Staatsverschuldung Vorlesung Bauwirtschaft 31 1 2006 ffentliche Ausgaben
Staatsverschuldung Vorlesung Bauwirtschaft 31. 1. 2006
Öffentliche Ausgaben Einteilungen der Ausgaben l Nach Gebietskörperschaften (Bund, Kantone, Gemeinden) l Nach Funktionen l Nach Sachgruppen (volkswirtschaftliche Einteilung) 2
Ausgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden nach Funktionen % 1980 1990 in Millionen Franken 1995 1997 1998 1999 2000 2001 2002 % 2002 Allgemeine Verwaltung 6. 53% 3 105 6 030 7 267 7 335 7 577 7 796 7 886 8 848 8 818 6. 57% Justiz, Polizei, Feuerwehr 5. 35% 2 542 4 927 6 431 6 505 6 582 6 543 6 829 7 185 7 514 5. 60% Landesverteidigung 8. 23% 3 913 6 662 6 337 5 831 5 771 5 408 5 338 5 162 3. 84% Beziehungen zum Ausland 1. 42% 674 1 580 2 051 2 042 2 043 2 148 2 273 2 691 2 373 1. 77% 19. 28% 9 162 16 658 21 228 21 448 21 674 21 970 22 803 24 074 25 786 19. 21% 3. 11% 1 476 3 121 3 384 3 388 3 637 3 645 3 850 4 170 4 187 3. 12% Gesundheit 11. 14% 5 296 10 697 14 223 14 563 14 752 15 103 15 636 16 856 18 047 13. 44% Soziale Wohlfahrt 14. 16% 6 728 13 444 19 853 24 944 24 818 23 142 23 543 24 187 25 411 18. 93% Verkehr 12. 13% 5 766 9 170 11 436 12 005 13 585 12 073 13 008 14 097 14 671 10. 93% Umwelt, Raumordnung 4. 86% 2 308 3 699 4 482 4 574 4 724 4 819 4 824 4 938 4 909 3. 66% Volkswirtschaft 6. 07% 2 885 5 173 5 973 6 111 6 199 6 708 6 717 7 134 7 058 5. 26% Finanzen und Steuern 7. 72% 3 670 5 446 8 382 8 559 8 915 10 084 10 788 10 448 10 317 7. 68% 100. 00% 47 524 129 996 134 253 100. 00% Bildung Kultur und Freizeit Total 86 614 111 053 117 309 120 282 119 439 123 569 3
Öffentliche Einnahmen l l Unterscheidung zwischen laufenden Einnahmen und einmaligen Einnahmen (Schuldenaufnahme des Staates). Laufende Einnahmen è Steuern è Vermögenseinkünfte è Gebühren und Beiträge è Zuweisungen im Rahmen des Finanzausgleichs 4
Steuern in der Schweiz (2001, in Mio. Fr. ) Grundst. Vermögensgewinnst. Erbsch. - u. Schenkungsst. Besitz- u. Aufwandst. Kapitalst. Vermögensverkehrst. Verrechnungsst. (=Bund) Ertragsst. Verbrauchsst. Einkommensst. 0 10'000 20'000 30'000 40'000 5
Öffentliches Defizit und öffentliche Schuld l l Aktuelles Thema in wirtschaftspolitischer Diskussion: è Schuldenbremse gegen Staatsverschuldung è Referenzwerte in Europäischer Währungsunion: Schuldenquote von 60%, Defizitquote von 3% è Stabilität- und Wachstumspakt EU Aber: è Wieso ist die Staatsverschuldung ein Problem? è Sind Defizite und Schulden immer „schlecht“? 6
Rechnungsabschlüsse von Bund, Kantonen und Gemeinden (in Mio Fr. ) Gemeinden 5000 0 -5000 1985 1990 1995 2000 Bund 5000 0 0 -10000 1980 Kantone 5000 -10000 1980 1985 1990 1995 2000 Total 10000 5000 0 -5000 -10000 -15000 -20000 1985 1990 1995 2000 7
Schulden der öffentlichen Haushalte 1980 Gemeinden Staatsschuld in Prozent des BIP 29, 8% Zulässige Verschuldung gemäss Maastrichter Verträge: 60% des BIP 41, 1% Bund Kantone 29, 1% 60% 50% 40% 30% 2000 Gemeinden 20% 18, 3% 10% 50, 7% Bund Kantone 31, 0% 0% 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 provisorisch: 2001, 2002 02 8
Definition von öffentlichem Defizit und öffentlicher Schuld l Wenn die jährlichen öffentlichen Ausgaben grösser als der Einnahmen sind, erwirtschaftet der Staat ein Defizit. è Flussgrösse l l Die öffentliche Schuld ist die gesamte ausstehende Schuld des Staates. è Bestandesgrösse Zusammenhang zwischen Schuld und Defizit: Schuld. Anfang 2006 + Defizit. Jahr 2006 = Schuld. Anfang 2007 9
Öffentliche Schuld und Schuldenquote Schweiz 1970 -2004 Schuld in % BIP Mio. Fr. 500'000 60 50 400'000 Schuldenquote 40 300'000 nominales BIP 30 200'000 20 100'000 öffentliche Schuld 10 0 0 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 provisorisch: 2003, 2004 10
Defizit und Schulden Schweiz 1980 -2004 Defizit in % BIP Schuld in % BIP 2 60 1 50 0 40 -1 30 -2 20 -3 -4 10 -5 0 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 provisorisch: 2003, 2004 11
Internationaler Vergleich öffentliche Schuld 1990, 1995, 2004 Schuld in % BIP 160 140 120 1995 2004 100 80 60 40 20 0 Schweiz Gross- Deutschland Frankreich britannien USA Japan Italien Quelle: OECD 12
Konjunkturelles und strukturelles Defizit l Konjunkturelle Defizite entstehen in Phasen wirtschaftlicher Stagnation/Rezession wegen è höheren Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung, Sozialhilfe usw. , è geringeren Einnahmen, weil Einkommen (Löhne, Gewinn) abnehmen. l Strukturelle Defizite ergeben sich unabhängig von der konjunkturellen Situation, wenn ein anhaltendes Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben besteht. 13
