SptAussiedler Statistische Grunddaten Universitt Trier 2005 Forschungsgruppe Jugend

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(Spät-)Aussiedler: Statistische Grunddaten Universität Trier 2005 Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005

(Spät-)Aussiedler: Statistische Grunddaten Universität Trier 2005 Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 2

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Wohnsitznahmen von Aussiedlern im Regierungsbezirk

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Wohnsitznahmen von Aussiedlern im Regierungsbezirk Trier 1989 -2003 Quelle: eigene Erstellung aus Daten des Ministerium des Inneren (2003) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 3

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Vergleich der Altersstruktur zwischen Einheimischen

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Vergleich der Altersstruktur zwischen Einheimischen und Spätaussiedlern (im Jahr 2003) Quelle: Infodienst Deutscher Aussiedler 2003 und Bundesamt für Statistik 2003 Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 4

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Forschungsprojekt an der Universität Trier:

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Forschungsprojekt an der Universität Trier: Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat (2003 -2005) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 5

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Jugendliche Aussiedler Netzwerk der Hilfen

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Jugendliche Aussiedler Netzwerk der Hilfen und Förderung Städtische / staatliche Behörden (z. B. Amt für Statistik, Jugendhilfe, „Arbeitskreis Aussiedler Birkenfeld“) Migrationsdienst Caritas Bildungsträger (DEKRA / IBIS) Kirchen Arbeitsamt / IHK / Handwerkskammer Aussiedler Schulen / Berufsschulen Jugendhäuser Übergangswohnheime Vereine ADD Staatliche Organe (Polizei, Justiz, JVA) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 6

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Ergänzungsstudie in Sohren (Hunsrück) Forschungsbericht:

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Ergänzungsstudie in Sohren (Hunsrück) Forschungsbericht: Iris Eisenbürger / Markus Gamper: Integration durch soziale Kontakte? Jugendliche Begegnungs- und Beteiligungsformen in Sohren. Trier 2005. Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 7

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Neue Heimat (in %) Befragung

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Neue Heimat (in %) Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ „Ist der Ort, wo du jetzt wohnst, bereits zu einer neuen Heimat für dich geworden? “ Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 8

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Identität der jungen Aussiedler (in

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Identität der jungen Aussiedler (in %) Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ „Was würdest du sagen, fühlst du dich eher. . . ? “ Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 9

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Fremdheit – zwei Aspekte a)

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Fremdheit – zwei Aspekte a) kulturelle Fremdheit …meint die Unvertrautheit zwischen Menschen aufgrund von unterschiedlichem Wissen, divergierenden Erfahrungen und nicht selten extrem gegensätzlichen Weltanschauungen. b) soziale Fremdheit … zeigt sich in der sozialen Distanz, die Anderen zu einem Menschen außerhalb ihrer Bezugsgruppe halten. Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 10

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Wahl der Clique nach ethnischer

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Wahl der Clique nach ethnischer Herkunft Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ „Könntest du dir vorstellen, folgende Leute in deiner Clique zu haben? “ Deutsche Aussiedler Rang 1: Einheimische(r) Rang 2: Amerikaner(in) Rang 3: Italiener(in) Rang 4: Schwarzafrikaner(in) Rang 5: Aussiedler(in) Rang 6: Türke/in Rang 1: Aussiedler(in) Rang 2: Einheimische(r) Rang 3: Amerikaner(in) Rang 4: Italiener(in) Rang 5: Türke/in Rang 6: Schwarzafrikaner(in) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 11

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Lebenssituation von Aussiedlerjugendlichen: „Desintegrations-Perspektive“ •

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Lebenssituation von Aussiedlerjugendlichen: „Desintegrations-Perspektive“ • • Mentalitätsunterschiede Sprachdefizite Bildungsbenachteiligung Eigengruppenbezug („ethische Cliquen“) • räumliche Segregation • Delinquenz Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 12

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Mentalitätsunterschiede Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur,

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Mentalitätsunterschiede Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 13

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Männerbild: Vater als Beschützer der

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Männerbild: Vater als Beschützer der Familie Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 14

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Sprachdefizite Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur,

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Sprachdefizite Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 15

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Familiensprache jugendlicher Aussiedler Quelle: Dietz/Roll

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Familiensprache jugendlicher Aussiedler Quelle: Dietz/Roll 1998 Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 16

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Interviewauszug: Sprachdefizit „Der [jugendliche Aussiedler]

