Probleme mit dem Artkonzept welches Artkonzept e o
Probleme mit dem Artkonzept – welches Artkonzept? e o -h n e e e n e gt i n i ere io s r e tv x e T di r ü f c a r a Ch ag p e m b d l i B Hendrik Schubert 01. 11. 2020 Inst. Biowissenschaften, Universität Rostock UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze und wrap-up 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 2
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Hauptproblem: Artabgrenzung d. h. Festlegung, anhand welcher Kriterien eine Grenzziehung zwischen den Kategorien „Art“; „Unterart“; „Varietät“ und „Form“ erfolgen soll. Unterschiedliche Auffassungen z. B. Wood vs. Migula (Krause) – Sexualität als Kriterium auf Artniveau? (triözische Arten wie Fraxinus excelsior sind in der Botanik akzeptiert!) Wesentlich schwieriger: „Übergangsformen“ 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 3
Übersicht Artkonzepte in der Biologie Einführung & Erinnerung Verwirrungen Lösungsansätze „Übergangsformen“ können zum Beispiel auftreten, wenn die Wahl des Entscheidungskriteriums „problematisch“ war – nahezu alle Schlüssel sind ggw. hierarchisch (dichotom) aufgebaut, es existieren nur noch wenige Ausnahmen (z. B. Kornmann und Sahling) Beispiel für „problematische“ Kriterien sind: - Berindung 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 4
Podrodzina Charoideae Tribus Chareae fehlend Ungeteilt, aber kann als Haupt- und Seitenstrahlen aussehen diözisch RINDE & STACHELZELLEN Bestimmungsschlüssel der Gattungen des Tribus Chareae vorhanden (ausnahmsweise fehlend oder rudimentär) STIPULAREN vorhanden deutlich ungeteilt ÄSTE vorwiegend rudimentär oder fehlend (schau auf die unterschiedliche Teile des Thallus RINDE (Nitellopsis obtusa) vorhanden (ausnahmsweise fehlend) Einreihig (haplostich) STIPULAREN zweireihig (diplostich) (ausnahmsweise in drei oder eine Quirle) zwischen Antheridien OOGONIA Oberhalb der Antheridien Spezifische weiße sternförmige Bulbillen Nitellopsis Aus Pukacz et al. 2016 Lychnothamnus (Lychnothamnus barbatus) Chara
Übersicht Artkonzepte in der Biologie Einführung & Erinnerung Verwirrungen Lösungsansätze „Übergangsformen“ können zum Beispiel auftreten, wenn die Wahl des Entscheidungskriteriums „problematisch“ war – nahezu alle Schlüssel sind ggw. hierarchisch (dichotom) aufgebaut, es existieren nur noch wenige Ausnahmen (z. B. Kornmann und Sahling) Beispiel für „problematische“ Kriterien sind: - Berindung - Nicht durchgängig beobachtbare Kriterien 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 6
Bestimmungsschlüssel für ausgewählte Arten Nitella 2. A Aus Pukacz et al. 2016 weibliche Äste ungeteilt, männliche Äste bilden Köpfchen, zusätzliche Äste in Quirlen vorhanden Nitella syncarpa sowohl weibliche als auch männliche Äste geteilt, zusätzliche Äste nicht vorhanden Nitella capillaris monözisch, zusätzliche Äste vorhanden, die Zellwand des Astes dünn Nitella flexilis diözisch, zusätzliche Äste nicht vorhanden, die Zellwand des Astes dünn Nitella opaca 2. B Gametangien an allen Astgablungen, Äste neigen nicht zur Köpfchenbildung 2. C Gametangien treten nicht an den ersten Astgabelungen auf, sehr kurz, mehrmals kürzer als Internodien, obere Äste zu Köpfchen bzw. Bürsten zusammengezogen Nitella gracilis Nitella tenuissima
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Weitere Probleme können aus dem simplen Fakt, dass Schlüssel vor allem durch Spezialisten erstellt werden, entstehen – denen genügt meist der „Habitus“ bei gut abgrenzbaren Arten (Furcellaria vs. Polyides als Paradebeispiel) Bei uns wäre C. tomentosa solch ein Fall…. 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 8
Bestimmungsschlüssel für ausgewählte Arten der Gattung Chara Aus Pukacz et al. 2016 Chara Stipularen zwei- oder dreireihig, Pflanzen diözisch, vorwiegend rötlich Stipularen immer zweireihig, Pflanzen vowiegend monözisch, grün Chara tomentosa Rinde triplostisch Stachelzellen und Stipularen gut entwickelt 1. A Rinde diplostisch Stipularen unauffällig, Stachelzellen nicht vorhanden oder warzenförmig 1. B Stachelzellen und Stipularen lang, vorwiegend Stachelzellen und Stipularen vorwiegend klein, zusammengedrängt oder kegelförmig Und für diese Art gibt es mit der 1. C am untersten 1. DAstglied ein Rindennaht absolutes und stets beobachtbares Merkmal!
