Prozessdiagnostik Prozessdiagnostik Es gibt grundstzlich zwei Ebenen auf
Prozessdiagnostik
Prozessdiagnostik • Es gibt grundsätzlich zwei Ebenen, auf denen Prozessdiagnostik ablaufen kann – (A) als wiederholte Beobachtung/Beurteilung (standardisiert oder nicht-standardisiert – (B) als Interpretation/Deutung des Aneignungsprozesses eines Schülers
Prozessdiagnostik • (A) Adaptive Gestaltung des Programms • (1) Feststellung des individuellen Förderbedarfs • (2) Formulierung individueller Lernziele • (2) Auswahl der Lerneinheiten nach individuellem Leistungsstand • (3) Feststellung des individuellen Lernfortschrittes (-> 1)
Förderbedarf / Förderplan: Auswahl eines spezifischen Trainingsprogramms / Trainingseinheit Aufgaben der Prozessdiagnostik ? Trainingseinheit Trainingseinheit Ein Trainingsprogramm besteht aus einer Sequenz von Trainingseinheiten (Modulen). Zwischen den Modulen sind Wechsel und Wiederholungen möglich
Aufgaben der Prozessdiagnostik Evaluation der Trainingsfortschritte / Trainingserfolgs Trainingseinheit Festlegung der Trainingssequenz Wiederholung / Wechsel innerhalb / zwischen Einheiten Evaluation von Nachhaltigkeit & Transfer Trainingseinheit Diagnostik nötiger Prozesshilfen in den Trainingseinheiten / Transfer
Methoden • Evaluation des Trainingserfolgs / Nachhaltigkeit / Transfer • Fortschritte & Festlegung der Trainingssequenz Wiederholung / Wechsel innerhalb / zwischen Einheiten • Diagnostik nötiger Prozesshilfen in den Trainingseinheiten / Transfer • Lerntests Screenings • Fehleranalysen • quantitative / qualitative modulspezifische Kriterien (z. B. Zahl richtiger Lösungen) • Fehleranalysen • Interpretation und Deutung des individuellen Aneignungsprozesses
Testen oder Lernziele überprüfen? • (1) Feststellung des Förderbedarfs in längeren Zeitabständen – Einsatz von Tests, wenn Vergleich mit Altersgruppe nötig (z. B. „Wie gut sind die Rechtschreibkenntnisse im Vergleich zu Gleichaltrigen) um Entscheidung zu treffen • (2) Lern-/Entwicklungsprozess, Förderung – Orientierung an individuellem Leistungsstand – Festlegung von Lernzielen für Förderung • (3) Dynamisches Testen (verbindet Test und Lernprozess) / noch wenig praxistauglich
• In einem zyklischen Prozess werden Hypothesen darüber formuliert, welche Angebote der Schüler braucht und mittels Beobachtung und Befragung wird ermittelt, wie weit er gerade fortgeschritten ist. • Je nach Ausmaß und Art des Fortschrittes muss der nächste Schritt der Förderung (das nächste Lernziel) geplant und dem individuellen Stand des Schülers angepasst werden. • D. h. , man muss aus Beobachtungen und Gesprächen und einer gemeinsamen Auswertung mit dem Schüler ableiten, wo er gerade steht und wie man ihm über Aneignungs- und Umsetzungsprobleme hinweg helfen kann. • Hier also scheint eine Überschneidung zwischen Wissensvermittlung und Beratung zu bestehen
• Aspekt der stärkenorientierten / ressourcenorientierten Anpassung der Lerninhalte • Wünschenswert: Anpassung des Lernprozesses / der Inhalte an subjektive Sinnstrukturen des Kindes, um Aneignungs- und Transferprozesse zu erleichtern • (1) Identifikation von hemmenden (Blockaden) und entwicklungsfördernden Schemata (Kognitive Nischen) • (2) Anpassung des Lernprozesses an diese Strukturen
Die spezifischen, lernzielorientierten Programme sind in einen übergeordneten Beratungs- und Förderprozess eingebettet „Lernumgebung“ Trainingseinheit Trainingsteinheit Trainingseinheit
Lern- und Motivationsprobleme sind oft das Resultat mangelnder Passung zwischen Lernangeboten und den individuellen Bedürfnissen des Lernenden
• Dieser Beratungs- und Förderprozess erstreckt sich nicht nur auf den Schüler, sondern auf alle relevanten Personen in seinem Bezugssystem • Er bezieht sich auf die „Passungsgrenze“ der individuellen Systeme – D. h. : Verhalten, subjektive Deutungsmuster, Ressourcen, Schwächen
