Weisheitsbezogene Kompetenz im pdagogischen Kontext Analyse und Frderungsmglichkeiten

Weisheitsbezogene Kompetenz im pädagogischen Kontext: Analyse und Förderungsmöglichkeiten Antrittsvorlesung an der Universität des Saarlandes, 28. Juni 2004 Robin Stark

Struktur der Vorlesung 1. Weisheitskonzepte in der Philosophiegeschichte

Struktur der Vorlesung l Aktualität des Themas l Weisheit in der postmodernen Philosophie l Weisheit als Thema der Psychologie l Situierte Weisheitskonzeption l Förderungskonzept 3

Aktualität des Themas l Zunehmende Komplexität des Lebens Ø Veränderte Anforderungen im Berufsleben (kommunikative und interkulturelle Kompetenzen, Medienkompetenz, Flexibilität, Mobilität, lebenslanges Lernen) Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen Ø Globalisierung Konfrontation mit Spezifika und Problemen anderer Länder und Kulturen, mit Krieg und Gewalt Ø Bedeutungsverlust von Religion, Tradition Multiple Überforderungen Orientierungs-, Sinnfindungs- und Identitätsproblematiken Verstärkte Nachfrage nach Weisheit als Chance? 4

Postmoderne philosophische Konzeption l Welsch (1989): Weisheit in einer Welt der Pluralität Ø Ausgangspunkt: radikale Pluralisierung von Lebensstilen und Sinnwelten Dissens und Widerstreit Ø Anerkennung des Primats der Differenz Einnahme einer Meta-Position Ø Offenheit für Unbekanntes, Unstrukturiertes, Verabschiedung von der Idee der einen Wahrheit Ø Aber: Kein „Anything-goes-Relativismus“, Engagement auf der Basis kritischen Denkens Ø Wichtig: aisthetische Kompetenz (gesteigertes Unterscheidungsvermögen) Ø Folgehaltung: Achtung des Anderen, Differenzbewusstsein, Selbstrücknahme, Distanzierung von totalisierenden Ansprüchen Der postmoderne Weise als Experte für Ungewisses 5

Psychologische Konzeptionen l Weisheit als Gegenstand der psychologischen Forschung Ø Junges Thema Ø Sternberg (1990): „Wisdom: Its nature, origins, and development“ Ø Problem: Passung Gegenstand – Methoden? l Erster empirischer Zugang: Rekonstruktion impliziter (subjektiver) Weisheitstheorien l Konstruktion und Validierung expliziter (wissenschaftlicher) Weisheitstheorien 6

Implizite Weisheitstheorien l Grimm & Grimm (1984/1854): “. . . Einsicht in und Wissen über sich selbst und die Welt. . . und reifes Urteil in schwierigen Lebensfragen“ l Sternberg (1986) Ø Abgrenzung von impliziten Konzepten zu Intelligenz und Kreativität Ø Korrelationsanalysen • Weisheit - Intelligenz: . 68 • Weisheit - Kreativität: . 27 • Intelligenz – Kreativität: . 55 7

Implizite Weisheitstheorien l Weisheitskonzept von ca. 100 Besucher/innen des „Tags der offenen Tür“ an der Ud. S Eine weise Person kann… trifft nicht zu 1 trifft zu 2 3 4 5 6 komplexe Probleme kompetent bearbeiten kompetent urteilen ganzheitlich denken in schwierigen Lebenssituationen den Überblick bewahren zwischen Wichtigem und weniger Wichtigem unterscheiden über sich selbst lachen 8

Implizite Weisheitstheorien Ø Eine weise Person ist… 1 2 3 4 5 6 intelligent umfassend gebildet Experte auf einem/mehreren Gebiet/en sehr belesen intellektuell neugierig informiert beredt Experte in Philosophie erfolgreich im Beruf mit viel Menschenkenntnis ausgestattet mit viel Wissen über sich selbst ausgestattet 9

