Sommersemester 2016 Erbschaft und Schenkungsteuerrecht Ri BFH Prof
Sommersemester 2016 Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Lehrstuhl für Steuerrecht Ruhr-Universität Bochum
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Spannungsverhältnis Eigentümerfreiheit des Erblassers Erhaltung des Eigentums im Erbfall zugunsten der Familie Gleichheit innerhalb der Nachfolgegeneration Ausgleich zugunsten der Nichterben via Steuer
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Argumente pro Erbschaftsteuer • Erbenperspektive mühelose Vermögensmehrung / Steigerung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit muss mit Arbeitseinkommen gleichgestellt werden • Aussicht auf großes Erbe setzt für Nachfolgegeneration negative Leistungsanreize für potenzielle Erben • Erbe fördert Vermögensakkumulation in der Hand weniger reicher Familien Gefahr einer Aristokratie der Wohlhabenden • Anreiz, Vermögen in gemeinnützige (steuerbefreite) Projekte zu investieren (z. B. gemeinnützige Stiftungen)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Argumente contra Erbschaftsteuer • Erblasserperspektive bereits versteuertes Vermögen wird erneut besteuert • Aussicht auf Verlust des Erbes für die Familie im Erbfall setzt negative Leistungsanreize für den Erblasser • Unternehmer-/Grundbesitzerfamilien besitzen i. d. R. den Ethos, das Familienerbe zu pflegen „Was Du ererbt von Deinen Vätern … “ • Schmälerung der Eigenkapitalbasis von Familienunternehmen • Erbe sichert Unabhängigkeit von staatlicher Wohlfahrt
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Staaten ohne Erb. St • EU: Estland, Gibraltar, Lettland, Malta, Portugal, Österreich, Schweden, Slowakei, Zypern • Schweiz: abhängig von Kantonen u. Verwandtschaftsgrad • Australien, Kanada: stattdessen Wertzuwachssteuer (10 -45%) • Neuseeland: nur Schenkungsteuer (max. 25%) • Russland: Schenkungen unterliegen der ESt (13%) • China, Indien, Israel, Kasachstan
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BFH-Vorlagebeschluss v. 22. 5. 2002 II R 61/99, BSt. Bl II 2002, 598 verfassungsrechtlich maßgebliche Wechselwirkung von Steuertarif und Steuerbemessungsgrundlage „Über einheitlichen Tarif wirken sich die vom Gesetzgeber auf der Ebene der Erfassung und Bewertung angeordneten (verfassungswidrigen) Differenzierungen aus und führen zur gleichheitswidrigen Behandlung solcher Stpfl. , die kein begünstigtes Vermögen erworben haben. “ (c) Holler/Loose 2015 6
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BVerf. G Beschluss v. 7. 11. 2006 1 Bv. L 10/02, BSt. Bl II 2007, 192: Das vorlegende Gericht versteht § 19 Abs. 1 Erb. St. G in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als "Klammernorm", über die Verstöße gegen den Gleichheitssatz, die in den Bewertungsvorschriften angelegt sind, erst ihre Wirkung entfalten. Verfassungswidrigkeit nicht in Ungleichbehandlungen aufgrund einzelner Bewertungsvorschriften. Vielmehr weist das gesamte Bewertungssystem solche Brüche auf, dass die Anwendung eines einheitlichen Steuersatzes auf den Erwerb sämtlicher Vermögensarten nicht mehr mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei. 7
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BVerf. G Beschluss v. 7. 11. 2006 1 Bv. L 10/02, BSt. Bl II 2007, 192: Auftrag und Vorgabe an Gesetzgeber (1. Schritt) Dem Gesetzgeber stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Der Gesetzgeber, ist zwar gehalten, sich auf der Bewertungsebene einheitlich am gemeinen Wert als dem maßgeblichen Bewertungsziel zu orientieren. In der Wahl der Wertermittlungsmethoden ist er jedoch grundsätzlich frei; es muss nur gewährleistet sein, dass alle Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfasst werden. (c) Loose 2015 8
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BVerf. G Beschluss v. 7. 11. 2006 1 Bv. L 10/02, BSt. Bl II 2007, 192: Auftrag und Vorgabe an Gesetzgeber (2. Schritt) Gesetzgeber darf bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage mittels Verschonungsregelungen den Erwerb bestimmter Vermögensgegenstände - gegebenenfalls sehr weitgehend - begünstigen. der Kreis der Begünstigten muss sachgerecht abgegrenzt sein und die Lenkungszwecke müssen gleichheitsgerecht ausgestaltet sein. die Begünstigungswirkungen müssen ausreichend zielgenau und möglichst gleichmäßig eintreten. 9
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BVerf. G Beschluss v. 7. 11. 2006 1 Bv. L 10/02, BSt. Bl II 2007, 192: Erb. St. G in derzeit gültigen Fassung durch das - Erbschaftsteuerreform. G BPräs vorgelegt zur Prüfung am 16. 12. 2008 unterschrieben vom BPräs am 24. 12. 2008 (!) veröffentlicht im BGBl. am 31. 12. 2008 (!) - Änderungen durch das Wachstumsbeschleunigungs. G v. 22. 12. 2009 Amtshilferichtlinie-Umsetzungs. G v. 26. 6. 2013 10
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Unternehmer A 100 % A-Gmb. H
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose A-Gmb. H - gegründet 1985 Maschinenbau 65 Beschäftigte Betriebsvermögen 10 Mio € (Maschinen, Fuhrpark, Barreserve, Grundstück) Jährlicher Gewinn: ca. 500. 000 € - 1 Mio €
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Unternehmer A - 55 Jahre alt (2013) eine Tochter T (21 Jahre), Medizinstudentin ein Sohn S (23), Jurastudent A will sich mit „Anfang 60“ aus dem Betrieb zurückziehen Anteile sollen veräußert werden Vermögen soll auf T und S übergehen
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Variante 1: - Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose „schlecht oder nicht beraten“ A veräußert 2020 mit 61 Jahren seine Beteiligung Veräußerungserlös 10 Mio T und S erhalten schenkweise je 4 Mio Schenkungsteuer für T und S ? Freibetrag steuerpflichtiger Erwerb Steuersatz (19%) Tochter 4. 000 € 400. 000 € 3. 600. 000 € 684. 000 € Schenkungsteuer: 1. 368. 000 € Sohn ___ 4. 000 € 400. 000 € 3. 600. 000 € 684. 000 €
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer Variante 2: - „gut beraten“ A überträgt 2013 je 40 % der Anteile an der A-Gmb. H auf T und S, bleibt Geschäftsführer T und S optieren zur Vollverschonung des Betriebsvermögens (§ 13 a Abs. 8 Erb. St. G) 2020 veräußern A, T und S ihre Anteile Veräußerungserlös 10 Mio T und S erhalten je 4 Mio, A erhält 2 Mio Schenkungsteuer: 0 €
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BFH Vorlagebeschluss v. 27. 9. 2012 II R 9/11, BSt. Bl II 2012, 899: Sachverhalt Kläger ¼ Erbe seines im Januar 2009 verst. Onkels Nachlass besteht aus Guthaben bei Banken Anteil des Klägers: ca. 51. 266 € Freibetrag (16 Abs. 1 Nr. 5 Erb. St. G): 20. 000 € Steuersatz (§ 19 Abs. 1 Erb. St. G, St. Kl II) 30 % Steuer: 9. 360 € (30 % von 31. 200 €) 16