Ressourcen / Stärken • Ressourcen sind in diesem Falle Eigenschaften des Schülers oder seiner Umwelt, die sich positiv deuten und für die Lernförderung nutzen lassen – Fähigkeiten – Interessen, Hobby, Lebensziele – Erfahrungen in der Bewältigung von Problemen – Einstellungen gegenüber Wissen / Sinnhaftigkeit – Unterstützung gebende Personen
Adaptivität • Menschen erwerben außerhalb der Schule keine isolierten Lösungsstrategien • Sie interessieren sich für persönlich wichtige Themen und lösen dabei auftretende Probleme unter Einsatz aller zu Verfügung stehenden Fähigkeiten • Dabei können sie neue Lösungsstrategien entwickeln oder erlernen • Insbesondere dann, wenn sie die Defizite der alten Lösungsstrategien nicht kompensieren können
• Ziel des förderdiagnostischen Beratungsprozesses sollte es sein, – Lernangebote an vorhandene Kompetenzen anzupassen • Vorhandene Heuristiken, Algorithmen oder Schemata • Ressourcen funktional in Lernangebote einbeziehen – Lernumgebung so zu gestalten, dass • Sinnhaftes Lernen möglich ist • Schüler motiviert wird • Veränderungsanforderungen reduziert werden
Konzeptionelle & prozedurale Nischen Sozio-ökologische Nischen Lebenswelt Ököl. Systeme Persönlichkeit Selbstbild Entwicklungsräume Zone mit hoher Wahrscheinlichkeit für Veränderungen
Stabilisierende soziale Nische • Reduktion von Misserfolg /Angst • Abwesenheit unerfüllbarer Erwartungen, Abwesenheit kognitiver Überlastungen • Ohne negative Konsequenzen für die eigene Person (insbesondere kein Gesichtsverlust) • Durch vorhandene Fähigkeiten bewältigbar • Fehlende Fähigkeiten kompensierbar Konzeptionelle Nischen • Selbstkonzeptstabilisierende Interpretationen • Aktivierung kompensativer Konzepte Entwicklungsorientierte soziale Nische • Ermöglicht Exploration von Alternativen für die Lösung nicht kompensierbarer Probleme • (zunächst) reduzierte Erfolgserwartungen • (zunächst) reduzierte kognitive Beanspruchungen • Keine weitreichenden, unerfüllbaren Veränderungsansprüche • Keine oder geringe negative Konsequenzen für die eigene Person (insbesondere kein Gesichtsverlust) Konzeptionelle Nischen • Positiver oder noch nicht negativ besetzter ERFAHRUNGSBEREICH • Aktivierung lösungsorientierter Konzepte
Konzeptionelle Nischen • Konzeptionelle Nischen sind in diesem Sinne diejenigen Bereiche der subjektiven Problem-/und Selbstsicht, für die gilt: – wenige Erfahrungen (niedrige Elaboration, d. h. , geringe kognitive Konsistenzeffekte) – emotionale Bedeutsamkeit – Für die Akzeptanz neuen Wissens bieten sich „Umwege“ für emotionale (implizite) Blockaden (erfolgversprechende Kompromisse)
Stabilisierende soziale Nische Rückzugsraum zum Abklingen der Frustration/Erregung Abwesenheit anderer Personen Konzeptionelle Nischen • Ich bin nicht immer unfähig • Ich habe auch gute Eigenschaften und Fähigkeiten, aus denen ich etwas machen kann Entwicklungsorientierte soziale Nische Ich kann hier ausprobieren, besser zu werden Wenn ich mal versage, werde ich nicht bestraft, sondern kann etwas tun, um es wieder gut zu machen Ich muss mich nicht beschämen lassen Konzeptionelle Nischen • Selbstkonzeptstabilisierende Interpretationen • Aktivierung lösungsorientierter Konzepte • „Wenn ich lesen und schreiben kann, dann hilft mir das, bei Dingen, die mich interessieren, besser zu werden“
• Gegenteil einer Nische: • Konfrontation mit Lösungsideen, die nicht verbunden sind mit eigener Problemsicht • Konfrontation mit Lösungsideen, die nichtvorhandene Kompetenzen erfordern • Konfrontation mit Lösungsideen, die mit Herabsetzung einhergehen • Konfrontation mit Lösungsideen, die zu viele simultane Ziele erfordern • Konfrontation mit Transferanforderungen auf Situationen, die zu geringe Ähnlichkeiten mit gemeisterten Situationen haben