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Interviewauszug: Sprachdefizit „Der [jugendliche Aussiedler] saß immer nur alleine in der letzten Bank. Ein halbes Jahr saß er da und hat kein Wort verstanden. Irgendwann kam er dann nicht mehr. “ (Hauptschullehrer) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 17

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Bildungsbenachteiligung Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur,

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Bildungsbenachteiligung Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 18

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Bildung nach Nationalität (in %)

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Bildung nach Nationalität (in %) Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ n = 102 Quelle: eigene Erhebung 2004 Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 19

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat PISA 15 -jährige nach Migrationshintergrund

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat PISA 15 -jährige nach Migrationshintergrund der Familie und Bildungsgang ohne Sonderschüler (in %) Quelle: Pisa 2000 Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 20

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Tätigkeit nach Nationalität/Herkunft Studie: „Jugend

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Tätigkeit nach Nationalität/Herkunft Studie: „Jugend im Stadt-Land-Vergleich“ n = 414 (Jugendliche in Erwerbsarbeit, Alter: 14 -25 Jahre) Quelle: Jugendstudie 2001, Vogelgesang Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 21

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Eigengruppenbezug („ethnische Cliquen“) Forschungsgruppe Jugend.

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Eigengruppenbezug („ethnische Cliquen“) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 22

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Freundeskreis / Clique „Ich habe

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Freundeskreis / Clique „Ich habe nur russische Freunde. Ich glaube, wir verstehen uns untereinander einfach besser. Wir kommen alle aus Russland, sprechen die gleiche Sprache. Mit den Deutschen komme ich nicht so gut klar. “ (Swetlana, 17 Jahre) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 23

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Jugendhäuser und -zentren „Wenn wir

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Jugendhäuser und -zentren „Wenn wir Disco im Haus haben und die russischen Jugendlichen hier sind, dann kommen die anderen nicht. Oder sie kommen rein, sehen die russischen Jugendlichen und gehen wieder. Wenn wir Konzerte gemacht haben, dann sind die russischen Jugendlichen nicht rein gegangen. “ (Erzieherin) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 24

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Räumliche Segregation Forschungsgruppe Jugend. Medien.

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Räumliche Segregation Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 25

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Räumliche Segregation: Aussiedler in der

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Räumliche Segregation: Aussiedler in der Nachbarschaft Befragung Jugendlicher im Teilprojekt „Aussiedlerjugendliche in Sohren“ n = 102 Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 26

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Zwei Aspekte des räumlichen Zusammenwohnens

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Zwei Aspekte des räumlichen Zusammenwohnens („Russenviertel“) 1) Freiwilliger Rückzug in Aussiedlerviertel Gründe: z. B. Familienzusammenführung, gegenseitige Hilfe und Sicherheit „Man muss bedenken, dass für die Aussiedler die Familie und auch die Großfamilie der Ort ist, wo man Sicherheit bekommt in diesen unsicheren Zeiten. “ (Mitarbeiterin Übergangswohnheim Osthofen) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 27

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat 2) „erzwungenes“ Wohnen in Aussiedlervierteln

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat 2) „erzwungenes“ Wohnen in Aussiedlervierteln Gründe: z. B. durch Gesetze (Wo. Zu. G), Verwaltung, finanzielle Lage, Diskriminierung „Staatliche Leistungen bekommen sie nur in dem Bundesland, zu dem sie offiziell zugeteilt worden sind. “ (Mitarbeiter des Übergangswohnheim Osthofen) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 28

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Delinquenz Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur,

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Delinquenz Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 29

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Sonderauswertung der Polizeistatistik (Rheinland-Pfalz) Aussiedler

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Sonderauswertung der Polizeistatistik (Rheinland-Pfalz) Aussiedler bis 30 Jahre stellen 8, 7 % aller Tatverdächtigen landesweit Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 30

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Aussiedlern und Drogen „Da ist

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Aussiedlern und Drogen „Da ist der Unterschied zu den Deutschen. Sie fangen klein an. Die Russlanddeutschen starten von Null auf Hundert, haben eine gewisse Brutalität und Aggressivität. Vielleicht müssen sie sich zuhause anders durchsetzten, als es bei uns der Fall ist. Im Rauschgiftbereich fangen sie auch nicht erst an, ein Pfeifchen zu rauchen oder sich durch andere Drogen langsam bis zu den harten Drogen hinaufzusteigern, sie fangen auch nicht mit Bier oder Likörchen an, sondern sie greifen sofort zum Wodka“ (Polizist, Aussiedlerexperte) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 31

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Erstes Fazit: Aussiedler und das