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BFH Vorlagebeschluss v. 27. 9. 2012 II R 9/11, BSt. Bl II 2012, 899: Klage auf Herabsetzung der Steuer von 9. 360 € auf 4. 680 € Begründung: Anwendung des Steuertarif in der Fassung durch das Wachstumsbeschleunigungs. G: 15 % in St. Kl. II FG Düsseldorf (v. 12. 1. 2011 4 K 2574/10, EFG 2011, 1079 - kein verfassungsrechtliches Gebot, Personen der St. Kl II besser zu stellen, als Personen der St. Kl III - keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die nur kurze Zeit geltenden Regelung 17
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BFH Vorlagebeschluss v. 27. 9. 2012 II R 9/11, BSt. Bl II 2012, 899: Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III 2009 ist nicht verfassungswidrig (!) § 19 Abs. 1 i. V. m. §§ 13 a und 13 b Erb. St. G ist wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig, weil - die in §§ 13 a und 13 b Erb. St. G vorgesehenen Steuervergünstigungen nicht durch ausreichende Sach- und Gemeinwohlgründe gerechtfertigt sind und deshalb - einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang aufweisen. 18
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BFH Vorlagebeschluss v. 27. 9. 2012 II R 9/11, BSt. Bl II 2012, 899: §§ 13 a und 13 b Erb. St. G lassen es zu, - Vermögen jeder Art und in jeder Höhe - ohne Anfall von Erbschaft-/Schenkungsteuer zu erwerben, - ohne dass es auf eine Gemeinwohlverpflichtung und Gemeinwohlbindung des Vermögens ankommt Dies widerspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben (gemeint: Vorgaben aus dem Beschluss vom 7. 11. 2006). 19
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BFH Vorlagebeschluss v. 27. 9. 2012 II R 9/11, BSt. Bl II 2012, 899: Überprivilegierung des Erwerbs von Betriebsvermögen, Lu. F-Vermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften - historischen Entwicklung seit 1992 im Vorlagebeschluss vom 22. 5. 2002 - Prämisse, Erb. St gefährde mittelständische Unternehmen, ist nicht verifiziert - Sozialbindung, geringere Fungibilität, Arbeitsschutzbedingungen bilden sich in den Marktpreisen ab 20
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BFH Vorlagebeschluss v. 27. 9. 2012 II R 9/11, BSt. Bl II 2012, 899: „Mechanismen“ zur Sicherung des Begünstigungszwecks sind weder sachgerecht, noch zielgenau Lohnsummenregelung - ca. 92 % aller Unternehmen haben weniger als 10 (!) Mitarbeiter - Betriebsaufspaltung / Holdingstrukturen nicht berücksichtigt 21
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer BFH Vorlagebeschluss v. 27. 9. 2012 II R 9/11, BSt. Bl II 2012, 899: „Mechanismen“ zur Sicherung des Begünstigungszwecks sind weder sachgerecht, noch zielgenau Regelung über sog. Verwaltungsvermögen - 50 % bei Regel- / 10 % bei Vollverschonung unschädlich (warum eigentlich? ) - Holdingstruktur führt zu Verwässerung - Geldforderungen kein Verwaltungsvermögen (sog „Cash-Gmb. H“, „Kaufpreisforderung“) 22
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer 1. Vorfrage: Zulässigkeit der Vorlage ? im Ausgangsverfahren kommt es auf §§ 13 a, 13 b Erb. St. G gar nicht an durfte der BFH trotzdem von der Verfassungswidrigkeit der Normen ausgehen und deshalb vorlegen? BVerf. G: Ja, die Vorlage ist (ausnahmsweise) zulässig! 23
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer Grundsatz: Im Steuerrecht wird eine Regelung, auf die es für die Entscheidung nicht ankommt, nicht allein deshalb entscheidungserheblich, dass sie Stpfl. eine Vergünstigung einräumt, die dem Kläger nicht zusteht. Ausnahme: Anderes gilt, wenn die gewährten Steuervergünstigungen für eine gleichheitsgerechte Belastung durch die Steuer insgesamt übergreifende Bedeutung haben. Das ist bei §§ 13 a und 13 b Erb. St. G der Fall ! 24
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer 2. Vorfrage: Formelle Verfassungsmäßigkeit ? Hatte der Bund die Gesetzeskompetenz für ein bundeseinheitliches Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz? Durfte er so weitreichende Verschonungsregelungen für eine Steuer einführen, die den Ländern zusteht? BVerf. G: Ja, anderenfalls würden die Regelungen für die Begünstigung vom Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt des Erben oder Beschenkten oder vom Firmensitz abhängen Das wäre nicht hinnehmbar! 25
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer 3. Vorfrage: Wie weit reicht der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Steuerrecht? BVerf. G: Sehr weiter Gestaltungsspielraum! Gesetzgeber darf Begünstigungen nur nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten oder willkürlich verteilen aber: Begünstigungen der unterliegen trotzdem der verfassungsrechtlichen Kontrolle 26
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer Durch §§ 13 a und 13 b Erb. St. G sollen Unternehmen, die durch einen personellen Bezug des Schenkers/Erblassers (oder auch des Erwerbers) geprägt sind, vor Liquiditätsproblemen durch die Erb. St-Belastung bewahrt werden Die Regelung sind dafür geeignet und erforderlich Das sind auch legitime Ziele - auch wenn nicht belegt ! - sogar bei Vollverschonung ! (anders Sondervotum? ) 27
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer Aber: Die Begünstigungen sollen nur kleinere oder mittlere Familienunternehmen erhalten! das ergibt sich zwar nicht aus dem Gesetz … … aber aus der Begründung des Regierungsentwurfs! deshalb verfassungswidrig, dass §§ 13 a, 13 b Erb. St. G keine Obergrenze in Bezug auf das begünstigte Vermögen vorsehen je umfangreicher die Steuerverschonung, desto anspruchsvoller die Rechtfertigungslast !! 28
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer Wo ist die Grenze zwischen kleineren oder mittleren Familienunternehmen einerseits und Großunternehmen andererseits ? keine gesetzliche Vorgabe Gesetzgeber könnte sich orientieren an Empfehlung der EU-Kommission: - weniger als 250 Arbeitnehmer und - entweder Umsatz < 50 Millionen oder Bilanzsumme < 43 Millionen 29
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer Wo ist die Grenze zwischen kleineren oder mittleren Familienunternehmen einerseits und Großunternehmen andererseits ? Gesetzgeber kann auch Förderungshöchstgrenze festlegen (100 Millionen) will er auch größere Unternehmen einbeziehen, wird er zu erwägen haben, ob der Erwerber neben dem Betriebsvermögen schon vorher oder gleichzeitig weiteres (nicht Betriebs-) Vermögen erhält ! 30
