Preisentwicklungen auf den Weltagrarmrkten kurzfristige Spekulationsblase oder anhaltender
Preisentwicklungen auf den Weltagrarmärkten – kurzfristige Spekulationsblase oder anhaltender Boom? Prof. Dr. Bernhard Brümmer, Landwirtschaftliche Marktlehre Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung Seite 1
Weizenpreis seit 2005 (free on board Golf von Mexiko) Seite 2
Gliederung • Preise auf ausgewählten Märkten: Überblick & Ursachen – Getreide – Fundamentalfaktoren – Milch – Besonderheiten bei Milch • Ausblick • Schlussfolgerungen Seite 3
Nachhaltiger Boom oder kurzfristige Blase? Seite 4
Thesen über die Bedeutung der Fundamentalfaktoren I 1. These: Das weltweite Bevölkerungswachstum und das steigende Pro-Kopf-Einkommen werden zu steigender Nachfrage nach Nahrungsmitteln und auch nach Weizen führen. 2. These: Insbesondere die steigende Nachfrage in China und Indien nach Weizen und anderen landwirtschaftlichen Rohstoffen wird zu einem anhaltenden Preishoch führen. 3. These: Die Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung können nur noch in begrenztem Umfang ausgedehnt werden. Seite 5
Thesen über die Bedeutung der Fundamentalfaktoren II 4. These: Ertragssteigerungen bei Getreide und anderen Agrarprodukten werden zukünftig geringer als in der Vergangenheit sein. 5. These: Die Nachfrage nach Biodiesel und -ethanol sowie allgemein nachwachsenden Rohstoffen wird zu einem anhaltenden Preishoch führen. 6. [These: Hohe Transportkosten führen zu steigenden Preisen in Importregionen. ] Seite 6
Zu These 1: Bevölkerungswachstum • Bevölkerungswachstum 2020 knapp eine Milliarde Menschen mehr Seite 7
Zu These 1: Bevölkerungs- und Einkommenswachstum • Rückgang des Bevölkerungswachstums – 1988 – 1997: 1, 6 % – 1998 – 2007: 1, 3 % – 2008 – 2017: voraussichtlich zwischen 1 und 1, 3 % • Regression: Anstieg des realen Welteinkommens von 5 %, Bevölkerungszunahme von jährlich 80 Mio. Menschen => Steigerung von heute rund 2 Mrd. t Getreide (Weizen, Futtergetreide und geschälter Reis) auf 2, 35 Mrd. T. in 2020: rund 1 % pro Jahr • Implizite Annahme: unveränderte Rahmenbedingungen Seite 8
Änderungen in der Altersstruktur Seite 9
These 2: Steigende Nachfrage in China nach Weizen Seite 10
These 3/4: Flächenbegrenzung / Ertragsstagnation • Erhebliches Potenzial an nicht genutzten Flächen • Erhebliches Potenzial zur Steigerung der Flächenerträge Seite 11
Weizenerträge - Anteil genutzter an möglicher Ackerfläche 40 35 Industrieländer Weizenertrag dt/ha 30 Ostasien Lateinamerika 25 Transformationsländer 20 Südasien Nordafrika SSA 15 10 5 0 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% Anteil genutzter an potenziell nutzbarer Ackerfläche Seite 12 90% 100%
These 3: Flächenbegrenzung ist bindend • Erhebliches Potenzial an nicht genutzten Flächen • Erhebliches Potenzial zur Steigerung der Flächenerträge • Probleme: – Marktferne – Mangel an internationaler Agrarforschung • Rolle der Politik – Stilllegung in USA etwa gleich Ackerfläche Deutschlands Seite 13
