Strungss Psychothe pezifische rapie an den Bei spielen
Störungss Psychothe pezifische rapie an den Bei spielen vo n CBASP un d Schemat herapie Stefanie Be rg und Pete r Peiler Clienia Sch lössli AG WBV, Zürich , 19. 10. 201 6
Wie sind Schematherapie und CBASP einzuordnen? Verhaltenstherapie Humanistische Therapien Psychodynamische Therapien - Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) - Gestalttherapie - Psychoanalyse - Psychodrama - Transference Focussed - Klientenzentrierte Psychotherapy therapie (Rogers) - Mentalization Based - Systemische Therapie Psychotherapy - Hypnotherapie Weiterentwicklungen: Ganzheitliche, integrative und modulare Therapieformen bedienen sich aus allen «historischen Säulen» der Psychotherapie-Entwicklung, z. B. - Emotionsfokussierte Therapie - Dialektisch-Behaviorale Therapie DBT - Interpersonelle Psychotherapie IPT - Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy CBASP - Mindful-Based Stress-Reduction MBSR - Acceptance and Commitment Therapy ACT - Schematherapie
CBASP von Prof. James Mc Cullough Störungsspezifische (ambulante) Therapie für chronisch depressive Patienten mit Frühtraumatisierungen Neu: Schulenübergreifende Verbindung von • kognitiven (Seligman, Bandura, Piaget) • behavioralen (Skinner) • interpersonellen (Kiesler) und • psychodynamischen Theorien und Techniken Innovativ für Therapeuten: Persönliche Beziehungsgestaltung durch Aufhebung des Neutralitätsprinzips des Therapeuten
Einstimmung
Kennzeichen chronisch depressiver Patienten: „Präoperatorische Denkweise“ nach Mc. Cullough basierend auf Jean Piaget • • • Monologisierendes Sprechen (oder Schweigen…) Präkausale/prälogische Denkweise Egozentrik Wenig Empathie Kaum Beeinflussung der Denkweise durch Rückmeldung anderer Wenig emotionale Kontrolle unter Stress
Einschlusskriterien 1. Diagnose einer Chronischen Depression (chronifizierte depressive Episode, länger als 2 Jahre fast durchgängig oder Rezidivierende Depression ohne vollständige Remission zwischen den Episoden über min 2 Jahre oder Double Depression) 2. Absprachefähigkeit bzgl. Suizidalität 3. Frühes Trauma (z. B. emotionaler Missbrauch/ Vernachlässigung oder körperliche Vernachlässigung/ Misshandlung)
Ausschlusskriterien • Bipolar I Störung in der Vergangenheit • Autismus Keine Ausschlusskriterien • Persönlichkeitsstörungen • Sekundäre Achse I Störungen (außer Schizophrenie) • Substanzabhängigkeit, aber Bedingung: 6 Monate Abstinenz • Posttraumatische Belastungsstörung, ausser wenn Symptomatik zu floride ist, dann erst traumaspezifische Behandlung
Störungsspezifisches Erklärungsmodell chronischer Depression Emotionale oder körperliche Traumatisierung Kognitive und emotionale Entwicklung blockiert Patienten bauen eine Mauer zwischen sich und ihrer Umwelt auf Chronische zwischenmenschliche Ineffektivität Resistent anmutende Hilflosigkeit
Wahrnehmungsdilemma des chronisch Depressiven zu Behandlungsbeginn (nach Mc. Cullough) PATIENT x UMWELT Traumatisierungen Prägungen Therapeut/ Team
Probleme chronisch depressiver Patienten und CBASP- Strategien Problem Strategie Traumatisierte Beziehungserfahrungen Diszipliniertes persönliches Einlassen (DPI) (negative) Prägungen Interpersonelle Diskriminationsübung (IDÜ) Aktuelle interpersonelle Probleme Kiesler Kreis, Situationsanalysen mit Rollenspiel
