Stichwort Brgerversicherung Ein kleiner historischer Exkurs KlausDieter Ebel
Stichwort "Bürgerversicherung" – Ein kleiner (historischer) Exkurs Klaus-Dieter Ebel Abteilung Tarif BK
Die Forderung der SPD nach einer "Bürgerversicherung" ist fast so alt wie diese Partei selbst… |2
Bereits 1902 forderte Karl Kautsky (1854 – 1938), der Mitarbeiter von Karl Marx und Friedrich Engels war und bis in die 1920 er Jahre als führender marxistischer Theoretiker der SPD galt, in seiner Schrift "Die soziale Revolution": "Außerdem aber wird eine ausgiebige Krankenversicherung eingerichtet werden, eine Invaliden- und Altersversicherung für alle Arbeitsunfähigen usw. " |3
Im Görlitzer Programm der SPD von 1921 wurde die Forderung nach einer "Bürgerversicherung" – zunächst noch in "Kurzform" – erstmals parteioffiziell gestellt: "Umbau der sozialen Versicherung zu einer allgemeinen Volksfürsorge" |4
Das Heidelberger Programm der SPD löste das Görlitzer Programm ab. Es galt von 1925 bis 1959. Im Heidelberger Programm heißt es: "Der Schutz der Arbeiter, Angestellten und Beamten und die Hebung der Lebenshaltung der breiten Massen erfordern: Vereinheitlichung der sozialen Versicherung bis zu ihrem Umbau zu einer allgemeinen Volksfürsorge. " |5
Am 17. 02. 1927 – also vor 88 Jahren – hielt ein junger Rechtsanwalt aus Essen einen Vortrag vor Studierenden der Universität Münster. Thema: |6
Hierin befasste er sich auch mit der wohl damals schon brisanten Frage, "ob nicht eine allgemeine Staatsbürgerversorgung zweckmäßiger und besser sei als eine Sozialversicherung? " Der junge Rechtsanwalt kommt zu folgendem Ergebnis: "Gewiss würde eine solche Staatsbürgerversorgung, wie sie vor allem von linksradikalen politischen Gruppen gefordert wird, eine weitgehende Fürsorge für den abhängigen und unselbstständigen Arbeitnehmer enthalten. Sie würde aber nichts mehr an Selbstverantwortung, Selbsthilfe und Selbstverwaltung bestehen lassen. " Und weiter: |7
"Sie würde. . . einen völligen Prinzipwandel einleiten, indem sie die Grundlagen unserer bisherigen Wirtschaftsordnung für die breite Masse der Bevölkerung außer Kraft setzen und damit unsere Wirtschaftsordnung letztlich überhaupt aus den Angeln heben würde. Wer aber an der bestehenden Wirtschaftsordnung grundsätzlich festhält, wird sich dem Plan einer allgemeinen Staatsbürgerversorgung verschließen müssen, wenn er nicht widerspruchsvoll sein will. " Soweit der junge Rechtsanwalt aus Essen im Jahre 1927. . . |8
Sein Name: Dr. Gustav W. Heinemann (1899 – 1976) – seit 1957 Mitglied der SPD und von 1969 bis 1974 dritter Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland |9
Ersetzt man das Wort "Staatsbürgerversorgung" durch "Bürgerversicherung", haben diese Aussagen von Gustav Heinemann bis heute nichts an Aktualität und Brisanz eingebüßt! |10
Es geht nämlich schon wieder los: Versicherungs. Journal. de vom 27. 2. 2015: "Das Gespenst der Bürger-Krankenversicherung und Bürger. Pflegeversicherung ist noch nicht endgültig vom Tisch. SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke haben den Systemwechsel weiter auf dem Zettel. Die Linksfraktion schürt jetzt das Feuer und legt einen Antrag zur Abschaffung der PKV als Krankenvollversicherung vor. 'Alle in Deutschland lebenden Menschen werden ab einem zu bestimmenden Stichtag in der GKV versichert', heißt es in dem Antrag. Die PKV solle auf Zusatzversicherungen 'für medizinisch nicht notwendige Leistungen beschränkt' werden. " |11
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