Rechtsschutz in Steuersachen Ri BFH Prof Dr Matthias

Rechtsschutz in Steuersachen Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Literaturhinweise • Jachmann, Rechtsschutz in Steuersachen Steuer und Studium 2012 Seite 573, Fortsetzung Seite 637 • Tipke/Lang, Steuerrecht • Tipke/Kruse, Kommentar AO/FGO

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Überblick über das gestufte Rechtsschutzverfahren Außergerichtlicher ordentlicher) Rechtsschutz Gerichtlicher Rechtsschutz Einspruch unter den Voraussetzungen der §§ 347 ff. AO 1. Stufe Klage bei FG Einspruchsentscheidung oder keine Entscheidung nach Frist 2. Stufe Revision bei Zulassung durch FG bzw. durch BFH nach NZB

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Einspruch (Abgrenzung „schlichtem Antrag auf Änderung“) • Form? (§ 357 AO Schriftlichkeit) • § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO isolierte Prüfung bestimmter SV • Einspruch umfassende Prüfung (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO) Änderung zum Nachteil? (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO) • Aussetzung der Vollziehung ?

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Eröffnung des Finanzverwaltungsweges (§ 347 AO = § 33 FGO) • Abgabenangelegenheit (§ 347 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AO) • im Anwendungsbereich der AO (vgl. § 1 AO) • Sonderfälle § 347 Abs. 1 Nr. 2 – 4 AO KAG der Länder nehmen zwar regelmäßig auf AO Bezug, nicht aber bzgl. Rechtsbehelfsverfahren

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Statthaftigkeit (§§ 347 Abs. 1, 348 AO) • gegen alle Steuerverwaltungsakte (§ 118 AO) • Negativabgrenzung (§ 348 AO) Nr. 1: gegen Einspruchsentscheidungen Nr. 2: bei Nichtentscheidung innerhalb angemessener Frist Untätigkeitsklage (§ 46 FGO) Untätigkeitseinspruch, § 347 Abs. 1 S. 2 AO Nr. 3: gegen VA der obersten Fin. Beh • § 347 Abs. 3 AO: nicht in Steuerstrafsachen

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Einspruchsbefugnis: §§ 350 - 353 AO • Einheitliche Gewinnfeststellung (§ 352 AO, § 48 FGO) • Beschwer bei Einkommensteuerfestsetzung auf 0 € ? • „Liebhabereifälle“ • Eingeschränkte Überprüfung von Änderungsbescheiden (§ 351 AO)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Einspruchsfrist (§ 355 Abs. 1 AO) einen Monat nach Bekanntgabe • Fristberechnung (§ 108 AO verweist auf §§ 187 -193 BGB) • Besonderheit: Bekanntgabefiktion § 122 Abs. 2 AO • Nachweisprobleme • Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Entscheidung über den Einspruch: vgl. § 367 AO • Einspruchsentscheidung durch erlassende Finanzbehörde (§ 367 Abs. 1 AO) • (Teil-)Abhilfebescheid (§ 367 Abs. 2 S. 3 AO) • Teileinspruchsentscheidung (§ 367 Abs. 2 a, 2 b AO)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Unzulässiger Einspruch wegen § 165 AO ? Umfang des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 + 4 AO Nr. 3: – Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht (nicht einfachgesetzlich) – Gegenstand eines Verfahrens (nicht z. B. Diskussion in Literatur) – vor dem Eu. GH, BVerf. G, oberstes Bundesgericht (nicht FG) Nr. 4: auch einachgesetzlich / Achtung: Umfang! Problem: Einspruchs-/Klagebegehren

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Vorbereitung der Klage • Erfolgsaussichten der Klage – Sachverhaltsunsicherheiten (Beweismittel) • Keine Bindung des Gerichts an die Tatsachenfeststellungen des FA • Oft nur eine geringe „Beweiserhebung“ durch das FA • Selten Zeugenaussagen • Gegebenenfalls tatsächliche Verständigung – Geklärte Rechtsfragen? FG oder BFH-Rechtsprechung?

