Mittelhochdeutsch 1050 1350 Rumliche Gliederung phonematische und lexematische

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Mittelhochdeutsch (1050 – 1350) Räumliche Gliederung, phonematische und lexematische Aspekte D. Koroljow. Geschichte der

Mittelhochdeutsch (1050 – 1350) Räumliche Gliederung, phonematische und lexematische Aspekte D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 1

¡ Unter Mittelhochdeutsch versteht man heute allgemein die Zeit des Hochmittelalters. Charakteristisch für das

¡ Unter Mittelhochdeutsch versteht man heute allgemein die Zeit des Hochmittelalters. Charakteristisch für das Mhd. ist, dass Deutsch nicht mehr allein im Dienste kirchlicher Verkündigung und schulischer Unterweisung steht, wie noch im Ahd. , sondern zur Literatursprache wird. Für diese Literatursprache bilden sich allmählich feste Schreibkonventionen heraus und sie tritt gleichberechtigt neben die Kultursprache Latein. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 2

Voraussetzungen: ¡ Entstehung eines deutschen Kulturbewusstseins (v. a. im oberdeutschen und mitteldeutschen Bereich). Als

Voraussetzungen: ¡ Entstehung eines deutschen Kulturbewusstseins (v. a. im oberdeutschen und mitteldeutschen Bereich). Als Träger dieses Bewusstseins werden zunächst Adelsschichten (Ritter und Ministeriale), später zunehmend das städtische Bürgertum angesehen. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 3

¡ Zurücktreten des Stammesdenkens und Abbau der Dialektgrenzen. Erste Ausgleichstendenzen in der Schriftsprache, die

¡ Zurücktreten des Stammesdenkens und Abbau der Dialektgrenzen. Erste Ausgleichstendenzen in der Schriftsprache, die später in der fnhd. Zeit unter dem Einfluss der Kanzleien und der Druckerzeugnisse fortgeführt werden. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 4

Räumliche Gliederung des Mhd. Das Mhd. umfasst die Sprachräume des Oberdeutschen und des Mitteldeutschen,

Räumliche Gliederung des Mhd. Das Mhd. umfasst die Sprachräume des Oberdeutschen und des Mitteldeutschen, die von der 2. Lautverschiebung erfasst wurden. In der mhd. Zeit bildete sich die mundartliche Gliederung des hochdeutschen Sprachgebietes heraus, die weiterhin bis heute gültig ist. Allerdings lag die Grenze zum Niederdeutschen im Mittelalter vielfach weiter südlich als heute. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 5

Oberdeutsch ¡ Alemannisch: - Süd- und Hochalemannisch (die heut. Schweiz und Südbaden), - Niederalemannisch

Oberdeutsch ¡ Alemannisch: - Süd- und Hochalemannisch (die heut. Schweiz und Südbaden), - Niederalemannisch oder Oberrheinisch (im Elsaß, Süden von Baden-Württemberg, Vorarlberg), - Nordalemannisch oder Schwäbisch (in Württemberg, im bayerischen Schwaben); D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 6

¡ - Bairisch: Nordbairisch (bis in den Nürnberger Raum), Mittelbairisch (Nieder- und Oberbayern, Oberund

¡ - Bairisch: Nordbairisch (bis in den Nürnberger Raum), Mittelbairisch (Nieder- und Oberbayern, Oberund Niederösterreich, Salzburg), - Südbairisch (Tirol, Kärtnen, Steiermark); D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 7

¡ Ostfränkisch ¡ Süd(rhein)fränkisch (Bayerisches Franken bis Meiningen und Coburg, Teil von Baden. Württemberg,

¡ Ostfränkisch ¡ Süd(rhein)fränkisch (Bayerisches Franken bis Meiningen und Coburg, Teil von Baden. Württemberg, Vogtland); (Baden, Teil von Nordwürttemberg); D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 8

Mitteldeutsch ¡ Westmitteldeutsch: - Mittelfränkisch einschl. Ripuarisch um Köln u. Moselfränkisch um Trier (Rheinland

Mitteldeutsch ¡ Westmitteldeutsch: - Mittelfränkisch einschl. Ripuarisch um Köln u. Moselfränkisch um Trier (Rheinland von Düsseldorf bis Trier, Kreis Siegen in Westfallen, nordwestlicher Teil von Hessen, Nordwesten von Lothringen); - Rheinfränkisch (Südlicher Teil des Rheinlandes, Teil des deutschsprachigen Lothringen, Hessen, Teil des bayerischen Franken, Teil von Württemberg und Baden, Rheinpfalz, Nordrand des Elsaß); D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 9

