Zur Theorie der Verkrperung SS 2017 Thomas Fuchs

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Zur Theorie der Verkörperung (SS 2017) Thomas Fuchs

Zur Theorie der Verkörperung (SS 2017) Thomas Fuchs

Kosmos im Kopf?

Kosmos im Kopf?

Der Ego Tunnel „Bewusstes Erleben gleicht einem Tunnel. Die moderne Neurowissen schaft hat gezeigt,

Der Ego Tunnel „Bewusstes Erleben gleicht einem Tunnel. Die moderne Neurowissen schaft hat gezeigt, dass der Inhalt unseres bewussten Erlebens nicht nur ein inneres Kon strukt, son dern auch eine höchst selektive Form der Darstel lung von Information ist … Zuerst erzeugt unser Ge hirn eine Si mulation der Welt, die so per fekt ist, dass wir sie nicht als ein Bild in unserem eigenen Geist erkennen können. Dann generiert es ein in neres Bild von uns selbst als einer Ganzheit. (…) Wir sind nicht wirklich in direktem Kontakt mit der Welt oder mit uns selbst. Wir leben unser bewuss tes Leben im Ego Tunnel. “ T. Metzinger (2010)

Das „Gehirn im Tank“ „Im Prinzip könnten wir dieses Erlebnis [der Welt] also auch

Das „Gehirn im Tank“ „Im Prinzip könnten wir dieses Erlebnis [der Welt] also auch ohne Augen haben, und wir könnten es sogar als entkörpertes Gehirn in einer Nährlösung haben. “ (Metzinger 2010)

Die Welt ist nicht im Kopf. Das Subjekt ist nicht im Gehirn. Im Gehirn

Die Welt ist nicht im Kopf. Das Subjekt ist nicht im Gehirn. Im Gehirn gibt es keine Gedanken.

„Unser Ich ist … eine Fiktion, ein Traum des Gehirns, von dem wir, die

„Unser Ich ist … eine Fiktion, ein Traum des Gehirns, von dem wir, die Fiktion, der Traum nichts wissen können. “ (G. Roth 1994) “Sie sind Ihre Synapsen; sie sind das, was Sie sind. “ (Le. Doux 2002) “Sie haben ihr Gehirn nicht, Sie sind Ihr Gehirn. “ (Spitzer 2005)

„Peters Gehirn überlegte angestrengt, was es nun tun sollte. Als es keine Lösung fand,

„Peters Gehirn überlegte angestrengt, was es nun tun sollte. Als es keine Lösung fand, entschied es sich, erst einmal abzuwarten. “

Der Mensch denkt, nicht das Gehirn. (Erwin Straus 1956)

Der Mensch denkt, nicht das Gehirn. (Erwin Straus 1956)

(1) Menschlicher Geist lebendiger, verkörperter Geist. (2) Das Gehirn ist nur ein Organ eines

(1) Menschlicher Geist lebendiger, verkörperter Geist. (2) Das Gehirn ist nur ein Organ eines Lebewesens – ein Vermittlungs und Beziehungsorgan.

Austausch und Kreisprozesse

Austausch und Kreisprozesse

Gehirn Körper Dualismus der Neurowissenschaften • Körper als Trägerapparat • Gehirn als „Konstrukteur“ der

Gehirn Körper Dualismus der Neurowissenschaften • Körper als Trägerapparat • Gehirn als „Konstrukteur“ der erlebten Welt und des Subjekts • „Zentralismus des Gehirns“ Vernachlässigung von Wechselbeziehungen

„Kurzschluss“ von Gehirn und Geist Mentale Prozesse Gehirn Physikalische Prozesse

„Kurzschluss“ von Gehirn und Geist Mentale Prozesse Gehirn Physikalische Prozesse

Das Gehirn als Organ des Lebewesens „Weder die Seele denkt und empfindet, noch das

Das Gehirn als Organ des Lebewesens „Weder die Seele denkt und empfindet, noch das Gehirn; denn das Hirn ist eine physiologische Abstraktion, ein aus der Totalität herausgerissenes, vom Leib abgesondertes Organ. Das Gehirn ist nur solange Denkorgan, als es mit einem lebendigen Leib verbunden ist. “ Ludwig Feuerbach 1835

Doppelaspekt des Lebewesens Bewusste Lebensäußerungen 1. - / 2. -Person. Perspektive Lebewesen Physiologische Prozesse

Doppelaspekt des Lebewesens Bewusste Lebensäußerungen 1. - / 2. -Person. Perspektive Lebewesen Physiologische Prozesse 3. -Person. Perspektive

Doppelaspekt der Person Erlebter Leib 1. - / 2. -Person. Perspektive Person Physischer Körper

Doppelaspekt der Person Erlebter Leib 1. - / 2. -Person. Perspektive Person Physischer Körper 3. -Person. Perspektive

„Embodied Cognitive Neuroscience“ (Varela 1991, Clark 2000, Thompson 2007 u. a. ) Subjektivität ist

„Embodied Cognitive Neuroscience“ (Varela 1991, Clark 2000, Thompson 2007 u. a. ) Subjektivität ist verkörpert in der senso motorischen Aktivität des Organismus in seiner Umwelt („embodied, embedded, enactive“) Gehirn als Vermittlungs und Beziehungsorgan, vernetzt mit der biologischen, sozialen und kulturellen Umwelt Funktion des Gehirns: statt internen Repräsentationen Handlungsmöglichkeiten für den Organismus in seiner Umwelt

Verkörperte Subjektivität (1) Interaktion von Gehirn und Körper basales Selbst (2) Interaktion von Gehirn,

