Update Arbeitsrecht Aktuelle Rechtsprechung Hamburg 4 Februar 2019
Update Arbeitsrecht: Aktuelle Rechtsprechung Hamburg – 4. Februar 2019
1. Kündigungsrecht
a. Kündigungsformalien, -folgen und -umfeld
Privilegierte Besteuerung bei Auflösungsvertrag – BFH Urt. v. 13. 03. 2018 – IX R 16/17 • allein der Umstand des Auflösungsantrags lässt Interesse des Arbeitgebers hieran und die sich darin widerspiegelnde „Konfliktlage“ erkennen • Konfliktlage zur Annahme einer Entschädigung Voraussetzung für privilegiert Besteuerung (§ 24 Nr. 1 a ESt. G)
Vermietung des Homeoffice an Arbeitgeber – BFH Urt. v. 17. 04. 2018 – IX R 9/17 • bei einer Einliegerwohnung des Steuerpflichtigen, die er zweckfremd als Homeoffice an seinen Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke vermietet, ist stets im Einzelfall festzustellen, ob er beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen • (hier: Badrenovierung als Werbungskosten)
b. verhaltensbedingte Kündigung
Überwachung mittels Keylogger - Verwertungsverbot – BAG Urt. v. 27. 07. 2017 – 2 AZR 681/16 AG setzt mit Kenntnis des AN sog. Keylogger ein AN geht während der Arbeitszeit in erheblichem Umfang privaten Tätigkeiten nach, wie die Auswertung der Keylogger-Daten ergibt • schwerer Eingriff in allg. Persönlichkeitsrecht des AN • Sachverwertungsverbot • •
Beweisverwertungsverbot Sachverwertungsverbot • setzt Bestreiten voraus • setzt kein Bestreiten voraus • sonst Sachvortrag unstreitig • Gericht berücksichtigt von Amts wegen (!) • dann keine Beweiserhebung notwendig • selbst wenn Vortrag eingebracht und nicht bestritten ist
Offene Videoüberwachung – Verwertungsverbot – BAG Urt. v. 23. 08. 2018 – 2 AZR 133/18 • keine Unzulässigkeit der Auswertung einer offenen Videoüberwachung nur durch Zeitablauf (Februar auf August 2016) • kein Verwertungsverbot sofern Überwachung rechtmäßig erfolgt • Videoüberwachung einer Lottoannahmestelle (Schutz vor Eigentumsdelikten durch Kunden und Mitarbeiter) • Entscheidung zu § 32 BDSG a. F.
Verweigerung amtsärztlicher Untersuchung – BAG Urt. v. 25. 01. 2018 – 2 AZR 382/17 • tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Verpflichtung zu einer amtsärztlichen Untersuchung rechtmäßig • Weigerung nach Abmahnung kann fristlose Kündigung rechtfertigen • kein Vorrang eines Präventionsverfahrens nach § 167 Abs. 1 SGB IX bei Schwerbehinderten
Angemessene Anhörungsfrist bei Verdachtskündigung – LAG Schleswig-H. Urt. v. 21. 03. 2018 – 3 Sa 398/17 • auch abwesende Arbeitnehmer müssen vor Ausspruch einer Verdachtskündigung angehört werden • es ist hierzu eine angemessene Frist einzuräumen • eine Frist von lediglich 2 Tagen ist zu kurz • Auswirkung: Kündigung insgesamt unwirksam
2. AGB- und Vertragsrecht
Ausschlussfristen ohne Berücksichtigung des Mindestlohns – BAG Urt. v. 18. 09. 2018 – 9 AZR 162/18 • eine Ausschlussfrist, die vor dem Inkrafttreten des Mi. Lo. G zum 01. 2015 den Mindestlohn nicht berücksichtigt, ist gültig • bei Neuverträgen ab 01. 2015 führt die fehlenden ausdrückliche Ausnahme von Mindestlohnansprüchen zur Klauselunwirksamkeit
Herausgabe der privaten Mobilfunknummer – LAG Thüringen Urt. v. 16. 05. 2018 – 6 Sa 442/17 • Arbeitgeber kann nicht Herausgabe der privaten Mobilfunknummer des Arbeitnehmers verlangen • Vorrang der Privatheit des Arbeitnehmers
Betriebsvereinbarung bricht dynamische Bezugnahmeklausel nicht auf – BAG Urt. v. 11. 04. 2018 – 4 AZR 119/17 • eine Betriebsvereinbarung kann keine arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Bezugnahmeklausel nicht aufbrechen • keine konkludente „betriebsvereinbarungsoffene“ Ausgestaltung
3. Entgelt und Arbeitszeit
Regelmäßiger Zuschlag bei Dauernachtarbeit 30% – BAG Urt. v. 25. 04. 2018 – 5 AZR 25/17 • bei Beschäftigung in Dauernachtarbeit ist ein Zuschlag von mindestens 30% zu zahlen • gilt unabhängig von der Art der Beschäftigung