¡ - Ostmitteldeutsch: Thüringisch, Obersächsisch (mit Nordwestböhmisch), Schlesisch (mit Lausitzisch), Hochpreußisch (südlicher Teil des

¡ - Ostmitteldeutsch: Thüringisch, Obersächsisch (mit Nordwestböhmisch), Schlesisch (mit Lausitzisch), Hochpreußisch (südlicher Teil des Ermlandes). D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 10

Historisch-sozialer Hintergrund ¡ ¡ ¡ Die Ostkolonisation. Die Auseinandersetzung zwischen dem Papsttum und dem

Historisch-sozialer Hintergrund ¡ ¡ ¡ Die Ostkolonisation. Die Auseinandersetzung zwischen dem Papsttum und dem Kaisertum und die Kreuzzugsbewegung. Innerkirchliche Reformbewegung. Herausbildung einer neuen Reichsideologie („Sacrum Imperium Romanum“) und Entstehung einer neuen staatstragenden Schicht des Rittertums und des Dienstadels (der Ministeriale). Entwicklung der „freien“ Reichsstädte mit Sonderrechten, Förderung einer korporativ gegliederten Bürgerschicht (Handwerkerzünfte und Kaufmannsgilden). D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 11

Literarische Sprachen des Hochmittelalters ¡ ¡ ¡ Das geistig-kulturelle Leben im hochmittelalterlichen Deutschland war

Literarische Sprachen des Hochmittelalters ¡ ¡ ¡ Das geistig-kulturelle Leben im hochmittelalterlichen Deutschland war nicht auf ein Zentrum beschränkt, sondern konzentrierte sich an Höfen des Kaisers und einzelner Herrscher. Von besonderer Bedeutung war der süddeutsche (bayrische, österreichische und alemannische) Raum. Den Höhepunkt erreichte das hochmittelalterliche literarische Schaffen an der Wende vom 12. zum 13. Jh. am Hof der staufischen Kaiser und der Babenberger in Wien. Das literarische Schaffen entwickelte sich auch im Norden Deutschlands ‒ im niederrheinisch-maasländischen Gebiet und in Thüringen, wo Ministeriale schufen, die antike Stoffe verarbeiteten. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 12

¡ ¡ Die Entwicklung der Literatur in verschiedenen Zentren des deutschen Sprachraums bewirkte auch,

¡ ¡ Die Entwicklung der Literatur in verschiedenen Zentren des deutschen Sprachraums bewirkte auch, dass es keine einheitliche literarische Sprache gab. Verschiedene Varianten der Literatursprache basierten auf Territorialdialekten; die wichtigsten waren die bairische Variante, die westmitteldeutsch-maasländische Variante und die bedeutsamste von ihnen ‒ die mittelhochdeutsche Dichtersprache des alemannisch-ostfränkischen Raums, die im Einflussbereich staufischer Kaiser entstand. In dieser Sprache verfassten ihre Werke Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach und der unbekannte Autor des Nibelungenlieds. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 13

Das phonologische System des Mhd. Vokalismus ¡ Die weitere Abschwächung der unbetonten Vokale in

Das phonologische System des Mhd. Vokalismus ¡ Die weitere Abschwächung der unbetonten Vokale in Präfixen und einem Teil der Suffixe sowie in Endsilben. Die Entwicklung des schwachtonigen [ə]. Abgeschwächte Vokale werden synkopiert oder apokopiert. Hauptton tragen die Stammsilben der einfachen Wörter: 'hôchgezît, 'Kriemhilt, 'marcgrâve. Nominalbildungen und Partikel sind in der Regel auf der ersten Silbe betont: 'antwürte, 'ursache, 'urteil. Die Präfixe ge-, ver-, be- sind auch in Nominalbildungen unbetont. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 14

Verbalbildungen tragen den Hauptton in der Regel auf der Stammsilbe des Verbs: er'teilen, ent'lâzen,

Verbalbildungen tragen den Hauptton in der Regel auf der Stammsilbe des Verbs: er'teilen, ent'lâzen, er'louben. Nebenton trägt normalerweise die Stammsilbe des zweiten Gliedes der Nominalkomposita: hôchge‚zît, Kriem‚hilt, marc‚grâve. Unter Nebenton stehen auch die Ableitungssuffixe wie -unge, -sal, -nisse, -inne, -lîche, -ære, -în, -lîn, -ant. Schwachton haben in der Regel End- und Vorsilben. Schwachtonig ist immer das e in Endsilben. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 15

Die Stammsilbenbetonung führt bis zur Mitte des 11. Jh. zur Abschwächung der schwachtonigen Vokale.