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Vorbereitung der Klage • Erfolgsaussichten der Klage – Abwägung Kostenrisiko – Erfolgsaussichten – Taktische Klageerhebung • Verzögerung eines Strafverfahrens • Liquiditätsüberlegungen beim Mandanten – „Vorsorgliche“ Klageerhebung nach Einspruchsentscheidung? P. : Gerichtskosten • Alt. : Änderungsanstrag – Klageverfahren als verlängerte Veranlagung? • Ausschlussfristen beachten, § 364 b AO

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens Gerichtskosten – „Regel“-Streitwert EUR 5. 000, 00 – Mindeststreitwert EUR 1. 000, 00 – immer 4 Gebühren á EUR 55, 00 (=EUR 220, 00) – Kostenberechnung nach Beendigung des Prozesses, Basis Streitwert (=i. d. R. Steuerbetrag) – Kein „Vorschuss“ wie im Zivilprozess aber Vorauszahlungspflicht (EUR 220, 00) – Herabsetzung auf 2 Gebühren bei Klagerücknahme oder Hauptsacheerledigung (also mindestens EUR 110, 00)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Gebührenübersicht

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose PKH • PKH erhält, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen könnte, § 142 FGO i. V. m. §§ 114 ZPO • Vermögen ist einzusetzen. • PKH nur etwas für „Bedürftige“ ? • Voraussetzungen hinreichende Erfolgsaussichten - keine „mutwillige“ Klageerhebung „arm“ im Sinne des Gesetzes

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose PKH Freibeträge ab 1. Januar 2016 Antragsteller Ehefrau Kind 1 (15 Jahre) Kind 2 (10 Jahre) „Erwerbstätigenfreibetrag“ Miete Werbungskosten / Monat Versicherung Ratenkredit (Auto) Summe: 468 € 353 € 309 € 213 € 700 € 300 € 200 € 3. 211 € / netto !

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose PKH • Vollständiger (!) PKH-Antrag innerhalb der Klagefrist • „bedingte“ Klageerhebung ? Nein! • Aber: Wiedereinsetzung in die Klagefrist – PKH wird bewilligt: Wiedereinsetzung in Klagefrist – PKH wird nicht bewilligt: kurze Überlegensfrist (2 -3 Tage)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Aussetzung der Vollziehung • Grundsatz: Keine Hemmung der Vollziehbarkeit von Steuerbescheiden durch Einspruch, § 361 Abs. 1 AO • Voraussetzungen für Ad. V: – Antrag (Ad. V von Amts wegen selten) – Es bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids oder – die Vollziehung stellt für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte dar

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Aussetzung der Vollziehung • Ad. V nach Vorlagebeschlüssen durch den BFH an das BVerf. G: – Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen (sonst keine Vorlage) – Abwägung zwischen dem Interesse des Steuerpflichtigen an der Ad. V und dem Interesse der Allgemeinheit an der Vollziehung von Steuergesetzen

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Aussetzung der Vollziehung BFH vom 21. 11. 2013, II B 46/13 zur Erbschaftsteuer: • Ein berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen liegt jedenfalls vor, wenn er mangels des Erwerbs liquider Mittel zur Entrichtung der festgesetzten Erbschaftsteuer eigenes Vermögen einsetzen oder die erworbenen Vermögensgegenstände veräußern oder belasten muss. • Keine Spekulation über den Ausgang des Verfahrens bim BVerf. G

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Aussetzung der Vollziehung BFH vom 18. 12. 2013, I B 85/13 zur Zinsschranke • Ein berechtigtes Interesse liegt auch vor, wenn die Gefahren für die öffentliche Haushaltsführung vergleichsweise gering sind s. a. BFH I B 18/12 zu § 8 c KSt. G, Seer in TK, AO/FGO, § 69 FGO Tz. 96 ff. Hierzu aber: Bverf. G, Beschluss vom 1. 4. 2014, 2 Bv. L 2/09: Die Vorlage des BFH ist unzulässig…

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Aussetzung der Vollziehung • Darlegungspflicht, Glaubhaftmachung • Ad. V mit oder ohne Sicherheitsleistung? – S. BFH vom 6. 2. 2013, XI B 125/12: • Lassen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen eine Sicherheitsleistung nicht zu, darf der Rechtsvorteil der Ad. V nicht durch das Verlangen nach einer Sicherheitsleistung versagt werden. • S. auch BVerf. G vom 22. 9. 2009, 1 Bv. R 1305/09 zur Sicherheitsleistung bei laufend veranlagten Steuern