Differenz zwischen Zuschlag bei Dauernacharbeit und Nachtschichten – BAG Urt. v. 21. 03. 2018 – 10 AZR 34/17 • wird ein Zuschlag für Dauernachtarbeit in Höhe von 50% gewährt, ist ein Zuschlag für (nur) Nachtschichten in Höhe von 15% zu niedrig • Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
Berechnung der Höchstarbeitszeit – BVerw. G Urt. v. 09. 05. 2018 – 8 C 13/17 • tarifliche Mehrurlaubstage und gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen, dürfen bei der Berechnung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit nach Arb. ZG nicht als Ausgleichstage berücksichtigt werden
Bereitschaftsdienst zuhause als vergütungspflichtige Arbeitszeit – Eu. GH Urt. v. 21. 02. 2018 – C-518/15 • vom Arbeitgeber angeordnetes Bereithalten in der eigenen Wohnung mit Verpflichtung zur Dienstaufnahme binnen 8 Minuten (hier: Feuerwehrmann) kann vergütungspflichtiger Bereitschaftsdienst sein ( nicht bloß Rufbereitschaft)
4. Urlaubsrecht
Kein automatischer Urlaubs(ersatz)verfall – Eu. GH v. 06. 11. 2018 – C-619/16 u. a. • Urlaub bzw. Ersatzurlaub verfallen nicht automatisch mit Ablauf des 31. 12. /31. 03. • Verfall nur wegen Antragsversäumnis ist ausgeschlossen • Arbeitgeber muss nachweisen, dass Arbeitnehmer in voller Kenntnis und aus freien Stücken auf den Resturlaub verzichtet hat, nachdem er in die Lage versetzt worden war, den Urlaub nehmen zu können https: //www. arbrb. de/blog/2018/11/14/neue-urlaubsrechtsprechung-des-eugh-teil-i-dieentscheidung-automatischer-verfall-von-urlaubsanspruechen-zum-jahresende-ist-europarechtswidrig/
Vererbbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs – Eu. GH v. 06. 11. 2018 – C-569/16 BAG Urt. v. 22. 01. 2019 – 9 AZR 45/16 • Urlaubsabgeltungsansprüche sind vererbbar und zwar auch denn, wenn sie im Zeitpunkt des Todes Arbeitnehmers noch nicht fällig waren (= Arbeitnehmer verstirbt im laufenden Arbeitsverhältnis) • direkte Berufung auf Unionsrecht möglich
Urlaubsersatzanspruch unterliegt keiner Ausschlussfrist – BAG Urt. v. 19. 06. 2018 – 9 AZR 615/17 • der an die Stelle des Urlaubsanspruchs (schadensersatzhalber) tretende Urlaubsersatzanspruch unterliegt keinen Ausschlussfristen
5. Befristungsrecht
Karenzfrist nach § 14 Abs. 2 S. 2 Tz. Bf. G – BVerf. G Beschl. v. 06. 2018 – 1 Bv. L 7/17 u. a. • Ausdehnung durch BAG auf 3 -Jahres-Höchstdauer stellt unzulässige richterliche Rechtsfortbildung dar • einschränkende Auslegung nur im Ausnahmefall geboten (z. B. geringfügige Nebenbeschäftigung in Schuloder Studienzeit) • hierzu bereits BAG Urt. v. 23. 01. 2019 – 7 ARZ 733/16: Befristung vor 8 Jahren für 1 ½ Jahr mit ähnlicher Tätigkeit unwirksam
6. Mitbestimmung
Begünstigung von BR-Mitgliedern durch Aufhebungsvertrag– BAG Urt. v 21. 03. 2018 – 7 AZR 590/16 • keine unzulässige Begünstigung nach § 78 S. 2 Betr. VG bei besonders attraktiver finanzieller Ausstattung des Aufhebungsvertrags • Begünstigung beruht auf hohem Kündigungsschutz des BR-Mitglieds
Auskunft an Betriebsrat – Begründungspflicht BAG Beschl. v. 20. 03. 2018 – 1 ABR 15/17 • Betriebsrat muss Antrag auf Auskunft nach § 80 Abs. 2 Betr. VG begründen, um Arbeitgeber Erforderlichkeitsprüfung zu ermöglichen • anderenfalls besteht kein Auskunftsanspruch • kein Geheimnisschutz der hinter der Frage stehenden Betriebsratstätigkeit
Auskunft an Betriebsrat – Vergangenheitsfragen BAG Beschl. v. 24. 04. 2018 – 1 ABR 6/16 • Überwachungsrecht des BR ist primär gegenwarts- und zukunftsbezogen • nur wenn Verhaltensweisen des Arbeitsgebers in der Vergangenheit Rückschlüsse auf sein derzeitiges und zukünftiges Verhalten ziehen lassen, kann der BR Auskunft auch für die Vergangenheit verlangen
- Slides: 30