Implizite Weisheitstheorien Ø Eine weise Person ist… friedlich 1 2 3 4 5 6 einfühlsam verständnisvoll intuitiv sozial kompetent tolerant erfolgreich im Privatleben kreativ wohlwollend lebensfroh zufrieden mit sich und der Welt in einem inneren Gleichgewicht 10

Implizite Weisheitstheorien Ø Eine weise Person ist… 1 2 3 4 5 6 besonnen bescheiden in sich gekehrt reflektiert weit blickend lebenserfahren kompetent im Umgang mit Krisensituationen kompetent im Umgang mit Ungewissheit unabhängig unangepasst furchtlos moralisch religiös alt 11

Implizite Weisheitstheorien l Inhaltsanalytische Auswertung der offenen Frage: „Woran erkennt man, dass eine Person ‚weise‘ ist? “ (N=100 Besucher/innen) 1. Lebenserfahrung (ca. 30 %) 2. Gelassenheit, Souveränität (ca. 20 %) 3. Wissen, Allgemeinwissen, Belesenheit (ca. 18 %) 3. Besondere Art der Gesprächsführung, Äußerungen (ca. 18 %) 3. Besonderes Auftreten, Handeln (ca. 18 %) 4. Kann objektiv sein, wahrt Distanz (ca. 16 %) 5. Problemlösefähigkeit, Krisenmanagement (ca. 15 %) 5. Besonnenheit, Überlegenheit (ca. 15 %) 6. Ausgeglichenheit, inneres Gleichgewicht (ca. 14 %) 7. Soziale Kompetenz (ca. 12 %) 8. Hohes Lebensalter (ca. 10 %) 12

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Implizite Weisheitstheorien l Implizites Wissen über Weisheit ist Allgemeingut, umfasst viele spezifische, sozial geteilte Bedeutungsaspekte l Integration von besonderen kognitiven und sozialen Kompetenzen, bestimmten Einstellungen, Haltungen und inneren Zuständen Ø Lebenserfahrung ( Alter), Menschenkenntnis, Urteilsund Problemlösekompetenz, spezielle Ordnungs- und Unterscheidungskompetenz, Intelligenz Ø Soziale und kommunikative Kompetenzen, Empathie, Wohlwollen Ø Toleranz, Unabhängigkeit, moralische Haltung Ø Besonnenheit, Gelassenheit, Ausgeglichenheit, Selbstironie 14

Explizite Weisheitstheorien l Elaborierte explizite Weisheitstheorien Ø Berliner Weisheitskonzeption (Baltes et al. , 2000) Ø [Balancetheorie (Sternberg, 2001)] l Ausgangspunkt der Berliner Weisheitskonzeption: Ø Entwicklungspsychologische Theorien zur Entwicklung fluider und kristallisierter Intelligenz (Cattell, 1971) in der Lebensspanne Ø Kognitionspsychologische Expertise-Theorien Ø Philosophisch-historische Analysen von Weisheit 15

Berliner Weisheitskonzeption (Baltes et al. , 2000) l Definition: Weisheit als Expertise in grundlegenden Lebensfragen Ø Außergewöhnliche Einsicht in Entwicklungs- und allgemeine Lebensprobleme; außergewöhnlich gute Urteile, Ratschläge und Kommentare zu schwierigen Lebensfragen l Operationalisierung: Modell mit zwei Basiskriterien und drei Metakriterien 16

Berliner Weisheitskonzeption Wissen um die Relativität von Werten und Lebenszielen Wissen um die Kontexte des Lebens und des gesellschaftlichen Wandels Deklaratives Wissen über Lebensverlauf und Lebenslagen Weisheit als Expertise Wissen um die Ungewissheit des Lebens Prozedurales Wissen über das Umgehen mit Lebensproblemen 17