Konjunkturverlauf und Defizit Schweiz 1981 -2004 Defizit Mrd. Fr. VJV BIP in % 30 25 5 Vorjahresveränderung BIP 4 20 15 3 10 2 5 1 0 Defizit -5 0 -1 -15 -20 -2 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 14
Ist die öffentliche Schuld ein Problem? l l Auch für private Unternehmen ist es ökonomisch sinnvoll Schulden zu machen, wenn die zukünftigen Erträge grösser als die Investitionsausgaben inklusive der Zinszahlungen sind. Die öffentliche Schuld muss also nach der Wirkung, die sie auf die Gesamtwirtschaft hat, beurteilt werden. 15
Besonderheiten der öffentlichen Schuld l l Der Staat wird nicht wie ein normaler Schuldner sterben. è So lange die Bezahlung der Zinsen kein Problem darstellt, kann die Verschuldung beibehalten werden. Wenn die Besitzer der Staatsobligationen im Land wohnen, führen die Zinszahlungen nicht zu einer Einkommensverminderung im Land, sondern zu einer Einkommensumverteilung. 16
Grenzen der Staatsverschuldung l l l Wenn sich der Staat immer mehr verschuldet, treibt er den Zinssatz in die Höhe. Die Kreditbereitschaft der privaten Kreditgeber ist nicht unbegrenzt. Eine genaue Angabe der Obergrenze der Verschuldung ist aber schwierig. 17
Der öffentlichen Schuld stehen Werte gegenüber l l l Die realen Werte sind schwer zu quantifizieren (Land, Verkehrsinfrastruktur, Krankenhäuser, Bildungsniveau usw. ). Die Vermögenswerte sind Obligationen und Aktien im Besitz des Staates. Wenn wir diese Vermögenswerte von der öffentlichen Schuld abziehen, erhalten wir die Nettoverschuldung. 18
Brutto- und Nettoschuldenquoten 2002 Für Schweiz allein Verschuldung des Bundes. Nach Schätzungen haben Kantone und Gemeinden keine Nettoverschuldung. in % BIP 140 Brutto 120 Netto 100 80 60 29% 40 20 0 23% Schweiz (Bund) Japan Grossbritannien Frankreich Deutschland USA Italien Quellen: OECD, EFV 19
Inflation, reales Wachstum und öffentliche Schuld l l Die Inflation verringert den realen Wert der öffentlichen Schuld. è Wenn die Inflation 2% und die Schuld 150 Mrd. Fr. beträgt, nimmt die reale Schuld jährlich um 3 Mrd. Fr. ab. Das reale Wachstum verringert die Schuldenquote. è Wenn das BIP Wachstum 2% beträgt, die Schuldenquote bei 50% liegt und im laufenden Jahr kein Defizit gemacht wird, sinkt die Schuldenquote auf 49%. 20
Inflation, reales Wachstum und öffentliche Schuld l Laufende Defizite sind mit einer stabilen Schuldenquote vereinbar. 2% Defizit (Anteil am BIP) 2% Inflation 2% reales Wachstum Defizit 2% von 100 Jahr 1 Jahr 2 reales Wachstum 2% öffentliche Schuld 50 50 + 2 = 52 BIP 100 + 2 = 104 50 / 100 = 0, 5 52 / 104 = 0, 5 Schuldenquote Inflation 2% 21
Nachfrageeffekte der öffentlichen Schuld l l l Im Gegensatz zu Steuererhöhungen beeinflusst eine Erhöhung der öffentlichen Schuld die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht direkt. Möglicher indirekter Effekte: è Falls die Zinsen steigen, können private Investitionen verdrängt werden („crowding out“ Effekt). Der „crowding out“ Effekt ist umso kleiner je geringer die Zinssensibilität der Investoren. 22
Nachfrageeffekte der öffentlichen Schuld l In einer offenen Volkswirtschaft ist der „crowding out“ Effekt geringer, weil die Kreditnachfrage zum Teil durch das Ausland befriedigt wird und die Zinsen so weniger oder gar nicht steigen. l Gleichzeitig geht aber ein Teil der mit der öffentlichen Schuld finanzierten Mehrausgaben ins Ausland (Importe steigen). 23
Angebotseffekte der öffentlichen Schuld l l Wenn die Verschuldung aufgenommen wird um Investitionen zu finanzieren, die das Wirtschaftswachstum stützen, ist sie zum Vorteil der zukünftigen Generationen. Mit der Wirtschaft wachsen auch die Steuereinnahmen. Die Steuerbelastung muss also in der Zukunft nicht zwingend erhöht werden. 24
Zusammenfassung l Öffentliche Schulden sind nicht notwendigerweise schlecht, sondern müssen in ihren Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft analysiert werden: è Welche realen Werte und Vermögenswerte stehen der Schuld gegenüber? è Steigt mit den Schulden auch die Schuldenquote? è Welches Gewicht hat der „crowding-out“ Effekt? è Befindet sich die Wirtschaft in einer konjunkturell schwachen Phase? è Werden Investitionen oder Konsumausgaben finanziert? 25
- Slides: 25