Strukturkurs Quenya und Sindarin Tolkiens Elbensprachen Quenya Teil
Strukturkurs Quenya und Sindarin - Tolkiens Elbensprachen. Quenya Teil 1 Wi. Se 16/17 Pia-Mareen van de Kerkhof 3. Sitzung 05. 10. 2016
Gliederung 1. 2. 3. 4. Allgemeines Phonetik/Phonologie Morphophonologie Morphologie 1
Allgemeines • Quenya wurde von den verstoßenen Noldor von Valinor nach Mittelerde gebracht • Dort wurde es aber, vor allem nach seinem Verbot durch König Thingol, nicht mehr im Alltag, sondern nur noch bei Zeremonien und bei Namen gebraucht • Tolkien ließ die Sprache von den ersten Skizzen 1912 bis zu seinem Tod (er arbeitete sein ganzes Leben an dieser Sprache) einige Änderungen durchlaufen
Allgemeines “In making up a language you are free: too free [. . . ] When you’re just inventing, the pleasure or fun is in the moment of invention; but as you are the master your whim is law, and you may want to have the fun all over again, fresh. You’re liable to be for ever niggling, altering, refining, wavering, according to your linguistic mood and to your changes of taste. ” Tolkien in SD: 240
Allgemeines • Wie in all seiner Arbeit beruht auch die Quenya-Phonetik auf Tolkiens Prinzip, alles so schön wie möglich zu gestalten: – Linguistic aestheticism • Sein Ziel war eine strukturierte und voll funktionierende, ästhetisch ansprechende Sprache
Allgemeines
Phonetik/Phonologie • Insgesamt 23 konsonantische Laute • im Anlaut eines Wortes darf höchstens ein Konsonant vorkommen – /w/ und /j/ können als Halbvokale auch im Anlaut in Kombination mit einem anderen Konsonanten auftreten • Doppelt geschriebene Konsonanten werden als Geminaten realisiert, zum Beispiel in quesse /kwɛsːɛ/ Allerdings gibt es nur folgende Geminaten: • ll, mm, nn, pp, rr, ss und tt
Phonetik/Phonologie
Phonetik/Phonologie • Quenya hat 17 Vokale: • zehn Monophthonge: – fünf kurze: /i/, /ɛ/, /a/, /ɔ/ und /u/ – fünf lange: /iː/, /eː/, /aː/, /oː/ und /uː/ • sieben Diphthonge: ui /ui/, oi /ɔi/, ai /ɑi/, iu /iu/, eu /ɛu/ und au /ɑu/ • ursprünglich auf dem ersten Element betont • Im dritten Zeitalter iu /iu/ auf dem zweiten Element betont
Phonetik/Phonologie
Phonetik/Phonologie • Quenya-Worte werden im Allgemeinen auf der vorletzten Silbe betont – Bei zweisilbigen Worten dann die erste Silbe – Z. B. : Aman <Aman> (gesegnetes Land) • Bei Worten mit drei oder mehr Silben kommt es auf die Silbenlänge an – Lange Silbe (V: , VV, VCC) -> vorletzte Silbe – Z. B. : Isil <Mond> - Isildur – Kurze Silbe (C, VC ) -> drittletzte Silbe – Z. B. : Anar <Sonne> - Anárion
Phonetik/Phonologie • Kelsey Ryan • Tolkien’s Tongues: – The Phonetics and Phonology of Tolkien’s Quenya Language • Jeweils ca. 4 Pers. – Gruppe 1: Anfang bis Seite 8 – Gruppe 2: Seite 9 – Seite 13 – Gruppe 3: Seite 13 – Seite 20 – Gruppe 4: Seite 20 – Seite 26 – Gruppe 5: Seite 26 - Ende
Morphophonologie • Wortbildung im Quenya passiert meist durch Komposition oder Derivation • Komposition: – Wie im Deutschen rechtsköpfig – Der Kopf bestimmt Wortart und Flexionsklasse – Sorgt an Wortgrenzen für lautliche Veränderungen Bsp. : Calaquendi <Licht-Elben> (cala + quendi)
