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Verwendung und Weitergabe dieser Power-Point-Präsentation bitte nur innerhalb der Schulgemeinschaft des OHG Landau Pubertät – aus entwicklungspsychologischer Sicht Kein Kind mehr (sein wollen), aber auch noch nicht erwachsen (sein können und dürfen)! Michael Müller – Schulpsychologisches Beratungszentrum Speyer (PL) Vortrag im Rahmen des OHG-Forums am 11. 6. 2018
Überblick Pubertät und Adoleszenz Timing Zentrale Veränderungen in der Pubertät und damit verbundene Entwicklungsaufgaben Möglichkeiten des Umgangs mit den daraus für Eltern und Lehrkräfte resultierenden Herausforderungen Auswirkungen auf das schulische Lernen und die Lernmotivation Schwierige gruppendynamische Prozesse in der Pubertät – Mobbing und Ausgrenzung
Pubertät als Pubertät wird die Zeit der körperlichen Veränderungen bezeichnet, die den Körper eines Kindes in den Körper eines Erwachsenen verwandeln und ihn zur Fortpflanzung befähigen die Pubertät finden im Zeitraum zwischen dem 10. -12. und 16. -18. Lebensjahr statt die Pubertät beginnt bei Mädchen in der Regel zwei Jahre früher als bei Jungen generell setzt die Pubertät zunehmend früher ein die auslösenden Mechanismen des früheren Beginns der Pubertät sind noch unklar (Ernährungszustand, Stress, u. a. )
Adoleszenz psychosoziologische Periode, die in etwa mit der Pubertät beginnt, aber zeitlich über diese hinausgeht Übergangsstadium von der Kindheit hin zum vollen Erwachsensein; Zeitabschnitt, während dessen eine Person biologisch gesehen ein Erwachsener, aber emotional und sozial noch nicht vollends gereift ist. umfasst in etwa den Zeitraum vom 10. bis zum 20. Lebensjahr
Timing Beginn und Tempo der pubertären Veränderungen sind interindividuell sehr verschieden gravierende Auswirkungen auf die Gruppendynamik einer Klasse Mädchen leiden unter der Pubertät insbesondere dann, wenn sie früh entwickelt sind Mädchen mit frühem Beginn der Pubertät streben deutlich stärker nach Autonomie als gleichaltrige Jungen; Gefahr der Verwicklung in abweichendes Verhalten 12% der 14 -jährigen Mädchen haben bereits sexuelle Erfahrungen gemacht
Timing bei Jungen wirkt sich eine verspätete Entwicklung eher negativ auf deren Selbstbild und Selbstwertgefühl aus Frühentwickelte Jungen nehmen in der Regel Führungspositionen in der Gleichaltrigen-Gruppe ein je größer die Differenz zwischen sozio-emotionalem bzw. kognitivem Entwicklungsstand einerseits und dem Ausmaß der körperlichen Reife andererseits, umso größer die Gefahr von Schwierigkeiten und psychosozialen Beeinträchtigungen
Zentrale Veränderungen in der Pubertät und damit verbundene Entwicklungsaufgaben
Hormonelle Veränderungen Produktion der weiblichen und männlichen Sexualhormone Reifung von Eizellen und Samenzellen – Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale Stimmungsschwankungen / Unausgeglichenheit das Schlafhormon Melatonin wird nur verzögert gebildet, späteres Einschlafen Entwicklung einer sexuellen Identität und des entsprechenden Geschlechtsrollenverhaltens Beschäftigung mit eigener Attraktivität: z. B. jedes zweite Mädchen zwischen 11 und 17 Jahren fühlt sich zu dick