Erarbeitung der Prägungen Liste prägender Beziehungen • Durchführung möglichst direkt zu Beginn der Therapie • Dauer: 1 -4 Therapiestunden • Patient benennt 3 -6 prägende Bezugspersonen Zwei therapeutische Explorationsfragen 1. “Wie war es mit Ihrer Mutter aufzuwachsen? “ 2. “Welche Prägung hat Ihre Mutter bei Ihnen hinterlassen? ” oder “Wie hat Ihre Mutter Ihren Lebensweg beeinflusst, dass Sie heute so sind wie Sie sind? ”
Patient Herr Schneider • In stationärer CBASP-Behandlung • 31 Jahre • Klavierlehrer, jedoch seit 6 Monaten krank geschrieben • Ledig, hatte noch nie eine lange feste Partnerschaft, nur einmal eine Beziehung, die 2 Monate anhielt • Schwere chronische Depression mit sozialer Phobie und selbstunsicher-vermeidender Persönlichkeitsstörung • Keinen Suizidversuch, jedoch chronisch suizidale Gedanken • Frühe Traumatisierungen
Beziehungserfahrungen von Herrn Schneider Mutter: Karrierefrau, Professorin für Architektur wollte ihn nicht, hat es ihm dies offen gesagt, hat ihm gezeigt, dass sein Stottern sie nervt, war viel unterwegs, kaum da Vater: musste sich mehr um ihn kümmern, war cholerisch, hat ihn geschlagen „es ging überhaupt nicht um meine Bedürfnisse“ Schwester: älter, in allem besser, hat ihn nur geärgert und ihn blossgestellt Heike: unglücklich verliebt, hat sie aus der Ferne langehimmelt, beim Abiball ihr seine Liebe gestanden- sie hat sich dann über ihn vor allen lustig gemacht Mara: Kommilitonin, 2 Monate zusammen, plötzlich nach einer gemeinsamen Nacht morgens weg, nur Zettel hinterlassen Klavierlehrer: an ihn geglaubt, ihn beim Klavierspielen unterstützt
Liste prägender Beziehungen: Patient Herr Schneider Bezugsperson Prägung/Stempel (causal conclusion) Mutter Ich werde nicht gehört. Meine Probleme & Bedürfnisse sind nicht wichtig. Vater Wenn ich sage, was ich will (deutlich dafür eintrete), dann werde ich bestraft. Schwester Frauen machen sich nur lustig über mich. Heike Verlieb Dich ja nicht! Frauen werden Dich eiskalt abservieren. Mara Wenn ich mich öffne und Nähe entsteht, dann wenden sich Frauen von mir ab. Klavierlehrer Herr Birger Es gibt doch Menschen, die an mich glauben.
Fallkonzeptualisierung- Übertragungshypothese Therapeut/Team beantwortet sich die Fragen: ÆWie überträgt der Patient seine bisherigen (destruktiven) interpersonellen Erwartungen und Verhaltensmuster (Prägungen) auf die Therapie? ÆWas ist das Wichtigste, was ich meinem Patienten für sein Leben mitgeben möchte, durch unsere Beziehung, über was er zu Beginn der Behandlung nicht verfügte?
Liste prägender Beziehungen: Patient Herr Schneider Bezugsperson Prägung/Stempel (causal conclusion) Mutter Ich werde nicht gehört. Meine Probleme & Bedürfnisse sind nicht wichtig. Vater Wenn ich sage, was ich will (deutlich dafür eintrete), dann werde ich bestraft. Schwester Frauen machen sich nur lustig über mich. Heike Verlieb Dich ja nicht! Frauen werden Dich eiskalt abservieren. Mara Wenn ich mich öffne und Nähe entsteht, dann wenden sich Frauen von mir ab. Klavierlehrer Herr Birger Es gibt doch Menschen, die an mich glauben. Übertragungshypothese (transparent und proaktiv) Wenn ich auf Station sage, was ich will, wird das Team (besonders die Männer) dies ablehnen. Wenn ich in der Therapie Probleme offenbare, wird Fr. Brakemeier und andere weibliche Teammitglieder die nicht wichtig nehmen (oder sich gar darüber lustig machen).
