Zuwanderung als Herausforderung fr Eltern und Familienbildung Prof
Zuwanderung als Herausforderung für Eltern- und Familienbildung Prof. Dr. Veronika Fischer FH Düsseldorf
Gliederung • • Vielfalt der Adressaten Weiterbildungsbeteiligung Zugangsbarrieren Interkulturelle Öffnung
1. Herausforderung • Eltern als Zielgruppen genau analysieren! • Soziale Lagen, Familienkulturen, Erziehungsstile und –ziele herausfinden!
Migration sbiograp hie familiengeschicht e Transnationale Familiennetzwerk e Auslände rrechtliche r Status Migrationssta tus Deutsch als Fremdsprache, Zwei. Mehrspra -chigkeit Diskriminierungserfahrung als Migrant. In Nichtchristlich e Religion
Adaptiv bürgerliches Milieu (16%) Religiös verwurzeltes Milieu (7%) Väter partizipieren an der Erziehung Traditionalistischer Erziehungsstil der Väter; Mütter wehren sich häufig (heimlich oder offen) dagegen Hohes Maß an gemeinsamen Freizeitaktivitäten Betonung einer guten Bildung, zusätzliche Unterstützung des Kindes durch Nachhilfe oder andere Aktivitäten Projektion von Aufstiegs – und Wohlstandswünschen auf die Kinder und Enkel, (Enkel-)söhne sollen studieren, (Enkel-)töchter: solide Ausbildung in klassischem Frauenberuf Vermittlung sozialer Werte: Regeln, Respekt, gutes Benehmen auf Basis einer liebevollen Erziehung Zentrale Erziehungsziele: Achtung der Familiendisziplin, Einhaltung der moralischen und religiösen Gebote Vermeidung geschlechtsspezifischer Erziehung, zunehmende Akzeptanz vorehelicher Beziehungen Geschlechtsrollenkonformes Verhalten (Merkle 2011)
Selbstbewusstsein, bestimmung, Freiheit, Autoritativer Erziehungsstil, Vermeidung geschlechtsspezif. Erziehung Wissbegierde, Offenheit, Toleranz, Gerechtigkeitssinn Soziale Werte (Regeln, Respekt, gutes Benehmen, Vermeidung geschlechtsspezif. Erz. )
Ressourcen (Merkle 2011) • Bildungsoptimismus bei 85% • Hohe Bildungsaspirationen der Eltern (Nauck 1994/Diefenbach u. Nauck 1997/ Herwartz-Emden 2000) • 2. und 3. Generation: häufig bi-kulturelles Selbstbewusstsein • Mehrsprachigkeit • Familienzusammenhalt
Fazit für die Arbeit im Hinblick auf die Zielgruppen • Ethnisch-nationale Zuordnungen > wenig aussagekräftig • Vielfalt / Mehrfachzugehörigkeiten = Normalität • Den Migranten gibt es nicht > den einen Ansatz in der Zielgruppenansprache auch nicht • Beratung und Bildung: differenzsensibel, personenzentriert und lebenswelt- und ressourcenorientiert • Multiple Anforderungsprofile • Besondere Herausforderungen durch prekäre Milieus und soziale Exklusion
2. Herausforderung Zugangsbarrieren identifizieren
„Wir haben große Probleme Eltern mit Migrationshintergrund zu erreichen. “ Erzieherin in einem Familienzentrum „Ich glaube, dass wir oft die Kanäle nicht finden, um überhaupt an Migranten heranzukommen!“ Leitung einer Familienbildungsstätte (Fischer u. a. 2007)
Weiterbildungsbeteiligung nach Migrationshintergrund Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland - Eckdaten zum BSW-AES 2007, TNS Infratest BMBF (2011): Weiterbildungsverhalten in Deutschland, Bildungsbericht 2012 Teilnahmequote in % 2003 2007 2010 Deutsche ohne Migrationshintergrund 43% 46% 45% Deutsche mit Migrationshintergrund 29% 34% 33% Ausländer. Innen 29% 32% 29%
„Nutze Weiterbildungsangebote in meiner Freizeit gerne bzw. sehr gerne“ : A 3: 12% AB 3: 15% B 3: 29% BC 3: 24% B 23: 45% BC 2: 58% AB 12: 70%
Gütesiegelkriterien zur interkulturellen Öffnung der Familienzentren in NRW (10 von 112 Kriterien, MGFFI 2008) • • Spezialisierung 1 Mitarbeiterin auf inter. Öffnung (58, 9%) Aufsuchende Elternarbeit (45, 2%) Interkulturelle Veranstaltungen (59, 7%) Deutschkurse (47%) • Bildungsangebote für Eltern mit Migrationsgeschichte (26, 1%) • • • Kenntnisse über Tageseltern mit interkultureller Kompetenz (61, 2%) Kooperationsvereinbarungen mit anderen Einrichtungen (44, 5%) Fremdsprachige Übersetzung des Angebots (40%) Schriftliche Konzeption zur Sprachförderung (91, 3%) Fortbildungen zum Thema „Interkulturelle Kompetenz“ (45, 1%)