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Der „Königsweg“ zur Lösung – gleichzeitige Berücksichtigung der infraspezifischen Variabilität mehrere Parameter - ist ggw. nur in Form der Matrixkeys akzeptiert – bereits die Publikation von nicht streng dichotomen Schlüsseln (d. h. EIN Merkmal je Schritt) wird zunehmend kritisch gesehen und ist in einigen Reihen prinzipiell nicht mehr zulässig. Das daraus resultierende mehrfache Verschlüsseln verlängert die keys und überfordert die meisten Autoren. 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 10
Übersicht axial cortex Chara "interrupta" Einführung & africana Erinnerung denudata disjuncta dissoluta howeana imperfecta socotrensioides monoecious dioecious gametangia axial sejoined cortex absent incomplete x Artkonzepte in der x Verwirrungen x x Biologie x x ? x x x x x Chara monoecious dioecious Mehr als 50! Ausriss! abnormiformis aculeolata andina brachypitys buckellii connivens contraria australis galioides globata hydropitys kokeilii longilinea nitelloides poopoensis quadriscutula rohlenae tomentosa 01. 11. 2020 x x axial cortex 1 2 2 -3 x Lösungsansätze x x x x x axial cortex 1 axial cortex 2 -3 x x x x (x) x x x x x UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN axial cortex 3 axial cortex tylacanth x x x x x x 11
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Genug der Vorrede – die Probleme sind wohl erinnerlich… Stufe 2: Artkonzepte – für die meisten wohl auch eine Erinnerung 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 12
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze l Ggw. akzeptiert in Biologie, dass die Art die “fundamentale biologische Einheit” darstellt (das war nicht immer so – Linné basierte sein Konzept auf der Gattung) l Seit Bachmann (der das selbst allerdings gerne ignorierte) werden die Artnamen in binomialer Form gehandhabt – Linné war der Erste, der dieses Prinzip konsequent anwandte l Taxonomen definieren Arten anhand möglichst leicht beobachtbarer Merkmale (“fixed differences” – eingeführt von Ray, basierend auf Jungius’ Prinzipien) BACHMANN lat. RIVINUS, 1652 -1725) Leipziger Mediziner und Philosoph - Vorschlag einer binären Nomenklatur - postulierte, daß der Gattungsname bei jeder Art genannt werden müsse und der spezifische Artname ihm als Adjektiv zu folgen habe. - Und hielt sich selbst nicht daran 01. 11. 2020 Carl von Linné (Carl Nilsson Linnæus) 1707 -1778 John Ray Joachim Jungius 1628 -1705 geb. 1587 in Lübeck, gest. 1657 in Hamburg UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 13
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Probleme in der Praxis: l Artbildung ist ein Prozess l Verwandte Arten stamen von einem gemeinsamen Vorfahren ab, daher sollten “Übergänge” auftreten l “Artbildung” kann auf unterschiedlichen Mechanismen beruhen, die zu unterschiedlich stringenter Abgrenzung führt `Ringartenproblem`: 2 sich am Pfeilpunkt durch Kreuzungsbar. Rieren auszeichnende `Arten` sind circumpolar über jeweils sympatrische Rassen mineinander Verbunden. (Herings- und Silbermöve in GroßBritanien und Skandinavien, bzw. Circumpolare Rassen verhalten sich (offensichtlich) in dieser Weise. (Sudhaus & Rehfeld 1992) 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 14
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze l Sympatrische Artbildung: keine geographische Isolation l Parapatrische Artbildung: geographische Separierung, aber keine Isolation l Allopatrische Artbildung: geographische Isolation 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 15
Übersicht Artkonzepte in der Biologie Einführung & Erinnerung Verwirrungen Lösungsansätze l Sympatrische Artbildung vor allem interessant: wie wird die Abgrenzung erreicht? l ex. 1: Auto- and Allopolyploidie - Autopolyploidie: Ploidieveränderung in einer Abstammungslinie - Allopolyploidie: Ploidieveränderung bei Hybriden (N. opaca / N. flexilis? ) l ex. 2: Wirts- bzw. Substratveränderungen (Parasiten; Fruchtfliegen) l ex. 3: sexuelle Selektion? C. canescens? ex. 3: Veränderungen in der Phänologie: Ulex europaeus (April-Juli) / Ulex lusitanica (und viele “Synonyme” – Juli-September): KT / LT-KT l 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 16