Neurobiologische Veränderungen das Gehirn erlebt zu Beginn der Pubertät einen Wachstumsschub und den Beginn einer grundlegenden Reorganisation des Gehirns Ausbildung eines neuronalen Ungleichgewichts durch vergleichsweise frühe Reifung in bestimmten subkortikalen Arealen und verzögerte Reifung in bestimmten kortikalen Arealen
Großbaustelle Gehirn Präfrontaler Kortex Belohnungszentrum Nucleus accumbens
Ungleichgewicht der Reifungsprozesse im Gehirn Quelle: Konrad, Firk & Uhlhaas: Brain Development During Adolescence. Deutsches Ärzteblatt International 2013; 110(25): 425 -431
Neurobiologische Veränderungen Folgen dieses neuronalen Ungleichgewichts: Erleben und Verhalten werden stärker durch Emotionen bestimmt als durch rationale Kontrollprozesse erschwerte Affektregulation häufigere und intensivere spontane Erregungszustände (Wut, Angst, Verzweiflung, Begeisterung) Schnelle Aktivierung des Belohnungszentrums – verstärkte Suche nach „positivem Kick“
Erhöhtes Risikoverhalten als Folge dieses Ungleichgewichts 62% aller Todesfälle bei Jugendlichen zwischen 15 und 20 Jahren durch tödliche Verletzungen aufgrund von Unfällen, Gewalt oder Selbstverletzung Einfluss von Gleichaltrigen auf das Risikoverhalten bei 13 - 16 Jahre alten Jugendlichen sehr groß Emotionale Befindlichkeit und erwartete Belohnungen vor allem in Anwesenheit von Gleichaltrigen haben stärkeren und schnelleren Einfluss auf Entscheidungen als rationale Kontrollprozesse
Veränderung und Entwicklungsaufgabe: Ablösung vom Elternhaus als zentraler Schritt der Persönlichkeitsentwicklung Ablösungsprozess bezogen auf emotionale Bindung und elterliche Wertvorstellungen Die wechselseitige Ablösung von Eltern und Kind als Entwicklungsanforderung für das gesamte familiäre System Loslassen als Herausforderung für Eltern Etwa 75% berichten überwiegend positive Beziehungserfahrungen mit Eltern
Veränderung und Entwicklungsaufgabe: Ablösung vom Elternhaus in den Erziehungszielen dominieren nicht mehr Werte wie Gehorsam und Unterordnung, sondern Selbständigkeit, Lebenszufriedenheit, Fähigkeit zur Durchsetzung und Erreichung eigener Ziele weniger als 10% kommen mit Eltern gar nicht zurecht Ablösung in manchen Familien mit extrem krisenhaften Prozessen („Zerreißprobe“) verbunden Hier Gefahr der Entwicklung von psychischen bzw. psychosomatischen Symptomen und sozialen Auffälligkeiten bei Jugendlichen, die Schwierigkeit der Ablösung widerspiegeln
Orientierung an Gleichaltrigen die Meinung der Freunde bzw. der Clique wird zunehmend wichtiger Zugehörigkeit zur Clique erleichtert Ablösung von Eltern und Entwicklung eigener Identität Selbstfindung und Identitätsentwicklung durch kritisches Hinterfragen und Bekämpfen der Werte der Erwachsenen wird durch Gleichaltrigen-Clique unterstützt Scharfe Abgrenzung von anderen Gleichaltrigen-Gruppen Suche nach Platz, Zugehörigkeit in Gleichaltrigen-Gruppe als wichtige Entwicklungsaufgabe Belastungen durch fehlende Zugehörigkeit
Orientierung an Gleichaltrigen-Gruppe unterstützt bei der Bewältigung von Erfahrungen und Frustrationen bei der Suche nach und beim Aufbau einer Liebesbeziehung / Partnerschaft typisch auch: Wendung nach Innen, Entwicklung von Phantasien, imaginäres Publikum, juvenile Arroganz