Probleme chronisch depressiver Patienten und CBASP- Strategien Problem Strategie Traumatisierte Beziehungserfahrungen Diszipliniertes persönliches Einlassen (DPI) (negative) Prägungen Interpersonelle Diskriminationsübung (IDÜ) Aktuelle interpersonelle Probleme Kiesler Kreis, Situationsanalysen mit Rollenspiel
Interpersonelle Diskriminationsübung (IDÜ) • Proaktive Gegenüberstellung des Verhaltens des Therapeutens vs. des früheren Verhaltens prägender Bezugspersonen bei problematischer Übertragungssituation • Therapeut muss Hot- spot Situation erkennen Übertragungshypothesen • Patient die damalige schwierige Reaktion der prägenden Bezugspersonen spürbar werden lassen in der Therapiesituation • Genau erarbeiten lassen, wie sich Therapeut verhalten hat, idealerweise verbal und nonverbal • Dann genau diskriminieren lassen
Interpersonelle Diskriminationsübung Bsp. Hr. Schneider Situation: Ich weine und erzähle ein sehr persönliches Problem. Wie hat Fr. B. auf mich reagiert? Zugehört, empathisch nachgefragt, Verständnis gezeigt, Zusammenhang zu Prägungen hergestellt, wertschätzend, annehmend, gesagt, dass sie es berühre, dass ich mich ihr anvertraue, auch mit mir nach Hilfe gesucht Wie hätte meine Mutter reagiert? Sie hätte mich kaum ausreden lassen, oder wäre gleich weg gegangen Wie hätte Ihr Vater reagiert? Hätte gesagt: “Hör auf zu heulen oder “Reiss Dich mal zusammen!” Was für Unterschiede …können Sie sehen? (Diskriminationstraining) Verständnis, mich annehmen vs. Desinteresse an mir bzw. mich alleine lassen Was bedeutet das für Sie, wenn Fr Berg anders reagiert als Ihre Eltern? Schwäche/Tränen zulassen ohne, dass ich verletzt werde. Es gibt Menschen, die sich wirklich für mich interessieren! (Problem zunächst: Daran glaube ich nicht. . . )
Probleme chronisch depressiver Patienten und CBASP- Strategien Problem Strategie Traumatisierte Beziehungserfahrungen Diszipliniertes persönliches Einlassen (DPI) (negative) Prägungen Interpersonelle Diskriminationsübung (IDÜ) Aktuelle interpersonelle Probleme Kiesler Kreis, Situationsanalysen mit Rollenspiel
FEINDSELIGDOMINANT OFFEN-SELBSTBESTIMMT FREUNDLICHDOMINANT Wie wirke ich auf andere? Was löse ich in anderen aus? FREUNDLICH NÄHE FEINDSELIG DISTANZ FREUNDLICHUNTERWÜRFIG FEINDSELIGUNTERWÜRFIG Kiesler Kreis UNTERWÜRFIG VERSCHLOSSEN
Probleme chronisch depressiver Patienten und CBASP- Strategien Problem Strategie Traumatisierte Beziehungserfahrungen Diszipliniertes persönliches Einlassen (DPI) (negative) Prägungen Interpersonelle Diskriminationsübung (IDÜ) Aktuelle interpersonelle Probleme Kiesler Kreis, Situationsanalysen mit Rollenspiel
Beziehungsgestaltung in CBASP: Vermeiden der spontanen menschlichen Reaktion bei feindseligen Verhaltensweisen Dominant Feindselig. Dominant Freundlich Feindselig Freundlich. Unterwürfig Feindselig. Unterwürfig Nach Beziehungsaufbau Nutzung des „disziplinierten persönlichen Einlassens“ (DPI)
Diszipliniert persönliches Einlassen (DPI) • Was: Persönliche Beziehungsgestaltung durch umsichtige Selbstöffnung des Therapeuten (statt Neutralität) • Wann: In emotionalen Situationen mit „hot- spot“ Charakter oder bei therapieschädigendem Verhalten • Wie: Ehrliche Rückmeldung welche Gefühle das Verhalten des Patienten bei uns auslöst • Wozu: Direkte Konsequenzen des Verhaltens dem Patienten deutlich machen: Patient im Hier und Jetzt erreichen!