Berliner Weisheitskonzeption l Methodische Aspekte Ø Vorgabe konstruierter Lebensdilemmata (z. B. Lebensplanung, existenzielle Lebensbewältigung) Ø Lebensplanung: Eine sechzigjährige Frau hat vor kurzem ein betriebswirtschaftliches Examen abgelegt und erwartungsvoll ein eigenes Geschäft eröffnet. Da erfährt sie, dass sich ihr Sohn neuerdings allein um seine zwei kleinen Kinder kümmern muss. Was könnte sie/man in einer solchen Situation bedenken und tun? Ø Methode des Lauten Denkens (Ericsson & Simon, 1994) Ø Ratingprozedur: Anwendung der fünf Kriterien Ø Prädikat „weise“: Skalenwert > 5 bei jedem Kriterium (Maximum: 7) 18

Berliner Weisheitskonzeption l Berufliche Spezialisierung (Smith et al. , 1994) Ø Vergleich klinischer Psychologinnen (N=24) mit Frauen aus nicht-sozialen Berufen (N=36) Ø Höhere Werte bei Psychologinnen (M=3. 8; SD=1. 0) als bei Kontroll-Probandinnen (M=2. 5; SD=0. 7) Ø Hohe Werte nur in den beiden Basiskriterien Ø Niedrigste Werte in den Metakriterien „Relativismus“ und „Ungewissheit“ 19

Berliner Weisheitskonzeption l Abschneiden von nominierten „Weisen“ (Baltes et al. , 1995) Ø Vergleich von 14 Nominierten (41 -79 Jahre) mit 15 klinischen Psychologen (60 -76 Jahre) und 20 Personen aus nicht-sozialen Berufen (60 -80 Jahre) Ø Insgesamt nur Werte deutlich unter dem theoretischen Maximum Ø Unter den besten 20 %: signifikant mehr Nominierte und Psychologen als statistisch zu erwarten Ø In allen fünf Kriterien: Nominierte = Psychologen > Kontrollgruppe Ø Nominierte stärker beim Relativismus, Psychologen beim deklarativen Wissen Ø Nominierte besonders stark beim „Suizidproblem“, v. a. in den Metakriterien 20

Probleme der Berliner Konzeption l Externe Validität? Ø Akademischer, kognitivistischer Bias ( Volition, Motivation, Haltungen unberücksichtigt) Ø Künstliches Laborsetting, Szenarien wenig gehaltvoll ( Problem der sozialen Erwünschtheit) l Kluft zwischen Wissen und Handeln Ø „Träges“ weisheitsbezogenes Wissen? Ø Strategien zur effektiven Lebensbewältigung als „Mediatorvariablen“ (Aspinwall & Staudinger, 2003) l Weisheit ohne soziale Interaktion? Ø Weisheit nur im Kopf von Individuen? Ø Staudinger & Baltes (1997): Effekte sozialer Interaktion selbst in experimentellen Laborsettings l Normativitätsproblematik (vgl. Perkins, 2001) Ø Humanistischer „Überbau“ der Konzeption zu wenig expliziert 21

Weisheitsbezogene Kompetenz als Grundlage konstruktiven Problemlösens in komplexen sozialen Situationen l Wissen/Können ↔ Haltung l Weisheitsrelevantes Wissen/Können Ø Umfangreiche, differenzierte, gut strukturierte, vernetzte Wissensbasis ( flexible Anwendung, Transfer) Ø Wissen von und Einsicht in sich selbst („Selbsterkenntnis“) und die Mitmenschen („Menschenkenntnis“) ( intra- und interpersonale Intelligenz (Gardner, 1991), emotionale Intelligenz (Goleman, 1997)) Ø Allgemeines und spezifisches Wissen über die ontogene-tische Entwicklung von Menschen und mögliche Verläufe, über die Pluralität von Lebensstilen, deren Bedingungen und Konsequenzen Ø Allgemeines und spezifisches Wissen über Aufbau und Funktionieren sozialer Einheiten, Normen, Regeln, Erwartungsstrukturen und deren Mechanismus 22