Morphophonologie • Vokal+Vokal – Endet der vordere Teil des Kompositums auf einen Vokal und der Hintere beginnt mit einem, wird er weggelassen – Endet der vordere Teil auf zwei Vokalen, wird der zweite weggelassen – der erste Vokal bleibt, wenn sich eine mögliche Vokalkombination (ea, eo, ia, ië, io) ergibt aber kein Diphtong Bsp. : Undómiël <Zwielicht-Tochter> (undóme +iël) Yavanna <Frucht-Spenderin> (yáve + anna)
Morphophonologie • Vokal+Konsonant – Endet der erste Teil auf einen Vokal und der zweite beginnt mit einem Konsonanten, ändert sich phonologisch meist nichts – Endet der erste Teil auf zwei Vokale, werden entweder nur der erste oder beide erhalten – Wortfinales –e wird meist zu –i Bsp. : Vingilóte <Schaum-Blume> (vinge + lóte) Lómeanor <Düster-Land> (lómea + nor)
Morphophonologie • Konsonant+Vokal – Hierbei ändert sich nichts beiden Komposita-Teilen Bsp. : Formenos <Nord-Festung> (formen + os) • Konsonant+Konsonant – Verschiedene Prozesse, je nach Konsonantenart – Sind beide Konsonanten identisch, werden sie zu einem langen Laut aneinandergefügt oder einer fällt weg – Manchmal: Konsonant 1 Konsonant 2 lautlich angeglichen – Machmal: hinzufügen von Fugenvokal (Stammvokal oder –i)
Morphophonologie • n – n+ l, r, s, m – n+ p – n+ c wird zu ll, rr, ss, mm mp ñc – l+r – l+n wird zu ll ld • l
Morphophonologie • Bei ähnlichen Lautgruppen Wortfinal des ersten Teils eines Kompositums und Wortinitial des zweiten Teils fallen sie häufig zusammen Bsp. : Endor/Endóre <Mittel-Erde> (ende + ndóre) • Einige ungewöhnliche Laute bei Komposita sind auf etymologische Ursachen zurückzuführen (einige Laute des Quenya haben sich über die Zeit verändert)
Morphophonologie • Übungen Komposita: – Númen <Blume> ; Lóte <Westen> <Blume des Westens> = ? Númellóte – Elen <Stern> ; Míre <Juwel> <Sternjuwel> = ? Elemmíre
Morphophonologie • Derivation: – Durch Affigierung – Sehr produktiv im Quenya, besonders bei Namen – Viele Deadjektivische, Deverbale und Denominale Nomen • Bei Namen Unterteilung in weibliche und männliche Suffixe für Personennamen. Derivationen
Morphophonologie Weibliche Suffixe: -wen <Maid> -(n)dis <Frau> -iël/-iën <Maid, Tochter> -riël/-riën <Bekränzte Maid> -rel/-sel <Tochter> -(i)me <Handelnde> Männliche Suffixe: -ion <Sohn> -(n)dil <Freund> (Liebender) -(n)dur <Freund> (Diener) -(i)mo <Handelnder> Earwen <Meer-Maid> Artanis <Edel-Frau> Undómiël <Dämmerung-Tochter> Altáriël <Glanz-Gekrönte> Tindómerel <Zwielicht-Tochter> Ancalime >Hell-Strahlende> Anárion <Sonne-Sohn> Valandil <Vala-Freund> Meneldur <Himmel-Diener> Súlimo <Atmer, Windmacher>
Morphophonologie • Suffixe für deadjektivische und deverbale Nomen sind –ië, -me und –e für abstrakte Konzepte und –le für Konkretes Bsp. : Mornië <Dunkelheit> (von morna <dunkel>) Lindele <Musik> (von linde- <singen>)
Morphologie Kurzer Einschub: Artikel • Quenya verfügt lediglich über einen bestimmten Artikel, der unflektiert bleibt • i • Um Unbestimmtheit auszudrücken wird einfach auf Artikel verzichtet Bsp. : i eleni <die Sterne> elen sila <ein Stern scheint>
Morphologie Numerus • Quenya unterscheidet zwischen Singular, Plural und Dual • Die regelmäßigen Pluralendungen sind –r bei Wortfinalen Vokalen und –i bei Wortfinalen Konsonanten Bsp. : Alda <Baum> Sg. Aldar Pl. Elen <Stern> Sg. Eleni Pl.