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Zum Kern: Artkonzepte……. l Horizontale – Definition von Arten zu einem bestimmten Zeitpunkt l Vertikale – Definition von Arten entlang ihrer Abstammungslinie (auch “phylogenetisches Artkonzept” genannt) gefüllte Symbole: Apomorphien (abgeleitete Merkmale) offenes Symbol: Symplesiomorphie (ursprüngliches Merkmal) K! Konvergenz (Sudhaus & Rehfeld 1992) 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 17
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Da für vertikale AK Fossilbefunde notwendig sind, nur beschränkt anwendbar (z. B. Gyrogoniten) Für horizontale AK, 3 Grundtypen: Phenetisches AK – gleiches Aussehen Biologisches AK – fruchtbare Nachkommen Ökologisches AK – identische Nischenbesetzung 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 18
Phenetisches Artkonzept Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze l Der “praktische Ansatz”, auf dem letztlich alle gängigen Schlüssel beruhen l Synonyme morphologisches oder typologisches Artkonzept l Problem: l “Objektivität” bei der Merkmalsauswahl l Es gibt keine Grundlage für die Festlegung des “Typus” (ausser Uwe, der erst die Grundgesamtheit untersuchen möchte, bevor er den Typus seiner griechischen Art beschreibt und hinterlegt, wird üblicherweise der Erstfund als Typ akzeptiert – mit der Folge, dass am Ende jede Menge Übergangsformen “entstehen”: Medicago sativa – Medicago x varia – Medicago falcata) 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 19
Biologisches Artkonzept Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze l Versteht Arten als Organismengruppen, die fruchtbare Nachkommen hervorbringen l Erlaubt damit einen direkten Bezug zur Populationsgenetik l Ist in der Lage, die Ähnlichkeit innerhalb einer Art zu erklären l Kann – muss aber nicht – einen Bezug zur praktischen Artauffassung herstellen l Probleme: l versagt zwangsläufig bei parthenogenetischen und sich rein vegetative fortpflanzenden “Arten” sowie bei Sebstbefruchtern l In “reiner Form” entspricht es nicht den Vorstellungen der Schöpfer… 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 20
Biologisches Artkonzept Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Tigon 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 21
Biologisches Artkonzepte in der Verwirrungen Lösungsansätze Einführung & Biologie Erinnerung Der Teichfrosch (Rana kl. esculenta) ist eine Hybride aus dem Seefrosch (Rana ridibunda) und dem Kleinen Wasserfrosch (Rana lessonae) und kann sich in der Natur halten und fortpflanzen, wenn eine der beiden Elternarten im gleichen Biotop vorkommt Die Geißblatt-Made (Rhagoletis mendax × zephyria) hat sich offensichtlich im Verlaufe von etwa 250 Jahren als neue Art aus ihren beiden Elternarten entwickelt Bei Wasserflöhen (Arten der Gattung Daphnia) sind Arthybriden verschiedentlich nachgewiesen worden Hybrid zwischen Pferd und Zebra: Zorse, 1899 Schiege – eine Mischung aus Schaf und Ziege Cama – eine Mischung aus Kamel und Lama Zebroide – Kreuzungen aus Zebras und anderen Tieren der Gattung Pferd Ponsel − eine Mischung aus Pony und Esel Wolphin stellt eine seltene Kreuzung eines Delfin (Tursiops truncatus) mit einem Wal (Pseudorca crassidens) dar. Mischlinge von Grizzly- und Eisbären. In Zoologischen Gärten bekannt, in der Natur jedoch bis zum Erstnachweis 2006 regelmäßig aggressive Auseinandersetzungen bei zufälligen Treffen der beiden Arten beobachtet. 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 22
Biologisches Artkonzept Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Letztlich die Frage nach sexuellen Isolationsmechanismen 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 23
Ökologisches Artkonzept Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze l Erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich – Beutelmull und Maulwurf? l Streng genommen nur anwendbar, wenn Hutchinsons Nischenkonzept (n -dimensionales Hypervolumen…) zu Grunde gelegt wird – dieses aber wegen n-Dimensionalität nicht generell akzeptiert l Trotzdem angewendet in Mikrobiologie (Substratverwertung als Grundlage) 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 24