Diszipliniertes Persönliches Einlassen (DPI) Diszipliniert (!) eigene Gefühle/Reaktionstendenzen ehrlich preisgeben Ich merke, dass ich mich genervt und zunehmend ärgerlich fühle… • Versuchen, mit dem Patienten in Blickkontakt zu kommen • Fokus auf interpersonelle Konsequenzen seines Verhaltens lenken, also auf mich Weiter das ‘interpersonelle Problem’ bleiben • Wollen Sie mich nerven? • Warum machen Sie das dann? Empathietraining: • Wie geht es mir? • Bitte schauen Sie mich an! • Prägungen mit einbeziehen • Mutter: Ich werde nicht gehört. Meine Probleme/Bedürfnisse sind nicht wichtig. Immer auch positive Gefühle dem Patienten mitteilen
Probleme chronisch depressiver Patienten und CBASP- Strategien Problem Strategie Traumatisierte Beziehungserfahrungen Diszipliniertes persönliches Einlassen (DPI) (negative) Prägungen Interpersonelle Diskriminationsübung (IDÜ) Aktuelle interpersonelle Probleme Kiesler Kreis, Situationsanalysen mit Rollenspiel
Situationsanalyse (SA) • Patienten lernen ihren Fokus auf Interpersonelle Situationen statt auf ihre Symptome zu lenken • Anwendung in Einzel- und Gruppen -therapie • Patienten sollen lernen das Arbeitsblatt selbständig zu bearbeiten • Nach jeder SA im Rollenspiel das neue Verhalten üben
Ziele der Situationsanalyse 1. Von globaler Sichtweise auf eine Sequenz fokussieren 2. Trennung zwischen Aussen- und Innenwelt 3. Erkennen, dass eigenes Verhalten Konsequenzen hat 4. Mittels negativer Verstärkung Leidensdruck erhöhen und Motivation zur angemessenen Problemlösung aufbauen 5. Realistische Ziele setzen 6. Maladaptive Interpretationen erkennen und verändern (pragmatisches Vorgehen) 7. Neues Verhalten lernen mittels Rollenspielen
Beispiel: Situationsanalyse 1. Situationsbeschreibung. Beschreiben Sie, was passiert ist (mit Anfangs- und Endpunkt): Uta fragt mich, ob ich während Sabines Ferien am Nachmittag arbeiten könnte. Ich sage: „Ja. “ 2. Interpretationen. Beschreiben Sie Ihre Interpretation(en) von dem, was geschehen ist (Was hat das für mich bedeutet? ): Ich will keinen Konflikt haben Es muss keinen Konflikt geben, wenn ich nein sage Das wird von mir erwartet Ich weiss noch nicht, was von mir erwartet wird Ich muss mich anpassen Ich darf nein sagen! Freundlich- dominant 3. Verhalten. Beschreiben Sie, was Sie während der Situation getan habe (Verhalten, Blickkontakt, Sprache, ggf. Kiesler-Kreis Domäne): Stehe angespannt an Utas Arbeitsplatz Atme tief durch Schaue sie nicht an Blickkontakt Stimme: beiläufig, eher leise Klar und bestimmt Distanziert-verschlossen 4. Tatsächliches Ergebnis. Beschreiben Sie, wie sich das Ereignis entwickelt hat (in Verhaltensbegriffen!): Ich sage: „Ja. “ 5. Erwünschtes Ergebnis. Beschreiben Sie, wie Sie sich den Ausgang dieses Ereignisses gewünscht hätten (in Verhaltensbegriffen!): Ich antworte: „Nein, das passt mir nicht so gut. Können wir das zusammen mit Sabine anschauen? “ 6. Vergleich Nein, weil ich einen Konflikt befürchte. Schlachtrufe: Meine Bedürfnisse sind wichtig! Ich muss nicht sofort entscheiden! Ich muss nicht immer die Verantwortung übernehmen! Ich gehe nicht über meine Grenzen!
Ziel: Die „Interpersonelle Mauer“ zu durchbrechen/überwinden (nach Mc. Cullough) Resultat: heilsame korrigierende Beziehungserfahrungen PATIENT x UMWELT Frühe traumatisierende Beziehungserfahrungen Therapeut/Team Diszipliniertes persönliches Einlassen
Take Home Message • CBASP braucht gute Passung- Indikationsstellung • Störungsspezifisches Ziel: Patienten wieder mit ihrer Umwelt verbinden • Insbesondere durch eine diszipliniert persönliche Art der therapeutischen Beziehungsgestaltung • Lerntherapie: Patienten lernen CBASP Strategien selbständig anzuwenden • CBASP- stationär: - Gemeinsame Behandlungsstrategie: „Ziehen an einem Strang“ - Besonderheit stationär: Hohe Intensität durch viele heilsame Beziehungserfahrungen