Die Stammsilbenbetonung führt bis zur Mitte des 11. Jh. zur Abschwächung der schwachtonigen Vokale. Dieser Prozess betrifft: № Morpheme 1. Präfixe ahd. ga-, gi- mhd. ge- ahd. ur-, ir- mhd. er- ahd. fur-, fir- mhd. ver- ahd. ant-, int- mhd. ent- D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 16

№ 2. 3. Morpheme einen Teil der Suffixe, die kaum noch produktiv sind: ahd.

№ 2. 3. Morpheme einen Teil der Suffixe, die kaum noch produktiv sind: ahd. -ag mhd. -ec ahd. -il mhd. -el ahd. -ida mhd. -ede Flexionssilben Der Abschwächungsprozess hat sich hier konsequenter vollzogen als bei den Wortbildungsmorphemen. Es kommt nicht nur zur Abschwächung, sondern auch zum Schwund der unbetonten Vokale. Man unterscheidet dabei zwischen Apokope und Synkope. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 17

Apokope (Abfall unbetonter Vokale am - Wortende): nach Liquida oder Nasal (im Auslaut) in

Apokope (Abfall unbetonter Vokale am - Wortende): nach Liquida oder Nasal (im Auslaut) in dritter Silbe; nach Liquida, der ein kurzer betonter Vokal vorausgeht, in zweiter Silbe; bei zweisilbigen Wörtern an unbetonter Stelle im Satz. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 18

Synkope (Ausfall unbetonter Vokale im - Wortinnern): bei drei-und mehrsilbigen Wörtern mit langer Stammsilbe;

Synkope (Ausfall unbetonter Vokale im - Wortinnern): bei drei-und mehrsilbigen Wörtern mit langer Stammsilbe; bei zweisilbigen Wörtern nach Liquida, der ein kurzer, betonter Vokal vorangeht; bei der Vorsilbe ge- vor Vokal und vor r, l, n, w. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 19

ahd. hêriro mhd. hërre, ahd. grôziro mhd. grœzer, mhd. vrouwe mhd. vrou, ahd. ginâda

ahd. hêriro mhd. hërre, ahd. grôziro mhd. grœzer, mhd. vrouwe mhd. vrou, ahd. ginâda mhd. g(e)nâde, ahd. spila, spile mhd. spil, mhd. spiles mhd. spils, mhd. arebeit nhd. Arbeit, mhd. gelücke nhd. Glück D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 20

¡ Die weitere Entwicklung des Umlauts. Der Umlautungsprozess vollzog sich im Allgemeinen in der

¡ Die weitere Entwicklung des Umlauts. Der Umlautungsprozess vollzog sich im Allgemeinen in der ahd. Zeit. Im Mhd. ist v. a. der Sekundärumlaut wirksam. a e: ahd. gast gesti mhd. geste; a ä: ahd. tagalîh mhd. tägelîch; â æ: ahd. mâri mhd. mære; o ö: ahd. mohti mhd. möhte; ô œ: ahd. skôni mhd. schœne; u ü: ahd. wurfil mhd. würfel; û iu: ahd. hûsir mhd. hiuser; ou öu: ahd. ouga mhd. öugelîn uo üe: ahd. gruoni mhd. grüene D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 21

Funktionen des Umlauts: 1) Bildung von Wortarten eines Stammes: mhd. got - götin; 2)

Funktionen des Umlauts: 1) Bildung von Wortarten eines Stammes: mhd. got - götin; 2) Unterscheidung von Sg. Und Pl. bei Substantiven: mhd. naht - nähte; 3) Steigerung der Adjektive: mhd. lanc - lenger - lengest; D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 22

4) Unterscheidung von Indikativ und Konjunktiv Präterit der starken Verben: mhd. tâten mhd. tæten;