Verwirrungen Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze diese Basis-AK nicht mit den disziplinären AK verwechseln! Zwar stellt das phenetische AK die Basis für das botanische AK; das biologische AK die Basis für das zoologische AK sowie das ökologische AK die Basis für das mikrobiologische AK dar; die disziplinären AK sind aber durchweg „pluralistische Artkonzepte“ (besser „eklektische“), die sich der Elemente mehrerer Basis-AK bedienen und sie von Fall zu Fall mit unterschiedlicher Wichtung der Aspekte vermischen…. . So wird im zool. AK auf die Fortpflanzung in der freien Natur verwiesen – klar ein Element des ökol. AK; in der Mikrobiologie wird in Kokken, Spirillen etc. unterteilt – das sind phenetische Elemente; der Blühzeitpunkt (Ulex) ist Bestandteil des biologischen AK 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 25
Verwirrungen Artkonzepte in der Biologie Einführung & Erinnerung Verwirrungen Lösungsansätze pt ze n ko rt s. A he isc ist at St „genetische Artkonzepte“ (es gibt noch Wunder – die sind weg! Was nun auch wieder blöd ist… Ev olu Noch existent: tion Ch t äre rno zep s. A n o k o rtk ept t l r o oz nz A gis n s e o ept ch h k c t s e r i t s. A A e n s e rtk che g o l ognis y Ph o zep l o si t y h P Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (beispielsweise Einzelnachweisen) ausgestattet. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst entfernt. Bitte hilf der Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst. 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 26
Verwirrungen Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Wunderwaffe Genetik l Durchaus u. U. akzeptabel wenn, wie in der MIBI, das Gesamtgenom analysiert wird und damit ein direkter Bezug zum zugrundeliegenden Basiskonzept (hier Substratverwertbarkeit) herstellbar ist l Die Frage, ob die hier als Grundlage dienende 95%ige Übereinstimmung „passgerecht“ ist, bleibt dabei natürlich unbeantwortet – Übergang zu OTU`s, um eine klare Abgrenzung vorzunehmen l Saubere und m. W. generell akzeptierte „praktische“ Lösung 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 27
Verwirrungen Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Wunderwaffe Genetik l Bei Eukaryoten allerdings problematisch…. l Keine Übereinkunft, ab welchem Grad des Unterschiedes „Artgrenzen“ gezogen werden – selbst bei Vorliegen des Gesamtgenoms Die Studien belegen eine bis zu 99, 4 genetische Gleichheit zum Menschen. So ist beispielsweise das Erbgut von Mensch und Schimpanse - je nach Analysemethode - zu 93, 5 bis 99, 4 Prozent identisch. Anders ausgedrückt: Im Durchschnitt bleibt ein Unterschied zwischen Schimpanse und Mensch von 1, 5 Prozent. Die Differenz im Erbgut von Menschenfrauen und Menschenmännern kann zwei bis vier Prozent betragen. Es gibt demnach sogar Paare, bei denen der Mann einem Schimpansenmann ähnlicher ist als seiner Frau. 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 28
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze l Die ggw. verwendeten Marker weisen kaum (wenn überhaupt) Bezug zum zugrundeliegenden Artkonzept auf! l Die Variabilität derselben ist in hohem Maße von der Individuenzahl abhängig – d. h. nicht nur vom „Alter“ der Art, sondern auch von der Grundgesamtheit – nach „bottlenecks“ können hier sowohl Restriktionen als auch, bei Vorhandensein mehrerer Refugien, Aufweitungen auftreten l Epigenetische Modifikationen können ebenfalls Einfluß nehmen – bei C. tomentosa z. B. die Geschlechtsdifferenzierung bestimmen l Nicht jeder genetische Unterschied – selbst bei konservativen Markern, hat Relevanz für die Artabgrenzung: Petra kann Männchen und Weibchen von C. canescens prima über rbc. L bestimmen! 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 29
Übersicht Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze major biological mechanisms that can mislead phylogenetic inference – shown by the two genes (solid and dash lines respectively) of A, B, and C species not agreeing with the underlying species tree, which is ((A, B), C). (A) Horizontal gene transfer, introgression, and hybridization (all have similar consequences for the genes). (B) Natural selection (the same nonneutral mutation occurred on different lineages). (C) Incomplete lineage sorting (under lineage sorting, we expect variation of alleles in a population, but this will eventually lead to fixation of one allele). Zhong et al. 2015 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 30