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Erstes Fazit: Aussiedler und das „eherne Gesetz der Migration“ • Marginalisierungserfahrungen Rückzug in eigenethnische Gruppen und Räume. • Marion Gemende (2002) spricht in diesem Zusammenhang von der Neuorientierung vieler Aussiedler in „interkulturellen Zwischenwelten“. • Man könnte auch sagen: Wenn ihnen in der neuen Heimat etwas Halt bietet, dann ist es die alte. Die Sicherheit gebenden Binnenstrukturen reichen dabei vom Familienverband über Jugendgruppen („Russencliquen“) und Wohnghettos („Russenviertel“) bis zu Nischenökonomien. Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 32

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Religion Zwischen Integration und Segregation

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Religion Zwischen Integration und Segregation Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 33

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Konfession der 2004 zugewanderten Aussiedler

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Konfession der 2004 zugewanderten Aussiedler (in Prozent) Quelle: Bundesverwaltungsamt, 2004 Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 34

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Religion als „Standortfaktor“ • Reinhardt

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Religion als „Standortfaktor“ • Reinhardt Henkel (1994, S. 449): „Für viele russlanddeutsche Zuwanderer ist das Vorhandensein einer Kirchengemeinde neben der Nähe zu den Verwandten (beides hängt sehr oft zusammen) ein bedeutenderer ‚Standortfaktor’ bei der Wahl eines Wohnsitzes als ein Arbeitsplatz oder eine günstige Wohnung. “ Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 35

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Anteil der „Freikirchler“ (Baptisten, Mennoniten,

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Anteil der „Freikirchler“ (Baptisten, Mennoniten, Pfingstler, Adventisten, Stundisten u. a. ) ca. 15 -25% der Aussiedler rechnen sich zu den Freikirchlergemeinden (lt. Auskunft des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 36

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat „Geschlossene“ religiöse Gruppen (erste Hinweise)

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat „Geschlossene“ religiöse Gruppen (erste Hinweise) Jochen Welt (ehemaliger Ausländerbeauftragte): „Bestimmte religiöse Gruppierungen wie Baptisten und andere freikirchliche Gemeinden grenzen sich durch ihre Lebensweise von der Gesamtgesellschaft ab und entwickeln eine Art ‚Bunkermentalität‘. “ Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 37

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat „Geschlossene“ religiöse Gruppen (erste Hinweise)

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat „Geschlossene“ religiöse Gruppen (erste Hinweise) Ernst Wagner (1982): „Besondere Schwierigkeiten bereitet den traditionell am Rande der Amtskirche stehenden pietistisch orientierten Russlanddeutschen das Einleben in örtliche evangelische Kirchengemeinden. Die Entstehung russlanddeutscher evangelischer Sondergemeinden (z. B. der so genannten Stundenbrüder) birgt die Gefahr einer längerfristigen Abkapselung und der Entstehung eines religiösen Minderheitenstatus in sich. “ Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 38

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat „Geschlossene“ religiöse Gruppen (Faktum) Ob

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat „Geschlossene“ religiöse Gruppen (Faktum) Ob es sich dabei um die mennonitische ‚Karagandinski Kerch’ im schwarzwäldischen Lahr oder die baptistischen ‚Bethäuser’ in Orten in Ostwestfalen oder Eifel handelt, sie repräsentieren einschlägige Beispiele für einen starken Trend unter den Russlanddeutschen, ihre freikirchliche Tradition auch in Deutschland fortzuführen. Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 39

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Das wichtigste Erziehungsziel ist die

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Das wichtigste Erziehungsziel ist die „innere und äußere Keuschheit“ 1. ) „ein schlichtes Äußeres“ für Mädchen bedeutet dies, dass sie nur lange Röcke und Kleider tragen dürfen, jedoch keine Hosen, ebenso verboten sind Schmuck, Make-up oder das Färben der Haare, die im Übrigen nur lang und als Zopf zu tragen sind; für die Jungen existiert ein striktes Bartverbot, ebenso untersagt ist das Tragen von Jeans oder offenen Hemden; Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 40

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Das wichtigste Erziehungsziel ist die

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Das wichtigste Erziehungsziel ist die „innere und äußere Keuschheit“ 2. ) Verzicht auf weltliche Vergnügungen kein Fernsehen und Kino, keine Disko- und Kneipenbesuche, auch Vereinsmitgliedschaften sind nicht gestattet; Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 41

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Das wichtigste Erziehungsziel ist die