Entstehung der Schematherapie Jeffrey Young (*1950) • Professor für Psychologie an der Columbia University, New York • Direktor des Schematherapie-Instituts New York • Ausgebildet als Verhaltenstherapeut • Mitarbeiter von Aaron T. Beck (*1921, Vater der Kognitiven Verhaltenstherapie KVT) • Young machte die Beobachtung, dass KVT begrenzt hilft bei chronischen Krankheitsbildern und Persönlichkeitsstörungen • Entwicklung folgender Konzepte: • Schemata (Prägungen) mit biographischer Verankerung • Dysfunktionale Bewältigungsformen • Emotionsaktivierende Techniken aus der Hypnotherapie (Imagination) und aus der Gestalttherapie (Stuhlarbeit) • Modus-Modell
Das Schema-Modell Wie entsteht ein Schema? Ein Schema entsteht als Prägung oder «Fussabdruck» im neuronalen Netzwerk des Gehirns als Folge lang anhaltender, starker emotionaler Erregung. Aus einem vorübergehenden Erregungszustand (Modus) wird ein bleibendes Schema (Prägung/Fussabdruck/Automatismus/Autopilot) gebildet. Funktionale Schemata: Alle Menschen haben eine unendliche Anzahl von Schemata – viele tragen ganz selbstverständlich zur Bewältigung unserer Alltags bei (z. B. Schnürsenkel binden). Dysfunktionale Schemata: Für die Therapie sind nur diejenigen Schemata wichtig, die in sehr unangenehmen Lebenssituationen gebildet wurden, wenn menschliche Grundbedürfnisse vernachlässigt werden. Die Schemata beruhen auf einer selektiven Identifizierung und Internalisierung von Wesenszügen von prägenden Bezugspersonen (Aggressoren), z. B. der Eltern, anderen erwachsenen Bezugspersonen, Peers. 2016 © Clienia Schlössli AG
Das Schema-Modell Zwei Arten von Schemata In den ersten Lebensjahren sind Kinder darauf angewiesen, dass die Grundbedürfnisse durch Bezugspersonen erfüllt werden. Ist dies nicht in ausreichendem Masse der Fall, können Kinder in sehr starke Erregungszustände kommen, die sich als negative emotionale Schemata «einbrennen» . Jeffrey Young bezeichnet diese Schemata als unkonditional (z. B. emotionale Vernachlässigung) Wenn diese Personen später in ähnliche Situationen kommen (z. B. Verlassen-Werden), werden diese Schemata wieder aktiviert und die Menschen rutschen in den kindhaften Erlebnismodus hinein (=Kindmodus). Entsprechend hilflos und ausgeliefert fühlen sie sich dann wieder. Gleichzeitig wird (unbewusst) eine für die Person typische Bewältigungsreaktion aktiv (z. B. Erdulden, Vermeiden, Überkompensieren), um den emotionalen Erregungszustand abzuschwächen. Jeffrey Young nennt diese individuellen Bewältigungs-Schemata konditional (z. B. Aufopferung) 2016 © Clienia Schlössli AG
Welche Schemata gibt es? Young unterscheidet 18 Schemata, die einem unerfüllten Grundbedürfnis zugeordnet werden: Abgetrenntheit / Ablehnung Schema: Grundbedürfnis: Emotionale Vernachlässigung Sichere Bindung & Schutz Verlassenheit, Instabilität Misstrauen, Missbrauch Soziale Isolation Unzulänglichkeit, Scham Beeinträchtigung von Autonomie und Leistung Schema: Grundbedürfnis: Erfolglosigkeit, Versagen Autonomie & Kompetenz Abhängigkeit, Inkompetenz Verletzbarkeit Verstrickung, Schuld 2016 © Clienia Schlössli AG
Welche Schemata gibt es? Beeinträchtigung im Umgang mit Grenzen Schema: Grundbedürfnis: Anspruchshaltung, Grandiosität Kontrolle & Grenzen Unzureichende Selbstkontrolle und Selbstdisziplin Fremdbezogenheit Schema: Grundbedürfnis: Unterwerfung, Unterordnung Selbstwertschutz & Selbstwerterhöhung Aufopferung Streben nach Zustimmung und Anerkennung 2016 © Clienia Schlössli AG