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer §§ 13 a und 13 b Erb. St. G sind auch (teilweise) in ihren Ausgestaltungen verfassungswidrig begünstigte Vermögensarten (+) Regelungen über Behaltensfristen (+) Freistellung von der Lohnsummenregelung für Betriebe mit bis zu 20 Arbeitnehmer (-) Regelung zum Umfang des schädlichen Verwaltungsvermögens (-) 31
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer begünstigte Vermögensarten (+) 25%-Grenze bei Kapitalgesellschaften ist grundsätzlich geeignet aber: Gesetzgeber wird zu erwägen haben, ob nicht auch auf Erwerberseite eine Mindestquote eingeführt werden sollte unproblematisch, dass bei Pers. Gesellschaften keine Mindestquote gefordert wird Lu. F (genereller Freibrief für Förderung) 32
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer aber Lohnsummenregelung (-) Die durch die LSR begründete Ungleichbehandlung verfolgt ein legitimes Ziel Die Bindung an eine Lohnsumme ist auch grds. geeignet, das Ziel zu erreichen Freistellung aller Betriebe mit weniger als 20 Arbeitnehmer verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG Betriebe mit bis zu 20 AN werden unangemessen privilegiert !! (über 90 % der Betriebe) gerechtfertigt nur bei kleinen Zahl von Betrieben 33
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer Verwaltungsvermögen (-) Freistellung von 50% Verwaltungsvermögen neben dem förderungswürdigen Betriebsvermögen ist weder plausibel noch gerechtfertigt !! Regelung über junges Verwaltungsvermögen dämpft zwar den Anreiz kurzfristiger Vermögensverschiebungen… … dies ändert aber nichts an der Unzulänglichkeit der 50%-Regel insgesamt !! 34
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer Verwaltungsvermögen (-) Nicht durch Typisierung gerechtfertigt Gesetzgeber geht schon bei der Verschonung von lediglich 85 % typisierend davon aus, dass nicht förderungswürdiges Vermögen übergeht daneben ist für die 50%-Regel kein Raum !! Diese nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung wird dadurch verstärkt, dass das Gesetz Konzernstrukturen zur Verwässerung zulässt !! 35
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer Verwaltungsvermögen (-) Die undifferenzierte und unbegrenzte Förderung von Geldvermögen ist gleichheitswidrig sie steht den Zielen des Gesetzgebers entgegen der neue § 13 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 a Erb. St. G ist nicht Gegenstand der Vorlage Gesetzgeber hat hier großen Typisierungsspielraum 36
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer Rechtsfolgen der Verfassungsverstöße Verfassungswidrigkeit des gesamten Gesetzes Weitergeltungsanordnung bis zum 30. 6. 2016 nur deshalb gerechtfertigt, weil Gesetzgeber eine Hauptlücke (Cash-Gmb. H) bereits geschlossen hat und die Fortgeltung keinen Vertrauensschutz gegen rückwirkende Verschlechterungen begründet !! 37
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BVerf. G-Urteil zur Erbschaftsteuer 17. 12. 2014 01. 2016
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BVerf. G-Urteil zur Erbschaftsteuer 17. 12. 2014 30. 06. 2016
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BVerf. G-Urteil zur Erbschaftsteuer 17. 12. 2014 30. 06. 2016 Rückwirkung nur zur Beseitigung einer exzessiven Ausnutzung !?
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BVerf. G-Urteil zur Erbschaftsteuer ? ? ? 17. 12. 2014 30. 06. 2016
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Neuregelung des Erb. St. G „Eckpunktepapier“ BMF (vgl. ifst-Stellungnahmen) BMF Referentenentwurf vom 1. Juni 2015 (Söffing/Krogoll Erb-St. B 2015, 194) Regierungsentwurf vom 8. 7. 2015 (Korezkij DSt. R 2015, 1649) Regierungsentwurf vom 7. 9. 2015 (BT-Drucks 18/5923) Stellungnahme BR vom 25. 9. 2015 (BR-Drucks. 353/15) Stellungnahme des BR und Gegenäußerung der Bundesregierung v. 8. 10. 2015 (BT-Drucks. 18/6279) Februar 2016 März 2016 Kompromiss der Fraktionsspitzen „Seehofer tritt auf den Plan“
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Erbrechtsgarantie des Art. 14 GG Eigentum Erbrecht Erblasser u. Erbe: Schutz vor staatlichem Eingriff Gesetzesvorbehalt Sozialstaatsprinzip: Art. 14 I 2, II GG Erbschaftsteuer Übermaßverbot Subsidiarität Schranken-Schranken
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Weitreichende Erbschaftsteuerpflicht ( § 2 Erb. St. G) unbeschränkt erweitert unbeschränkt Wohnsitz Erblasser/ Schenker oder Gewöhnlicher Aufenthalt Deutsche und Erbe/ Beschenkter Weltvermögensprinzip Auslandsaufenthalt < 5 Jahre
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Weitreichende Erbschaftsteuerpflicht (§ 2 Erb. St. G) • § 2 Abs. 1 Nr. 2 Erb. St. G Besteuerung von Stiftungen • § 2 Abs. 1 Nr. 3 Erb. St. G Inlandsvermögen im Sinne des Bew. G einschließlich „Ölfelder in der Nordsee“ (§ 2 Abs. 2 Erb. St. G)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Steuerbare Tatbestände (Überblick) Erbschaftsteuer (§ 3 Erb. St. G) Erwerb von Todes wegen - Erbfall - Vermächtnis, Pflichtteil - Schenkung auf den Todesfall - Vergleichb. Tatbestände Schenkungsteuer (§ 7 Erb. St. G) Schenkung unter Lebenden - Freigebige Zuwendung - Stiftungen/Trust unter Lebenden bzw. deren Auflösung - Abfindungen für einen Erbverzicht u. ä. - Vergleichb. Tatbestände
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Erwerb von Todes wegen (§ 3 I Erb. St. G) • Erbanfall (§ 1922 BGB) • Vermächtnis (§§ 2147 ff. BGB) • geltend gemachter Pflichtteilsanspruch (§§ 2303 ff. BGB) • Schenkung auf den Todesfall (§ 2301 BGB) • Vertrag zug. Dritter auf den Todesfall (§§ 330, 331 BGB)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Exkurs: gesetzliche/gewillkürte Erbfolge • gesetzliche Erbfolge nach Stämmen (Abkömmlinge) Erbfolge nach Ordnungen Erbrecht des Ehegatten (§ 1931 BGB) Achtung ggf + § 1371 BGB • gewillkürte Erbfolge (Erbeinsetzung/Vermächtnis) Testament Erbvertrag (§§ 2064 ff. BGB) (§§ 2274 ff. BGB) • Pflichtteilsanspruch (§§ 2303 ff. BGB)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Exkurs: Testament • Errichtung Niederschrift beim Notar (§ 2231 BGB) eigenhändig (§ 2247 BGB) Hinterlegung (§ 2248 BGB) • Gemeinschaftliches Testament nur Ehegatten / Lebenspartner (§§ 2265 ff. BGB) Widerruf zu Lebzeiten / nach Tod (§ 2271 BGB • „Berliner Testament“ (§ 2269 BGB)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Auslegungsfragen • Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) oder • Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) ? Fall: E hat in einem Testament seine beiden Söhne A und B je zu 1/2 als Erben eingesetzt. Der Nachlass besteht aus - Wertpapieren (Kurswert 2. 000 €) - Anteil an einer Gmb. H & Co. KG (Verkehrswert 4 Mio. €). Außerdem hat er in dem Testament bestimmt, dass A den Mitunternehmeranteil und B die Wertpapiere erhalten soll.