Jugend in der Sandwichposition einerseits müssen Jugendliche Privilegien der Kindheit aufgeben, andererseits müssen Kompetenzen der Erwachsenenrolle neu erworben werden Entwicklung im Jugendalter vollzieht sich sowohl auf der körperlichen, der sozialen und der emotionalen Ebene in unterschiedlichen Phasen die verschiedenen Entwicklungsschübe verlaufen nicht immer parallel und oft auch in Sprüngen Gefahr überhöhter Erwartungen
Entwicklungsaufgaben für Jugendliche in der Pubertät = Herausforderungen für Eltern und Lehrkräfte
Möglichkeiten des Umgangs mit diesen Herausforderungen
Möglichkeiten des Umgangs mit diesen Herausforderungen Beziehung sollte Priorität vor Erziehung haben Kommunikation „in Augenhöhe“ (aber kein Berufsjugendlichentum) Reibungsbedürfnis und Entidealisierung akzeptieren auch in problematischen Situationen in Beziehung bleiben Sehr emotionalisierte negative Reaktionen und Aussagen nicht zu persönlich nehmen (neuronales Ungleichgewicht) individuelle Interessen / Neigungen / Werthaltungen wahrnehmen, ernst nehmen, dafür interessieren Bloßstellungen vermeiden
Möglichkeiten des Umgangs mit diesen Herausforderungen Besondere Bedeutung der Zugehörigkeit zu einer Gleichaltrigen-Clique berücksichtigen, akzeptieren und ermöglichen: Cliquen-Zugehörigkeit ist identitätsstiftend! Eigene Jugendzeit Revue passieren lassen … Prägung der Jugendlichen durch heutige mediale Kommunikationsformen berücksichtigen Real erfahrbare Erlebnisräume und Herausforderungen ermöglichen bzw. unterstützen zu starke Kontrolle beeinträchtigt die Autonomieentwicklung der Jugendlichen und die Vertrauensbeziehung
Möglichkeiten des Umgangs mit diesen Herausforderungen Regeln / Grenzen dienen der Orientierung; sie sollten ruhig erklärt, jeweils miteinander ausgehandelt werden und auf ihre Einhaltung sollte geachtet werden Gefahr der unverrückbaren Mauer oder Gummiwand Balance zwischen sich Pflichten und Freiheiten Ausnutzen bzw. Herausfordern der Unterschiedlichkeit zwischen den Erziehenden Grenzüberschreitungen und Regelverletzungen sollten möglichst wertschätzend konfrontiert werden Schulische Noten nicht als Argument für Grenzsetzungen
Auswirkungen auf das schulische Lernen – Lernmotivation und Leistungsdruck in der Pubertät
Das Lernen wichtig zu nehmen, fällt schwer. . . Risiko der Nicht-Versetzung: 28% bzw. 24% Erfahrung der Nicht-Versetzung: 20% bzw. 14% ab dem Alter von 12 Jahren zwischen den Klassen 7 und 9 ist der Lernzuwachs unverhältnismäßig gering in dieser Lebensphase nimmt die Leistungsmotivation ab Gefahr der Entstehung von langfristig wirksamen Leistungsrückständen und das Selbstbild prägenden Misserfolgserfahrungen
Das Lernen wichtig zu nehmen, fällt schwer. . . Pubertäre Entwicklungsthemen persönlich sehr bedeutsam und die innere Aufmerksamkeit fordernd Verschiebung der Aufmerksamkeit wird zusätzlich durch digitale soziale Netzwerke erschwert Hartmut von Hentig: In den Klassen 7 -9 Betonung außerschulischer Lernerfahrungen (sich Bewähren können) an Stelle des üblichen schulischen Unterrichts aber: Perfektionsstreben der Jugendlichen hat in letzten Jahrzehnten wieder zugenommen „Karriere machen“ (82%) in Shell-Studien
Wie können Eltern bzw. Lehrkräfte die Lernmotivation in dieser Lebensphase beeinflussen?
Wie können Menschen andere Menschen motivieren? Wie entsteht überhaupt Motivation bei Menschen?
