Kleiner Kirchenfhrer Mit der Bibel durch das Haus
Kleiner Kirchenführer Mit der Bibel durch das Haus Gottes Diese Stationen möchten Sie auf Ihrem Weg durch den evangelischen Kirchenraum begleiten. Auf dem Weg durch die Kirche machen Sie an den verschiedenen Stationen Halt, die für eine evangelische Kirche typisch und unverzichtbar sind: Am Kirchplatz, unter dem Kirchturm, am Portal, im Mittelgang, in einer Kirchenbank, vor einem Kirchenfenster, am Taufstein, auf der Kanzel, vor und hinter dem Altar. Die einzelnen Stationen werden jedes Mal kurz erläutert und immer wieder zu Texten der Bibel und des christlichen Glaubens in Beziehung gesetzt. So wird die Reise durch den evangelischen Kirchenraum zu einer biblisch-spirituellen Reise. An den verschiedenen Stationen werden Anregungen gegeben, den Raum und sich selbst im Raum aufmerksam wahrzunehmen, dabei eigene Gedanken zu entwickeln, Erinnerungen herbeizuholen und diese soweit möglich mit anderen zu teilen.
• Die Kirchenbank Kirchenbänke sind fast schon so etwas wie ein Kennzeichen für eine Kirche. Noch in gotischer Zeit haben die Gottesdienstbesucher während des Gottesdienstes gestanden. Das Sitzen war dem Bischof oder anderen hochgestellten Persönlichkeiten vorbehalten. Erst nach der Reformation wurden Bänke in die Kirchen gestellt. Dadurch wurden alle, die am Gottesdienst teilnahmen, zu „vornehmen Leuten“, zu Respektspersonen. Indem die Gemeinde im Gottesdienst aufsteht, bringt sie ihren Respekt vor Gott zum Ausdruck. Wenn Gott spricht (während das Bibelwort verlesen wird oder während des Segens) oder wenn Gott im Gebet direkt angesprochen wird, steht die ganze Gemeinde respektvoll vor ihm. Sie merkt zugleich, dass alle vor Gott gleich sind. • Setzen Sie sich in eine Kirchenbank und achten Sie auf Ihre Körperspannung, auf Ihr Gefühl für sich selbst einerseits und den Raum andererseits. Was verändert sich, wenn Sie sich erheben und dann stehen?
• Das Gewölbe Das Innere der Kirche ist der Raum für eine heilige Handlung. In ihm kommen Ewigkeit und Zeitlichkeit, Menschliches und Göttliches zusammen. Dieser Raum ist begrenzt und dennoch offen für die Unendlichkeit. Einerseits hat er an der Weite des Himmels teil und ist doch auch nach oben hin abgeschlossen. Der Himmel als die Sphäre Gottes ist nicht zu fassen und ist doch in der Kirche als Fluidum oder Atmosphäre gegenwärtig. • • Gelingt es Ihnen, Ihre Augen absichtslos an der Decke der Kirche entlang streifen zu lassen und damit die Atmosphäre des Raumes auf sich wirken zu lassen? Biblische Worte sagen weit mehr als menschlicher Erfahrung zugänglich ist. Zion ist der Tempelberg im alten Jerusalem. Die Aussagen über den Zion im 35. Kapitel des Buches Jesaja nimmt die christliche Kirche auch für sich in Anspruch. Auch die Kirche lebt von der Hoffnung. Lesen Sie den Vers aus Jes 35: Die Erlösten des Herrn werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen.
• Die Paramente Altar und Kanzel sind mit gewebten farbigen Stoffen geschmückt. Die darauf befindlichen Zeichen und Symbole stehen für christliche Inhalte. Die Stoffe heben die Stellen in der Kirche hervor, von denen aus Gottes Wort verlautet. Indem Altar und Kanzel auf diese Weise hervorgehoben werden, werden sie zugleich verhüllt. Damit kommt zum Ausdruck, dass Gott, indem er sich offenbart, sich zugleich auch verhüllt. Christen „haben“ Gott nicht, sondern sie werden von ihm indirekt berührt und beschenkt. Die Wahrnehmung dieses Beschenktwerdens heißt „Glauben“. Die Farben der Paramente wechseln im Kirchenjahr: • Weiß – „Licht der Welt“, Christusfeste: Weihnachten, Ostern • Rot – Feuer des Heiligen Geistes, Blut der Märtyrer: Pfingsten • Violett – Bußzeit: Advent und Passion • Schwarz – Anfechtung, Finsternis, Tod: Karfreitag • Grün – Festlose Zeit, Wachstum des Glaubens
• Der Taufstein Am Taufstein vollzieht sich ein dramatisches Geschehen. Nach dem Neuen Testament wird ein Erwachsener, der sich für das Christentum entschieden hat, dreimal in einem fließendem Gewässer untergetaucht. Das bedeutet, er wird in den Tod versenkt. Das lebendige Wasser schwemmt die Macht des Todes, die Sünde, weg. Der Getaufte taucht zum neuen christlichen Leben empor. Getauft wird auf den Namen des dreieinigen Gottes. Auch bei der Kindertaufe rinnt das Wasser fließend aus der Hand des Taufenden auf die Stirn des Kindes. Die Taufe stellt das Kind unter die Verheißung: Gott wäscht alles von dir ab, was dich immer wieder von ihm trennen will. Bei jeder Taufe wird das apostolische Glaubensbekenntnis gesprochen. Wenn Sie getauft sind: Erinnern Sie sich an Ihre Taufe. Wie lebendig ist die durch die Taufe geschlossene Verbindung mit Gott? Wenn Sie mögen, sprechen Sie das Glaubensbekenntnis.