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Aussetzung der Vollziehung • FA muss im Ad. V-Verfahren das Bestehen des Steueranspruchs beweisen • Vorlage eines Aktenkonvoluts reicht dazu nicht aus • Kann der geltend gemachte Steueranspruch nicht schlüssig aus dem vorgetragenen Sachverhalt hergeleitet werden, ist Ad. V ohne Sicherheitsleistung zu gewähren (Hess. FG vom 9. 3. 2004, 6 V 4121/03)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Aussetzung der Vollziehung • • • Aussetzungszinsen = 0, 5% pro Monat, §§ 237, 238 AO Überlegung: Zahlung oder Ad. V-Antrag? Wenn Ad. V von Amts wegen gewährt wird: Einspruch möglich Besondere Zugangsvoraussetzung § 69 Abs. 4 FGO Ausnahmeregeln des § 69 Abs. 4 FGO werden streng behandelt Erneuter Antrag nach Abweisung möglich (§ 69 Abs. 6 FGO)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Aussetzung der Vollziehung • Ablauf des Ad. V-Verfahrens bei Gericht – – i. d. R. Entscheidung ohne mündliche Verhandlung Erörterungstermin selten Beschluss Rechtsmittel ?

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Aussetzung der Vollziehung • Kosten des Ad. V-Verfahrens - Gerichtsgebühren 2, 0 0, 75 - Streitwert 10 v. H. des Streitwerts der HS a. A. FG Ddorf v. 14. 11. 2011 11 V 1531/11, EFG 2012, 266: 25 v. H. • Kostentragung trotz Obsiegens im Ad. V-Verfahren - FG Sachs. Anh v. 20. 1. 2012 2 V 1261/11 EFG 2012, 1309

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Einstweilige Anordnung • § 114 FGO (=einstweilige Anordnung) neben § 69 FGO möglich ? – Beispiel: Es werden Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet, obwohl über den Ad. V-Antrag noch nicht entschieden wurde • Antrag ohne vorherigen Einspruch beim FG möglich • Erforderlich: – Anordnungsanspruch (z. B. § 258 AO) – Anordnungsgrund

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Einstweilige Anordnung Abwehr eines Insolvenzantrags • Finanzrechtsweg (zusätzlich eröffnet) - mangels Verwaltungsakt keine Anfechtungsklage - allgemeine Leistungsklage • vorläufiger Rechtsschutz nach § 114 FGO - schon im Vorfeld des Antrags möglich - Umfang der Überprüfung ? FG Köln v. 19. 3. 2009 – 15 V 111/09, EFG 2009, 1296 FG Köln v. 26. 6. 2008 - 6 V 973/08, EFG 2009, 870

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Voraussetzungen der Klage • Finanzrechtsweg (§ 33 FGO) – – – Steuerbescheide (ca. 75 % der Verfahren) Haftungsbescheide? Kindergeld? Pfändung von Steuererstattungsansprüchen? Pfändungsmaßnahmen des Finanzamts aus Steuerforderungen gegen Dritte? – Zölle?

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Voraussetzungen der Klage • Finanzrechtsweg (§ 33 FGO) – Öffentlich-rechtliche und berufsrechtliche Streitigkeiten über bestimmte im St. Ber. G geregelte Angelegenheiten • Voraussetzungen für die Berufsausübung • Prüfungszulassung • Widerruf der Bestellung • Prüfungsentscheidungen

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Voraussetzungen der Klagevoraussetzungen • Vorverfahren (Einspruchsverfahren) – § 44 FGO: In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage …nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. – Gegenstand … ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Voraussetzungen der Klage • Ausnahme: Isolierte Anfechtung nur der Einspruchsverfahren – Verlust einer Tatsacheninstanz (Einspruch wird als unzulässig verworfen) – Erstmalige Beschwer (Verböserung) – Einsprüche von Ehegatten

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Voraussetzungen der Klage • Ausnahme: Sprungklage (§ 45 FGO), wenn – Sachverhalt erschöpfend geklärt ist, – nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Finanzamt seine Rechtsauffassung im Einspruchsverfahren ändern wird. • Zustimmung des FA notwendig, sonst Abgabe ans FA zur Durchführung des Einspruchsverfahrens

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Voraussetzungen der Klage • Ausnahme: Untätigkeitsklage (§ 46 FGO) Finanzamt hat innerhalb einer angemessenen Zeit nicht über den Einspruch entschieden Abgrenzung zum Untätigkeitseinspruch

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Voraussetzungen der Klage • Klagearten – Anfechtungsklage – Verpflichtungsklage – Leistungsklage – Feststellungsklage

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Klagearten Anfechtungsklage • Gerichtet auf (Teil-)Aufhebung eines belastenden VA Verpflichtungsklage • Gerichtet auf die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten VA oder auf Verurteilung zum Erlass eines unterlassenen VA Problem: - Anfechtung eines Änderungsbescheids - Begehren eines Änderungsbescheids