Lösungsansätze Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze l Sorgfältige Auswahl der Merkmale, die für den Schlüssel verwendet werden – „ungewohnte Wege“ ausprobieren; z. B. Lösung von der klassischen diplotriplostich-Trennung auf sehr hohem Hierarchieniveau? l Kombination von Schlüsseln, wenn an streng dichotomer Einteilung festgehalten werden soll – u. U. Einführung von Gruppenschlüsseln l Verwendung von Matrixschlüsseln innerhalb der oben angeführten „Gruppen“ l Berücksichtigung ontogenetischer Aspekte – Merkmale wie tyla- oder aulacanth, aber auch die Ausbildung von Stipularen etc. sind ontogenetisch nur gradueller Natur – und damit u. U. auch Umwelt-abhängig…. . 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 31
Lösungsansätze Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze l Interpretation erfolgt stets „Ergebnisorientiert“, selbst wenn man sich bereits auf ein Konzept geeinigt hat! 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 32
Wrap up Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze l Es gibt kein Naturgesetz, welches die Arten zu definieren hilft – das Konzept ist rein anthropogen und dient stets einem „Zweck“ – und muss dementsprechend diesem Zweck angepasst werden l Wenn man z. B. Bioindikation betreiben will, sind andere Einteilungen notwendig als wenn nach Abstammungslinien gesucht wird l Die Artabgrenzung ist eine Übereinkunft zwischen Menschen die Macht haben, ihre Vorstellungen diesbezüglich durchzusetzen. Zur Legalisierung werden Hilfskonstrukte herangezogen oder verworfen…. es gibt hier weniger eine Wahrheit als vielmehr eine Mehrheitsabstimmung – ist das Ergebnis „nicht praktikabel“ wird es früher oder später verworfen (Synechococcus leopoliensis) l Da „Arten“ einem Zweck dienen, sollte die Artabgrenzung praktikabel sein. Proctor‘s Ergebnisse sind sicherlich valide, werden aber bis heute ignoriert – dabei sollten Kreuzungsschranken wesentlich ernster genommen werden als unscheinbare Unterschiede in der Sequenz von Photosynthese-genen…. . 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 33
Wrap up Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Joachim Jungius: l l Auf Versuchen und auf den daraus gezogenen Folgerungen muss alles beruhen. Unbegründete Autorität hat keinen Wert. Ebenso wenig könne das Alter (und Altertum) die Gültigkeit einer Vorschrift begründen. Alle Pflanzenteile, die ihrem inneren Wesen nach dieselben sind, wenngleich verschieden in ihrer Gestalt, müssen einund denselben Namen tragen. ". . . wenn die Pflanzen nicht in feststehende Arten und Gattungen gebracht werden und nach einer bestimmten Methode - aber nicht nach dieses oder jenes Mannes Willkür - geordnet werden, so wird sozusagen das Studium der Pflanzenbeschauung ein endloses. "Die Unterscheidungszeichen, welche man hernimmt von Dornen, Farbe, Geruch, Geschmack, medizinischem Wert, Standort, Zeit des Austreibens, sowie der Zahl der Blumen und Früchte, sind unbeständige und geben keinen Grund, Arten zu unterscheiden. " John Ray: l Namen sollten nicht verändert werden, um Verwirrung und Irrtum zu vermeiden. l Merkmale müssen distinkt und exakt definiert sein; solche, die auf relativen Beziehungen (wie Größenunterschieden) beruhen, sollen nicht verwendet werden. l Merkmale sollen für jedermann leicht feststellbar sein. l Gruppen, die von fast allen Botanikern anerkannt werden, sollen beibehalten werden. l Es ist darauf zu achten, dass verwandte Pflanzen nicht getrennt, unnatürliche und einander fremde nicht vereinigt werden. l Merkmale dürfen nicht ohne Notwendigkeit vermehrt, sondern es dürfen nur so viele aufgeführt werden, als zur sicheren Kennzeichnung erforderlich sind. 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 34
Wrap up Einführung & Erinnerung Artkonzepte in der Biologie Verwirrungen Lösungsansätze Und ein letztes Zitat: In natural history, all possible things happen sometimes; you generally do not support your favored phenomenon by declaring rivals impossible in theory. Rather, you acknowledge the rival but circumscribe its domain of action so narrowly that it cannot have any importance in the affairs of nature…… S. J. Gould & Lewontin RC. 1979: The spandrels of San Marco and the Panglossian paradigm: a critique of the adaptationist programme. 01. 11. 2020 UNIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 35
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit! Motivation & Definition 01. 11. 2020 Einflussgröße n Gefährdungen Einfache Maßnahmen UIVERSITÄT ROSTOCK | FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN 36
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