4) Unterscheidung von Indikativ und Konjunktiv Präterit der starken Verben: mhd. tâten mhd. tæten; 5) Unterscheidung von Adjektiv und Adverb: mhd. schœne (Adj. ) mhd. schône (Adv. ); 6) Unterscheidung der Formen der 2. und 3. Pers. Sg. Präs. Ind. umlautfähiger starker Verben von übrigen Präsensformen: mhd. grabe mhd. grebest; 7) Ableitung schwacher Verben bei der Wortbildung: mhd. gruoz - grüezen, warm - wärmen. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 23

¡ Die weitere Entwicklung des Ablauts. Der Ablaut präsentiert sich in der mhd. Zeit

¡ Die weitere Entwicklung des Ablauts. Der Ablaut präsentiert sich in der mhd. Zeit als wichtiges Mittel der Formenbildung starker Verben. î - ei, ê: rîten - reit; lîhen - lêch; ie, iu - ou, ô: biegen/biuge - bouc; bieten/biute - bôt; ë, i - a: nëmen/nime - nam; î - i: rîten - riten; ie, iu - u, o: biegen/biuge - bugen/gebogen; ë, i - â: nëmen/nime - nâmen; ë, i - u, o: hëlfen/hilfe - hulfen/geholfen; a - uo: laden - luot. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 24

Der Ablaut dient auch als Mittel der Wortbildung: - zur Ableitung von Substantiven aus

Der Ablaut dient auch als Mittel der Wortbildung: - zur Ableitung von Substantiven aus starken Verben: mhd. binden bant, bunt; mhd. ligen lâge; mhd. bërn “hervorbringen, gebären” barn „Kind“; - zur Bildung von Adjektiven: mhd. verliesen lôs; mhd. wizzen wîs, wîse; mhd. gelouben liep. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 25

Entwicklungen im Vokalismus beim Übergang zum Frühneuhochdeutschen ¡ ¡ Beginn der fnhd. Diphthongierung (11.

Entwicklungen im Vokalismus beim Übergang zum Frühneuhochdeutschen ¡ ¡ Beginn der fnhd. Diphthongierung (11. - 12. Jh. ) und Monophthongierung (11. - 12. Jh. ). Beginn der fnhd. Vokaldehnung (11. 12. /13. - 14. Jh. ) und Vokalkürzung (seit dem 12. Jh. ). D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 26

Konsonantismus ¡ Die weitere Ausdehnung der 2. Lautverschiebung und ihre Verbreitung im mitteldeutschen Sprachraum.

Konsonantismus ¡ Die weitere Ausdehnung der 2. Lautverschiebung und ihre Verbreitung im mitteldeutschen Sprachraum. Diese Entwicklung dauert auch in der fnhd. Zeit an. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 27

¡ Die weitere Durchsetzung des grammatischen Wechsels, der Alternanz von h - g, d

¡ Die weitere Durchsetzung des grammatischen Wechsels, der Alternanz von h - g, d - t, f - b, s - r in Wörtern oder Wortformen gleichen Stammes. Der Wechsel erfolgt häufig zwischen Stammformen der starken Verben. h - g: zîhen “zeihen” - zîh - zigen - gezigen d - t: mîden - mîde - meit - miten - gemiten f - b: dürfen - darben, verdërben s - r: verliesen “verlieren” - verliuse - verlôs verlurn - verlorn. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 28

¡ Abschluss der Konsonantengemination. Verdoppelt erscheinen im Mhd. die Konsonanten p, t, k, b,

¡ Abschluss der Konsonantengemination. Verdoppelt erscheinen im Mhd. die Konsonanten p, t, k, b, d, g, f, s, z, m, n, l, r. Im Mhd. steht die Doppelkonsonanz niemals im Wortauslaut (beginnen, aber began). In etymologisch zusammengehörigen Wörtern stehen sich in der mhd. Zeit gegenüber: D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 29

mhd. mhd. bükken – biegen, slüpfen – slîfen “gleiten, glätten”, ritzen - rîzen “zeichnen”,

mhd. mhd. bükken – biegen, slüpfen – slîfen “gleiten, glätten”, ritzen - rîzen “zeichnen”, knabe – knappe, backe – bache “Schinken”, künne “Geschlecht” – künec, henne – hano “Hahn”, geselle – sal “Saal”, rappe - rabe D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 30

Eine Reihe von Geminaten ist noch in der mhd. Zeit durch Synkope entstanden: mhd.