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Klagearten Leistungsklage • Gerichtet auf Leistungen (Tun, Dulden oder Unterlassen), die kein VA sind (bspw. Auszahlung von Erstattungsbeträgen) Feststellungsklage • Subsidiär, gerichtet auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, – Vor. : Feststellungsinteresse

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Voraussetzungen der Klagevoraussetzungen • Finanzrechtsweg, § 33 FGO • Vorverfahren (Einspruchsverfahren) – § 44 FGO: In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage …nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. – Gegenstand … ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Voraussetzungen der Klage • Ausnahme: Sprungklage (§ 45 FGO), wenn – Sachverhalt erschöpfend geklärt ist, – nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Finanzamt seine Rechtsauffassung im Einspruchsverfahren ändern wird. – • Zustimmung des FA notwendig, sonst Abgabe ans FA zur Durchführung des Einspruchsverfahrens

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wirksame Klageerhebung • Vertretung vor Gericht - keine Ausschlussfrist mehr - Nachweis der Bevollmächtigung § 62 Abs. 6 Satz 4 FGO Das Gericht hat den Mangel von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht ein Bevollmächtigter nach Abs. 2 Satz 1 (St. B RAe etc) - Zurückweisung von Bevollmächtigten § 62 Abs. 3 Bei Bevollmächtigten nach Abs. 2 Satz 1 (St. B RAe etc) nicht mehr möglich, es sei denn, Zulassung verloren

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wirksame Klageerhebung Vertretung vor dem BFH - vor dem BFH herrscht Vertretungszwang (§ 62 Abs. 4 FGO) uneingeschränkt ! auch für Behörde !!

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wirksame Klageerhebung • Klagefrist einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung, § 47 Abs. 1 FGO • § 122 Abs. 2 AO gilt (3 -Tage-Fiktion bei Übermittlung durch die Post) • Zur Beweislast: BFH vom 29. 4. 2009, X R 35/08 – Kläger behauptete, dass ihm diverse Steuerbescheide nicht zugegangen seien, da er einen Briefkasten gemeinsam mit dem Nachbarn benutzte und diese schon einmal seine Post wegwerfe – P. : Zugang? BFH: (-)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wirksame Klageerhebung • Vorsicht bei Zustellungen an einen nicht mehr beauftragten Bevollmächtgten: BFH vom 14. 11. 2012, II R 14/11: – 27. 4. 2009 geänderter Erbschaftsteuerbescheid, Zustellung an früheren Bevollmächtigten; dieser schickte den Bescheid an das FA zurück – 1. 6. 2009: St. Pfl. (Australier) legt Einspruch ein, Eingang beim FA: 5. 6. 2009 – 18. 6. 2009 FA übermittelte dem Kläger unmittelbar den Bescheid, verwarf aber den Einspruch vom 1. 6. 2009 als unzulässig

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wirksame Klageerhebung – BFH: Der Einspruch ist unzulässig, da die Zustellung an den früheren Bevollmächtigten wirksam war, § 80 Abs. 1 AO – Erneute Übermittlung des Steuerbescheides irrelevant

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wirksame Klageerhebung • Beweislast bei behauptetem späterem Zugang als drei Tage nach Aufgabe zur Post: Steuerpflichtiger • Sind Fristbeginn und/oder Fristende an einem Wochenende oder Feiertag, beginnt bzw. endet die Frist erst am nächsten Werktag, die 3 -Tage-Fiktion wird demnach wie eine Frist behandelt • Anders bei förmlicher Zustellung: BFH Beschluss vom 21. 9. 2009, I B 48/09 I B 49/09: Fristbeginn kann auch ein Samstag sein • Wahrung der Frist auch durch „Anbringen bei der Behörde“, § 47 Abs. 2 FGO

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wirksame Klageerhebung • § 55 Abs. 2 FGO: Ist die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe zulässig… • Fehlender Hinweis auf die Einspruchsmöglichkeit per E-Mail führt nicht zur „Unrichtigkeit“ der Rechtsbehelfsbelehrung (BFH vom 12. 2012, I B 127/12)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Versäumung der Klagefrist - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, § 56 FGO Vorraussetzung: – ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten – Antrag binnen 2 Wochen, (anders § 110 AO = 1 Monat) – versäumte Rechtshandlung ist innerhalb der 2 -Wochen-Frist nachzuholen