Verkörperte Subjektivität (1) Interaktion von Gehirn und Körper basales Selbst (2) Interaktion von Gehirn, Körper und Umwelt ökologisches Selbst (3) Interaktion von Personen soziales Selbst

(1) Interaktion von Gehirn und Körper – Basales Selbst Körper Leibliches Hintergrunderleben, Kernbewusstsein Stimmungen,

(1) Interaktion von Gehirn und Körper – Basales Selbst Körper Leibliches Hintergrunderleben, Kernbewusstsein Stimmungen, Affekte basales Selbst

(2) Interaktion von Gehirn, Körper und Umwelt Wahrnehmung Objekt Körper Bewegung Sensomotorischer Funktionskreis

(2) Interaktion von Gehirn, Körper und Umwelt Wahrnehmung Objekt Körper Bewegung Sensomotorischer Funktionskreis

Verkörperung: In der Welt Sein / Handeln „offene Schleifen“ Wahrnehmen Senso motorischer Funktionskreis „zuhanden“

Verkörperung: In der Welt Sein / Handeln „offene Schleifen“ Wahrnehmen Senso motorischer Funktionskreis „zuhanden“ Handeln

Verkörperte Wahrnehmung Wahrnehmen Funktions kreis „zuhanden“ Handeln Ein Objekt zu erkennen bedeutet zu wissen,

Verkörperte Wahrnehmung Wahrnehmen Funktions kreis „zuhanden“ Handeln Ein Objekt zu erkennen bedeutet zu wissen, wie man mit ihm umgeht.

Instrumentengebrauch Instrument Körper ökologisches Selbst

Instrumentengebrauch Instrument Körper ökologisches Selbst

(3) Interaktion von Personen – Soziales Selbst Körper Verkörperte Intersubjektivität „Zwischenleiblichkeit“

(3) Interaktion von Personen – Soziales Selbst Körper Verkörperte Intersubjektivität „Zwischenleiblichkeit“

Zwischenleiblichkeit Ausdrucks imitation (Meltzoff & Moore 1989)

Zwischenleiblichkeit Ausdrucks imitation (Meltzoff & Moore 1989)

Zwischenleiblichkeit und frühe Intersubjektivität

Zwischenleiblichkeit und frühe Intersubjektivität

(3) Interaktion von Personen Körper Verkörperte Interaktionen Zwischenleibliche Resonanz soziales Selbst

(3) Interaktion von Personen Körper Verkörperte Interaktionen Zwischenleibliche Resonanz soziales Selbst

Verkörperte soziale Wahrnehmung Früher Mutter Kind Dialog: Proto Konversationen, Affektabstimmung → Erwerb affektiv interaktiver

Verkörperte soziale Wahrnehmung Früher Mutter Kind Dialog: Proto Konversationen, Affektabstimmung → Erwerb affektiv interaktiver Schemata: „schemes of being-with“, „implizites Beziehungswissen“ (D. Stern) → Andere zu verstehen heißt zu wissen wie man mit ihnen umgeht.

Soziale Entwicklungsneurobiologie Körper Rückwirkung durch Neuroplastizität „verkörperte Sozialisation“

Soziale Entwicklungsneurobiologie Körper Rückwirkung durch Neuroplastizität „verkörperte Sozialisation“

Geist und Gehirn Nicht das Gehirn produziert den Geist, sondern der verkörperte Geist und

Geist und Gehirn Nicht das Gehirn produziert den Geist, sondern der verkörperte Geist und das Gehirn formen einander wechselseitig. Gehirn als Matrix von Erfahrungen

Gehirnentwicklung durch Interaktion Sur et al. (2000): „Rewiring“ bei Frettchen Hör Areal wird durch

Gehirnentwicklung durch Interaktion Sur et al. (2000): „Rewiring“ bei Frettchen Hör Areal wird durch visuomotorische Stimulierung zum Seh Areal Die Funktion schafft sich durch Ausübung ihr zerebrales Organ.

Gehirnentwicklung durch Interaktion „Erst durch das Denken wird das Hirn zum Denkorgan ausgebildet, ans

Gehirnentwicklung durch Interaktion „Erst durch das Denken wird das Hirn zum Denkorgan ausgebildet, ans Denken gewöhnt, und durch die Gewohnheit, dieses oder jenes, so oder so zu denken, auch modifiziert, bleibend bestimmt; aber durch das ausgebildete Denkorgan wird auch das Denken erst selbst gebildetes, geläufiges, gesichertes. Was Wirkung ist, wird zur Ursache, und umgekehrt. “ (Feuerbach 1838)

Wechselbeziehung von Prozess und Struktur Psyche Interaktive Prozesse top down bottom up Gehirn Struktur

Wechselbeziehung von Prozess und Struktur Psyche Interaktive Prozesse top down bottom up Gehirn Struktur Neuronales Substrat

Geist und Gehirn Das Gehirn ist ein durch den Lebensvollzug, also sozial und biographisch

Geist und Gehirn Das Gehirn ist ein durch den Lebensvollzug, also sozial und biographisch geformtes Organ.

Zusammenfassung: Verkörpertes Selbst (1) Leibliches Hintergrundempfinden basales Selbst (2) Beziehung von Organismus und Umwelt

Zusammenfassung: Verkörpertes Selbst (1) Leibliches Hintergrundempfinden basales Selbst (2) Beziehung von Organismus und Umwelt ökologisches Selbst (3) Verkörperte Intersubjektivität, Zwischenleiblichkeit soziales Selbst

Bewusstsein als Integral Bewusstsein entsteht nur im übergreifenden System von Organismus und Umwelt. Organismus

Bewusstsein als Integral Bewusstsein entsteht nur im übergreifenden System von Organismus und Umwelt. Organismus Bewusst. Umwelt sein