Eine Reihe von Geminaten ist noch in der mhd. Zeit durch Synkope entstanden: mhd. breitete → breitte; kleidete → kleidte → kleitte. Geminationen entstehen in der mhd. und fnhd. Zeit auch, wenn Kurzvokale in offenen Silben nicht gedehnt werden: mhd. biten → nhd. bitten, mhd. sumer → nhd. Sommer D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 31

¡ Ausfall der Konsonanten h, j(g), b, d, g zwischen Vokalen, die dann kontrahiert

¡ Ausfall der Konsonanten h, j(g), b, d, g zwischen Vokalen, die dann kontrahiert werden. obd. hâhen → hân; md. sëhen → sên; mhd. müejen → müen “mühen”; mhd. eiger → eier “Eier”; ahd. legit → mhd. leit; ahd. gitregidi → mhd. getreide. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 32

¡ Der n-Ausfall vor h. Es handelt sich dabei um Nachwirkungen eines Konsonantenschwundes in

¡ Der n-Ausfall vor h. Es handelt sich dabei um Nachwirkungen eines Konsonantenschwundes in germ. Zeit. Sie zeigen sich im Nebeneinander verbaler Formen: mhd. denken - dâhte, mhd. bringen - brâhte. Der n-Ausfall hat die Dehnung des vorangehenden Vokals bewirkt. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 33

¡ Der w-Ausfall zwischen Vokalen. Dieser Prozess vollzieht sich beim Übergang vom Mhd. zum

¡ Der w-Ausfall zwischen Vokalen. Dieser Prozess vollzieht sich beim Übergang vom Mhd. zum Fnhd. mhd. houwen nhd. hauen, mhd. bûwen nhd. bauen, mhd. trûwen nhd. trauen, mhd. . brâwe nhd. Braue, mhd. phâwe nhd. Pfau D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 34

¡ Auslautverhärtung. In mhd. Texten wechseln in der Flexion der Verben und Nomina [b,

¡ Auslautverhärtung. In mhd. Texten wechseln in der Flexion der Verben und Nomina [b, d, g, v] mit [p, t, k, f]. Die stimmhaften Konsonanten werden im Auslaut stimmlos gesprochen. Dieser Prozess vollzieht sich im Übergang vom Ahd. zum Mhd. und wird im Mhd. durch veränderte Schreibung sichtbar: mhd. stoup - stoubes; nît - nîdes; hienc - hiengen; hof - hoves. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 35

[b, d, g, v] werden ebenfalls stimmlos, wenn ihnen ein stimmloser Konsonant folgt: mhd.

[b, d, g, v] werden ebenfalls stimmlos, wenn ihnen ein stimmloser Konsonant folgt: mhd. houbet - houpt; kleiden - kleid(e)te kleite; neigen - neicte; nëve - niftel. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 36

¡ Assimilation der Konsonanten. Wichtige konsonantische Assimilationen der mhd. Zeit: Konsonanten Beispiele n m

¡ Assimilation der Konsonanten. Wichtige konsonantische Assimilationen der mhd. Zeit: Konsonanten Beispiele n m vor Labialen p, b, m anebôz ambôz mb mm oder m zimber zimmer ent + v(f) emph (empf) entvâhen emphâhen entg eng(enk) entgürten enkürten entglîten englîten entb, entp enb, emp entbrëchen enbrëchen emprëchen D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 37

t d in Konsonantenfolgen nt, mt, lt, rt: ahd. rūmta rūmda mhd. rûmde; t,

t d in Konsonantenfolgen nt, mt, lt, rt: ahd. rūmta rūmda mhd. rûmde; t, d, n + (e)l l oder ll: guotlîche guollîche; Uodalrich Uodelrich/ Uodlrich Ulrich. Die Assimilation kann auch zum völligen Ausfall von Konsonanten führen: k: fmhd. tinkte tinte; t: mhd. hintbere hinper; ch/h zwischen Konsonanten: mhd. kirchmësse kirmësse; D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 38

h im Silbenanlaut einer betonten Silbe nach r und l vor Vokal: mhd. bevëlhen

h im Silbenanlaut einer betonten Silbe nach r und l vor Vokal: mhd. bevëlhen bevëlen; h vor st: mhd. schuohsûtære schuostære; h in der Konsonantenfolge ht in unbetonter Silbe: mhd. hîneht hînt heint (mundartl. ) D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 39