Stabilisierende soziale Nische Integrationsorientierte Angebote Überprüfung der Nischenkriterien Kommunikative Validierung Konzeptionelle Nischen • Selbstkonzeptstabilisierende Interpretationen • Ressourcenaktivierung zur Kompensation Entwicklungsorientierte soziale Nische Konzeptionelle Nischen • Selbstkonzeptstabilisierende Interpretationen • Aktivierung lösungsorientierter Konzepte • „Wenn ich lesen und schreiben kann, dann hilft mir das, bei Dingen, die mich interessieren, besser zu werden“ Ressourcenorientierte Angebote Beratung, Trainingsmodule
Konsequenzen für Förderung • Beratende Förderung kann vermutlich durch die Kombination von spezifischen Lernangeboten und Lernumgebungen am erfolgreichsten sein • Spezifisch: – Beratung bei der Identifikation vorhandenen Lösungskompetenzen – Beratung bei der Entwicklung neuer Lösungsansätze • Z. B. Leseübungen • Lernumgebung – Anpassung der Lerninhalte an Interessen und Stärken – Schaffung sozial-ökologischer Nischen (Klasse, Schule)
Fördernde Lernumgebung Spezifisches, defizitorientiertes Lernangebot (z. B. Lesetraining) Ressource: Interesse an Internet und Dinosauriern (positiv besetzte Erfahrungsbereiche) Funktionale Verknüpfung: „Wenn Du besser lesen kannst, kannst Du auch mehr über Dinosaurier erfahren“ Entwicklungsorientierte Nische: Referat/Projekt über Dinosaurier, Saurier. Experte, Fernziel: Interaktive Teilnahme an Webangebot Lernzielverknüpfung: Nach jeder Leseübungseinheit ins Internet gehen und schauen, was man jetzt neues erfahren kann; das Lesen der Webseiten gegebenenfalls als Lesetraining nutzen
Ressourcenorientierung in der Begutachtung • Es gibt zwei Formen der schriftlich dokumentierten Begutachtung – Ausführliches förderdiagnostisches Gutachten – Förderpläne (als knappe Formulare)
Ressourcen und Defizite • Für beide Formen des Gutachtens gilt: – Feststellung von Lern/Entwicklungsrückständen (Defiziten) • Ableitung von Lern-/Entwicklungszielen – Feststellung der vorhandenen Stärken / Ressourcen • Ableitung von Unterstützungsangeboten, die vorhandenen Ressourcen nutzen
Fallanalyse • Man kann Risikofaktoren, Lernrückstände und Ressourcen in der Art (hypothetischer) Ursache. Wirkungszusammenhänge analysieren Risikofaktor(en) z. B. Millieu Eltern zur Unterstützung gewinnen Lernrückstand z. B. Rechtschreibung Ressourcen Lernziel z. B. Erlernen der alphabetischen Strategie Interessenorientierte Materialien
Fallanalyse • Die Analyse/Begutachtung mit Hilfe eines Formulars kann allerdings zu Darstellungsproblemen führen – Ein Risikofaktor kann mehrere Defizite erklären – Ein Defizit kann mit mehreren Risikofaktoren zusammenhängen, die sich eventuell gegenseitig bedingen – Ressource kann mehrere Defizite/Risikofaktoren kompensieren – Etc. • Solche multiplen Zusammenhänge sprengen jede Form der linearen (tabellarischen) Darstellung
Fallanalyse - Hypothesen • Es ist daher oft nötig, diese Zusammenhangsmuster gesondert aufzuführen, und zwar in Form von Hypothesen 1. Rückstände bei der Zweitspracherwerb wg. verspätetem Beginn des Zweitspracherwerbs und wegen fehlender Sprachpraxis in der Familie -> Probleme bei der Sprachproduktion -> Probleme bei Verständnis von Aufgabenstellungen und Erläuterungen -> Probleme beim Transfer -> er erschließt sich vieles aus eigener Beobachtung; Warum fragt er nicht nach? o A scheint dazu zu neigen, sich nur mit eigenen Beiträgen am Unterricht zu beteiligen, wenn er das Gefühl hat, dabei keinen Fehler zu machen o A. gehemmt, weil in seiner Familie der Schule kein hoher Wert beigemessen wird?
Veränderbarkeit zentraler Schemata • Diese Schemata sind – umso stabiler, je abstrakter und elaborierter sie sind – Die Veränderbarkeit nimmt aber zu, wenn man bereichsspezifischere Ausschnitte wählt und direkt mit einer Intervention anspricht (Metastudie von O‘Mara et al. , 2006) – Die höchsten (inkongruenten) Veränderungseffekte kann man erzielen, wenn man Bereiche anspricht, in denen bisher kaum Erfahrungen gesammelt wurden (Stahlberg et al. , 2000)
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