Schulische Belastungssituationen erfolgreich bewltigen Ingeborg Hedderich 1 Gliederung
Schulische Belastungssituationen erfolgreich bewältigen © Ingeborg Hedderich 1
Gliederung I. Merkmale des Lehrerberufs und der Schulentwicklung II. Stress, Burnout und Coping III. Individuelle Bewältigungsmöglichkeiten IV. Schulorganisatorische Maßnahmen © Ingeborg Hedderich 2
I. Merkmale des Lehrerberufs und der Schulentwicklung © Ingeborg Hedderich 3
Schulische und häusliche Berufstätigkeit Stetig anwachsendes Aufgabenspektrum Effektive Unterrichtsgestaltung Merkmale des Lehrerberufs Individuelle Förderarbeit (Klippert 2006, 35) Erziehungsaufgaben Vermittlung von Schlüsselqualifikationen Umsetzung neuer Bildungspläne © Ingeborg Hedderich 4
Erwartungsträger der Lehrkräfte n n n Schüler: Wissensvermittlung, Beratung, Hilfe, Führung, Orientierung Eltern: Wissensvermittlung, Zusammenarbeit, Beratung, Entlastung Kollegen: Anteilnahme, Unterstützung, Entlastung, Solidarität Vorgesetzte: Übernahme und Ausführen von Funktionsaufgaben, Entlastung der Arbeit des Vorgesetzten Öffentlichkeit: Wissensvermittler, Selektion, Beratung (in Anlehnung an Barth 1997, 97) © Ingeborg Hedderich 5
Schulentwicklung wird realisiert durch: Institutionelle Ressourcen (z. B. Unterrichtsevaluation, Modifikation der Rahmenbedingungen) n n Personelle Ressourcen (Schulleitung und Lehrkräfte) Personal-, Organisations- und Unterrichtsentwicklung bilden eine Synthese und stehen in Wechselwirkung zueinander Schulentwicklung wird ebenfalls durch das Umfeld (z. B. Eltern und Schulträger) mit beeinflusst (Rolff 2007, 16) © Ingeborg Hedderich 6
Subsysteme der Schulentwicklung- Handlungsebenen Lehrer. Feedback Kommunikationstraining Schulleitungsberatung Personalentwicklung beinhaltet: Supervision, Coaching (in Anlehnung an Rolff 2007, 30) Hospitationen Jahresgespräche/ Zielvereinbarungen © Ingeborg Hedderich 7
Subsysteme der Schulentwicklung- Handlungsebenen Schülerorientierung Fachlernen, überfachliches Lernen Selbstlernfähigkeit Unterrichtsentwicklung beinhaltet: Öffnung (in Anlehnung an Rolff 2007, 30) Methodentraining, erweiterte Unterrichtsformen © Ingeborg Hedderich Lernkultur 8
Subsysteme der Schulentwicklung- Handlungsebenen Erziehungsklima Schulprogramm, Schulkultur Schulmanagement Organisationsentwicklung beinhaltet: Evaluation Kooperation Teamentwicklung (in Anlehnung an Rolff 2007, 30) © Ingeborg Hedderich 9
II. Stress, Burnout und Coping © Ingeborg Hedderich 10
Stress n n Stress ist eine unspezifische Reaktion des Organismus auf jede Art von Anforderungen, die an ihn gestellt werden Stressoren können entweder als positive Herausforderung oder als bedrohende Einengung im Berufsalltag erlebt werden Menschen reagieren auf Stressoren individuell und mit unterschiedlichen physiologischen Reaktionsmustern Burnout kann als letzte Stufe eines missglückten Prozesses angesehen werden, negative Stressbedingungen zu bewältigen (Selye 1975) © Ingeborg Hedderich 11
Burnout n n Wenn Arbeitsbelastungen zum Dauerzustand anwachsen, sprechen Berufstätige von „Burnout“ Burnout (dt. : ausbrennen) ist ein Begriff der Alltagssprache, der häufig im beruflichen Kontext Anwendung findet Es existiert keine einheitliche wissenschaftliche Definition des Begriffes In der Klassifikation von Krankheiten (ICD-10) der WHO wird Burnout als „Zustand der totalen Erschöpfung“ bezeichnet, jedoch nicht näher erläutert © Ingeborg Hedderich 12