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wiedereinsetzung in den vorigen Stand • BFH vom 15. 11. 2012 XI B 70/12: Keine Wiedereinsetzung, wenn eine Frist deshalb versäumt wurde, weil nur die ersten 4 von insgesamt 21 Seiten eines Faxes vor 24. 00 Uhr eingingen • BFH vom 13. 09. 2012 XI R 48/10: Keine Wiedereinsetzung bei unzureichender Vorsorge gegen irrtümliche Löschung einer Frist) • BFH vom 6. 11. 2012, VIII R 40/10: Die Grundsätze für Berater gelten auch für das Finanzamt (Zustellung durch PZU am 15. 10. 2012, Eingangsstempel des FA am 17. 10. 2012)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Versäumung der Klagefrist: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, § 56 FGO – FG Köln Urteil v. 15. 12. 2009, 12 K 3102/09 zur Zurechnung des Verschuldens eines Steuerberaters, der eine Einspruchsentscheidung erst mit 2 -wöchiger Verspätung an seinen Mandanten weitergeleitet hat: Erhöhte Sorgfaltspflichten bis hin zur vorsorglichen Klageeinreichung

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wirksame Klageerhebung Form der Klageerhebung – schriftlich oder zur Niederschrift, § 64 Abs. 1 FGO handschriftliche Unterschrift erforderlich – Aber: eingescannte Unterschrift kann ausreichen: BFH vom 22. 6. 2010, VIII R 38/08 per Telefax – per email § 52 a FGO + Rechtsverordnungen erforderlich: qualifizierte elektronische Signatur – elektronisches Gerichtsfach: www. egvp. de

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wirksame Klageerhebung Mussinhalt § 65 Abs. 1 FGO : - Bezeichnung des Klägers mit Name, Anschrift, ggf. Funktion Bezeichnung des Beklagten (Finanzbehörde) Gegenstand des Klagebegehrens Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes (Anfechtungsklagen) - Bezeichnung der Einspruchsentscheidung (Anfechtungsklagen) Grube, Zum Kern der Klagebegründung im Steuerprozess, DSt. Z 2012, 583.

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Klagegegenstand "Die Klage richtet sich gegen den Einkommensteuerbescheid vom ______ und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom ______. Begehrt wird die Herabsetzung der Einkommensteuer wegen nicht anerkannter Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 10. 000 Euro. "

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Klagegegenstand „Die Klage richtet sich gegen den Schätzungsbescheid zur Einkommensteuer 2015 vom ______ und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom ______. Begehrt wird die erklärungsgemäße Veranlagung gemäß beiliegender Einkommensteuererklärung. " „Begehrt wird die Aufhebung des den Grunderwerbsteuerbescheid vom ______ ändernden Bescheids vom _______ in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom _____. Die Voraussetzungen für eine Änderung liegen nicht vor. "

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wirksame Klageerhebung Sollinhalt, § 65 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 FGO – Bestimmter Antrag • P. : Was ist, wenn der Antrag nicht weit genug ist? S. BFH vom 16. 01. 2008 - II R 10/06 – Zur Begründung dienende Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. – Urschrift oder eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts Einspruchsentscheidung sollen beigefügt werden Ausschlussfrist, § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Wirksame Klageerhebung • Aufbau einer Klagebegründung • Anträge • Sachverhalt • Rechtliche Würdigung • Klageerwiderung / Replik / Duplik

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Besetzung des Gerichts • Senatsbesetzung: § 5 FGO • Rolle der ehrenamtlichen Richter • Einzelrichter: § 6 FGO – Keine besonderen Schwierigkeiten und – keine grundsätzliche Bedeutung – Beschluss ist unanfechtbar, § 6 Abs. 4 FGO

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Beschleunigung des Verfahrens Entscheidung durch den BE an Stelle des Senates ? • § 79 a Abs. 1 FGO (Nebenentscheidungen) • § 79 a Abs. 2 FGO (Gerichtsbescheid) • § 79 a Abs. 4 FGO (Einverständnis der Beteiligten)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Ausschlussfristen • Ausschlussfrist des § 79 b Abs. 2 FGO Frist zur Angabe von 1. Tatsachen oder Beweismittel 2. Vorlage von Urkunden oder beweglichen Sachen

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Ausschlussfristen Nach Ablauf der Frist vorgebrachte Erklärungen oder Beweismittel kann das Gericht zurückweisen, wenn 1. durch sie eine Verzögerung eintreten würde und 2. die Verspätung nicht entschuldigt wird und 3. die Beteiligten über die Folgen der Fristsetzung informiert waren.