Weisheitsbezogene Kompetenz Ø Wissen, Strategien zum Umgang mit Komplexität Ø Wissen, Strategien zu Kommunikation, Gesprächsführung, Ratgebung l Weisheitsspezifisches Wissen/Können Ø Wissen um die relative Unbestimmtheit des Lebensverlaufs ( Reduzierte Planbarkeit und Kontrollierbarkeit) Ø Wissen um die Begrenztheit und Fehlbarkeit des (eigenen) Wissens Differenziertes Metawissen Ø Wissen über Grenzsituationen des menschlichen Daseins (existenzielles Wissen) l Feldspezifisches Hintergrundwissen 23

Weisheitsbezogene Kompetenz l Haltung: Personzentrierte Pluralität Ø Resultat spezifischer Reflexions- und Bewertungsprozesse Ø Personzentriertheit (Rogers, 1996): Echtheit, Empathie, Achtung Ø Kontextualismus/Relativismus Ø Ungewissheitstoleranz, -bejahung l Multidimensionale Konstrukte Ø Kognitive, metakognitive, motivationale, volitionale und konative Komponenten 24

Konstruktivität l Explizite Normativität l Konstruktivität der Problemlösung als Zielvorgabe Ø Ethischer Imperativ (v. Förster, 1993) als Orientierungshilfe: Handle so, dass die Anzahl der Möglichkeiten wächst Ø Minimalkriterium: Vermeidung von irreversiblen bzw. langfristigen Schäden, Beeinträchtigungen Ø Maximalkriterium: Unterstützung, Förderung der Persönlichkeitsentwicklung Ø Intersubjektive Konstruktivität: Konstruktivität soll für die beteiligten Parteien erkennbar sein 25

Problemlösen in komplexen sozialen Situationen l Problemlösehandlungen Ø Reflektieren, Urteilen, Ratgeben, Entscheiden, Intervenieren Ø Prozess- und Ergebnisperspektive Ø Sozial-interaktive Dimensionen der Problemlösung ( Operationalisierung) l Bezug: komplexe soziale Situationen Ø Komplex: vernetzt, dynamisch, intransparent (Dörner, 1994) Ø Multiple Lösungswege und Lösungen, keine „richtige“ Lösung Ø Hohe subjektive Relevanz für die Betroffenen, grundlegende Lebensfragen, Normen und Werte angesprochen Ø Situationen mit Gefahrenpotenzial Ø Hier: im pädagogischen Kontext Handlungs- und Kontextbezogenheit ( Operationalisierung) 26

Operationalisierung l Probandinnen und Probanden: Lehramtsstudierende l Konfrontation mit authentischen, relevanten Problemsituationen mit nachhaltigem Gefahrenpotenzial Ø Schwierige Schullaufbahnentscheidungen Ø Entwicklungshemmende/schädigende soziale Milieus Ø Probleme des Jugendalters (mögliche Bereiche: Angst, Drogen, Delinquenz, Aggression, Sexualität) Ø Interkulturelle Probleme (mögliche Bereiche: Integration, Ausländerfeindlichkeit, fremde Normen und Werte) l Pbn interagieren mit trainierten „Schauspielern“ 27

Operationalisierung l Videobasierte Analyse der Problemlösung durch trainierte Rater (Studierende) Ø Einschätzung von Wissen/Können und Haltungsdimensionen Ø Einschätzung von Konstruktivität der Lösungen durch Rater und „Schauspieler“ Ø Selbsteinschätzung der Pbn bezogen auf Stärken und Schwächen der Problemlösung, Konstruktivität Ø Explikation von Wissen und Haltungen l Alternative: Konfrontation der Pbn mit Problemlösungen von Lehrpersonen Ø Analyse von Stärken und Schwächen, Entwicklung alternativer Lösungen 28