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Das wichtigste Erziehungsziel ist die „innere und äußere Keuschheit“ 3. ) einen christlichen Bekanntenkreis untersagt ist der Umgang mit unchristlichen Spielkameraden oder Nachbarn; Heiraten ist nur zwischen Gemeindemitgliedern erlaubt; Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 42

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Das wichtigste Erziehungsziel ist die

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Das wichtigste Erziehungsziel ist die „innere und äußere Keuschheit“ 4. ) absolut sittlicher Lebenswandel d. h. vor allem kein vorehelicher Sex, wobei es Gemeinden gibt, die stichprobenartig Atteste verlangen, die Jungfräulichkeit beweisen soll; Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 43

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat „Der Jungfräulichkeits-Kult“ „Sex, Aufklärung, ja

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat „Der Jungfräulichkeits-Kult“ „Sex, Aufklärung, ja sogar Händchenhalten, alles ist tabu. Man ist für einen Jungen vorbestimmt, sagte mir meine Mutter. Daran glaube ich zwar nicht, aber ich soll den Jungen heiraten, den mir Gott vorbereitet hat. […] Und wenn man vorher einen Freund hatte, muss man vor der Hochzeit alles auspacken, bis intimste Detail, und das ist oft peinlich. Und wenn du da rein kommst und keine Jungfrau mehr bist, darfst du auch keinen Schleier tragen. Dann ist für jedermann sichtbar, dass du vorher schon mal mit jemandem was hattest. So als Strafe, weil du deine Perle verloren hast. Und dein Mann wird immer denken, ich hab’ mich so lange aufbewahrt für dich, aber ich bin nicht der Erste. Es kann einem eigentlich nichts Schlimmeres passieren. “ (Baptistin, 21 Jahre) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 44

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Patriarchale Ordnung freikirchl. Gemeinden väterliche

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Patriarchale Ordnung freikirchl. Gemeinden väterliche Autorität in der Familie (incl. Züchtigung) männliche Herrschaft in der Gemeinde (Nur Männer können in den Ältestenrat gewählt werden, nur sie dürfen predigen, Taufzeremonien, Bußrituale und Lebens. Beichten, die heiratswillige Paare ablegen müssen, durchführen. Die Ältesten sind in Personalunion Priester, Gelehrte und Patriarchen. ) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 45

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Moralische und räumliche Parallelwelten „Ein

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Moralische und räumliche Parallelwelten „Ein ganz krasses Beispiel ist eine Pfingstgemeinde, die haben ihre Gemeinde in der Gemeinde gebaut, mit eigener Kirche und allem und haben da vollkommen alleine gelebt. Die wollten eigentlich von niemand etwas wissen. Das ging sogar soweit, dass Lehrer hier angerufen und gefragt haben: Was sollen wir denn mit den Kindern den ganzen Tag machen? Die laufen mit dem Kopftuch rum, machen im Sportunterricht nicht mit, ziehen keinen Badeanzug an, die Eltern haben auch teilweise die entsprechenden Seiten aus dem Biologiebuch heraus gerissen, damit das Kind auch bloß nicht verdorben wird. “ (Mitarbeiterin, Landesübergangswohnheim in Osthofen) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 46

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Zwischenfazit: Die Familie und Gemeinde

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Zwischenfazit: Die Familie und Gemeinde als „Bollwerk“ gegen den moralischen Zerfall • Mit einer strikten Verbotspolitik, die den Verzicht auf Medien ebenso einschließt wie Kontaktverbote mit ungläubigen Kindern oder die Weigerung, ihre Kinder an bestimmten Schulveranstaltungen – und zwar von Klassenfahrten bis zum Sexualkundeunterricht – teilnehmen zu lassen, versuchen sie eine Insel-Situation zu schaffen, „ein Bollwerk, “ so ein Mitglied des Ältestenrates einer Baptistengemeinde in der Eifel, „damit das Chaos und der Sündenpfuhl da draußen nicht an das Herz der Kinder dringen. “ Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 47

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die religiösen und lebensweltlichen Totalitätsansprüche) 1. ) die Frommen „Manche Jugendliche sind einfach fanatisch. Oder wie soll man das sonst nennen, wenn ein junger Mensch drei Tage fastet, vier Tage fastet, nur morgens was trinkt und ansonsten nur betet. Dann gibt es welche, die lachen kaum, sind immer todernst. Alles was ein bisschen mit Witz zu tun hat, also jede kleine Berührung mit der normalen Welt, wird so angesehen, als hättest du gerade etwas Schreckliches begangen. Diese Blicke können töten. Sie beten mehrmals am Tag, lesen ständig die Bibel, haben keinen Kontakt mit anderen. Sie werfen nie einen Blick auf Frauen. “ (Baptistin, 19 Jahre) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 48