Psychologische Grundbedürfnisse und die Entstehung von Motivation Platz Bindung Zugehörigkeit Anerkennung Unterstützung Schutz Grenzen Orientierung Motivation
Schule und Unterricht individuelle Interessen/Neigungen noch stärker berücksichtigen (z. B. Unterrichtsthemen mit Schülern vereinbaren) Emotional besetzte Themen aufgreifen und Arbeitsformen mit Platz für Emotionen anbieten Außerschulische Projekte und Herausforderungen anbieten bzw. mit Unterrichtsthemen verbinden Unterschiede hinsichtlich Interessen und Stärken von Mädchen und Jungen stärker berücksichtigen - Schüler/innen Gelegenheit zu Feedback auf Augenhöhe zum Unterricht und zum Lehrerverhalten geben
Die Bedrohung psychologischer Grundbedürfnisse und die Entstehung von Stress, Leistungsdruck Platz Bindung Zugehörigkeit Anerkennung Unterstützung Schutz Grenzen Orientierung Stress Angst
Die besondere Suche nach Identität, Selbstwert und Zugehörigkeit in der Pubertät als Nährboden für schwierige gruppendynamische Prozesse: Mobbing und Ausgrenzung
Definition von MOBBING • Es handelt sich um ein gruppendynamisches Geschehen, das sich verfestigt hat; • Die Angriffe geschehen häufig und über einen längeren Zeitraum; • Es herrscht ein massives Kräfteungleichgewicht; • Der/die Gemobbte hat kaum die Möglichkeit, aus eigener Kraft aus seiner Lage herauszukommen; • In Einzelfällen: Opfer soll (evt. um jeden Preis) aus der Gruppe entfernt werden.
Bedeutung der Gruppendynamik ROLLEN IM MOBBINGPROZESS „Möglichmacher“ „Verstärker“ „Mit-Täter“ „Opfer“ Verteidiger „Helfer“ „Beobachter“ „Dulder“
Mobbing als gruppendynamisches Geschehen Jeder kann zum Mobbing-Opfer werden! Jeder kann zum Täter / Mitläufer werden!
Was sollten Eltern eines „Mobbing-Opfers“ nicht tun? Euer Thomas mobbt ständig unseren Max! Unser Thomas? Das kann nicht sein!
Was sollten Eltern tun? Signale / Schilderungen ernst nehmen Gemeinsam mit dem Kind das weitere Vorgehen absprechen Die Schule über Beobachtungen, Eindrücke, Befürchtungen vorwurfsfrei informieren Bitten Sie die Schule um Hilfe und geben Sie ihr Zeit für die Umsetzung von Maßnahmen Unterstützen Sie ggf. ein Einzelgespräch einer schulischen Person mit Ihrem Kind Fokussierung auf konkrete Handlungen statt Mobbingund Schuld-Zuschreibungen
Was sollten Eltern eines „Mobbing-Täters“ tun? Sprechen Sie mit ihrem Kind über den Vorfall Statt Schuldzuweisungen hilft mehr, die Beweggründe zu finden und zu verstehen Begegnen Sie Rechtfertigungen mit der Aussage, dass Sie nicht möchten und auch nicht akzeptieren würden, wenn andere so mit ihrem Kind umgehen würden Unterstützen Sie ihr Kind dabei, alternative Verhaltensweisen zu entwickeln Bleiben Sie im Austausch mit der Schule
Was können Eltern eines „unbeteiligten“ Kindes tun? Bitten Sie Ihr Kind, Ihnen von Vorfällen / Übergriffen (auch im Internet oder per Handy) zu berichten Sichern Sie zu, keine Alleingänge auf Kosten ihres Kindes zu machen Bestärken Sie Ihr Kind, in geeigneter Form Mobbing-Opfer zu unterstützen Ermutigen Sie Ihr Kind, sich (evtl. gemeinsam mit einem anderen Kind) an eine schulische Vertrauensperson zu wenden
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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