Schwebungsdiaphonie MarieTheres Himmler Schwebungsdiaphonie Gerald Florian Messner 1937

Schwebungsdiaphonie Marie-Theres Himmler

Schwebungsdiaphonie • Gerald Florian Messner (*1937), österreichischer Musikwissenschaftler • Bezeichnung für eine bestimmte Art von mehrstimmigem Gesang, der sich hinsichtlich ästhetischer Prinzipien stark von den uns geläufigen vokalmusikalischen Formen abhebt

Schwebungsdiaphonie in Bistrica • Westbulgarien • Bistrica = Dorf nahe Sofia • UNESCO-Weltkulturerbe

Schwebungsdiaphonie in Bistrica • „Diaphonie“ („Auseinandertönen“), „dvuglasni pesni“ (dt. zweistimmige Lieder) oder auch nur „dvuglas“ (dt. Zweistimmigkeit) • Für wissenschaftlichen Gebrauch nicht hinreichend bezeichnend Terminus: Schwebungsdiaphonie • Stilmerkmale sind besondere gehörsphysiologische und psychoakustische Phänomene • Inhalt der Lieder: meist religiöse, mystische Texte

Schwebungsdiaphonie in Bistrica Wann klingt die Musik am Schönsten? • Beschreibung der Frauen: „wie Glocken“, „glatt“ = was wir als besonders rau empfinden • Schönste Gesang ist der, bei dem die zweite Stimme (mind. von zwei Frauen gesungen) die erste (solistisch, melodiebestimmend) übertönt

Schwebungsdiaphonie in Bistrica • Besondere Merkmale: Psychoakustische und gehörsphysiologische Phänomene, wie - Schwebungen - Kritische Bandbreite - Adaption - Stimmgebung und Vokaltransformation

Schwebung • Interferenz zweier Töne mit geringem Frequenzunterschied • Wahrnehmung der mittleren Frequenz • Amplitudenschwankung bzw. -modulation

Kritische Bandbreite • Ab Modulationsfrequenz von ca. 15 Hz “rauer” Ton • Kritische Bandbreite: – Bezeichnung für den Frequenzabstand zweier Töne, innerhalb dessen man die Empfindung der Rauigkeit hat – Maximale Differenz ca. 100 Hz (für eine Grundfrequenz von bis zu 500 Hz) • Bistrica: Streben nach maximaler Rauigkeit (Intervall zw. 80165 Cent)

Adaption • Verursacht durch Zentralton bzw. –bordun • Verstärkung der Unterschiedlichkeitsempfindung kaum unterscheidbare Intervalle können präzise wahrgenommen und gesungen werden

Stimmgebung / Vokaltransformation • Textverständnis tritt in den Hintergrund • Vokaltransformationen – „i“ zu „e“ – „a“ zu „o • Obertonarmut • Bruststimme (außer bei Exklamationen) • Betonung gegen den eigentlichen Sprachrhythmus

Weitere Merkmale • Heterorhythmische Grundgestalt • Antiphonische Ausführung • Einstimmige, zweistimmige und dreistimmige Lieder • Heute nur noch Frauen

Sitz- und Tanzordnung

3 Stimmbezeichnungen • Oka-Stimme: – – – „ruft aus“, „führt an“ solistisch Melodiestimme Exklamationen leise • Buci pravo (chorisch) – Chorisch – Zentralton – laut • Buci krivo (solistisch) – Zentralton – Subzentrales Intervall (max. 165 Cent)

Liedmodelle

Weitere Merkmale • lang ausgehaltene Final- und Binnehaltetöne • lange kehltrillerartige Frequenzmodulationen der Oka. Stimme • Dreistimmigkeit ist nicht Dreiklanggebilde sondern dynamisch-psychoakustische und gehörsphysiologische Prozesse / Phänomene • Frequenzbereich: – charakteristisch: absolute Tonhöhe (unter 500 Hz) – Tonraum: 100 Hz (= kritische Bandbreite)

Schwebungsdiaphonie in anderen Regionen • • Baluan Insel (Papua Neuguinea) Balkan Afghanistan Nepal Armenien Georgien Malaisien Ostafrika
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