Kompetenzen und Bildungsstandards fr das Fach Mathematik Mitgliederversammlung
Kompetenzen und Bildungsstandards für das Fach Mathematik Mitgliederversammlung der GFD in Salzau Christina Drüke-Noe Universität Kassel; Schwalmgymnasium Treysa 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel
Gliederung 1. Konzeption der BS Mathematik 2. Ein Beispiel: Die Aufgabe „Abkürzung“ 3. Konstruktion von adäquaten BS-Aufgabensets für Tests 4. Drei Schwerpunkte der weiteren Arbeit 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 2
1. Konzeption der BS Mathematik Kern: Beschreibung mathematischer Bildung, die bis zu einem bestimmten Jahrgang erworben werden soll (Standards) Standards dienen zur Orientierung und zur Evaluation (Leistungsmessung) und sollen eine Qualitätssteigerung ermöglichen (Outputorientierung) 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 3
Konzeptualisierung mathematischer Bildung bzw. Standards (angelehnt an NCTM-Standards, PISA, fachdidaktische Forschung) Niveaus (kognitive Komplexität) Leitideen (Inhalte/Stoffgebiete) curricular valide Kompetenzen (math. Fähigkeiten & Fertigkeiten) 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 4
Kompetenzen: • • • Mathematisch argumentieren Probleme mathematisch lösen Mathematisch modellieren Mathematische Darstellungen verwenden Mit Mathematik symbolisch/technisch/formal umgehen Mathematisch kommunizieren Leitideen: Anforderungsniveaus: • • • modellieren kognitiven Anspruch von Aufgaben auf theoretischer Ebene: Niedrig/mittel/hoch Zahl Messen Raum und Form Funktionaler Zusammenhang Daten und Zufall breiter Begriff mathematischer Bildung BS konkretisieren sich durch entsprechende Aufgaben 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 5
2. Die Aufgabe „Abkürzung“ Variante I: Viele Autofahrer benutzen für die Fahrt von A nach B nicht die stark befahrenen Hauptstraßen, sondern einen „Schleichweg“. Äußere dich, ob die Abkürzung eine Zeitersparnis bringt, wenn man auf dem Schleichweg durchschnittlich mit 30 km/h und auf den Hauptstraßen durchschnittlich mit 50 km/h fahren kann. Kompetenzen: • • • Kommunizieren (Text lesen, später: Darlegen des Ergebnisses) Modellieren (Übersetzen zwischen Realität und Mathematik) Problemlösen (Weg zurechtlegen, Hilfen heranziehen) Darstellen (Übersetzen Geometrie/Algebra) Technisch arbeiten (Rechnen, ggf. mit Pythagoras) Leitidee: Messen Anforderungsniveau II 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel
3. Konstruktion von adäquaten BS-Aufgabensets für Tests Planung: Pro Leitidee ~ 50 Items benötigt, also ~ 150 Items zu entwickeln (d. h. insgesamt ~ 750); bis zu 50 Items aus PISA (national & international) hinzu Kriterien für Itemset: Kompetenzen, Leitideen und Typen math. Arbeitens „ausgewogen“ Anforderungsniveaus ~ 1 : 2 : 1 Formate (MC/CR/OR) ~ 1 : 1 Ausgewogenheit auch bzgl. jeder einzelnen Zelle 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 7
Zeitplan: Start Frühjahr 2004 Entwicklung, Überarbeitung und Klassifizierung bis Ende 2004 Auswahl für Feldtest bis Januar 2005 Codierungen bis Mitte März 2005 Feldtest April/Mai 2005 Auswertung und Auswahl für Haupttest (etwa 250 Items) bis Ende 2005 Testung April/Mai 2006 (PISA-Stichprobe) 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 8
Struktur 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 9
Methoden: Wie können geeignete BS-Aufgaben konstruiert werden? Erste Möglichkeit: Konstruktion von Aufgaben nachträgliche Analyse Zweite Möglichkeit: Zielgerichtete, d. h. auf bestimmte Leitideen/Kompetenzen/Niveaus abzielende Konstruktion von Aufgaben Dritte Möglichkeit: Zielgerichtete Modifikation einer gegebenen Aufgabe Exemplarische Modifikation der Aufgabe „Abkürzung“ 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 10