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die religiösen und lebensweltlichen Totalitätsansprüche) 2. ) die Pragmatiker „Einige verknallen sich und behaupten dann, Gott hätte es ihnen offenbart. Das sind die schlauen Leute. “ (Baptist, 24 Jahre) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 49

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die religiösen und lebensweltlichen Totalitätsansprüche) 3. ) die Aussteiger „Diese Gefühl, in zwei Welten zu sein, das nagt in dir. […] Das war wirklich hart für mich, ich wusste nicht mehr, wohin ich gehöre. […] Eine Mitte gibt es nicht. Also bin ich gegangen. “ (Baptistin, 22 Jahre) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 50

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Reaktionsweisen der Jugendlichen (auf die religiösen und lebensweltlichen Totalitätsansprüche) 4. ) die Überforderten „Wir beobachten leider immer wieder, dass sie später Probleme bekommen werden. Wenn sie sich ganz an ihre Religion halten, haben sie Schwierigkeiten, dass sie Kontakt bekommen mit anderen, und wenn sie aus dem Elterhaus raus gehen oder raus gegangen werden, dass sie auf die schiefe Bahn geraten, weil sie mit der neu gewonnen Freiheit nicht klar kommen. Von einem Schüler weiß ich, dass er heute im Gefängnis sitzt. Der hat Freiheit mit Regellosigkeit verwechselt. “ (Leiterin, Hauptschule) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 51

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Konfliktfelder: Kindergarten und Schule „Manche

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Konfliktfelder: Kindergarten und Schule „Manche von uns haben versucht ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken, aber dann bekommen sie eine Erziehung, sie benehmen sich ganz anders, die Erzieherinnen lassen die Kinder alles machen, was sie wollen. Deswegen, ehrlich gesagt, habe ich Angst meine Kinder dahin zu schicken. Ich habe es zwar einmal versucht, aber dann habe ich selber gesagt nein“ (Baptist) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 52

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Konfliktfelder: Kindergarten und Schule „Die

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Konfliktfelder: Kindergarten und Schule „Die Baptistenfamilien haben auch ihre Kinder überwiegend nicht geschickt, wenn wir Feste hatten: Osterfeier, Weihnachtsfeier, aber auch weltliche Feiern wie Fastnacht, St. Martin. “ (Kindergärtnerin) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 53

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Konfliktfelder: Familie / Schule /

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Konfliktfelder: Familie / Schule / Gemeinde „Spirale der Selbstausgrenzung“ a) Familie „religiöse Gefängnisse“ Patriarchale Ordnung: absolute Dominanz des Mannes Erziehung: Anpassung/Unterwerfung autoritäres vs autonomes Ich Verunsicherungen / Identitätskrisen („Ausbruch als Befreiung“) b) Schule „Einfallstor des Teufels“ Eltern beanspruchen ‚ausschließl. Erziehungsgewalt‘ (bei allen Themen) Grundsatzkonflikt: allg. Schulpflicht vs Glaubens- und Gewissensfreiheit religiöse begründete Schulverweigerung radikale Ablehnung einer inter-religiösen und inter-kulturellen Öffnung. a) Gemeinde „Bunkermentalität“ ‚Brüdergemeinden‘ = gegenmoderne Welt Schutz vor Pluralismus Konfessionelle Apartheit: Elite, Auserwähltsein, ‚bessere Menschen‘ Fundamentalistische Züge: Radikalisierung religiös-kultureller Zugehörigkeit / Totalitätsanspruch (‚Kontrolle der ganzen Person‘) Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 54

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Lena Klasen: Himmel, Hölle, Welt

Jugendliche Aussiedler – zwischen ethnischer Diaspora und neuer Heimat Lena Klasen: Himmel, Hölle, Welt (2001) „Ich stelle die Behauptung auf, dass es weniger um gelebtes Christsein als um eine aus einer Diktatur hinübergerettete Tradition geht – um eine christliche Sekte, die ihren Mitgliedern dermaßen strenge Verhaltendregeln auferlegt, wie sie niemand, der in einer Demokratie aufgewachsen ist, der in einer durchschnittlichen deutschen Familie erzogen wurde, auf sich nehmen würde oder könnte, ohne daran zu zerbrechen“ (S. 199). Forschungsgruppe Jugend. Medien. Kultur, Universität Trier 2005 55