Burnout „Burnout ist ein dauerhafter, negativer, arbeitsbezogener Seelenzustand (…). Er ist in erster Linie von Erschöpfung gekennzeichnet, begleitet von Unruhe und Anspannung (Disstress), einem Gefühl verringerter Effektivität, gesunkener Motivation und der Entwicklung dysfunktionaler Einstellungen und Verhaltensweisen bei der Arbeit. “ (Schaufeli/ Enzmann 1998, 36, in Übersetzung von Burisch 2006, 19) © Ingeborg Hedderich 13
Burnout- Symptomatik in Stichworten 1. Warnsymptome der Anfangsphase, z. B. vermehrtes Engagement für Ziele, Erschöpfung 2. Reduziertes Engagement 3. Emotionale Reaktionen; Schuldzuweisung 4. Abbau 5. Verflachung 6. Psychosomatische Reaktionen 7. Verzweiflung (Burisch 2006) © Ingeborg Hedderich 14
Burnout- mögliche Ursachen Bei Burnout-Genese-Modellen lassen sich drei grundsätzliche Richtungen unterscheiden: Differenzialpsychologische, individuenzentrierte Ansätze (persönlichkeitsspezifisch) Arbeits- und organisationspsychologische Ansätze Soziologisch- sozialwissenschaftliche Ansätze (gesellschaftliche Komponenten) (Kleiber/Enzmann 1990; Körner 2003; Hedderich © Ingeborg Hedderich 2009) 15
Diagnostik Das Maslach-Burnout. Tedium Measure (sog. Inventory (MBI) „Überdrussskala“) n besteht in seiner n Satz von 21 Items, die nur ursprünglichen Version aus hinsichtlich ihrer Häufigkeit 22 Items, gegliedert in die zu beantworten sind Skalen Emotionale n Der Test lässt sich schnell Erschöpfung, durchführen und selbst Depersonalisation und auswerten Persönliche n Da die mitgeteilten Leistungsfähigkeit Normwerte nicht an einer n Obgleich das MBI zu ca. 90% repräsentativen Stichprobe der empirischen Burnouterhoben wurden, sind die Forschung zugrunde liegt, Ergebnisse jedoch nicht besitzt es keine interpretierbar ausreichende Validität © Ingeborg Hedderich 16
Coping n n Coping = dt. : Bewältigung Summe der sich stets verändernden Anstrengungen, die ein Mensch unternimmt, um Anforderungen zu bewältigen Begriff umfasst sowohl intrapsychische Reaktionen (z. B. Resignation, Bagatellisierung) als auch verhaltensorientierte Strategien Bewältigung tritt nicht durch den erfolgreichen Abschluss der Stresssequenz ein, sondern bereits beim Versuch oder Bemühen darum (Lazarus und Folkman 1987) © Ingeborg Hedderich 17
Coping n n n Prozess der Bewältigung: wird durch negative Emotionen initiiert, die während der primären Bewertung einer Situation als Bedrohung erlebt werden In der Verarbeitung entstehen durch Neubewertung wiederum Änderungen der Emotionen Bewältigung ist eine Variable, die in jeder aktuellen Situation jeweils neu zwischen Belastung und Stressreaktion vermittelt (Lazarus und Folkman 1987) © Ingeborg Hedderich 18
III. Individuelle Bewältigungsmöglichkeiten © Ingeborg Hedderich 19
1. Beispiele für instrumentelles Stressmanagement n n n Fachliche Kompetenzen erweitern (Fortbildung, kollegialer Austausch) Organisatorische Verbesserungen (Aufgabenverteilung, Ablaufplanung etc. ) Selbstmanagement: persönliche Arbeitsorganisation optimieren Sozial-kommunikative Kompetenzen entwickeln Nach Unterstützung suchen Problemlösekompetenzen entwickeln (in Anlehnung an Kaluza 2007, 80 -83) © Ingeborg Hedderich 20
2. Beispiele für mentales Stressmanagement n n n Individuelle Leistungsansprüche kritisch überprüfen u. eigene Leistungsgrenzen akzeptieren lernen Schwierigkeiten nicht als Bedrohung, sondern als Herausforderung sehen Sich mit alltäglichen Aufgaben weniger persönlich identifizieren, mehr innere Distanz wahren Sich des Positiven, Gelungenen bewusst werden Weniger feste Vorstellungen und Erwartungen an andere haben (in Anlehnung an Kaluza 2007, 80 -83) © Ingeborg Hedderich 21