Variante VI (Idee: Schupp): Die Katheten in einem rechtwinkligen Dreieck sind 3 cm und 5 cm lang. Berechne die Länge der Hypotenuse! Leitidee: Messen Kompetenz(en): Technisch arbeiten (Rechnen, ggf. mit Pythagoras) Anforderungsbereich I 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 11
Variante V (Idee: Leiß): Herr Mulb befindet sich auf der B 47, auf dem Weg nach Hause und ist mal wieder viel zu spät dran. Gleich kommt er zu der Kreuzung, wo nach links die Badstraße und die Querallee abzweigen. Normalerweise müsste er von dort noch 1, 5 km auf der Bundesstraße B 47 weiter fahren, dann bei der Ampel links auf die Bundesstraße B 11 abbiegen und noch 2 km geradeaus fahren, bis er zu Hause ist. Obwohl er auf der Bundesstraße mit 70 km/h fahren darf, überlegt er, eine Messen Abkürzung durch das angrenzende Kommunizieren (komplex), Wohngebiet (max. Geschwindigkeit überall 30 km/h) zu fahren (siehe Argumentieren (komplex), Skizze – nicht maßstäblich). Problemlösen, Modellieren, Lohnt sich für Herrn Mulb die Darstellen, Technisch arbeiten Abkürzung durch das Wohngebiet? Anforderungsbereich III Begründe deine Antwort. 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 12
Eine kleine Zwischenbilanz Probleme: keine Profi-Aufgabenentwickler Zeitdruck allerorten Defizite bzgl. Ausgewogenheit des Itemsets (Widerspiegelung von Phänomenen des Mathematikunterrichts) Fazit: Entwicklungsstruktur geeignet Schulungen der Aufgabenentwickler nötig Ausgleich durch PISA-Items und Eigenentwicklungen Offen: Definition von „Standards erfüllt“, für beide Abschlüsse 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 13
Weitere für das Gelingen des Unternehmens Bildungsstandards nötige Maßnahmen • Lehrerfortbildungsprogramme • Unterrichtsentwicklungsprogramme • Entwicklung eines Evaluationssystems mit Förderprogrammen • Umgestalten der Lehrpläne in Kerncurricula • . . . 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 14
4. Drei Schwerpunkte der weiteren Arbeit 1. Erklärung der Aufgabenschwierigkeit via Aufgabenanalyse Kompetenzen: Viele Autofahrer benutzen für die Fahrt von A nach B nicht die stark befahrenen Hauptstraßen, sondern einen „Schleichweg“. Äußere dich, ob die Abkürzung eine Zeitersparnis bringt, wenn man auf dem Schleichweg durchschnittlich mit 30 km/h und auf den Hauptstraßen durchschnittlich mit 50 km/h fahren kann. • Kommunizieren : II • Modellieren: I Frage: Empirische Schwierigkeitsstufe? • Problemlösen: I Aufklärung über Kompetenzniveaus? • Darstellen: I • Technisch arbeiten : I Anforderungsniveau II 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 15
2. Diskussion: Lernaufgaben vs. Leistungsaufgaben? Eingeschränkte Sicht auf • • Unterricht (Verhältnis Leisten - Lernen? ) Aufgaben (Gegensatz? ) Leistungsmessung (nur mit MC/geschlossen? ) Lernen (nur entdeckend? ) 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 16
3. Erstellung einer BS-Publikation für Lehrkräfte Theorieteil: Konzeption der Bildungsstandards Unterrichtqualität. . . Aufgabenteil: stoffdidaktische Analysen der Aufgaben und des Lösungsraums Charakterisierung der Aufgabe im Sinne der BS Interessante Schülerlösungen und -fehllösungen mit Kommentaren Hinweise zum schulischen Einsatz 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 17
Aus der BS-Publikation: Die Aufgabe „Fußballverpackung“ Zur Fußballweltmeisterschaft hat sich eine Firma für Kleinbildfilme eine besondere Verpackung ausgedacht: Jeweils 4 Filme werden in einer Schachtel verpackt, die an einen Fußball erinnern soll. 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 18