¡ Dissimilation der Konsonanten Beispiele lat. marmor ahd. marmul, murmul r und r r

¡ Dissimilation der Konsonanten Beispiele lat. marmor ahd. marmul, murmul r und r r und l/l mhd. , fnhd. marmel; und r mhd. môrber mûlber r und n r und l lat. organum ahd. organan, orgenen (Pl. ) orgelen orgela (Sg. ) mhd. orgel l und l n und l mhd. klobelouch knobelouch b und b t und b mhd. biblie bibel fnhd. fibele D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 40

Bei Dissimilationen kommt es auch zum Konsonantenschwund. Konsonanten Beispiele n mhd. verliumunden verliumenden nhd

Bei Dissimilationen kommt es auch zum Konsonantenschwund. Konsonanten Beispiele n mhd. verliumunden verliumenden nhd ? ; mhd. Werningerode nhd. ? ; mhd. ze dem grüenen bërge nhd. ? r mhd. allerêrst, alrêrst alrêst ch, h mhd. rîchelîche rîlîche nhd. ? ; mhd. ze den wîhen nahten wînahten nhd. ? D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 41

¡ Entwicklung des Phonems [∫] aus der Konsonantenverbindung [sk] (begann im 11. Jh. ):

¡ Entwicklung des Phonems [∫] aus der Konsonantenverbindung [sk] (begann im 11. Jh. ): ahd. scōni mhd. schœne; ahd. fisc mhd. fisch; ahd. friuntscaft mhd. friuntschaft. [∫] wird vor [l], [m], [n], [v], nach [r] und in den Verbindungen [st], [sp] (außer im Inlaut) realisiert. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 42

¡ ¡ Entwicklung des Phonems [z] aus [s] im Wortanlaut und im Inlaut vor

¡ ¡ Entwicklung des Phonems [z] aus [s] im Wortanlaut und im Inlaut vor Vokalen (um die Mitte des 13. Jh. ). Lautwandel vom bilabialen Halbvokal [w] zum labiodentalen stimmhaften Reibelaut [v]. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 43

Wortschatz in der mhd. Zeit ¡ Der Ritterstand entwickelte eine überlandschaftliche Literatursprache, die auch

Wortschatz in der mhd. Zeit ¡ Der Ritterstand entwickelte eine überlandschaftliche Literatursprache, die auch auf niederdeutschem Gebiet, aber nicht in den Niederlanden gebraucht wurde. Diese Sprache, das klassische Mittelhochdeutsch, ist verhältnismäßig einheitlich und hat oberdeutsche Grundlage, da die meisten Dichter oberdeutscher Herkunft waren. Sie lässt sich keinem bestimmten Dialekt zuordnen. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 44

¡ Das klassische Mhd. ist also eine Kunstsprache, die für die mündlich vorgetragene Dichtung

¡ Das klassische Mhd. ist also eine Kunstsprache, die für die mündlich vorgetragene Dichtung bestimmt war. Die Alltagssprache der Ritter war stärker landschaftlich geprägt und die übrige Bevölkerung sprach und schrieb Mundart. Mit dem Niedergang des Rittertums verschwand diese erste deutsche Gemeinsprache auch aus der Literatur. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 45

¡ ¡ Für die ritterliche Standessprache wird ein neuer erweiterter Wortschatz gebraucht, der teils

¡ ¡ Für die ritterliche Standessprache wird ein neuer erweiterter Wortschatz gebraucht, der teils durch Neubildungen und Bedeutungswandel deutscher Wörter, teils durch Entlehnungen aus dem Französischen entsteht. Die höfische Dichtung enthält eine Fülle französischer Lehnwörter, die das ritterliche Leben widerspiegeln. Viele dieser Lehnwörter versteht man heute nicht mehr ohne Wörterbuch. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 46

afrz. garçon mhd. garzûn ? bouhourt mhd. bûhurt ? chapel mhd. schapel ? aventure

afrz. garçon mhd. garzûn ? bouhourt mhd. bûhurt ? chapel mhd. schapel ? aventure mhd. aventiure nhd. ? tournoi mhd. turnei nhd. ? chevalier mhd. ? nhd. ? D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 47

