Verletzungen und Erkrankungen auf See Nhkurs Dr Karl
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Verletzungen und Erkrankungen auf See «Nähkurs» Dr. Karl Geissbühler 14. /15. 12. 2018 ccsregionbern. ch chirurgie-lyss. ch
zu meiner Person Karl Geissbühler Dr. med. , Facharzt für Chirurgie Selbständig, Praxis in Lyss Früher mit CCS unterwegs in Nordsee, Bretagne, Mittelmeer (meist mit JG) • Aktuell 1 Törn pro Jahr im Mittelmeer • Bielersee mit Laser und First 210 • Anhängerziehen durch Europa mit Söhnen • • www. chirurgie-lyss. ch
Und wer seid Ihr ? ? Und was wollt Ihr ?
Kursinhalt Was ist anders auf See? Häufige Verletzungen / Erkrankungen Theoretische / Praktische Übungen Wunschthemen ?
Verletzungen / Erkrankungen Luxationen, Verstauchung, Prellung, Seekrankheit, Erbrechen, Durchfall, Angststörung, psychische Probleme, Rissquetschwunden, Hautverletzungen, Zerrung, Ablederung, Einklemmungen, Bandscheibenvorfall, Blutdruckschwankungen, Herzinfarkt, Lungenentzündung, Verbrennungen, Vergiftungen, Schock, Durchfallerkrankung, Dehydratation, Unterkühlung, Fieber, Blinddarmentzündung, Nierenkolik, Blutungen, Ohrenentzündungen, Erkältung, Husten, Nasenbluten, Fremdkörper, Asthma, Stürze, Schädel-Hirn-Trauma, Rückenverletzungen, Angina pectoris, Ohnmachtsanfall, Fraktur, Augenverletzungen, allergische Reaktion, Hautirritationen, Blasen, Infektionserkrankungen, STD, Entzugssyndrome, dysphorische Verstimmung, Sehnenriss, Gliedmassen-verlust, Sonnenbrand, Bergungstod, Harnverhalt, innere Blutung, Darmverschluss, Infarkt, Gallenkolik, Hypoglycämie, Koma, Bänderriss, Schnittwunde, Verbrühung, Parasitenerkrankung, Hypertonie, Hypotonie, Colon irritabile, Tod, Ertrinken/Beinahe-Ertrinken
Was ist anders ? • Keine Unterstützung durch Profis verfügbar (Kt BE: 90% / 30 Min Ambulanz vor Ort) • Heli kommt nicht wie in CH wie ein Taxi • Ungünstige Umgebung: Wind, Seegang, Dunkelheit: kein timeout möglich! www. chirurgie-lyss. ch
Was ist auf See anders ? • Die Situation muss über Stunden oder gar Tage selber gemeistert werden! • Hilfe ist - bestenfalls - per Telekommunikation erhältlich www. chirurgie-lyss. ch
Was haben wir zur Verfügung? Crew (ev. «Medizinverantwortlicher» ) Bordapotheke Literatur VHF GW / KW Satellit Gesunder Menschenverstand
Was kommt als Erstes? First of all: feel your own pulse! • Nichts ist so schädlich wie unüberlegtes Handeln • Zeitgewinn statt Zeitverlust! www. chirurgie-lyss. ch
Beurteilung, Untersuchung • ABCD-Schema • «Ansprechbar» vermeiden! Auch ein Stein ist ansprechbar … oder ein Rehbock Besser: wie/worauf reagiert der Patient? www. chirurgie-lyss. ch
ABCD
Untersuchung: Glasgow Scale Augen öffnen Verbale Kommunikation Motorische Reaktion 1 Punkt keine Reaktion keine verbale Reaktion keine Reaktion auf Schmerzreiz 2 Punkte auf Schmerzreiz unverständliche Laute auf Schmerzreiz Strecksynergismen 3 Punkte auf Aufforderung Unzusammenhängende Worte auf Schmerzreiz Beugesynergismen (abnormale Beugung) 4 Punkte spontan konversationsfähig, desorientiert ungezielte Schmerzabwehr konversationsfähig, orientiert gezielte Schmerzabwehr 5 Punkte befolgt Aufforderungen 6 Punkte www. chirurgie-lyss. ch
Funkärztliche Beratungsgespräch vorbereiten!