Brasiliens Savannen (Cerrado) Mato Grosso – Paranagua 1600 km Seite 14
Russland: Flächenerträge bei Winterweizen [dt/ha] Seite 15
These 5: Nachfrage nach Biotreibstoffen • Bisher: Nachfrage nach Getreide als nachwachsender Rohstoff relativ unbedeutend • Biotreibstoffe leisten Beitrag zur Erklärung der Preisblase auf dem Weltgetreidemarkt • Zukunft? Seite 16
These 5: Wirkung von Biotreibstoffen 22% Seite 17
Zwischenfazit zu Getreide/Weizen • Wirken der Fundamentalfaktoren in der Vergangenheit erklärt nur moderaten Preisanstieg • Temporär wirkende reale Sonderfaktoren - schlechte Ernten und geringe Lagerbestände – konnten eine moderate Preishausse verursachen. Seite 18
6 000 GE EU: SMP-Preis in Euro 6 000 GEEU: Butterpreis in Euro 5 000 GE EU: Butterpreis in USD Entwicklung der Welt. OZ: Butterpreis in USD Butterpreise in Dollar bzw. Euro EU: SMP-Preis in USD Entwicklung der Welt. OZ: SMP-Preis in USD Magermilchpulverpreise 4 000 GE 3 000 GE 2 000 GE 1 000 GE 3 000 GE 2 000 GE Datum Seite 19 Datum 07. 0 8. 28 28 . 0 8. 05 03. 0 8. 28 28 . 0 8. 01 99. 0 8. 97 28 . 0 8. 28 95. 0 8. 93 28 . 0 8. 28 28 . 0 8. 07 05. 0 8. 28 03 28 . 0 8. 01. 0 8. 28 99. 0 8. 28 95. 0 8. 28 97 0 GE 93. 0 8. 4 000 GE 1 000 GE 28 Magermilchpulverpreis in Dollar bzw. Euro Milch
Bedeutung der Weltmärkte für EU-Milchmarkt • • Die EU exportiert zw. 7% und 50% der Hauptmilchprodukte. • Dabei weisen vor allem die Exporte von Butter & MMP höhere Schwankungen auf. Abkopplung von den Weltmarktpreisen (unabhängig von Quotenregelung) erfordert zwei Instrumente: 1. Importzölle (Schutz vor billigen Importen) 2. Exportsubventionen (Absatz von „Überschüssen“) => Grenzverwertung der Milch im Falle eines Nettoexporteurs Seite 20
EU-Preis: Grenzverwertung auf dem Weltmarkt Quelle: Dairy. Co Quelle: USDA-FAS, ZMP Seite 21 23. Oktober 2008
Seite 22
Bestandsentwicklung global • Weltweiter Bestandsabbau seit 2002 • Käse- und VMPBestände eher stabil • MMP-Bestände hoch volatil Bestände in Prozent des Konsums Seite 23 Quelle: FAPRI
MMP-Bestandsentwicklung 896 USD/ t Differenz MMP-Bestände nach Ländern Ø Abbau p. a. 1, 5 Mio. t ME • 1999: US-support price >> Weltmarktpreis • => Aufbau von Lagerbeständen • Ab 2001: Senkung des US-support price in drei Schritten Quelle: FAPRI, USDA Lagerbestandsabbau allein aus MMP von Ø 1, 5 Mio. t ME p. a. in 2003 - 2006 Seite 24
Zwischenfazit Milch • Sondereffekte durch Agrarpolitik (USA, EU) und Angebotsschocks • Nachfragezuwachs in Asien im Vergleich zu inländischen Effekten weniger bedeutend • EU-Milchmarktpolitik bleibt auf absehbare Zeit wichtigster Faktor • Nationale Alleingänge unsinnig Seite 25
Gliederung • Preise auf ausgewählten Märkten: Überblick & Ursachen – Getreide – Fundamentalfaktoren – Milch – Besonderheiten bei Milch • Ausblick • Schlussfolgerungen Seite 26
Reale Maispreise 1972 -75 und 2006 -2008 in den USA, Juli 72/06 =100 Seite 27 Quelle: D. Sumner (2008)