Förderungskonzept l Konstruktion eines Profils von Stärken und Schwächen der Pbn als Basis für individuelle Förderung Ø Fokus klären: auf Wissen/Können, Haltungsdimensionen? l Training Ø Geleitete Analyse von Problemlösungen Ø Systematische Reflexion von Wissens-/Könnens- und Haltungsdimensionen und der Zielgröße Konstruktivität Ø Veranschaulichung des Einflusses dieser Dimensionen auf Problemlöseprozess ( Selbsterfahrung) Ø Reflexion und Bewertung eigener Erfahrungen Ø Wissensvermittlung, Einüben von Strategien (komplexes Problemlösen, personzentrierte Gesprächsführung etc. ) 29

Diskussion l Forschung zu weisheitsbezogener Kompetenz Ø Hohe theoretische und praktische Relevanz l Situierte Weisheitskonzeption Ø Neues Paradigma für die Untersuchung der Interaktion von Wissens-, Könnens- und Haltungsdimensionen und deren Einfluss auf Problemlösehandlungen in komplexen sozialen Situationen l Besondere Herausforderungen für Theoriebildung und Methode Ø Integration psychologischer und erziehungswissenschaftlicher Inhalte Ø Normativitätsproblem Ø Handlungsrelevanz verbalisierter Problemlösehandlungen? 30

Diskussion l Weisheitsbezogene Kompetenz als eine Art „Schlüsselqualifikation“ für konstruktives Problemlösen in komplexen sozialen Situationen Ø Interessante Perspektive für die Lehrerbildung Ø Andere Anwendungsgebiete l Ausarbeitung der Operationalisierung und des Förderungskonzepts Modifikation der Theorie? Ø Evaluation des Förderungskonzepts Ø Stabilität potenzieller Effekte/Nachhaltigkeit? 31

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 32

Förderung l Theoretischer Hintergrund für die Konzeption Ø Ansätze zum problemorientierten Lernen (z. B. Cognitive-Apprenticeship. Ansatz; Collins et al. , 1989) Ø Dilemma-Diskussionsmethode zur Förderung der moralischen Urteilsfähigkeit nach Kohlberg (Lind, 1990) Ø Probleme von Menschen beim Umgang mit komplexen Situationen (z. B. Dörner, 1994) Ø Erkenntnisse aus der Forschung zu Conceptual Change Förderung von Kontextsensitivität (z. B. Caravita & Halldén, 1993) Ø Personzentrierte Psychotherapie und Beratung (Rogers, 1996) 33

Förderung l Ca. 67 % der befragten Besucher des „Tages der offenen Tür“ der Ud. S waren der Meinung, dass einzelne „Weisheitsaspekte“ gefördert werden können l Aebli (1989): Erziehung zum Handelnkönnen und –wollen mit Blick auf Fernziel eines innerlich geordneten, wesentlichen Handelns und Wissensgrundlagen Ø Vermittlung der Wissenskomponente weisen Handelns (historisches Wissen mit Bezug zur Gegenwart, Förderung realistischer Selbsterkenntnis) Ø Vermittlung von Interessen und Werten durch „Ansteckung“ und „erfolgreiche Verwirklichung“ Ø Ordnen des Tuns, Ordnen von Werten und Zielsetzungen praktizieren unter Anleitung l Sternberg (2001) : 16 Prinzipien des „Weisheitsunterrichts“ Ø Z. T. unspezifisch (Modelllernen etc. ), vage Ø Nicht evaluiert l Zudem: Einsemestriges Weisheitscurriculum mit Evaluationsprogramm 34