Morphologie • Übung Plural: – Cirya <Schiff> ciryar – Ata <Vater> atar – Ainu <Heilig/-e/-r> ainur – Lasse <Blatt> lassi – Tyelle <Grad> tyeller
Morphologie • Dual wird für natürliche Paare verwendet (z. B. : Augen, Ohren…) • Die regelmäßigen Endungen sind –t und bei t oder d Wortfinal im Stamm –ú Bsp. : Márya-t <ihre beiden Hände> Ald-ú <zwei Bäume> (=Laurelin&Telperion)
Morphologie • Ausnahmen in der Plural- und Dualbildung sind auf etymologische Gründe zurückzuführen (alte Formen) Bsp. : Peu <Lippen(paar)> alte Dualform von pé • Zudem gibt es einen kollektiven Plural, der mit –li gebildet wird Bsp. : Alda-li <alle, mehrere Bäume> Silmaril-li <alle, mehrere Silmaril>
Morphologie Nomen • Kasussystem: – Im Quenya gibt es 10 Kasus, von denen allerdings einer (Akkusativ) im dritten Zeitalter keine distinktive Form mehr hat – Besonderheiten: 3 Lokalkasus, Possessiv, Instrumentalis und Respektiv (Dedativ)
Morphologie • Possessiv: Besitzer oder Eigentümer eines Objektes – auch adjektivisch für Eigenschaften • Instrumentalis: Mittel oder Werkzeug, mit dem/durch das etwas geschieht • Respektiv (auch Dedativ): bezeichnet ein Objekt, auf das sich etwas bezieht • Lokativ: Ort oder Zeit, wo etwas geschieht • Allativ: Bewegung zu etwas hin • Ablativ: Bewegung von etwas her
Morphologie Kasus SG Übersetzung PL Nominativ Alda Der Baum Aldar Genitiv Aldo Des Baumes Aldaron Dativ Aldan Dem Baum Aldain Akkusativ (†) Aldá Den Baum Aldai Possessiv Aldava Dem Baum gehörend Aldaiva Instrumentalis Aldanen Mit dem Baum Aldanin Respektiv Aldas Den Baum betreffend Aldais Lokativ Aldasse Bei dem Baum Aldassen Allativ Aldanna Zu dem Baum (hin) Aldannar Ablativ Aldallo Von dem Baum (her) aldallon
Morphologie • Deklinationstabellen: • R-Deklination – Plural auf –r bilden Nomen, die im Nom. SG auf –a, -o, -ië oder –(l)le enden Bsp. : alda <Baum>, cirya <Schiff>, ondo <Stein>
Morphologie • Stämme auf –a, -o Kasus SG PL DU KOLL Nominativ aldar aldu aldali Genitiv aldo aldaron alduo aldalion Dativ aldan aldaren aldun aldalin Akkusativ (†) aldá aldai aldú aldalí Possessiv aldava aldaiva alduva aldalíva Instrumentalis aldanen aldainen aldunen aldalinen Respektiv aldas aldais aldus aldalis Lokativ aldassen aldusse aldalisse Allativ aldannar aldunna aldalinna Ablativ aldallon aldullo aldalillo
Morphologie • Stämme auf -i Kasus SG PL DU KOLL Nominativ líre lírir lírit lírili Genitiv lírio líriron lírito lírilion Dativ lírin lírín lírint lírilin Akkusativ (†) líri lírí lírit lírili Possessiv líriva líríva líritwa lírilíva Instrumentalis lírinen lírínen lírinten lírilínen Respektiv líris lírís lírist lírilis Lokativ lírissen líritse lírilisse Allativ lírinnar lírinta lírilinna Ablativ lírillon lírilto lírilillo
Morphologie • Stämme auf -ië Kasus SG PL DU KOLL Nominativ liër liët liëli Genitiv liéo liëron liëto liëlion Dativ liën lín liënt liëlin Akkusativ (†) lié lí liët liëlí Possessiv liéva líva liëtwa liëlíva Instrumentalis liénen línen liënten liëlínen Respektiv liës lís liëst liëlis Lokativ liëssen liëtse liëlisse Allativ liënnar liënta liëlinna Ablativ liëllon liëlto liëlillo
Morphologie • I-Dekination – Plural auf –i bilden Nomen, die im Nom SG. Auf Konsonanten, -e (außer –ië und –(l)le) oder –u enden – Und einige Nomen auf –o Bsp. : elen <Stern>, sarat <Buchstabe>, lasse <Blatt>
Morphologie • Konsonantischen Stämme Kasus SG PL DU KOLL Nominativ eleni elenet elelli Genitiv eleno elenion elento elellion Dativ elenen elenin elenent elellin Akkusativ (†) elení elenet elellí Possessiv elenwa eleniva elenetwa elelliva Instrumentalis elennen eleninen elenenten elellínen Respektiv elenes elenis elenest elellis Lokativ elenesse elenissen elenetse elellisse Allativ elenna eleninnar elenenta elellinna Ablativ elenillon elenelto elellillo