Welche Schemata gibt es? Wachsamkeit und Gehemmtsein Schema: Grundbedürfnis: Emotionale Gehemmtheit Lust, Spiel, Spontaneität & Kreativität Überhöhte Standards (unerbittliche Ansprüche) Negativität, Pessimismus Bestrafungsneigung 2016 © Clienia Schlössli AG
Beispiele für Schemaentstehung Vater selten zuhause, Alkoholiker, gewalttätig, äusserst kritisch Beim Pat. entwickeln sich innerhalb der Beziehung zum Vater die Schemata Verlassenheit/Instabilität, Misstrauen/Missbrauch, Unzulänglichkeit, Unterordnung Mutter mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, unterwürfig, angepasst, ängstlichkontrollierend, weint sich beim Pat. aus. Beim Pat. entwickeln sich innerhalb der Beziehung zur Mutter die Schemata emotionale Deprivation, Aufopferung, Verstrickung und Verletzbarkeit 2016 © Clienia Schlössli AG 38
Vom Schema zum Modus: - Aktueller Erlebenszustand, «State» , Befinden - Beobachtbar im Verhalten - Mindestens ein Modus ist immer aktiv sichtbar im Erleben und Verhalten unsichtbar im Unterbewusstsein Schema: - Verhaltensneigung im Hintergrund, «Trait» , Wesenszug, Eigenschaft - Unbewusst, nicht beobachtbar - Aktiviert oder nicht aktiviert - Es können auch mehrere Schemata gleichzeitig aktiv sein 2016 © Clienia Schlössli AG
Das Modus-Modell Modi sind vorübergehende Zustände des Erlebens, die durch Schemata ausgelöst werden. Sie umfassen Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen und Handlungsimpulse. Insbesondere bei Persönlichkeitsstörungen (Emotionale Instabilität, Narzisstische Persönlichkeitsstörung) sind zahlreiche Schemata gleichzeitig aktiv und die verschiedenen Modi (Emotionen, Bewältigungsreaktionen) wechseln rasch. Das Modus-Modell erlaubt eine übersichtliche Darstellung von Schemainhalten und Bewältigungsformen gleichzeitig. Es stellt für Patient, Therapeut und Team ein gleichermassen verständliches und transparentes Modell dar. Deutliche Entlastung für Patient (und Therapeut/Team), wenn nicht der Patient als Gesamtperson validiert/konfrontiert wird, sondern «Anteile» von ihm. 2016 © Clienia Schlössli AG
Das Modus-Modell Gesunder Erwachsener Kind-Modi Spannung Bewältigungs. Modi Klinische Symptome 2016 © Clienia Schlössli AG Eltern-Modi
Modi in der Schematherapie Innere Kindmodi Angeborene Gefühlsreaktionen Innere Elternmodi oder Verinnerlichte Ansprüche (ursprünglich von Eltern, Lehrern anderen wichtigen Bezugspersonen) Bewältigungsmodi Erlernte Bewältigungsreaktionen, die in der Kindheit als Schutzund Überlebensstrategien wichtig waren, nun aber im Erwachsenen-Kontext Probleme bereiten, weil sie einseitig oder unangemessen sind Gesunder Erwachsener Angemessene erwachsene Reaktionen, kann flexibel auf Anforderungen reagieren 2016 © Clienia Schlössli AG
Die Persönlichkeitsmodi 2016 © Clienia Schlössli AG
Bewältigungs-Modi Erduldung, Vermeidung, Über-Kompensation Eingesetzt, um den Schema-Schmerz (kurzfristig) zu reduzieren. Erlebter Affekt wird daher weniger stark. Längerfristig und einseitig eingesetzt werden Bewältigungsmodi jedoch als sehr belastend (dysfunktional) erlebt. Erduldender Modus Unterwerfer-, Aufopferungs-Modus Vermeidende Modi Distanzierter Beschützer-Modus Distanzierter Selbstberuhiger-Modus Verärgerter und/oder klagsamer Beschützer-Modus Über-Kompensatorische Modi Selbstverherrlicher-, Selbsterhöher-Modus Zwanghafter Kontrollierer-Modus Manipulierer-, Lügner-Modus Angreifer-, Einschüchterer-Modus 2016 © Clienia Schlössli AG
Gesunder Erwachsener healthy adult 2016 © Clienia Schlössli AG • Verhält sich wie eine gute Mutter, ein guter Vater. • Steht ein für die Bedürfnisse des verletzbaren Kindes. • Zügelt wütendes Kind, Setzt undiszipliniertem Kind Grenzen. • Besänftigt oder eliminiert Eltern-Modi. • Erkennt dysfunktionale Bewältigung, generiert funktionale Strategien und leitet deren Umsetzung an.