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Erörterungstermin Sinn und Unsinn eines Erörterungstermins BFH vom 1. 9. 2005 IX B 44/05, Sachverhalt • Erörterungstermin vor Berichterstatterin • Kläger bekam Frist zu Stellungnahme, es sollte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. • Am Tag des Fristablauf teilt PB des Klägers mit, man brauche noch etwas Zeit, Berichterstatterin: Ich werde aber bald entscheiden! • eine Woche später: Urteil mit Klageabweisung • BFH: Verstoß gegen Gebot des rechtlichen Gehörs

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Mündliche Verhandlung Verzicht auf mündlichen Verhandlung § 90 Abs. 2 FGO - Vorteile - Nachteile • Alternative: Gerichtsbescheid, § 91 a FGO? • Alternative: Videokonferenz, § 93 a FGO ?

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Entscheidung ohne mündliche Verhandlung • Gerichtsbescheid: Entscheidung ohne mündliche Verhandlung – auch zulässig, wenn nicht auf mündliche Verhandlung verzichtet wurde. – dagegen Antrag auf mündliche Verhandlung möglich; Frist: 1 Monat nach Zustellung

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Beiladung • Einfache Beiladung (§ 60 Abs. 1 FGO) Das FG kann von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen …durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften. • Beispiele: – Ehegatten bei Klage gegen ESt-Veranlagung und ESt. Vorauszahlungen – Haftungsschuldner im Prozess des Steuerpflichtigen, §§ 69 ff AO

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Beiladung • notwendige Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung). • Beispiele: – Aufteilung einer Gesamtschuld – Einheitlich und gesonderte Feststellung von Einkünften: alle Klageberechtigten

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Beiladung Rechtsfolge: • Bindung der Beigeladenen an die Rechtskraft des Urteils, § 110 FGO

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 10. 1. 1991 E Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose F T = Alleinerbin • • • FG München vom 24. 8. 2005 4 K 4361/03 rkr, EFG 2005, 1887 11. 3. 1991: F macht durch Anwaltschreiben Pflichtteil geltend 25. 3. 1992: Vergleich: F verzichtet auf Pflichtteil nach E, T verzichtet auf Pflichtteil nach F T macht in Erb. St-Erklärung Pflichtteilsansprüche der F in Höhe von DM 1. 921. 498, 91 geltend Abzugsfähigkeit des Pflichtteilsanspruchs? FG lädt F zum Verfahren bei

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Beiladung 2. Verfahren (der Mutter: Versteuerung des Pflichtteilanspruchs) • Mutter wendet sich gegen Erbst • Finanzgericht: Zur „Geltendmachung des Pflichtteils“ verlieren wir kein Wort, wg. Rechtskraft Beiladung

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Laufendes Klageverfahren Recht auf Akteneinsicht, § 78 FGO • alle Akten / keine „Geheimakten“ • Ort der Einsichtnahme nicht geregelt i. d. R. Gericht oder Finanzamt • Zuständig Spruchkörper

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Laufendes Klageverfahren Darlegungs- und Feststellungslast, oder auch: Mitwirkungspflichten versus Amtsermittlung • § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO Gericht ermittelt von Amts wegen • § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO Beteiligte sind dabei heranzuziehen

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Laufendes Klageverfahren Darlegungs- und Feststellungslast • Keine subjektive Beweislast • Kläger trägt Feststellungslast für alle steuermindernden Tatbestandsmerkmale (Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben, Sonderabschreibungen. . . ) • Beklagte trägt Feststellungslast für alle steuererhöhenden Tatbestandsmerkmale, z. B. Betriebseinnahmen, Vorliegen eines Gewerbebetriebs, Herkunft bestimmten Vermögens

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Laufendes Klageverfahren Mitwirkungspflichten Anschaulich BFH v. 19. 10. 2011 X R 65/09: Verletzung der Mitwirkungspflicht führt nicht zur Begrenzung des Amtsermittlungsgrundsatzes! Erfüllung der Mitwirkungspflicht und Beweisanträge im FGVerfahren lösen Erweiterung der Amtsermittlungspflichten von FA und FG aus!

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Laufendes Klageverfahren Mitwirkungspflichten • Beweismittelbeschaffung bei internationalen Steuerfällen ( § 90 Abs. 2 AO) • Informationspflicht unter Zuhilfenahme von Aufzeichnungen (§ 93 Abs. 3 S. 2 AO) • Vorlage von Urkunden (§ 97 Abs. 1 Abs. 3 AO) • Gestatten des Betretens von Räumen und Grundstücken (§ 99 AO) • Vorlage von Wertsachen (§ 100 AO)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Laufendes Klageverfahren Mitwirkungspflichten • • § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO § 158 AO (Buchführung) § 160 AO (Benennung von Zahlungsempfängern) § 162 AO (Schätzung)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Laufendes Klageverfahren Mitwirkungspflichten bei Steuerhinterziehung Soweit Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung Tatbestandsmerkmale sind, liegt die Feststellungslast hierfür beim Finanzamt. objektive und subjektive Voraussetzungen der Steuerstraftat. Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ im finanzgerichtlichen Verfahren