Förderung l Konzeption eines Förderungsansatzes Ø Effektivität der Dilemma-Diskussionsmethode nach Kohlberg (Lind, 1990) Förderung der moralischen Urteilsfähigkeit Ø Probleme von Menschen beim Umgang mit komplexen Situationen (z. B. Dörner, 1994) Training des Umgangs mit komplexen Situationen anhand von Computersimulationen • • • Zielelaboration Vollständige Hypothesenbildung Probleme mit Zeitabläufen Planen und Entscheiden Selbstkontrolle, insbes. Lernen aus Misserfolgen Ø Erkenntnisse aus der Forschung zu Conceptual Change Förderung von Kontextsensitivität (z. B. Caravita & Halldén, 1993) Ø Ansätze zum problemorientierten Lernen (z. B. Cognitive Apprenticeship. Ansatz; Collins et al. , 1989) 35

Philosophische Konzeptionen l Bei Aristoteles (384 -322 v. Chr. ): Weisheit (sophia) als Wissen und Kennerschaft in reiner, höchster und vollendeter Form (Nikomachische Ethik) Ø Zweckfreies theoretisches Wissen, Prinzipienwissen (nous) Ø Abgrenzung von Klugheit (phronesis): Lebensbewältigung, praktische Einsicht, sittliches Wissen l Bei Stoikern (um 300 v. Chr. ) und Epikureern (um 341 v. Chr. ) Ø Lebensbewältigung unter bedrohlichen Umständen Ø Ziel: Erlangung von Gelassenheit, Seelenruhe 36

Förderung l Ca. 67 % der befragten Besucher des „Tages der offenen Tür“ der Ud. S waren der Meinung, dass einzelne „Weisheitsaspekte“ gefördert werden können l Aebli (1989): Erziehung zum Handelnkönnen und –wollen mit Blick auf Fernziel eines innerlich geordneten, wesentlichen Handelns und Wissensgrundlagen Ø Vermittlung der Wissenskomponente weisen Handelns (historisches Wissen mit Bezug zur Gegenwart, Förderung realistischer Selbsterkenntnis) Ø Vermittlung von Interessen und Werten durch „Ansteckung“ und „erfolgreiche Verwirklichung“ Ø Ordnen des Tuns, Ordnen von Werten und Zielsetzungen praktizieren unter Anleitung l Sternberg (2001) : 16 Prinzipien des „Weisheitsunterrichts“ Ø Z. T. unspezifisch (Modelllernen etc. ), vage Ø Nicht evaluiert l Zudem: Einsemestriges Weisheitscurriculum mit Evaluationsprogramm 37

Alter als Bedingungsfaktor (Pasupathi et al. , 2001) l Methode Ø Vergleich von Schülern unterschiedlicher Schulen (n=146) und Erwachsenen (n=58) Ø Abhängige Variable: weisheitsbezogenes Wissen l Befunde Ø Weisheitswerte von 14 -20 jährigen deutlich niedriger als bei Erwachsenen (bei höherer Variabilität) Ø Basiskriterien > Metakriterien; Mädchen > Jungen Ø Zwischen 25 und 75/80 Jahren: kein Alterseffekt Ø n=533; Korrelation Alter-weisheitsbezogenes Wissen: -. 07 (Staudinger, 1999) 38

Korrelate weisheitsbezogenen Wissens (Staudinger et al. 1997) l Untersuchung von n=125 Personen, 19 -87 Jahre alt, heterogene Stichprobe 39

Weisheitsbezogene Kompetenz als Grundlage konstruktiven Problemlösens in komplexen sozialen Situationen l Weisheitsbezogene Kompetenz Ø Wissen/Können ↔ Haltung l Wissen/Können Ø Soziologisches/sozialpsychologisches Basiswissen: Spezifika von (Sub)Kulturen, Institutionen, soziale Milieus, Dynamik von Gruppen, Normen, Werte- und Rechtssysteme Ø Basiswissen Entwicklungs- und Persönlichkeitspsychologie: kognitive, motivationale, moralische Entwicklung, kritische Lebensereignisse, problematische Entwicklungsverläufe Ø Grundlagen der Interaktion/Kommunikation; Grundlagen und Strategien komplexen Problemlösens 40