Kritik am Gutachten des WBP zur Humanistischen Psychotherapie
Kritik am Gutachten des WBP zur Humanistischen Psychotherapie Manfred Thielen (Vors. der AGHPT)
Vorgehensweise Die AGHPT hat entsprechend dem Methodenpapier des WBP von 2010 bereits am 10. 11. 2011 einen Vorantrag gestellt, in dem der WBP gebeten wird, zunächst zu klären, ob er die Humanistische Psychotherapie (HP) als Psychotherapieverfahren einschätzt. Der WBP vertrat die Position, dass die Frage des Verfahrens und der empirischen Evidenz der HP nur zusammenhängend geprüft werden könne. Dies widerspricht dem Methodenpapier, in dem es dazu heißt: „ Wird ein psychotherapeutischer Ansatz abweichend vom Antragsteller vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie nicht als Psychotherapieverfahren eingestuft, wird dem Antragsteller das Ergebnis ohne weitergehende Begutachtung mitgeteilt. " (S. 16) Das heißt, dass Verfahren hätte dann abgebrochen werden müssen!!!
Vorgehensweise Im Methodenpapier heißt es weiter, dass von den 5 Stufen der Bewertung „ein Gutachtenprotokoll“ angelegt wird (S. 13). Ob ein Gutachtenprotokoll angelegt wurde, können wir nicht einschätzen, doch wir haben es auf jeden Fall bis heute nicht zu Gesicht bekommen. Auf S. 22 des Methodenpapiers werden Kriterien genannt, mit denen „ältere Studien“, z. B. die Studien der Gesprächspsychotherapie (G. T. ), die vom WBP 2002 anerkannt wurden. Auch danach hätten u. E. alle bereits anerkannten 32 G. T. -Studien erneut anerkannt werden müssen.
Zur Verfahrensfrage Der WBP hat auf der Verfahrensebene zumindest festgestellt: „. . . dass es sich bei der Humanistischen Psychotherapie um eine u bergeordnete psychotherapeutische Grundorientierung handelt, die im internationalen Schrifttum repräsentiert ist. “ (Gutachten, S. 23) Von daher hat das Votum keine Auswirkungen auf die Ausbildungsreform. Dort wird in den Beschlüssen seit dem 25. DPT von den vier Grundorientierungen gesprochen, die im zukünftigen Psychotherapiestudium gelehrt werden sollen.
Verfahrensfrage Im „Methodenpapier“ (S. 15) werden 5 Kriterien für ein Verfahren genannt. In seinem „Fazit“ (Gutachten S. 21 f. ) bestätigt der WBP: „. . lässt sich ebenfalls ein übergeordnetes Verfahren der Humanistischen Psychotherapie identifizieren…“ (S. 21) „. . liegen theoretische Erklärungen der Störungen und Methoden vor, die auf der Basis gemeinsamer Grundannahmen erfolgen“… (S. 21) „…mit eigenständiger und von anderen Verfahren hinreichend klar abgrenzbarer Störungs- und Behandlungstheorie…“ (s. 22) „…liegen teilweise begründete Kriterien für die Indikationsstellung sowie Konzepte zur individuellen Behandlungsplanung vor“ (S. 22)
Verfahrensfrage „Für die humanistischen Ansätze sind unterschiedliche Methoden zur Gestaltung der therapeutischen Beziehung formuliert. “ (S. 22) „. . . lässt sich ein breites Spektrum von Anwendungsbereichen identifizieren in denen Humanistischen Psychotherapie zur Behandlung von Störungen eingesetzt wird“ (S. 22). Hinsichtlich des 5. Kriteriums wird bemängelt, dass in der Aus -, Weiter- und Fortbildung nicht die „vollständige Breite“ erkennbar sei, die in der internationalen Literatur definiert ist.
Verfahrensfrage Die AGHPT hat ein Ausbildungscurriculum vorgelegt. Doch von einem „neuen Verfahren“ kann man nicht verlangen, dass es bereits langjährig und möglichst einheitlich gelehrt wird. Diesen Anspruch realisieren auch Ausbildungsinstitute der Richtlinientherapie nicht. Durch den Antrag, seine Ergänzungen, entsprechende Literatur und durch das persönliche Hearing im Sept. 2015 hat die AHPT nachgewiesen, dass die HP ein Verfahren ist. Die Ablehnung der HP als Verfahren widerspricht dem internationalen Standard und ist auch nach der eigenen Argumentation des WBP nicht nachzuvollziehen.
Die HP ist ein Verfahren und ihre Ablehnung durch den WBP ist sachwidrig! Die daraus folgende Zerlegung des Verfahrens HP in einzelne Ansätze ist u. E. sachwidrig und widerspricht unserem Antrag. Die folgende Überprüfung dieser einzelnen Ansätze, die wie ein Verfahren behandelt wurden, nach ihrer empirischen Evidenz ist ebenfalls unangessen. Wenn nach derselben Vorgehensweise einzelne Methoden der Psychodynamischen Psychotherapie oder Verhaltenstherapie überprüft würden, hätten die meisten keine Chance auf wissenschaftliche Anerkennung.
Konsequenzen Der WBP hat nach § 11 Psych. Th. G lediglich eine beratende Funktion, die Profession ist also frei, eine eigene Position zu beziehen. Der WBP ist nicht plural sondern einseitig besetzt. Im aktuellen WBP sind fast nur Vertreter. Innen der Richtlinientherapie vertreten. Bei der Begutachtung der HP war kein Vertreter der HP vertreten. Die Amtszeit des WBP läuft 2018 aus. Um eine einigermaßen faire Begutachtung in Zukunft zu ermöglichen, müssen die vier Grundorientierungen gleich- und stimmberechtigt im WBP vertreten sein.
Konsequenzen Die Anerkennungskriterien des WBP sind einseitig an dem „Goldstandard“ von RCT-Studien orientiert. Wie in Fachkreisen bereits seit vielen Jahren kritisiert wird, müssen sie in Richtung qualitativer Forschung verändert werden. Die Mängel und die Kritik an dem aktuellen Gutachten durch über 40 unabhängige Wissenschaftler, Prof. Dr. Jürgen Kriz (Uni Osnabrück), die AGHPT und verschiedenen Berufs- und Fachverbänden sollen von einem neu besetzten WBP überprüft und korrigiert werden. Die international wissenschaftlich anerkannte HP müsste dann auch in Deutschland berufsrechtlich anerkannt werden.
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