3. Beispiele für regeneratives Stressmanagement n n n n Regelmäßiges Praktizieren einer Entspannungstechnik Regelmäßige Bewegung Eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung Pflege außerberuflicher sozialer Kontakte Regelmäßiger Ausgleich durch Hobbys und Freizeitaktivitäten Lernen, die kleinen Dinge des Alltags zu genießen Ausreichender Schlaf (in Anlehnung an Kaluza 2007, 80 -83) © Ingeborg Hedderich 22
Entspannungsverfahren n n sensorische Entspannungsverfahren (z. B. Progressive Muskelrelaxation) imaginative Entspannungsverfahren (z. B. diverse Entspannungsgeschichten) kognitive Entspannungsverfahren (z. B. Autogenes Training) Meditation, Tai Chi und Yoga (Petermann/Menzel 2000, 608) © Ingeborg Hedderich 23
Mögliche Wirkungen von Entspannungsverfahren n n n n Abbau des Erregungsniveaus Verlangsamung der Pulsfrequenz Abnahme des Muskeltonus Abbau von psychosomatischen Beschwerden Veränderungen im Magen-Darm-Bereich Erhöhung der Belastbarkeit des Organismus das subjektive Gefühl von angenehmer Ruhe Abbau negativer, ‚burnout-relevanter’ Gefühlszustände wie Wut, Ärger oder Angst (Meidinger/ Enders 1997, 30; Besser-Scholz 2007, 102; Litzcke/ Schuh 2007, 93) © Ingeborg Hedderich 24
Soziale Unterstützung Emotionale Unterstützung – positive Zuneigung, Wertschätzung – akzeptierendes Zuhören, Verständnis, Anteilnahme Praktische Unterstützung – materielle Unterstützung – von Aufgaben befreit oder dabei entlastet werden – bei Bedarf Begleitung, Beistand oder Hilfe erhalten Soziale Integration – Zugehörigkeit zu Personen, Gruppen oder Organisationen – gemeinsame Aktivitäten (Fydrich/Sommer 2003, 84) © Ingeborg Hedderich 25
Ausgewählte Therapieverfahren Gesprächspsychotherapie Rational-emotive Therapie n n n (Klientenzentrierte Psychotherapie): Nach Carl Rogers Klient steuert den Gesprächsverlauf selbst Therapeut fördert Selbstanalyse des Klienten Hilfe zur Selbsthilfe (Burisch 2006, 278 -282) n n Grundüberlegung: innere oder äußere Ereignisse führen nicht direkt zu emotionalen oder Verhaltensreaktionen, sondern werden über Bewertungsinstanz vermittelt Therapeut versucht Glaubenssätze oder Mythen beim Klienten aufzuspüren © Ingeborg Hedderich 26
Ausgewählte Therapieverfahren Psychodrama n n n Körpertherapien Gruppenverfahren Durch Stehgreif-Rollenspiele ergeben sich häufig Rekonstruktionen biographisch relevanter Szenen eines Protagonisten Analysephase fördert kognitive Einsichten (Burisch 2006, 278 -282) n n n Grundannahme: bestimmte Emotionen werden durch Verspannungen abgewehrt und gleichzeitig festgehalten Ziel: Auflösung dieser Verspannungen therapeutische Methoden: Atem-, Streck-, Beuge- und Massagetechniken © Ingeborg Hedderich 27
Ausgewählte Trainingsprogramme Das Bonner Burnout-Prophylaxe-Programm (BBPP) n In 10 Schritten wird die Thematik des Burnout. Syndroms selbsterfahrungsbezogen erarbeitet n Dauer: 1 -3 Tage n Thematisiert werden u. a. Belastungserfahrungen, -indikatoren, und -quellen sowie Bewältigungsfaktoren und deren Verankerung im Alltag © Ingeborg Hedderich 28
Ausgewählte Trainingsprogramme Das Belastungs-Management-Training für Lehrer (BMT-L) n Dauer: Kompaktseminar (3 -5 Tage) oder Impulsseminar (9 Wochen) n Ziel: Identifikation und Bewältigung psychischer Belastungsfaktoren n Beinhaltet u. a. Entspannungskonzepte, Demonstrationen, Rollenspiele, Fallarbeit n präventiver Charakter © Ingeborg Hedderich 29