Protokollierung • Wiederholte Beurteilungen • Festhalten der Befunde schriftlich • Mit Zeitangabe www. chirurgie-lyss. ch
Beurteilung Dringlichkeit 1. Herzaktion 2. Atmung 3. Blutung 4. Trinken 5. Essen (Sekunden) (Minuten) (Stunden) (Tage) (Wochen) www. chirurgie-lyss. ch
Wunden • Nähen innert 6 Stunden, ev. länger • Wichtig: Blutstillung 1. Extremität hochhalten 2. Verband 3. weiterer Verband …. 4. Abbinden nur mit Zurückhaltung, mit speziellen Vorrichtungen und mit Beachten der Zeitlimite !! www. chirurgie-lyss. ch
Wundversorgung 1. Schritt: was will / kann / muss ich tun ? 2. Schritt: was brauche ich dazu ? 3. Schritt: Patient informieren 4. Schritt: Material bereitlegen
Wundversorgung 5. Schritt: Anästhesie ! Lokal: Regional: Allgemein: Wunde umspritzen Nervenblock Medikamente
Wundversorgung 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. Wundinspektion Wundreinigung (Wasser, Seife etc) Débridement (chirurgisch säubern) Wundversorgung Sauberer, absorbierender Verband Ruhigstellung Analgesie, hydrieren und ernähren ! Ev. Antibiotika VW nach 2 Tagen
Spritzen • Subcutan «unter die Haut» • Intramuskulär «in den Muskel» • Intravenös «in die Vene»
Subcutan • Schmerzmittel (wirken im ganzen Körper) • örtliche Betäubung (wirkt lokal) • Oberarm, Oberschenkel, Bauch
Intramuskulär • Anatomische Kenntnisse erforderlich • Infektionsrisiko hoch • -> wird hier nicht behandelt!
Intravenös • Einmaldosis Schmerzmittel, Antibiotika • Infusion (über mehrere Stunden): Flüssigkeitszufuhr, Medikamente
Knochenbrüche • • Fehlstellung Geschlossen/offen? Reposition? Ruhigstellung
Ausrenkung • Finger • Schulter • Fuss
Unterkühlung Wo kühlt man schneller ab: an der Luft oder im Wasser? Im Wasser Weshalb soll man einen schwer unterkühlten Patienten nur sorgfältig bewegen? Bergungstod www. chirurgie-lyss. ch
Bergungstod Absinken der Kerntemperatur bei Bewegung des Patienten Extremitäten nicht über das Niveau des Rumpfes erheben, da das sonst zum Herz zurückfliessende kalte Blut einen reflektorischen Herzstillstand hervorrufen kann! -> Möglichst wenig bewegen! www. chirurgie-lyss. ch
Stadien der Hypothermie 1 • Abwehrstadium – – – – kalte, blasse Haut Blauverfärbung (Zyanose; gut sichtbar an den Lippen) Muskelzittern psychische Erregung Schmerzen an Händen und Füßen sowie in den Gelenken vertiefte und schnelle Atmung beschleunigter Puls (Tachykardie) • Erschöpfungsstadium – – Bewusstseinstrübung zunehmende Muskelstarre, Steifheit flache und unregelmäßige Atmung langsamer, unregelmäßiger und schwächer werdender Puls www. chirurgie-lyss. ch
Stadien der Hypothermie 2 • Scheintod – Patient wird müde und will nur noch schlafen (unüberwindliche Schlafsucht) – Pupillen weit und lichtstarr – Bewusstseinstrübung bis zur Bewusstlosigkeit – zunehmende Muskelstarre, der Patient hört auf zu zittern – unregelmäßige Atmung, Atemfrequenz nimmt ab, Atmung wird immer schwächer und ist kaum spürbar – Langsamer, unregelmäßiger und schwacher Puls – Atem- und Kreislaufstillstand www. chirurgie-lyss. ch
