Unsicherheit als Merkmal der Arbeitsverhltnisse im akademischen Mittelbau
Unsicherheit als Merkmal der Arbeitsverhältnisse im akademischen Mittelbau Dipl. -Sozw. Stephan Klecha Tagung Hochschulen im Umbruch Oldenburg, 19. 5. 2008
Ausgangsthese Ein nicht unwesentlicher Anteil an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wird durch die Unsicherheit ihrer Arbeitsmarktlage von einer Karriere im Wissenschaftsbereich abgehalten. => Wie geht der wissenschaftliche Nachwuchs mit seiner Lage um?
Allgemeine Trends • Zahl der Professoren seit 1996 konstant bei rund 38. 000 • Zahl der wiss. Mitarbeiter von 95. 000 auf 111. 000 um 17, 7 % gestiegen. • Zahl der Lehrbeauftragten von 42. 000 auf 57. 000 im selben Zeitraum gestiegen • Grundmittel stagnieren bzw. rückläufig • Drittmittelförderung wächst um 4 % p. a. • Wahrscheinlichkeit eines Habilitierten auf eine Professur berufen zu werden beträgt 3, 8 zu 100.
Inhalt • Explorative Felderschließung mittels Typologiebildung • Studie für das Bundesministerium für Bildung und Forschung • Ergebnisse veröffentlicht in: Stephan Klecha/Wolfgang Krumbein (Hrsg. ), die Beschäftigungssituation von wissenschaftlichem Nachwuchs, Wiesbaden (VS Research) 2008
Fallauswahl • Beschränkt auf Wirtschafts-, Sozial- und Geisteswissenschaft • Fall 1: Germanistik in westdeutscher Universitätsstadt ohne weitere nennenswerte Wertschöpfungsstrukturen • Fall 2: Politikwissenschaft in Westdeutsche Großstadt • Fall 3: Wirtschaftswissenschaft in ostdeutscher Universitätsstadt
Erwartete Idealverteilung
Prekaritätsmanager • Bewusst über prekäre Gefahren des Studiums wie der Wissenschaft • Geht verschiedenen, befristeten Positionen nach • Fühlt sich in verschiedener Hinsicht prekär, hofft diesen Status zu überwinden • Dezidiert und ausgeprägt in Germanistik vorhanden, indirekt jedoch Hinweise auf Existenz in beiden anderen Fällen
Karriereorientierter Idealist • Ist von seiner Leistung überzeugt • Dient sich wissenschaftlichem Mentor an und ordnet eigene Arbeit dem unter • Zeitperspektive von ca. 5 -10 Jahren • Verzicht auf Familie oder Bindungen • Ausschließlich Männer • In allen Fällen zu finden
Fragile Mitte • Orientierung an mutmaßlichen Zwängen • Forscht eigenständig, engagiert sich im wissenschaftlichen Umfeld • Prüft kritisch jeden weitergehenden Schritt • Unbehagen bei Betrachtung weiterer Perspektiven in der Wissenschaft und erwägt Ausstieg • Besitzt reale Ausstiegsmöglichkeiten • Ausstieg begünstigt bei mangelnder Unterstützung im familiären Umfeld oder bei sichtbaren Rückschlägen
Gelegenheitswissenschaftler • Entscheidet sich aus Mangel an Alternativen für eine Promotion • Lange Studiendauer, aber auch lange Promotionsdauer • Finanzierung der Promotion über Projekte, Kurzzeitverträge, Hilfskrafttätigkeiten etc. • Will nach Promotion endlich Sicherheiten über beruflichen Werdegang • Kommt nur in Fällen 1 und 2 vor
Übergangswissenschaftler • Promotion aus inhaltlichem Interesse • Ist schon zu Beginn der Promotion gegen eine wissenschaftliche Laufbahn • Kommt aus nicht-akademisch vorgebildeter Familie • Nur in Wirtschaftswissenschaften
Übergreifende Befunde • Befristungsregelung nur beim Prekaritätsmanager explizites Problem • Unsicherheiten über Karriereverläufe bestehen außer bei Übergangswissenschaftler überall, werden aber oftmals eher verdrängt oder relativiert • Prekaritätsmanager ist Warnung für alle Typen bei Strategie zur Wissenschaftskarriere
Verortung im Raum
Folgerungen I • Karriereorientierte Idealisten kommen mit bestehenden Regelungen und Rahmenbedingungen zurecht • Prekaritätsmanager haben keine Alternative als sich hiermit ebenfalls abzufinden • Übergangswissenschaftler und Gelegenheitswissenschaftler stellen gleichsam geringe Anforderungen
Folgerungen II • Fragile Mitte ist verunsichert und schwankt zwischen Ausstieg und Verbleib aus dem Wissenschaftssystem • Durchschaubarere Karrierewege, höheres Maß an Planbarkeit würde fragile Mitte stabilisieren und auch für Übergangs- und Gelegenheitswissenschaftler Lage verbessern
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