OECD/FAO: Vorhersage pflanzliche Produkte bis 2017 Seite 28
. 0 22 1. 0. 0 0 12 4. 0. 0 0 02 8. 0. 1 0 26 2. 0. 0 0 16 3. 0. 0 1 05 7. 0. 1 1 26 1. 0. 0 1 18 2. 0. 0 2 08 6. 0. 1 2 29 0. 0. 0 2 21 1. 0. 0 3 10 5. 0. 0 3 01 9. 0. 0 3 22 1. 0. 0 4 12 4. 0. 0 4 02 8. 0. 1 4 26 2. 0. 0 4 16 3. 0. 0 5 05 7. 0. 1 5 26 1. 0. 0 5 18 2. 0. 0 6 08 6. 0. 1 6 29 0. 0. 0 6 21 1. 0. 0 7 10 5. 0. 0 7 01 9. 0. 0 7 22 1. 0. 0 8 12 4. 0. 0 8 02 8. 0. 1 8 24 2. 0. 0 8 3. 09 01 Virtueller Milchpreis in US Dollar 70 USd -10 USd Seite 29 Entwicklung und Prognose des virtuellen Weltmilchpreises 60 USd 50 USd 40 USd MRW EU Gleitender Durchschnitt 30 USd Delta MRW Ozeanien Saisonverlauf ohne Trend 20 USd Preisabsturz im Oktober Fortgesetzt fallender Trend 10 USd Datum
OECD/FAO: Vorhersage tierische Produkte bis 2017 Seite 30
Gliederung • Preise auf ausgewählten Märkten: Überblick & Ursachen – Getreide – Fundamentalfaktoren – Milch – Besonderheiten bei Milch • Ausblick • Schlussfolgerungen Seite 31
Schlussfolgerungen (I) • Preisentwicklung bei Getreide und Milch geprägt durch Blasen (=nicht durch Fundamentalfaktoränderungen erklärt) • Preise für Agrarprodukte 2006 -2015 vermutlich höher als 1996 -2005 • Trendwende? • Nein. Seite 32
Malthus und seine Epigonen: • Thomas Malthus (1798): Lineares versus exponentielles Wachstum • William Crookes (1898): England und die Welt hungern in 30 Jahren • Lester Brown (1972, 1995): Club of Rome / China Þ Bisher keine empirische Bestätigung, Þ impliziert nicht, dass dies zukünftig weiter gilt! Seite 33
Schlussfolgerungen (II) • Forderungen an die Politik – Vermeidung / Abschwächung von Blasen – Marktinformation / -integration – Politikreform • Forderungen an die Agrarforschung/Forschungspolitik – Produktivität steigern (auch, aber nicht nur, technischer Fortschritt in der Züchtung) – Landwirtschaft als Teil des ländlichen Raums betrachten – Anpassungsfähigkeit von Agrarsystemen höher gewichten Seite 34
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Landwirtschaft in Entwicklungs- und Transformationsländern zwischen Wachstum und Verteilungsgerechtigkeit: Das Courant – Forschungszentrum „Poverty, Equity, and Growth“ an der Georg-August-Universität Göttingen www. uni-goettingen. de/crc_d Seite 35
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Spezielle Aspekte: Abschaffung der Molkereisaldierung • Erhöhung des Werts der Quote • Erschwernis für Ende der Quotenregelung • Verteilungswirkungen auf Ebene … – … der Molkerei – … Deutschlands – … der EU • Bundessaldierung Seite 40
Spezielle Aspekte: Umrechnungsfaktor • Was macht die EU? – Quote für D hoch oder unverändert? • Betrieblich bei unveränderter D-Quote: – Weniger Milch-Liter für gegebene Quote (in kg) – Menge D ~ -1%, Menge EU ~ -0, 2%, Preiselastizität EU ~ -0, 3 => prozentuale Preisänderung Milch ~ -0. 2% / -0, 3 = +0. 67% – Molkerei in D erlöst weniger – Molkereien außerhalb D erlösen mehr Seite 41
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