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Laufendes Klageverfahren Mitwirkungspflichten bei Steuerhinterziehung • BFH II R 66/06 vom 20. 6. 2007 BFH/NV 2007, 2057: „Beweismaßerleichterungen, die im Besteuerungs- und Finanzgerichtsverfahren in Folge verweigerter Mitwirkung des Steuerpflichtigen an der Aufklärung des Sachverhalts eintreten, dürfen allerdings bei der Feststellung einer Steuerhinterziehung dem Grunde nach nicht genutzt werden. … Lediglich die Schätzung der Höhe hinterzogener Steuern ist mit einer Einschränkung bezüglich des Schätzungsrahmens möglich…

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Laufendes Klageverfahren • Mitwirkungspflichten bei Steuerhinterziehung aber: kein höherer Grad der Gewissheit erforderlich, s. d. BFH v. 11. 5. 2011 II B 63/11, BFH/NV 2012, 1455 Bindungswirkung der strafgerichtlichen Feststellungen: BFH 26. 7. 2010 VIII B 198/09: Die Tatsacheninstanz darf grundsätzlich keine Zeugenaussage würdigen, ohne die Zeugen in der mündlichen Verhandlung tatsächlich zu vernehmen S. zuletzt BFH vom 12. 7. 2016, II R 42/14 zur Feststellung einer Steuerhinterziehung bei behauptetem Vorliegen eines Treuhandverhältnisses

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Mündliche Verhandlung • Vorbereitung der mündlichen Verhandlung: §§ 79, 90 FGO • Ladungsfrist: mind. 2 Wochen (§ 91 FGO)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Mündliche Verhandlung Termin zur mündlichen Verhandlung aus Sicht des Beraters – Vorbereitung des Mandanten • Im Vorfeld prüfen: soll der Mandant mit zum Termin? Ist er persönlich geladen? – Beweisanträge – präsente Zeugen

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Ablauf der mündlichen Verhandlung • Ablauf der mündlichen Verhandlung: §§ 92, 93 FGO – Aufnahme der Beteiligten / Anwesenden – Vortrag des wesentlichen Akteninhalts durch BE – Gelegenheit zur Stellungnahme – Verhandlung – Termin zur Verkündung einer Entscheidung

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Mündliche Verhandlung • Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung • Ist das Gericht nicht allen Beweisanträgen nachgekommen, ist zu Protokoll zu geben, dass alle Beweisanträge aufrechterhalten bleiben und vorsorglich die Übergehung der Anträge als Verfahrensfehler gerügt wird. • Schweigen würde Antragsverzicht und damit den Verlust der Verfahrensrüge bedeuten, das FG seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung (§ 76 FGO) nicht nachgekommen (vgl. § 155 FGO i. Vm. § 295 ZPO).

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Laufendes Klageverfahren • Das FG ist verpflichtet, allen Beweisanträgen nachzugehen, sofern die zu beweisenden Tatsachen für die Entscheidung erheblich sind • Ist das Gericht nicht allen Beweisanträgen nachgekommen, ist unverzichtbar, in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll zu geben, dass – alle Beweisanträge aufrechterhalten bleiben und vorsorglich die Übergehung der Anträge als Verfahrensfehler gerügt wird.

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Laufendes Klageverfahren • Beweiserhebung – Beweisthema – Beweismittel • Zeugenvernehmung • Sachverständigenvernehmung, -gutachten; ggflls. durch gerichtseigene Prüfungsbeamte • Inaugenscheinnahme • Beteiligtenvernehmung sowie • Heranziehung von Urkunden

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Änderung von Steuerbescheiden • Änderung des Bescheids während des Verfahrens Neuer Bescheid wird automatisch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens (§ 68 Satz 1 FGO) – bei Teilabhilfe: Klageantrag anpassen! – Vollumfängliche Abhilfe? Klage wird unzulässig (Rechtsschutzinteresse [-] ) – Prozesserklärung: Rücknahme oder Erledigung der Hauptsache…?