Unterkühlung: Massahmen Abwehrstadium • • • nasse Kleidung des Patienten vorsichtig entfernen, solange Patient zittert bei erhaltenem Bewusstsein: warme, gezuckerte Getränke verabreichen (kein Alkohol!) gemächliche Wiedererwärmung, z. B. mit einer Wärmflasche Erschöpfungsstadium oder Scheintod • • Patient nicht entkleiden Seitenlagerung falls bewusstlos, Herz-Lungen Wiederbelebung falls notwendig unbedingt Vermeidung des Bergungstodes: Extremitäten nicht über das Niveau des Rumpfes erheben, da das sonst zum Herz zurückflutende Blut einen reflektorischen Herzstillstand hervorrufen kann gemächliche Wiedererwärmung, z. B. mit einer Wärmflasche www. chirurgie-lyss. ch
Ertrinken / Beinahe-Ertrinken Richtig oder falsch? Ein Kind, das im eiskalten Wasser ertrinkt, hat bessere Aussichten als ein Kind, das im warmem Wasser ertrinkt JA Als erstes muss beim Ertrinkungsunfall das Wasser aus den Lungen entfernt werden NEIN www. chirurgie-lyss. ch
Was passiert beim Ertrinken? • Panische Angst, Befreiungsversuche • Wasser schlucken und wieder erbrechen • Sauerstoffmangel • Kreislaufstillstand www. chirurgie-lyss. ch
Was trägt zum Überleben bei ? • Rasche Abkühlung des Körpers während des Ertrinkungsvorganges (Überlebenszeit des Gehirns verlängert) + relativ lange bestehender Kreislauf = günstige Voraussetzungen für einen Reanimationserfolg • Tauchreflex: Bei Eintauchen in kaltes Wasser kommt es reflektorisch zu Herzverlangsamung und Minderdurchblutung der Peripherie, dadurch bevorzugte Durchblutung der 2 wichtigsten Organe Herz und Gehirn • Die Überlebenszeit des Gehirns ist insbesondere bei Kindern wesentlich verlängert - bis 25 min. www. chirurgie-lyss. ch
Ertrinken. Erste Massnahmen • Bei Kreislaufstillstand wird unverzüglich mit Wiederbelebungsmassnahmen begonnen • Versuche, aspiriertes Wasser aus der Lunge zu entfernen (Lagerung, Absaugen etc. ) sind sinnlos und müssen unterlassen werden (bloss Zeitverlust) • Behandlung der Hypothermie (Unterkühlung) www. chirurgie-lyss. ch
Ertrinken: wie weiter? Wird der Ertrinkungsunfall überlebt, so können Lungenschäden (Aspiration!) tückischerweise auch nach anfänglich mehr oder weniger unauffälligem Befund Stunden später zum fortschreitenden Lungenversagen bis hin zum Tode führen! Deshalb: Überwachung wenn möglich Spital Wird auch dies überlebt, bleibt die Frage, wie sehr der Sauerstoffmangel das Gehirn geschädigt hat (erkennbar innert Tagen/Wochen/Monaten) www. chirurgie-lyss. ch
Seekrankheit • Unwohlsein, Frösteln, drückendes Gefühl in der Magengegend • Müdigkeit bis Schläfrigkeit, Desinteresse, Blässe ( «Grün» ), Gähnen, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Abgeschlagenheit, geistige Leere, Arbeitsunlust, Desinteresse, Lethargie (Paraysmpathikotonus) • Kalter Schweiss, Blässe (Stresshormone) • Kopfschmerzen, Schwindel, Zwangsschlucken, Brechreiz, Sodbrennen und Erbrechen www. chirurgie-lyss. ch