Schematherapie ist bedürfnisorientiert Kernbedürfnisse des Kindes (Auswahl): • Sichere Bindung zu anderen Menschen, Schutz • Autonomie, Kompetenz, Identitätsgefühl • Selbstwertschutz durch Freiheit, berechtigte Bedürfnisse und Gefühle auszudrücken • Realistische Grenzen setzen und selbst die Kontrolle innehaben • Spontaneität, Spiel, Kreativität, Lust 2016 © Clienia Schlössli AG
Typische Schemata der Borderline-Störung • Domäne 1: Verlassenwerden / Instabilität, Misstrauen / Missbrauch, Emotionale Deprivation, Unzulänglichkeit / Scham • Domäne 2: Abhängigkeit / Inkompetenz, Verletzbarkeit • Domäne 3: Ungenügende Selbstkontrolle / Fehlende Disziplin • Domäne 4: Unterwerfung • Domäne 5: Emotionale Hemmung, Streben nach Rache und Vergeltung (Bestrafung) 2016 © Clienia Schlössli AG
Modusmodell Borderline-Störung Kompensationsmodi • Erdulder Lässt Sexualität zu, obwohl diese schmerzhaft ist • Vermeider -Distanzierter Beschützer Depressiver Rückzug, Selbstverletzung, Essanfälle Rastlosigkeit • Überkompensierer -Manipulierer Drohen mit Suizid wenn der Freund weg geht. Intrigieren Sich Zuneigung über körperliche Beschwerden sichern 2016 © Clienia Schlössli AG Strafender Elternmodus: Selbsthass, Selbstabwertung, Selbstvorwürfe, Selbstbestrafung „Keiner wird Dich jemals lieben, weil Du so schrecklich bist“ „Du bist schlecht“ „Du fette Kuh“ „Du verdienst es nicht geliebt zu werden Du Stück Dreck“ Emotional fordernder Elternmodus „Du musst alles alleine schaffen“ „Weine keine Krokodilstränen“ „Respekt verdient wer keine Gefühle zeigt“ „schau dass es allen anderen gut geht“ Verletztes, missbrauchtes, verlassenes, einsames Kind: Angst vor Menschen, sozialer Bewertung, vor dem alleine sein, vor Leere, vor dem Verlassenwerden, Angst verletzt zu werden, Trauer, Hilflosigkeit (Bedürfnis nach Schutz, Liebe, Rückhalt, Akzeptanz nicht erfüllt) Wütendes, impulsives Kind Wutanfälle, das Zimmer demontieren, andere Menschen anschreien
Frühe maladaptive Schemata bei Narzissmus • Emotionale Entbehrung • Unzulänglichkeit / Scham • Anspruchshaltung / Grandiosität • • Misstrauen / Missbrauch Soziale Isolierung / Entfremdung Versagen Unzureichende Selbstkontrolle / Selbstdisziplin Unterwerfung Streben nach Zustimmung und Anerkennung Überhöhte Standards / Übertrieben kritische Haltung Bestrafen 2016 © Clienia Schlössli AG
Charakteristische Schemamodi des Narzissten (1) Das einsame, nicht liebenswerte Kind Isoliert, ungeliebt, einsam, zurückgewiesen, „durchschnittlich“, sozial inakzeptabel Leere, Langeweile, deprimiert sein. Getriggert bei Verlust von Bestätigung und speziellem Status, und bei Abwesenheit von Ablenkung oder Stimulation. Distanzierter Selbstberuhiger und Selbststimulierer Arbeitssucht, Stimulation suchend Süchte: Spielsucht, Wertpapierspekulationen, gefährliche Sportarten, promiskuitiver Sex, Pornographie, Cybersex, IT-Sucht (Spiele und Foren), TV-Sucht, Drogenkonsum (insbesondere Kokain und Amphetamine), Essen Ziel: Die Triggerung des einsamen ungeliebten Kindes, d. h. die Gefühle der Wertlosigkeit und Leere, durch stimulierende Ablenkung zu vermeiden. Ausgelöst durch Alleinsein oder die Abwesenheit unmittelbarer Quellen für Bestätigung. 2016 © Clienia Schlössli AG
Charakteristische Schemamodi des Narzissten (2) Selbstüberhebung / Selbstverherrlichung • Überkompensation für das einsame, ungeliebte Kind • Anspruchsberechtigt, konkurrierend, nach Status strebend, überlegen, kritisch gegenüber Anderen • Ohne Verständnis / Empathie, missgünstig / neidisch Typische Bewältigungsstile: • Aggression und Feindseligkeit • Dominanz und Überheblichkeit • Streben nach Anerkennung, hohem Status • Manipulation und Ausbeutung 2016 © Clienia Schlössli AG Illustration aus © Jacob • van Genderen • Seebauer: Andere Wege gehen. Beltz, 2011