Ausgewählte Trainingsprogramme AGIL- ein Programm für „Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf“ n lehrerspezifisches Training zur Stressbewältigung n verläuft in 12 Einheiten für bis zu 10 Personen n bereits vorhandene Möglichkeiten zur Stressbewältigung sollen aktiviert und weitere Ressourcen aufgezeigt werden n Umfasst kognitive, instrumentelle, präventive und regenerative Stressbewältigung (Lehr/Sosnowsky/Hillert 2007, 275 f). © Ingeborg Hedderich 30
Coaching nach dem Freiburger Modell Lehrkräfte thematisieren Belastungsfaktoren und lernen, auf diese entsprechend zu reagieren, um eine größtmögliche Entlastung zu erreichen n Besteht aus 5 Modulen, die innerhalb von 10 Sitzungen durchgeführt werden n Thematisiert werden Gesundheitsinformationen, Entspannungstechniken, die persönliche Einstellung zum Beruf und Beziehungsgestaltung mit Schülern, Eltern und Kollegen n (Unterbrink / Bauer 2006) n © Ingeborg Hedderich 31
IV. Schulorganisatorische Maßnahmen © Ingeborg Hedderich 32
Arbeitsplatzgestaltung n n n Schaffung von zeitweiligen Rückzugsmöglichkeiten (Pausenorte, Nischen) (persönliche) Gestaltung der Arbeitsumgebung (z. B. Ruhezonen, Licht, Blenden, Farbgestaltung an Wänden/ Decken) Einführung norm-gerechter Möblierung (Enzmann/Kleiber 1989, 185 f; Körner 2003, 398) © Ingeborg Hedderich 33
Supervision n n Reflexion der beruflichen Tätigkeit ermöglicht neue Perspektiven für die zukünftige Arbeit Soll die berufliche Handlungssicherheit fördern und das professionelle Selbstverständnis stärken Findet meist in der Gruppe statt Beinhaltet Beratung bei Problemen und gemeinsames Erarbeiten von Lösungsansätzen (Schlee 2004; Mutzeck 2003) © Ingeborg Hedderich 34
Weitere Schulorganisatorische Maßnahmen n n Schaffung von Weiterbildungsmöglichkeiten Anforderungsvielfalt gestalten Partizipationsmöglichkeiten und Teamarbeit ermöglichen Schaffung eines unterstützenden, positiven Arbeitsklimas Entwicklung einer „Feedback- Kultur“ (Enzmann/Kleiber 1989, 185 -186; Körner 2003, 398) © Ingeborg Hedderich 35
Weitere Schulorganisatorische Maßnahmen n n Bei Konflikten: Durchführung einer Konfliktanalyse, Einführung von Teamcoaching oder Mediation Regelmäßige arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen und Gesundheitsberatungen, Einführung von Gesundheitszirkeln (Körner 2003, 398) © Ingeborg Hedderich 36
Schulorganisatorische Maßnahmen im Hinblick auf die Schulleitung n n n Arbeitsteilung, Festlegung von Arbeitszielen und gerechte Verteilung jeweiliger Verantwortlichkeiten Transparenz im Treffen von Entscheidungen Direkte Kommunikationswege Einsatz professioneller Gesprächsformen Management-Kurse, Führungsschulung (Enzmann/Kleiber 1989, 185 -186; Körner 2003, 398; Strittmatter 2007) © Ingeborg Hedderich 37
Schulorganisatorische Maßnahmen im Hinblick auf die Schulleitung n n n Kooperatives Vorgesetztenverhalten Überprüfung möglicher Aufgabenreduktionen (z. B. Abbau/Vereinfachung bürokratischer Verwaltungsaufgaben) Stimulation und Unterstützung der Laufbahndynamisierung durch Erweiterung oder Reduzierung der Arbeitsaufgaben, Spezialisierungen oder Wechsel (Enzmann/Kleiber 1989, 185 -186; Körner 2003, 398; Strittmatter 2007) © Ingeborg Hedderich 38
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