Seekrankheit: Behandlung 1 • Scopolamin: z. B Transderm Scop® (USA), Scopoderm (D) – Tropan-Alkaloid (Tollkirsche, Engelstrompete, schwarzes Bilsenkraut) – Schnellste Ansprechrate und beste Wirksamkeit – langzeitwirksame transdermale Pflaster – Nebenwirkungen: Müdigkeit, Sehstörungen und Mundtrockenheit – Wichtige Kontraindikation: grüner Star (Glaukom) • Cinnarizin (rezeptfrei). z. B Stugeron – Als Tropfen • Dimenhydrinat (rezeptfrei): z. B Antemin, Trawell, Reisedragées, Superpep, Vomex – Als Tabletten oder Kaugummis – Oft als Kombination mit Koffein www. chirurgie-lyss. ch
Seekrankheit: Behandlung 2 • Ingwer kleine Scheibchen von rohen Wurzelknollen Pulver oder in Tablettenform oder in selbstgemachter Konfitüre • Vitamin C Dosierung 1 g / Tag bereits vor Törn • Akupressur, magnetische Armbänder, Kupferbänder, Akupressur, Bachblüten Nur z. T. wissenschaftlich geprüft www. chirurgie-lyss. ch
Fall Seekrankheit
Situation: Überführungstörn Göteborg – Kiel, 50 Fuss Yacht, 5 Crew, schweres Wetter, kalt. 12 Stunden nach Göteborg zurück, 16 Stunden bis Kiel, Schiffseigner an Bord, schwer seekrank, ebenso 2 weitere Crew, alle nicht einsetzbar. Medizinische Entscheidung ? Strategische Entscheidung ?
Reise-/Bordapotheke (Bsp) Allergische Reaktionen Antihistaminika Cerzin®, Fenistil-Gel® Kortison Prednison Tbl à 50 mg® Adrenalin Epi. Pen® Magen-Darm Magenschleimhaut-Entzündung Nexium® Tbl à 40 mg Durchfallhemmend Imodium® Abführmittel Dulcolax® Antibiotikum Wundinfektion, Blasenentzündung Ciproxin® Tbl à 500 mg 1 -0 -1 (Anderes nach ärztlicher Beratung) Aziclav® Tbl à 1 g 1 -0 -1 Schmerzen/Krämpfe Ponstan® (oder Generikum z. B Spiralgin®), Flector-Pflaster® Buscopan®, Spasmo-Cibalgin® Herz (Schmerzen Brustkorb): Nitroglycerin Kapseln Fieber und Erkältung Panadol® (diverse Generika erhältlich) Nasentropfen (Otrivin®) Lutschtabletten (Mebucain®) Hustenmittel (Hustenlöser/Hustendämpfer) Reisekrankheit Stugeron forte®, Trawell®, Scopoderm® Vitamin C www. chirurgie-lyss. ch Augentropfen (Visine®) Hautschutz Sonnencreme (Schutzfaktor > 20) Hautcreme (Bepanthen) Handcreme Material Schnellverband, Heftpflaster Steri-Strip sterile Gaze-Kompressen 5 x 5 cm, 10 x 10 cm (in sterilen 2 er oder 3 er-Packungen) Elastische Binden Tape-Verband Schienen (Sam. Splint®) Umschläge (Cold-Hot-Pack®) Desinfektionsmittel (z. B Betadine) Fieberthermometer (nicht aus Glas) Fremdkörperpinzette („Uhrmacherpinzette“) feine spitze Schere Verbandschere Nähzeug Nadelhalter, Pinzette, Schere Sterile Handschuhe, Tupfer, Kompressen, Faden
Tiere / Gift • Quallen etc • Seeigel • Ciguatera
Literatur Meinhard Kohfahl CHF 65. - CHF 18. 90 Vergriffen. Tipp: www. zvab. de
Fragen ? ? www. chirurgie-lyss. ch
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