Wenn du die Verpackung betrachtest, erkennst du Quadrate und nach innen zeigende Dreiecke. Die Dreiecke sind rechtwinklig und gleichschenklig. Die Seitenlänge eines Quadrats beträgt 4 cm. Jeweils drei Dreiecke bilden eine kleine Pyramide, die nach innen zeigt. Die Verpackung bekommt dadurch mehr Stabilität und sieht auch interessanter aus, als wenn man nur einfaches Dreieck genommen hätte. a) Aus wie vielen Quadraten und Dreiecken besteht die Verpackung? L 3, K 2, K 4, II b) Berechne die Größe der Oberfläche der Verpackung. L 2, K 4, K 5, II 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel
c) Wichtig ist auch, wie viel Platz überhaupt in der Verpackung ist. Die Designer geben an, dass das Volumen (gerundet) 528 cm³ beträgt. Bekommst du das auch heraus? Mache Vorschläge, wie du das Volumen berechnen könntest! L 3, K 2, K 4, K 5, II d) Jeder vier Filme steckt in einem zylinderförmigen Döschen (Durchmesser: 3, 1 cm; Höhe: 5, 2 cm). Wie viel Prozent der Fußballschachtel bleiben leer, wenn die vier Filme eingepackt sind? Schätze zuerst die Prozentzahl und berechne erst danach das Ergebnis. L 2, K 3, K 5, II 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel
e) Ein Fotogeschäft hat den Preis für die Filme in der Fußballschachtel von 6, 99 € auf 5, 99 € reduziert. Wie viel Prozent Preisermäßigung sind das? L 1, K 5, I f) Zur gleichen Zeit kann man in demselben Fotogeschäft die gleichen Filme in einer normalen Schachtel als Zweierpack kaufen. Ein Zweierpack kostet 1, 99 €. Wie viel Prozent könnte man gegenüber der Fußballverpackung zu 5, 99€ sparen, wenn man 2 Zweierpacks kauft? L 1, K 5, II 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 21
Schülerlösungen und ihre Analyse Teilaufgabe a) Eine Schülerlösung: Überlegung: Ich schaue mir die zwei Abbildungen an. In Abbildung zwei erkennt man 5 Quadrate. Also müssen es auf der gegenüberliegenden Seite ebenfalls fünf Quadrate sein. Wenn man sich jetzt noch Abbildung 1 anguckt, sieht man, dass die Verpackung noch mehr Quadrate hat. Diese bilden eine art „Ring“. Dieser Ring besteht aus 8 weitern Quadraten. In Abbildung zwei erkennt man außerdem noch, dass in jeder Ecke der Verpackung ein Dreieck ist. Nimmt man jetzt noch Abbildung 1 hinzu erkennt man, dass ich in jeder Ecke eine Pyramide aus 3 Dreiecken zusammensetzt. Es gibt also auf jeder beiden Seiten 12 Dreiecke. Lösung: Man kann also sagen, dass Die Verpackung 18 Quadrate und 24 Dreiecke besitzt. L 3, K 2, K 4, II Anwendung und Explizierung von Zählstrategien (K 2) Aktive Verwendung der bildlichen Darstellung (K 4) 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 22
Teilaufgabe a) Eine andere Schülerlösung: a) Die Verpackung besteht aus 18 Quadraten und 24 Dreiecken. Problem: richtiges Ergebnis lediglich genannt K 2 nicht explizit, aber wohl angemessen vorhanden K 4 analog kaum diagnostische Analyse möglich Lösungsstrategien anderer Schüler: Abwicklung gezeichnet 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 23
• Probleme: • Wie viel Theorie ist interessierten Lesern zumutbar? • Wie viel Theorie (z. B. Unterrichtskonzepte zur gezielten Förderung einer bestimmten Kompetenz) hat man überhaupt? • Hohe Erwartungen an die enthaltenen Aufgaben (einzelne, alle) 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel 24
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Rückmeldungen, Anregungen und Kommentare und Kritisches erreichen mich unter Drueke. Noe@aol. com 24. 11. 2005 Christina Drüke-Noe; Universität Kassel
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