Schematherapie: Therapieziele allgemein Patienten lernen, Kernbedürfnisse zu befriedigen auf adaptive Art und Weise, indem maladaptive Schemata, Bewältigungsstrategien und Modi gedämpft und verändert werden. Verbindung vorher dissoziiert voneinander bestehender Zustände (Modi) zu „integrierter Persönlichkeit“ (Gesunder Erwachsener). - Verinnerlichung der Therapeutenstimme Üben innerer Dialoge Dysfunktionale Bewältigungsmuster erkennen und Handlungs-Alternativen suchen Soziale Kompetenz verbessern Aufbau von Werten und Zielen Förderung von Genuss und Selbstfürsorge 2016 © Clienia Schlössli AG
Schematherapeutische Beziehungsaufbau • Komplementäre Beziehungsgestaltung: Empathisch, warmherzig, interessiert, offen, transparent. Therapeut gibt sich mit eigener Persönlichkeit und Gefühlen stärker ein als in anderen Therapie. Richtungen. Fördern von Vertrauen und Emotionalität • Immer auf der Suche nach dem verletzbaren Kind – auch hinter behindernden Bewältigungsmodi. Benennen und validieren der Modi und Bewältigungsreaktionen. Therapeut gibt Signale, dass Gefühle OK sind, zugelassen und gezeigt werden dürfen. Re-Parenting • Therapeut übernimmt Rolle des «Gesunden Erwachsenen» als Modell für Patienten: • Akzeptanz und echtes Lob • Begrenzung von selbstabwertenden Aussagen des Patienten • Fördern von Autonomie • Grenzen aufzeigen und Selbstkontrolle fördern Empathisches Konfrontieren Der Therapeut nimmt eine verständnisvolle Haltung ein, konfrontiert den Patienten aber gleichzeitig mit dysfunktionalen Verhaltensweisen und zeigt negative Konsequenzen auf.
Therapeutische Perspektive in der Schematherapie Klärung / Selbstreflexion Denken und Sprechen Mentalisieren Nachbeelterung Unterstützen / Annehmen Akzeptanz Empathische Konfrontation Fordern / Grenzen setzen Veränderung Empathie nach E. Roediger Eintauchen in das emotionale Erleben Mitfühlen 2016 © Clienia Schlössli AG
Interventionen in der Schematherapie 5 Ansatzpunkte für Interventionen • Exploration und Edukation • Kognitive Interventionen (Modus-Tagebuch, Notfallplan, eigene Moduslandkarte usw. ) • Emotionsaktivierende Interventionen (Imaginationsübungen, Stuhlarbeit) • Einsatz der therapeutischen Beziehung als Instrument zur Veränderung (Re-Parenting, Modell) • Aufbrechen von Verhaltensmustern (empathische Konfrontation) 2016 © Clienia Schlössli AG
Emotionsaktivierende Techniken Stuhlarbeit • Stammt aus der Gestalttherapie • Ein Modus pro Stuhl, z. B. Dialog zwischen traurigem Kind und gesundem Erwachsenen • Hilfreich bei jeder Form innerer Konflikte, Ambivalenzen, Entscheidungsschwierigkeiten
Imaginationsarbeit • Aufbau von Sicherheit (sicherer Ort, safety bubble) • Exploration, Verbindung finden zwischen aktuellen Schemata und Erlebnissen in der Vergangenheit • Erlebnisbearbeitung mit dem Ziel der Einsicht, dass das Erlebte „falsch“ war, und Emotionsmodulierung • Traumabearbeitung durch „imagery rescripting“ (im Gegensatz zu „Exposition in sensu“)
Zeit für Fragen Per e. Mail: peter. peiler@clienia. ch stefanie. berg@clienia. ch Bei Interesse: http: //www. cbasp-network. org/ http: //www. cbasp. awp-depression. de/ http: //www. schematherapysociety. org/ http: //www. stns. ch/
Literatur • Young, Klosko, Weishaar, Schematherapie – Ein praxisorientiertes Handbuch. Junfermann. Verlag 2008 • Eva Dieckmann, Die Narzisstische Persönlichkeitsstörung mit Schematherapie behandeln. Klett. Cotta 2011 • Arntz, van Genderen, Schematherapie bei Borderline-Persönlichkeitsstörung. Belz 2010 2016 © Clienia Schlössli AG
Literatur James Mc. Cullough
Literatur
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