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Auslegungsfragen • Rechtsprechung BFH: Teilungsanordnungen sind grds. unbeachtlich, es sei denn, die Teilungsanordnung führt zu einer genauen Eingrenzung der Erbquoten, z. B. dann wenn die zugewiesenen Vermögensgegenstände den Nachlass erschöpfen und kein Wertausgleich vorgesehen ist. Im Lösungsfall?
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Entstehung der Erb. St (§ 9 I Nr. 1 Erb. St. G) • Tod des Erblasser • ebenso bei - Vermächtnis (§§ 2147 ff. BGB) - Schenkung auf den Todesfall (§ 2301 BGB) - Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 330, 331 BGB) • Ausnahme Pflichtteilsanspruch (§§ 2303 ff. BGB) Entstehung mit Geltendmachung (!) (FG München EFG 2005, 1887)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BFH-Urteil 19. 2. 2013 – II R 47/11 Sachverhalt: (c) Loose Vater (V) und Mutter (M) errichten „Klassisches Berliner Testament“ letztlich zugunsten einziger Tochter (T) nicht „steuerrechtlich“ und „erbrechtlich“ optimiert Vater verstirbt vor, Mutter alsbald danach Tochter macht nach dem Tod der Mutter den Pflichtteil nach ihrem Vater geltend 53
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BFH-Urteil 19. 2. 2013 – II R 47/11 Sachverhalt: 2003 2004 2005 [-----------][-----------][---------- (c) Loose V verstirbt M Alleinerbin T: Pflichtteil V ! 54
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BFH-Urteil 19. 2. 2013 – II R 47/11 Grundaussage: (c) Loose Ist der Pflichtteilsberechtigte Alleinerbe, so bleibt sein Recht zur Geltendmachung des Pflichtteils bestehen (§ 10 Abs. 3 Erb. St. G) Erklärt er gegenüber dem FA, er mache den Pflichtteil geltend, sind daraus (rückwirkend) die steuerlichen Folgen zu ziehen Jedenfalls, wenn Pflichtteilsanspruch nicht verjährt. 55
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BFH-Urteil 19. 2. 2013 – II R 47/11 Begründung: (c) Loose Pflichtteilsanspruch kann als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden, wenn geltend gemacht (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 § 10 Abs. 5 Nr. 2 Erb. St. G) Pflichtteilsanspruch richtet sich gegen Erben Beerbt Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteilsverpflichteten, erlischt der Anspruch zivilrechtlich (Konfusion) 56
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BFH-Urteil 19. 2. 2013 – II R 47/11 Begründung: (c) Loose steuerrechtlich aber § 10 Abs. 3 Erb. St. G Rechtsverhältnisse gelten als nicht erloschen wirtschaftliche Belastung ? Jedenfalls dann (+), wenn nicht verjährt Verfahren ? Geltendmachung ? 57
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Stichtagsprinzip (§ 9 I Nr. 1 Erb. St. G) Momentaufnahme volatile Börsenwerte Bewertungsunsicherheiten Gefahr der Über-/Unterbewertung - Berücksichtigung von Verkaufsfällen innerhalb eines kurzen Zeitraums nach dem Stichtag -
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Stichtagsprinzip (§ 9 I Nr. 1 Erb. St. G) • Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen ? FG München Urteil v. 24. 7. 2002 4 K 558/02 EFG 2002, 1493 Leitsatz Ein nach dem Erbfall eingetretener Kursverfall vermachter Aktien rechtfertigt grundsätzlich keinen Erlass der Erbschaftsteuer, selbst dann, wenn der Vermächtnisnehmer wegen der ausstehenden Unbedenklichkeitsbescheinigung für den ausländischen Erben nach § 20 Abs. 6 Satz 2 Erb. St. G erst später darüber verfügen konnte.
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Stichtagsprinzip (§ 9 I Nr. 1 Erb. St. G) • Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen ? Sachverhalt Erblasser am 16. 5. 1999 in München verstorben. Vermächtnis zugunsten der Klägerin: Daimler-Benz-Aktien 6. 231 Stück mit einem Kurswert von 90, 40 EUR je Aktie bzw. einem Gesamtkurswert des Erwerbs von 1. 101. 684, 62 DM. Alleinerbe wohnte in Österreich und erfüllte das Vermächtnis erst am 13. 9. 1999 zum Kurswert von 878. 300 DM. Klägerin begehrte Erlass der Erb. St-Differenz in Höhe von 106. 893 DM.
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen BFH-Urteil vom 22. 10. 2014 II R 4/14 Sachverhalt: - Klägerin erhielt nach Tod ihres Lebensgefährten eine wertgesicherte Leibrente von anfangs monatlich 8. 000 DM. - Beschwert waren Sohn und Tochter des Lebensgefährten - Sohn übernahm die Vermächtnisverpflichtung allein und stellte eine Bankbürgschaft in Höhe von 1 Mio. DM. - Klägerin beantragte Jahreswertbesteuerung und entrichtete jeweils am 28. Februar/1. März die fällige Jahressteuer. 61
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen BFH-Urteil vom 22. 10. 2014 II R 4/14 Sachverhalt: - 1997/1998 wurde der Sohn zahlungsunfähig. - Rentenzahlungen an die Klägerin wurden bis einschließlich Mai 2005 aus der Bankbürgschaft geleistet, danach nicht mehr. - Im Dezember 2010 beantragte die Klägerin beim FA, die Jahressteuer nach § 23 Abs. 2 Erb. St. G abzulösen und für die Ablösung den Jahresbetrag mit 0 € anzusetzen. - Das FA lehnte ab und setzte die für die Ablösung zu entrichtende Erbschaftsteuer auf 186. 912 € fest. 62
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen BFH-Urteil vom 22. 10. 2014 II R 4/14 Wird für eine von Todes wegen erworbene Leibrente nach § 23 Abs. 1 Erb. St. G die jährliche Besteuerung des Jahreswerts gewählt und fallen die Rentenzahlungen später wegen der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung des Verpflichteten aus, kann eine abweichende Festsetzung der Erbschaftsteuer für die Ablösung der Jahressteuer nach § 23 Abs. 2 Erb. St. G i. V. m. § 163 Satz 1 AO gerechtfertigt sein- Entscheidend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls 63
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Ergänzungs-/Ersatztatbestände (§ 3 I Erb. St. G) • Schenkung auf den Todesfall (Nr. 2) • Gesellschaftsrechtliche Regelungen auf den Todesfall • Vermögensvorteil aufgrund eines Vertrages (Nr. 4) insbes. Lebensversicherungen
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Ergänzungs-/Ersatztatbestände (§ 3 II Erb. St. G) • Vermögensübergang auf Stiftung/ausl. Trust (Nr. 1) • Erwerb kraft erbrechtlicher Auflage (Nr. 2) (§§ 1940, 2192 ff. BGB) • Surrogate/Abfindungen für den Verzicht auf eine erbrechtliche Position (Nrn. 4, 5) • Bereicherung aufgrund von Ansprüchen wegen beeinträchtigenden Schenkungen des Erblassers (§§ 2287, 2288 II BGB)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schenkungen unter Lebenden (§ 7 I Erb. St. G) • Grundtatbestand = Freigebige Zuwendung (Nr. 1) Schenkung i. S. des § 516 I BGB erweitert: schenkungsähnliche Vorgänge Merkmale: - objektive Bereicherung des Empfängers auf Kosten des Zuwendenden - freigebig = Wille des Zuwendenden zur Bereicherung des Empfängers
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schenkung unter Lebenden (§ 7 I Erb. St. G) • BFH Urteil vom 10. 11. 2004 II R 44/02 BSt. Bl. II 2005, 188 Mittelbare Grundstücksschenkung - ehebedingte Zuwendung Sagt der Schenker dem Bedachten den für den Kauf eines bestimmten Grundstücks vorgesehenen Geldbetrag vor dem Erwerb des Grundstücks zu und stellt er ihm den Betrag bis zur Tilgung der Kaufpreisschuld zur Verfügung, liegt eine mittelbare Grundstücksschenkung auch dann vor, wenn der Bedachte bereits vor der Überlassung des Geldes Eigentümer des Grundstücks geworden war (Änderung der Rechtsprechung).