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Klagerücknahme und Hauptsacheerledigung • Hauptsacheerledigung = durch ein außerprozessuales Ereignis nach Klageerhebung wird das streitige Klagebegehren gegenstandslos (bspw. wird der angefochtene Steuerbescheid von der Finanzbehörde aufgehoben, es erfolgt eine zivilrechtliche Einigung über eine drohende Verpflichtung, Verständigung im Termin zur mündlichen Verhandlung) • Beiderseitige Hauptsacheerledigung = beide Parteien erklären die Hauptsache für erledigt

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Klagerücknahme und Hauptsacheerledigung • Erledigungserklärung wird für das beklagte FA fingiert, wenn es einer Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von 2 Wochen widerspricht und das FG auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat • Rechtsfolge: FG entscheidet nur noch über die Kosten nach billigem Ermessen, 2 Gerichtsgebühren entfallen

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Klagerücknahme und Hauptsacheerledigung • Einseitige Hauptsacheerledigung des Klägers und Widerspruch durch FA: – Rechtsfolge: FG entscheidet, ob Erledigung eingetreten ist – Wenn nicht: Klageabweisung – Es bleibt bei 4 Gerichtsgebühren

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Klagerücknahme und Hauptsacheerledigung • Achtung bei Erledigungserklärung : s. BFH vom 29. 8. 2012 II R 49/11: • Klägerin hatte gegen die ungleiche Erbschaftsbesteuerung eingetragener Lebenspartner geklagt • Während des Verfahrens erließ das FA einen Bescheid unter § 165 AO, Klägerin erklärte für erledigt. Nach der Entscheidung des BVerf. G wurde der Bescheid geändert.

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Klagerücknahme und Hauptsacheerledigung BFH: • Verlust von Prozesszinsen, da die Änderung des Erbschaftsteuerbescheides nicht wegen des Klageverfahrens – das längst beendet war-, sondern wegen des Bescheides erfolgt. • Alternative: Antrag auf Ruhen des Verfahrens, § 74 FGO

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Klagerücknahme und Hauptsacheerledigung • Klagerücknahme, § 72 FGO – Zulässig bis zur Rechtskraft des Urteils – Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, bei Verzicht auf die mündliche Verhandlung und nach Ergehen eines Gerichtsbescheides ist die Rücknahme nur mit Einwilligung des Beklagten möglich – Regelmäßig Kostentragungspflicht durch Kläger, § 136 Abs. 2 FGO (aber Reduzierung auf 2 Gerichtsgebühren)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Verfahrensbeendigung • Urteil – §§ 95, 96 FGO – Inhalt des Urteils: § 100 FGO – vier (Haupt-)Entscheidungsvarianten • Klageabweisung • Kassation - § 100 I 1 2 FGO • abändernde Betragsfestsetzung nach § 100 II 3 • Entscheidung nach § 100 III (Verweisung an Finanzamt)

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Rechtsmittel § 115 (1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Rechtsmittel § 115 (2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder 3. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. (3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Revision • Frist zur Einlegung beim BFH ein Monat nach Zustellung, § 120 Abs. 1 FGO • Frist zur Begründung zwei Monate nach Zustellung, § 120 Abs. 2 FGO beliebig verlängerbar

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Revision § 118 (1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. (2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Revision Die Begründung muss enthalten: 1. die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Revisionsanträge); 2. die Angabe der Revisionsgründe, und zwar a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; b) soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Nichtzulassungsbeschwerde Frist zur Einlegung beim BFH ein Monat, § 116 Abs. 2 FGO Frist zur Begründung zwei Monate, § 116 Abs. 3 FGO einmal um 1 Monat verlängerbar

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Nichtzulassungsbeschwerde Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO abschließend – grundsätzliche Bedeutung – Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung – Vorliegen eines Verfahrensmangels Im NZB-Verfahren geht es nicht um die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung!

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Nichtzulassungsbeschwerde Entscheidung des BFH durch Beschluss bei Stattgabe wegen Verfahrensverstoß Aufhebung Urteil und Zurückverweisung (§ 116 Abs. 6 FGO) bei Stattgabe aus anderen Gründen Verfahren läuft als Revisionsverfahren weiter Achtung: einmonatige Revisionsbegründungsfrist läuft

Rechtsschutz in Steuersachen WS 2016/17 Ri. BFH Prof. Dr. Matthias Loose Anhörungsrüge § 133 a FGO 1. unanfechtbare Entscheidung 2. Gericht hat Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt 3. Rügefrist: 2 Wochen nach Kenntnis von der Verletzung 4. Verfahren: Anhörungsrüge ist einzulegen beim Gericht, dessen Entscheidung gerügt wird 5. Entscheidung erfolgt durch unanfechtbaren Beschluss 6. Rechtfolgen Verwerfen oder zurückweisen oder Verfahren fortführen
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