¡ ¡ Verbreitung der neuen Anredeform ir (2. Pers. Plur. ) nach französischem Vorbild

¡ ¡ Verbreitung der neuen Anredeform ir (2. Pers. Plur. ) nach französischem Vorbild vois. Das Anredepronomen Sie beginnt sich erst im 17. Jh. durchzusetzen. Zusammen mit Lehnwörtern wie turnieren, parlieren, melodîe, courtoisîe gelangen auch die beiden Suffixe -ieren und -îe (im Fnhd. ei) ins Deutsche und wurden in der Wortbildung produktiv. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 48

arebeit „Mühsal, Anstrengung“; hochgezît “Fest”; klein “fein, zierlich”; maget “Mädchen”; snel “kräftig, tapfer, rasch”;

arebeit „Mühsal, Anstrengung“; hochgezît “Fest”; klein “fein, zierlich”; maget “Mädchen”; snel “kräftig, tapfer, rasch”; tump “unerfahren, töricht, stumm”. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 49

Wandel im Wortgebrauch ahd. frō “Herr” mhd. vrouwe “Herrin, Dame” “verheiratete Frau” nhd. ?

Wandel im Wortgebrauch ahd. frō “Herr” mhd. vrouwe “Herrin, Dame” “verheiratete Frau” nhd. ? mhd. vrouwe mhd. frouwelîn nhd ? mhd. wîp “verheiratete Frau” “Weib” D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 50

Wort Bedeutung dienest „Verpflichtung eines Gefolgs- oder Lehnsmannes“ triuwe „Vertragstreue, Selbstverpflichtung“ mâze “Beherrschen schädlicher

Wort Bedeutung dienest „Verpflichtung eines Gefolgs- oder Lehnsmannes“ triuwe „Vertragstreue, Selbstverpflichtung“ mâze “Beherrschen schädlicher Leidenschaften und Affekte, Absage an extreme Verhaltensweisen” stæte “Beständigkeit, Beharrlichkeit, Stetigkeit” reht “Standesrecht und Standespflicht eines Menschen” D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 51

Wort Bedeutung zuht „äußere und innere Wohlerzogenheit eines echten Ritters“, milte „freigebig“ (vgl. nhd.

Wort Bedeutung zuht „äußere und innere Wohlerzogenheit eines echten Ritters“, milte „freigebig“ (vgl. nhd. „mildtätig“) hôher muot “edle Gesinnung und hohes Selbsgefühl” minne “ verehrende Liebe eines Ritters zur vrouwe” D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 52

¡ ¡ Aus der Ritterzeit stammen mehrere noch heute gebräuchliche Redensarten, z. B. ?

¡ ¡ Aus der Ritterzeit stammen mehrere noch heute gebräuchliche Redensarten, z. B. ? In der mhd. Zeit finden sich die Anfänge der deutschen Gebrauchsprosa. Die Sprache der Kirche, der Verwaltung und des Unterrichts ist immer noch Latein. Aber man fängt allmählich an, die Volkssprachen zu schreiben. Verglichen mit der höfischen Dichtung ist die mhd. Prosa weit stärker von der jeweiligen Mundart geprägt. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 53

¡ Wichtig für die Entwicklung des abstrakten Wortguts im Deutschen war die religiöse Bewegung

¡ Wichtig für die Entwicklung des abstrakten Wortguts im Deutschen war die religiöse Bewegung der Mystiker. Die Mystiker schufen zahlreiche Neubildungen, oft in Form von Metaphern wie einbilden, Eindruck, Einfall, Eifluss, einleuchten. Sie bevorzugten Abstraktbildungen mit den Suffixen -keit, -heit, -ung (Hoheit, Heimlichkeit, Berührung) und substantivierte Infinitive (Sein, Wesen, Tun). D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 54

¡ ¡ Nach und nach begann man auch wissenschaftliche Arbeiten auf Deutsch zu schreiben,

¡ ¡ Nach und nach begann man auch wissenschaftliche Arbeiten auf Deutsch zu schreiben, die so genannte Artesliteratur. Am Ende der mhd. Zeit gingen die deutschen Städte dazu über, in den Kanzleien die lokale Mundart zu schreiben. Die Sprachform unterscheidet sich von Schreibstube zu Schreibstube, nur der Stil ist einheitlich. D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 55

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? ? ? D. Koroljow. Geschichte der deutschen Sprache. 56