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schenkung unter Lebenden (§ 7 I Erb. St. G) • BFH Urteil vom 10. 11. 2004 II R 44/02 BSt. Bl. II 2005, 188 Unabhängig davon, ob zivilrechtlich eine ehebedingte Zuwendung vorliegt, unterliegen Schenkungen unter Ehegatten der Schenkungsteuer
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Gemischte Schenkung (§ 7 I Nr. 1 Erb. St. G) Teil-Gegenleistung Schenker Leistung Beschenkter Teil-Zuwendung BFH-Rspr. = Verhältnisrechnung: kein Abzug der Teilgegenleistung, sondern quotale Bestimmung des Schenkungsanteils Ansatz eines %-Satzes des Steuerwerts 69
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schenkung unter Auflage (§ 7 I Nr. 2 Erb. St. G) Schenker 1. Zuwendung Auflage (§ 525 I BGB) 2. Zuwendung Beschenkter Vollziehung der Auflage Dritter BFH-Rspr. unterscheidet: sog. Leistungsauflage = auch aus eigenem Vermögen zu erbringen (wie gemischte Schenkung behandelt) sog. Nutzungs-/Duldungsauflage = Abzug vom Steuerwert 70
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Ergänzungs-/Ersatztatbestände (§ 7 Erb. St. G) • Entstehung eines Gesamtguts bei Ehegatten (I Nr. 4) • Surrogate/Abfindungen für den Verzicht auf eine erbrechtliche Position schon zu Lebzeiten (I Nr. 5) • Gesellschaftsrechtliche Bereicherungstatbestände (V-VII) Problem: Ausscheiden zu Buchwerten
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Entstehung der Schenk. St (§ 9 I Nr. 2 Erb. St. G) • mit Ausführung der Zuwendung • entscheidend ist der Zeitpunkt, in dem der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker über den Gegenstand frei verfügen kann (s. BFH BSt. Bl. II 2008, 631)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs Bereicherungen mit den Steuerwerten. /. Befreiungen i. S. d. §§ 13 -13 c Erb. St. G = Vermögensanfall nach Steuerwerten (§ 10 I Erb. St. G). /. Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 V Erb. St. G) = Bereicherung des Erwerbers (Nettoprinzip). /. ggf. steuerfreier Zugewinnausgleich (§ 5 III Erb. St. G) + ggf. Hinzuzurechnende Vorerwerbe (§ 14 Erb. St. G). /. Persönlicher Freibetrag (§ 16 Erb. St. G). /. Besonderer Versorgungsfreibetrag (§ 17 Erb. St. G) = Steuerpflichtiger Erwerb
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Steuerklassen Steuerklasse I Ø Ehegatten Ø Kinder und Stiefkinder Ø Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder Ø Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen Steuerklasse II Ø Eltern und Voreltern bei Schenkungen Ø Geschwister und deren Abkömmlinge ersten Grades Ø Stiefeltern Ø Schwiegerkinder und Schwiegereltern Ø Geschiedene Ehegatten Steuerklasse III Ø Alle übrigen Erwerber und Zweckzuwendungen
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Persönliche Freibeträge Begünstigte bis 31. 12. 08 seit 1. 1. 09 Ehegatten 307. 000 € 500. 000 € Lebenspartner 5. 200 € 500. 000 € Kinder/Enkel (bei verstorb. Kindern) 205. 000 € 400. 000 € übrige Enkel 51. 200 € 200. 000 € Eltern/Erwerb von Todes wegen 51. 200 € 100. 000 € Übrige Personen 10. 300 € bzw. 20. 000 € 5. 200 €
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Vollmengenstaffeltarif Vergleich: Tarif bis 2008/Tarif ab 1. 1. 2010 Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis einschließlich Alt Neu Steuersatz in % Steuerklasse III Alt Neu 52. 000 € 75. 000 € 7 7 12 15 17 30 256. 000 € 300. 000 € 11 11 17 20 23 30 512. 000 € 600. 000 € 15 15 22 25 29 30 5. 113. 000 € 6. 000 € 19 19 27 30 35 30 12. 783. 000 € 13. 000 € 23 23 32 35 41 50 25. 565. 000 € 26. 000 € 27 27 37 40 47 50 > 25. 565. 000 € > 26. 000 € 30 30 40 43 50 50 Für das Jahr 2009 war der Tarif der Steuerklasse II/III sogar identisch!