Evaluation der Eltern- und Familienbildung in NRW (Fischer u. a. 2007) Fragebögen an Alle 151 Einrichtungen der Eltern- und Familienbildung Rücklauf 70 Einrichtungen (46, 35%) Interkulturelle und 36 von 70 migrationsspezifische Einrichtungen Ausrichtung
Zugangsprobleme zu Bildungsinstitutionen Quelle: Gaitanides 2004/ Fischer u. a. 2007/Harris, Goodall 2001, zit. in Sacher 2012 Zahlen Stat. Bundesamt 2012 • Belastende Lebenslagen • Subjektive Faktoren • Institutionelle Zugangsbarrieren
Hohe Arbeitsbelastungen durch schwere körperliche Arbeit (38, 8% Arbeiterberufe mit MH /21, 2% ohne MH) Schichtarbeit Hoher Zeitaufwand durch mehrere Minijobs Familiäre Belastungen (größere Haushalte: 2, 5 versus 2, 1 Personen) Geringes Einkommen, Transfereinkommen (9, 3% arbeitslos mit MH/ 4, 9% ohne MH)
Niedrige/fehlende Bildungsabschlüsse (14, 1% ohne Schulabschluss mit MH/ 1, 8% ohne MH, 40, 6% ohne Berufsabschluss mit MH/ 15, 9% ohne MH) Informationsdefizit bzgl. Familienbildungsangebote lese- und schreibungewohnt Angst vor Vorurteilen Stigmatisierung Fehlende Einsicht in den Nutzen von Familienbildung
Überwiegend schriftsprachliche Werbung Dominanz Distanz der Fachkräfte Keine Willkommenskultur Keine muttersprachlichen Ansprechpartner. Innen Fehlender Lebensweltbezug Fehlende interkulturelle Kompetenz beim Personal
3. Herausforderung Zugänge erleichtern
Zugänge erleichtern Fischer u. a. 2007 Mund- zu –Mund-Propaganda Migranten als Mittler/ Multiplikatoren Kooperationspartner aus den Migrationsfachdiensten Kooperation mit Migrantenorganisationen Verlagerung der Elternbildung In die Bildungswelten der Kinder Niedrige Gebühren Niedrigschwellige Angebote Willkommenskultur Sozialraumorientierung
Ansprache der Eltern im vertrauten Milieu, Kitas, GS Höhere Wahrscheinlichkeit, bildungsferne Eltern zu erreichen Vernetzungsmöglichkeiten mit ethnischer Infrastruktur im Stadtteil (Moscheen, Vereine…) Vernetzung mit Migrationsfachdiensten im Stadtteil Arbeit mit Multiplikatoren im Stadtteil Sozialraumorientierung
4. Herausforderung Vielfalt der Familienkulturen pflegen Thematische Interessen identifizieren
Eltern und Kinder erhalten Gelegenheit ihre Familienkulturen in den Alltag der Kita einzubringen Kulturelle Identität und Stolz darauf stärken Neugier und Einfühlungsvermögen fördern Respekt für die anderen und das Andere vermitteln, unangemessene Reaktionen überwinden lernen
Motivation zur Seminarteilnahme (N=43) Evaluation des Elternnetzwerk NRW (Fischer u. a. 2007) Ich möchte Informationen Schulsystem bekommen. Ich möchte austauschen. mich mit über anderen das Eltern 27 (62, 8%) 26 (60, 5%) Ich will künftig selber Fortbildungen für Eltern durchführen und erhoffe mir hiervon Anregungen. 25 (58, 1%) Ich möchte mich einmischen/mitbestimmen. 23 (53, 5%) Ich möchte werden. 18 (41, 9%) in Erziehungsfragen sicherer Der Verein hat mich darum gebeten. 14 (32, 6%) Sonstiges 13 (30, 2%)
Themen, bewertet mit 0=nicht interessant 1= interessant 2=sehr interessant N=43 Mittelwert Standard. Abweichung 2. Oktober 2004 in Bochum "Elternorganisationen in NRW" 8 1, 50 , 535 7 1, 57 , 535 14 1, 43 , 514 5 1, 20 , 447 8 1, 88 , 354 4 1, 25 , 500 10. Dezember 2005 in Solingen "Zukünftige Zusammenarbeit der Elternvereine auf NRW Ebene" 6 1, 50 , 548 4. März 2006 in Neuss "Das neue Schulgesetz in NRW und Aufbau des Netzwerkes der Elternvereine" 8 1, 50 , 535 6. Mai 2006 in Köln "Gewalt an Schulen, Zuwanderung und Integration/Praxisbericht aus dem Dortmunder Norden/Vorstellung der Seminarreihe der türkischen "Elternakademie" und der spanischen Elternvereine" 10 1, 70 , 483 20 1, 65 , 489 3 1, 33 , 577 11. Dezember 2004 in Bochum "Situation der Gesamtschulen in NRW" 19. März 2005 in Köln Chorweiler "Mehrsprachigkeit - Chance oder Risiko" 25. Juni 2005 in Düsseldorf Garath "Offene Ganztagsschule" 17. September 2005 in Wuppertal "Geplante Änderungen des neuen Schulgesetzes, Netzwerkidee der Elternvereine" 12. November 2005 in Bochum "Zweisprachigkeit in der frühkindlichen Erziehung" 9. September 2006 in Düsseldorf "Neues Schulgesetz/Aktionsplan Integration" 4. November 2006 in Hilden "Netzwerkarbeit auf Bundes- und kommunaler Ebene/Sprachstandsfeststellung der Vierjährigen" Quelle: Fischer u. a. 2007