Morphologie • Stämme auf -e Kasus SG PL DU KOLL Nominativ lasse lassi lasset lasseli Genitiv lasseo lassion lasseto lasselion Dativ lassen lassín lassent lasselin Akkusativ (†) lassé lassí lasset lasselí Possessiv lasseva lassíva lassetwa lasselíva Instrumentalis lassenen lassínen lassenten lasselínen Respektiv lasses lassís lassest lasselis Lokativ lassessen lassetse lasselisse Allativ lassennar lassenta lasselinna Ablativ lassellon lasselto lasselillo
Morphologie • Stämme auf -u Kasus SG PL DU KOLL Nominativ ango angwi angut anguli Genitiv anguo angwion anguto angulion Dativ angun angwin angunt angulin Akkusativ (†) angú angwí angut angulí Possessiv anguva angwiva angutwa angulíva Instrumentalis angunen angwinwn angunten angulínen Respektiv angus angwis angust angulis Lokativ angussen angutse angulisse Allativ angunnar angunta angulinna Ablativ angullon angulto anguillo
Morphologie Adjektive • Adjektive enden im Sg. auf –a, –e, oder -ea • stimmen mit dem Nomen, zu dem sie gehören, im Numerus (nicht im Kasus) überein • Adjektive auf – -a bilden Plural auf -e z. B. linta <schnell>; linte <schnelle> – -e auf -i z. B. carne <rot>; carni <rote> – und -ea auf -ie bilden z. B. laurea <golden>; laurie <goldene>
Morphologie • Über Komparation ist wenig bekannt – Es gibt ein, als Superlativ-Form zu übersetzendes Beispiel: elenion ancalima <der Sterne hellster> – Tolkien selbst bezeichnet –an als ein „Superlativ- oder Intensivpräfix“
Morphologie Zahlwörter • Elben verwenden ein Zwölfersystem, das in Kardinal- und Ordinalzahlen unterteilt ist • Ob und wie mit den Zahlen gerechnet wurde ist nicht bekannt • Über die Bildung von Zahlen, die über das Zwölfersystem hinausgehen ist ebenfalls nichts bekannt
Morphologie Kardinalzahlen Ordinalzahlen Min, Mine eins Minya erste, r, s Atta, Tata zwei Attea, Tatya zweite, r, s Nel, Nelde drei Neldea, Nelya dritte, r, s Can vier Cantea vierte, r, s Lempe fünf Lempea fünfte, r, s Enque sechs Enquea sechte, r, s Otso sieben Otsea siebte, r, s Tolto acht Toltea achte, r, s Nerte neun Nertea neunte, r, s Cainen zehn Quainea zehnte, r, s Minque elf Minquea elfte, r, s Yunque zwölf Yunquea zwölfte, r, s
Morphologie Pronomina • Lassen sich im Quenya nicht mit Sicherheit rekonstruieren • Nur wenige belegte Formen (mit absoluter Vorsicht zu genießen) • Demonstrativpronomen: – Dreistufige Abfolge – sina <dies hier>; tana <das da> und enta <jenes dort>
Morphologie • Personalpronomen: – Gibt es sowohl als eigenständige Form, als auch als Klitikum – Unterscheidet zwischen sog. ‚betonten‘ und ‚normalen‘ Formen – Grundsystem im Nominativ: Person Betont Klitikum Normal 1. Pers. SG inye -nye ni 2. Pers. SG etye -tye ce 3. Pers. SG erye -rye se 1. Pers PL -mme me 2. Pers. PL elye -lye le 3. Pers. PL ente -nte te emme
Morphologie • Die erste Person im SG und PL verfügt zudem über eine inklusive-Form Person Betont Suffix 1. Pers. SG inkl. wir beide elwe -lwe 1. Pers. PL inkl. wir alle elme -lme • Die Formen der Personalpronomen im Akkusativ sind identisch mit dem Nominativ • Für den Dativ lauten die Formen wie folgt:
Morphologie Person Betont Suffix Normal 1. Pers. SG enin -nin 1. Pers. SG inkl. elwen - 2. Pers. SG ecen -cen 3. Pers. SG eren -ren sen 1. Pers PL emmen -men 1. Pers. PL inkl. elmen - 2. Pers. PL elen -len 3. Pers. PL enten -ten
Morphologie • Possessivbegleiter: – Possession meist durch ein Suffix ausgedrückt Person Betont Suffix 1. Pers. SG inya -nya 1. Pers. SG inkl. elwen -lwen 2. Pers. SG etya -tya 3. Pers. SG erya -rya 1. Pers. PL emma -mma 1. Pers. PL inkl. elmen -lmen 2. Pers. PL elya -lya 3. Pers. PL enta -nta
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