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schenkung unter Auflagen (7 I Nr. 2 Erb. St. G) Beispiel „Reicher-Onkel-Fall“ Onkel schenkt im Juni 2011 der Nichte ein Mietwohngrundstück mit einem Grundbesitzwert in Höhe von 750. 000 €. Die Nichte übernimmt Verbindlichkeiten in Höhe von 150. 000 €. Der Onkel behält sich den Nießbrauch vor (Kapitalwert des Nießbrauchs: 100. 000 €)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schenkung unter Auflagen (7 I Nr. 2 Erb. St. G) Beispiel: Grundbesitzwert Befreiung nach § 13 c Erb. St. G. /. Verbleiben 750. 000 € 75. 000 € 675. 000 € Gegenleistung Nießbrauch Summe nicht abzugsfähig: 10% abzugsfähig insgesamt 150. 000 € 100. 000 € 25. 000 € 225. 000 €
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schenkung unter Auflagen (7 I Nr. 2 Erb. St. G) Beispiel: . /. Bereicherung pers. Freibetrag stpfl. Erwerb Steuersatz 25% Steuer . /. 675. 000 € 225. 000 € 450. 000 € 20. 000 € 430. 000 € 107. 500 €
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schenkung unter Auflagen (7 I Nr. 2 Erb. St. G) Weiterführung „Steinreicher-Onkel-Fall“ Onkel schenkt im September 2011 der Nichte ein weiteres Mietwohngrundstück mit einem Grundbesitzwert in Höhe von 900. 000 €. Die Nichte übernimmt Verbindlichkeiten in Höhe von 200. 000 €. Der Onkel behält sich den Nießbrauch vor (Kapitalwert des Nießbrauchs: 120. 000 €) beide Beispiele: DSt. R 2011, 2002 (Heft 42) gleichlautender Ländererlass BSt. Bl. I 2011, 562
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schenkung unter Auflagen (7 I Nr. 2 Erb. St. G) Weiterführung: Grundbesitzwert Befreiung nach § 13 c Erb. St. G. /. Verbleiben 900. 000 € 90. 000 € 810. 000 € Gegenleistung Nießbrauch Summe nicht abzugsfähig: 10% abzugsfähig insgesamt 200. 000 € 120. 000 € 32. 000 € 288. 000 €
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schenkung unter Auflagen (7 I Nr. 2 Erb. St. G) Weiterführung: . /. Bereicherung Vorerwerb ! Gesamterwerb pers. Freibetrag stpfl. Erwerb Steuersatz 30% Steuer +. /. 810. 000 € 288. 000 € 522. 000 € 450. 000 € 972. 000 € 20. 000 € 952. 000 € 285. 600 €
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schenkung unter Auflagen (7 I Nr. 2 Erb. St. G) Weiterführung: Steuer fiktive Erb. St auf Vorerwerb Steuer September 2011 285. 600 € 107. 500 € 178. 100 € Kontrolle Mindeststeuer (§ 14 I Satz 4 Erb. St. G) Erwerb September 522. 000 € pers. Freibetrag. /. 20. 000 € Steuersatz 25% 125. 500 €
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Sonderfälle § 5 Zugewinnausgleich - genaue Berechnung, wenn Ehegatte kein Erbe (§ 1371 II BGB) Steuersparmodell ? § 6 Vor- und Nacherbschaft - erbschaftsteuerlich negiert! - aber Abs. 1 Satz 2: Antrag des Nacherben!
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Nachlassverbindlichkeiten BFH-Urteile vom 4. 7. 2012 II R 15/11, II R 18/11, II R 19/11, II R 50/11, II R 56/11, - Verschiedene Sachverhalte / Grundproblem: ESt-Nachforderung für das Todesjahr - II R 56/11 Veräußerungsgewinn im Zeitpunkt des Todes - II R 15/11 Eheleute kurz nacheinander in demselben Jahr verstorben
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Nachlassverbindlichkeiten BFH: „Die auf den Erben (entsprechend seiner Quote) entfallenden Abschlusszahlungen für die vom Erblasser herrührenden ESt für das Todesjahr sind gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 Erb. St. G als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig“ Grundaussagen späteres „Entstehen“ unerheblich
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Nachlassverbindlichkeiten BFH: anderweitige Rechtslage zu Erstattungsbeträgen unerheblich, weil unterschiedlich geregelt - Rechtsprechung § 10 Abs. 1 Satz 3 Abs. 5 Nr. 1 Erb. St. G „herrühren“
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BFH-Urteil vom 25. 11. 2015 II R 45/13 Abzug von Einkommensteuer des Erblassers, wenn dieser die Einkommensteuer hinterzogen hatte Sachverhalt: Niedersächsisches FG Urteil vom 20. Februar 2013 3 K 366/12 EFG 2014, 1126 -1128
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BFH-Urteil vom 20. 1. 2016 II R 34/14 Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit im Nachlassinsolvenzverfahren Grundsätzliches zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis im Insolvenzverfahren Sachverhalt: FG Münster Urteil vom 30. 4. 2014 3 K 1915/12, ZIns. O 2014, 1402
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Kürzung von Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 6 Erb. St. G) BFH-Beschluss vom 18. 2. 2015 II R 12/14 (Beitrittsaufforderung) BFH-Urteil vom 22. 7. 2015 II R 12/14 Problem: Das BMF wird aufgefordert, dem Revisionsverfahren beizutreten und zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die Verbindlichkeit aus einem geltend gemachten Pflichtteil nur anteilig als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden kann, wenn zum Nachlass ein nach § 13 a Erb. St. G begünstigter Anteil an einer Kapitalgesellschaft gehört
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Kürzung von Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 6 Erb. St. G) R E 10. 10 Erb. St. R 2011 Beschränkung des Abzugs von Schulden und Lasten (2) Bei Pflichtteilsansprüchen besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den einzelnen erworbenen Vermögensgegenständen unabhängig davon, inwieweit sie steuerbar oder steuerbefreit sind, so dass diese Last von der Beschränkung des Abzugs erfasst wird. Bei anderen allgemeinen Nachlassverbindlichkeiten besteht dagegen kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den einzelnen erworbenen Vermögensgegenständen.
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Kürzung von Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 6 Erb. St. G) jetzt auch: Zahlung des Zugewinnausgleichs an den überlebenden Ehegatten des Erblassers Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder ergangener Erlass des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg vom 14. Januar 2015 3 -S 381. 0/46)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Kürzung von Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 6 Erb. St. G) BFH-Urteil vom 22. 7. 2015 II R 12/14 Die Verpflichtungen zur Zahlung des geltend gemachten Pflichtteils und des Zugewinnausgleichs an den überlebenden Ehegatten des Erblassers sind auch dann in voller Höhe als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar, wenn zum Nachlass ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft gehört, dessen Erwerb nach § 13 a Erb. St. G begünstigt ist
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Kürzung von Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 6 Erb. St. G) BFH-Urteil vom 22. 7. 2015 II R 12/14 Der von § 10 Abs. 6 Erb. St. G vorausgesetzte wirtschaftliche Zusammenhang ist nur gegeben, wenn Schulden oder Lasten bestimmten zum Nachlass gehörenden aktiven Vermögensgegenständen oder Vermögen zugeordnet werden können. Bemessung des Pflichtteils nach dem Wert des Nachlasses (§§ 2311 ff. BGB) begründet keinen wirtschaftlichen Zusammenhang. Parallel: BFH-Urteil vom 22. 7. 2015 II R 21/13 (Vermächtnis) BFH-Urteil vom 22. 7. 2015 II R 15/14 (Pflichtteil)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Kürzung von Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 6 Erb. St. G) Beispiel A und B sind Kinder des verstorbenen E. E hat A zum Alleinerben bestimmt. Zum Nachlass gehören ein zunächst von E, dann von A selbstgenutztes EFH in München im Wert von 1 Mio. € sowie Bar- und Sparvermögen in Höhe von ebenfalls 1 Mio. €. Fin. Verw. : Pflichtteilsanspruch: 500. 000 €, entfällt zu je ½ auf begünstigtes und nicht begünstigtes Vermögen und kann nach § 10 Abs. 6 Erb. St. G nur in Höhe von 250. 000 € als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. BFH. : Abzug in voller Höhe.
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Kürzung von Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 6 Erb. St. G) Beispiel A . /. § 13 Abs. 4 c 1. 000 € (Haus) 1. 000 € (Geld) 2. 000 € 1. 000 € . /. § 10 Abs. 6 500. 000 € 250. 000 € . /. § 16 400. 000 € 100. 000 € 400. 000 € 350. 000 € Steuer 7. 000 € 38. 500 €
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Kürzung von Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 6 Erb. St. G) Beispiel B 500. 000 €. /. § 16 400. 000 € 100. 000 € Steuer 7. 000 € kein Korrespondenzprinzip !
