiger Reifungsprozess: • Lerner konstruiert durch kognitive Denk- und Verstehensprozesse Regeln in der L 2, während er sein Regelwissen aus der L 1 wiederaufgreifen soll. L 2 -Input wird in ein organisiertes Netz vorhandenen L 1 -Wissens eingepasst. • L 1 und L 2 entwickeln sich unabhängig voneinander nach universalen sprachlichen Reifungsprinzipien. • Regelkonstruktion in der L 1 verwirklicht sich anhand des internen Regelapparats. • Regelkonstruktion in der L 2 beruht auf der angeborenen universalgrammatischen Fähigkeit.
Kognitivismus Natural-Approach-Hypothesen • Ungesteuerter L 2 -Erwerb folgt ähnlichen Erwerbsstadien wie der L 1 -Erwerb → gesteuerter L 2 -Erwerb soll dem ungesteuerten L 2 -Erwerb ähneln (Input-Hypothese). • Ungesteuerter L 2 -Erwerb ähnelt den Umständen des L 1 Erwerbs → gesteuerter L 2 -Erwerb soll den Umständen des ungesteuerten L 2 -Erwerbs ähneln (Natural-Order-Hypothese). • Ungesteuerter L 2 -Erwerb beruht auf die angeborene universalgrammatischen Fähigkeit, die den L 1 -Erwerb prägt → gesteuerter L 2 -Erwerb beruht sich auf einen bewusst aufgebauten regelbildenden Mechanismus, der die formale Korrektheit jeder Äußerung überwacht (Monitor-Hypothese).
Theorien der Lernersprachen • kein fehlerhaftes Zwischenstadium, sondern eine eigenständige komplexe Sprachvarietät, eine inter-language. • inter-language: • beteht aus Erwerbsstadien. • wird sowohl von korrekten als auch von fehlerhaften L 2Äußerungen gekennzeichnet. • befindet sich in ständiger Veränderung. • Eine bestimmte L 2 -Struktur kann in einem gewissen Erwerbsstadium nicht gelehrt werden, wenn der Lerner nicht bereit ist (Lehrbarkeitshypothese).
Theorien der Lernersprachen II Erwerbsphasen • Ist ein Lerner noch nicht bereit eine bestimmte L 2 -Struktur in einem gewissen Erwerbsstadium, dann: • wird die Verarbeitung vom Input zum Intake zurückgestellt oder • die L 2 -Struktur wird zwar aufgenommen doch in sprachlich falscher Form (Übergangsvariante). • Folgt die didaktische Progression der internen Progression der L 2 -Erwerbsphasen nicht, dann: • weist der L 2 -Erwerb Rückfälle auf, • kommt der L 2 -Erwerb zum Stillstand (Fossilierung). • Fossilierung ist ein Niveau der inter-language, das den Ansprüchen und Bedürfnissen des Lerners entspricht und genügt.
Konnektionismus • Konnektivität von Neuronen im Gehirn. • Sprachverarbeitung ist der komplexe Prozess miteinander interagierter Neuronen. • vorhandenes Neuronennetzwerk + externe Reize = neue neuronale Verbindungen. • Erfahrungen mit der Umwelt interagieren auf komplexe Weise mit dem bereits erworbenen Wissen anders bei jedem Menschen und führen deshalb zu unterschiedlichen Ergebnissen (≠ Behaviorismus). • Sprachlicher Input wird von mehreren Neuronengruppen verarbeitet, welche nicht mit demselben Grad arbeiten (Competition-Modell).
Konstruktivismus • Interaktion der Menschen mit ihrer Umwelt spielt eine große Rolle (≠ Kognitivismus) • situatives Handeln: Gehirn konstruiert neue fremdsprachliche Muster anhand bereits bekannter Handlungsschemata. • konstruktive Operationen: • Assimilation: Anpassung eines Menschen and die sprachlich fremde Umgebung. • Akkommodation: Aufbauen eines kognitiven Handlungsmuster, um gewisse fremdsprachliche Situationen zu bewältigen.
Konstruktivismus II Konstruktive Operationen im FSU • Lerner erreicht ein bestimmtes Erwerbsstadium (assimiliert sich an das sprachliche Fremde), nur dann kann er den angebotenen Input verarbeiten (akkommodiert sich). • Lernsituationen: • sollen komplexe , authentische sprachliche und nichtsprachliche Erfahrungen ermöglichen. • Lerner handeln problemlösend. • zu zweit oder in Kleingruppen. • dichte Kommunikation ohne Hemmungen. • Lernerautonomie wird gefördert. • Projektunterricht ist geeignet.
Konstruktivismus III Kritik • Bewältigung sprachlich fremder Situationen bedeutet erfolgreich zu handeln und keine Schaden zu nehmen. • In der instruktionellen Lernumgebung werden aber Fehler erwartet und sogar positiv bewertet. • Eine konstruktivistische Fremdsprachendidaktik sollte die Lernumgebung (in micro und macro) berücksichtigen.
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