5. Herausforderung Partizipation Brückenpersonen einbeziehen
Projekt Brücke - Gelsenkirchen Zweisprachige Elternbegleiterinnen als Multiplikatorinnen in Bildungsinstitutionen RAA Bildungsinstitution
Name des Projektes Ausbildungsorientierte Elternarbeit Bündnis für Familie Elternarbeit/Elternnetzwerk Häufig keit Femmes. Tische HIPPY Integrations-/Bildungs-/Elternlotsen LOS-Lokales Kapital für soziale Zwecke Rucksack Einzelnennungen 2 6 4 2 (Michalek/Laros 2008) 4 3 7 6 21
Welche Voraussetzungen muss eine Multiplikator. In erfüllen? (N=81 mit Mehrfachnennungen) Voraussetzungen Häufigkeiten Eigener Migrationshintergrund 57 weiblich 32 Gleicher kultureller Hintergrund wie die Zielgruppe 38 Formaler Abschluss nötig 24 (Michalek/Laros 2008) Bilingualität, Kenntnis der Lebenssituation der Eltern, Bewusstsein der Heterogenität der Zielgruppen, Kenntnisse des Bildungssystems und der Institutionen im Sozialbereich, Vertrauensperson, Empathie, Verschiegenheit, Kenntnisse des Stadtteils (Blickenstorfer 2009)
Arbeit der Multiplikatorinnen (Michalek/Laros 2008) • • Übersetzung der Kursangebote Hausbesuche Durchführung von Elternabenden Planung und Leitung von Gesprächsgruppen Dokumentation der Arbeit Ansprechpartner für Teiln. /Fachkräfte Netzwerkbildung Materialerstellung
Evaluationsergebnisse Michalek/Laros 2008 • Zielgruppenansprache (aufsuchend) bzw. Mischformen • Hauptsächlich bildungsferne Milieus (85%) wurden erreicht • In 87% der Maßnahmen sind überwiegend Frauen
Effekte bei den Multiplikatorinnen (Michalek/Laros 2008) • Persönliche Weiterentwicklung • Gestiegenes Selbstbewusstsein • Gestiegenes Problembewusstsein • Anerkennung durch andere • Gestiegene Weiterbildungsbereitschaft
6. Herausforderung Kooperation auf Augenhöhe mit Migrantenorganisationen
Hinderliche Faktoren für Kooperation aus Sicht der Migrantenorganisationen Quelle: Hunger u. a. (2011) Gefühl, instrumentalisiert zu werden (Informationsu. Klientelbeschaffer) Hierarchie, Machtgefälle, Top-down-Mobilisierung In der Opferrolle gesehen zu werden Gefühl der Überforderung im Ehrenamt Geringe Ressourcenausstattung Mangelnde Kommunikation Mangelnder Info-Fluss Mangelnde Transparenz
Förderliche Faktoren für Kooperation Quelle: Hunger u. a. (2011) Initiative kommt von der Migrantenorganisation Interessenlagen decken sich, gemeinsam erarbeitete Ziele Win-win-Situation Partnerschaft auf Augenhöhe Gegenseitiges Vertrauen, Wertschätzung Bottom-up-Mobilisierung Klare und transparente Kooperationsverträge Capacity-Building bei Organisationsentwicklung, Projektmanagement
Interkulturelle Handlungskompetenz „Fähigkeit, angemessen mit Situationen in der Migrationsgesellschaft umzugehen, so dass Migranten und Migrantinnen – neben allen anderen Klient. Innen – unter Anerkennung und Förderung ihrer individuellen Ressourcen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht wird“
Entwicklung interkultureller Kompetenzen ist eingebettet in Organisationsentwicklung Zielgruppenansprache Personalentwicklung Organisationsentwicklung Leitbild Zielentwicklung Controlling
Organisationsentwicklung Institution Team Zielgruppen Angebot ansprache OE-Konzept Gemischt Aufsuchend Lebensweltorientierung Diversity als Leitbild Multiprofessionell Mund-zu. Mund Propaganda Brückenpersonen Sozialraumorientierung Flexible Gebühren Elternpartizipation Diversitätsgerecht Vernetzung/ Entgrenzung Kooperation MSO Willkommens- Interkulkultur turelle Kompetenz Niedrigschwellig
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