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose BVerf. G v. 7. 11. 2006, BVerf. GE 117, 1 1. Stufe: Bewertungsgleichmaß als folgerichtige Umsetzung des Belastungsgrundes der Erb. St i. S. einer realitätsgerechten Wertrelation Allgemeiner Bewertungsmaßstab: Verkehrswert 2. Stufe: Zielgenaue Lenkungstatbestände, die gesondert zu rechtfertigen sind
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Anforderungen an Lenkungstatbestand - 2. Stufe • Sachgerechte Abgrenzung des Kreises der Geförderten (Gebot der Außengerechtigkeit) • Gleichheitskonforme Ausgestaltung innerhalb des Kreises der Geförderten (Gebot der Binnengerechtigkeit) • Innerer Zusammenhang zwischen der Verwirklichung des Lenkungszwecks und des Ausmaßes des Steuervergünstigung/Ungleichbehandlung (Gebot der Verhältnismäßigkeit) • umgesetzt? Vgl. BFH Beschluss v. 27. 9. 2012 II R 9/11
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Steuerfreiheit des selbstgenutzten „Familienheims“ (§ 13 Nr. 4 a, 4 b Erb. St. G) Ehegatten: Schenkung und Erbfall - im Erbfall muss Familienheim vom Ehegatten 10 Jahre weiter bewohnt werden Kinder (Enkelkinder) nur im Erbfall und begrenzt auf 200 qm Wohnfläche (Wirkung eines Freibetrages) • Kinder müssen das Familienheim 10 Jahre weiter bewohnen
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Bewertungsmaßstäbe Grundvermögen Unbebautes Grundstück Bodenrichtwert x qm Mietwohngrundstück u. a. Bodenwert + Vervielfältiger x Reinertrag EFH/ZFH/ETW Vergleichswerte aus Verkäufen ableitbar Sonst. bebaute Grdstck: Bodenwert + Wert des Gebäudes nach Normalherstellungskosten (Sachwertverfahren) Gegenbeweis durch Gutachten des Stpfl. möglich
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Bewertung: unbebautes Grundstück Vergleichswert = Wert lt. Bodenrichtwertzone, korrigiert bei Abweichung wertbeeinflussender Merkmale (GFZ, Anzahl möglicher Geschosse, Grundstückstiefe, Erschließungsbetragspflicht) nicht erfasst aber: sonstige wertbeeinflussende Merkmale (z. B. Ecklage, Zuschnitt, Altlasten, Lärm-/Geruchsbelästigung) x qm = gemeiner Wert nach § 198 Bew. G nur Gegenbeweis durch Sachverständigengutachten i. S. § 199 Bau. GB
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Ertragswertmethode (Mietwohngrdstck. ) Bodenwert wie ein unbebautes Grdstck (ohne Abschlag!) zugleich Mindestwert (§ 184 Bew. G) + Gebäudewert = Gebäudeertragswert (§ 185 Bew. G) Jahresrohmiete/übliche Miete (§ 186 Bew. G). /. Bewirtschaftungskosten (§ 187 Bew. G). /. Bodenwertverzinsung (§ 188 Bew. G) = Gebäudereinertrag x Vervielfältiger abhängig von Rest-ND + Liegenschaftszins, (185 III Bew. G i. V. Anlage 21) = Zeitrente Summe = Ertragswert (Grundbesitzwert)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Sachwertverfahren (sonstige Gebäude bzw. Auffangbewertungsmethode) Bodenwert wie ein unbebautes Grdstck (ohne Abschlag!) zugleich Mindestwert (§ 189 Bew. G) + Gebäudewert = Gebäudesachwert (§ 190 Bew. G) Flächenpreis (Regelherstellungskosten 2007 = Bundesmittelwerte, Anlage 24 Bew. G) x Bruttogrundfläche. /. Alterswertminderung (Regel-ND, Anlage 22 Bew. G) Summe = vorläufiger Sachwert x Wertzahl (= Marktanpassungsfaktor lt. Gutachterausschuss bzw. Anlage 25 Bew. G) = Grundbesitzwert
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Gegenbeweis durch Sachverständigengutachten Berücksichtigung von Baumängeln, -schäden, wirtschaftliche Überalterung (Sachwertverfahren), sonstige den Verkehrswert beeinflussende Tatsächen (Ertragswertverfahren) werden von den Bewertungsverfahren nach Bew. G nicht erfasst Gutachten ist nach der Wert. V zu erstellen (§§ 198, 199 I Bew. G) Stpfl. hat Kosten zu tragen, auch im FG-Verfahren!
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verschonungssubvention für Mietwohngrundstücke • Zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke • Ansatz nur zu 90% des Verkehrswerts (§ 13 c Erb. St. G) • Keine Behaltensfristen! • Einbeziehung von Mietwohngrundstücken innerhalb der EU/des EWS
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Problem der Unternehmensbewertung Zukunftswert Prognose Komplexität Ertragswertverfahren: Unsicherheiten - Kapitalisierungszins - nachhaltiger Zukunftsertrag
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Bewertung des Betriebsvermögens: früher: Bewertung nach Rechtsform ab 1. 1. 09: rechtsformneutrale Bewertung – Personengesellschaft: alle Rechtsformen nach gleichen • Substanzwert Bewertungsregeln: • Steuerbilanzwert (mit Vergleichsverkauf / gemeiner Ausnahmen) Wert – nichtnotierte vereinf. Ertragswertverfahren Kapitalgesellschaft optional anwendbar • – Vergleichsverkauf oder Stuttgarter Verfahren notierte Kapitalgesellschaft • Börsenwert Einzelbewertung alle Aktiva und Passiva nur noch Unterscheidung bei Kap. Ges • börsennotiert • nicht börsennotiert Gesamtbewertung einzige Kennzahl, typischerweise Ertrag, Schulden keine Relevanz
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Methodenhierarchie (§§ 11 II, 199 Bew. G) 1. Börsenkurs 2. Kaufpreis unter fremden Dritten (Vergleichswert) 3. Substanzwert (Mindestwert) > Wert nach anerkannter Unternehmensbewertungsmethode 4. Liquidationswert (bei beabsichtigter Liquidation) > Substanzwert 5. Unternehmenswert nach marktüblicher, anerkannter Methode der Unternehmensbewertung 6. im Zweifel: Ertragswertverfahren, Wahlrecht zwischen individueller und vereinfachter Bewertung (§§ 199 ff. Bew. G)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Vereinfachtes Ertragswertverfahren (§§ 199 -203 Bew. G) • ø-Jahresertrag (letzten 3 Jahre) x Kapitalisierungsfaktor (Kehrwert des Kapitalisierungszinses [Basiszins + 4, 5%] = aktuell 100: [3, 98 +4, 5] = 11, 79) = Ertragswert • ausgenommen: sog. nicht betriebsnotwendiges Vermögen (WG u. Schulden, § 200 II Bew. G) ausgenommen: Beteiligungen an Ges‘en, die nicht im vereinfachten Ertragswertverfahren bewertet werden (§ 200 III Bew. G) ausgenommen: sonstige WGer (nebst Schulden), die innerhalb der letzten 2 Jahre eingelegt worden sind (§ 200 IV Bew. G) • • diese WGer/Schulden sind eigenständig zum gemeinen Wert zu bewerten (gesonderte Bewertung) WG/Schulden des Sonder. BV werden ebenfalls gesondert bewertet (§ 97 Ia Nr. 2 Bew. G)
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Mängel des Bewertungskonzepts • Unsicherheit über die Methodenvielfalt/-hierarchie • Substanzwert Liquidationswert als Mindestwert • Fester Kapitalisierungszins (§ 203 I Bew. G), vergangenheitsbezogene Erträge • Keine Konsolidierung mehrstufiger Beteiligungsstrukturen • Mangelnde Prinzipientreue bei der Bewertung von Personenunternehmen: Mischung von Gesamt- und Einzelbewertung • Unbestimmtheit der Vermögenskategorien: notwendiges – nicht notwendiges BV – Verwaltungsvermögen
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verschonungssubvention: Kreis des begünstigten Unternehmensvermögens (§ 13 b I Erb. St. G) • Einzelunternehmen, Anteile an Pers. Ges (Mit. Unt. Anteile) als Gewerbebetrieb, freiberufl. Praxis, land- u. forstw. Betrieb • Anteile an Kap. Ges > 25% (bezogen auf Erben bzw. Schenker) • bei Stimmrechtspoolverträgen: Zusammenrechnung der Anteile an Kap. Ges • Ausweitung der Begünstigung auf Betriebe u. Gesellschaften, die sich innerhalb der EU bzw. des EWS befinden bzw. residieren
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Schädlichkeit von sog. Verwaltungsvermögen > 50% des BV (§ 13 b II Erb. St. G): • • • Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke u. ä. Anteile an Kap. Ges < 25% Beteiligung an Ges´ mit Verwaltungsverm. > 50% Wertpapiere u. wertpapierähnliche Forderungen Kunstgegenstände u. ä. • Geldeinlage ?
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verschonungssubvention für Unternehmensvermögen • Kleinbetriebsregelung: abschmelzender Freibetrag von 150. 000 € (§ 13 a II Erb. St. G) • 15% des Betriebsvermögens werden pauschal als „nicht betriebsnotwendig“ eingestuft sofort steuerpflichtig • 85% sind begünstigtes Vermögen (§ 13 b IV Erb. St. G) • „Junges Verwaltungsvermögen“ (< 2 Jahre Betriebszugehörigkeit) ist nicht begünstigt (§ 13 b II 3 Erb. St. G) • Einbeziehung der EU/EWS-Unternehmen
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Neuregelung durch Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz § 13 B ABS. 2 NR. 4 A ERBSTG: ZUM VERWALTUNGSVERMÖGEN GEHÖREN… 4 A. DER GEMEINE WERT DES NACH ABZUG DES GEMEINEN WERTS DER SCHULDEN VERBLEIBENDEN BESTANDS AN ZAHLUNGSMITTELN, GESCHÄFTSGUTHABEN, GELDFORDERUNGEN UND ANDEREN FORDERUNGEN, SOWEIT ER 20 PROZENT DES ANZUSETZENDEN WERTS DES BETRIEBSVERMÖGENS DES BETRIEBS ODER GESELLSCHAFT ÜBERSTEIGT. SATZ 1 GILT NICHT, WENN DIE GENANNTEN WIRTSCHAFTSGÜTER DEM HAUPTZWECK DES GEWERBEBETRIEBS EINES KREDITINSTITUTES ODER EINES FINANZDIENSTLEISTUNGSINSTITUTES IM SINNE DES § 1 ABSATZ 1 UND 1 A DES KREDITWESENGESETZES IN DER FASSUNG DER BEKANNTMACHUNG VOM 9. SEPTEMBER 1998 (BGBL. I S. 2776), DAS ZULETZT DURCH ARTIKEL 2 DES GESETZES VOM 7. MAI 2013 (BGBL. I S. 1162) GEÄNDERT WORDEN IST, ODER EINES VERSICHERUNGSUNTERNEHMENS, DAS DER AUFSICHT NACH § 1 ABSATZ 1 NUMMER 1 DES VERSICHERUNGSAUFSICHTSGESETZES IN DER FASSUNG DER BEKANNTMACHUNG VOM 17. DEZEMBER 1992 (BGBL. 1993 I S. 2), DAS ZULETZT DURCH ARTIKEL 1 DES GESETZES VOM 24. APRIL 2013 (BGBL. I S. 932) GEÄNDERT WORDEN IST, UNTERLIEGT, ZUZURECHNEN SIND. SATZ 1 GILT FERNER NICHT FÜR GESELLSCHAFTEN, DEREN HAUPTZWECK IN DER FINANZIERUNG EINER TÄTIGKEIT IM SINNE DES § 15 ABSATZ 1 NUMMER 1 DES EINKOMMENSTEUERGESETZES VON VERBUNDENEN UNTERNEHMEN (§ 15 DES AKTIENGESETZES) BESTEHT;
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Versuch zielgenauer Verwirklichung des Lenkungszwecks: Arbeitsplatzsicherung • Lohnsumme innerhalb von 5 Jahren nach dem Erwerb > 400% der Ausgangslohnsumme aller EU/EWSBetriebsstätten • Nachversteuerung spätestens nach 5 Jahren insoweit, als Lohnsumme < 400% • Keine Dynamisierung der Ausgangslohnsumme! • Ausnahme: Betriebe mit höchstens 20 Arbeitnehmern (mangels Konzernklausel: auch Holding-Ges‘? )
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Versuch zielgenauer Verwirklichung des Lenkungszwecks: Verhaftungsregeln • Wesentliche Geschäftsgrundlagen u. ä. (§ 13 a V Erb. St. G) müssen 5 Jahre im Betrieb gehalten weren! Wegfall der Verschonung im Umfang der (Teil-) Veräußerung / Entnahme = Nachversteuerung! Ausnahme: zeitnahe Reinvestition (§ 13 a V 3 Erb. St. G) = Veräußerungserlös wird innerhalb von 6 Monaten in begünstigtes BV investiert, das kein Verwaltungsvermögen ist nur pro rata Schädlichkeit!
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Optionale Ausweitung der Verschonungssubvention für Unternehmensvermögen • § 13 a VIII Erb. St. G ermöglicht auf Antrag eine 100%tige Freistellung des Vermögens! aber verschärfte Voraussetzungen: • Behaltensfrist beträgt 7 statt 5 Jahre! • Mindestlohnsumme beträgt 700% • Verwaltungsvermögensgrenze beträgt 10% statt 50%!
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Nachversteuerungstatbestände (§ 13 a V Erb. St. G) • Veräußerung/Aufgabe des Betriebes, Teilbetriebes, Mit. Unt. Anteils (auch Insolvenz!) • Veräußerung/Entnahme wesentlicher Geschäftsgrundlagen • Veräußerung einbringungsgeborener Anteile • Veräußerung begünstigter Anteile an Kap. Ges • Auflösung begünstigter Kap. Ges • Kapitalherabsetzung begünstigter Kap. Ges bei Veräußerung wesentlicher Geschäftsgrundlagen • Überentnahmen > 150 TE innerhalb von 5 Jahren • Aufhebung von Verfügungsbeschränkungen u. Stimmrechtsbindungen i. S. § 13 b I Nr. 3 Erb. St. G
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