• Das apostolische Glaubensbekenntnis Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten, die Lebendigen und die Toten. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.
• Die Kanzel Das Wort „Kanzel“ kommt von cancella, lateinisch: die Schranke. Früher wurde auf dem Lettner, d. h. der Trennmauer zwischen dem Chor und dem Kirchenschiff gepredigt. Diese Trennmauer gibt es nicht mehr. Aber die Kanzel hat meist immer noch auf der Schnittlinie zwischen Altar- und Gemeinderaum ihren Ort. Ihre Platzierung zwischen Decke und Fußboden deutet darauf hin, dass die Predigt zwischen Himmel und Erde vermitteln will. In der Predigt wird von der Kanzel aus ein Abschnitt aus der Heiligen Schrift ausgelegt. Die Predigt führt in unserer Sprache aus, was Jesus Christus seiner Gemeinde heute sagen möchte. Ist zudem ein Ambo/Lesepult vorhanden werden von dort der Predigttext und die weiteren Worte aus der Heiligen Schrift verlesen. • Zum Nachdenken „Mutmach“verse aus den Seligpreisungen (Mt 5, i. A. ): Selig sind, die da geistlich arm sind, denn ihrer ist das Himmelreich. Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werde. Selig sind, die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen.
• Die Stufen vor dem Altarraum Nach den Stufen zur Kirche hinaus und der Schwelle an der Kirchentüre, stehen Sie jetzt vor einer letzten großen Schwelle. Sie wird durch die Stufen markiert, die zum Altar hinaufführen. Zusätzlich zu den Stufen war der Altarraum früher noch durch ein schmiedeeisernes Gitter, dem Lettner, abgetrennt. Zum Empfang des Abendmahls kniete man auf den Altarstufen nieder. Der Altarraum selbst wurde nur vom Priester und seinen Helfern betreten. Er ist das Allerheiligste. Seit der Reformation ist die Qualität der Heiligkeit nicht mehr an den Raum gebunden, sondern an die Handlung, die in diesem Raum vollzogen wird: die Feier des heiligen Abendmahls. • • Probieren Sie einmal, wie sich das Knien an dieser Stelle anfühlt. Achten sie dabei auf Ihren Körper und darauf, wie Sie den Raum empfinden. Lesen Sie die Gottesoffenbarung an den Propheten Elia aus 1. Könige 19: Der Herr sprach: Geh heraus der Höhle und tritt hin auf den Berg vor den Herrn! Und siehe, der Herr wird vorübergehen. Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, kam vor dem Herrn her; der Herr aber war nicht im Winde. Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben; aber der Herr war nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der Herr war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen. Als das Elia hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel und ging hinaus und trat in den Eingang der Höhle.
• Der Altar An zentraler Stelle des Kirchenraumes, inmitten des Chorraumes, steht der Altar. Bereits sehr alte Texte der Bibel berichten davon, dass Gott an Altären verehrt wird. Diese Altäre waren meist aus Steinen errichtet, hier wurden Opfertiere verbrannt und Trankopfer dargebracht. Ein Altar bezeichnet schon hier einen geografischen Punkt, an dem Gott und Mensch miteinander in Beziehung treten. Im Neuen Testament tritt an die Stelle des Altars „der Tisch des Herrn“ (1. Korinther 10, 21). Man darf sich darunter einen Tisch vorstellen, der jeweils in der Mitte des Versammlungsraumes zum Abendmahl aufgestellt wurde. Der Altar lädt zur Tischgemeinschaft mit Jesus ein, gibt von dort her durch das Abendmahl Teilhabe an seinem Leiden, Sterben und an seiner Auferstehung. Er richtet das menschliche Leben auf sein zukünftiges Erscheinen aus. • Haben Sie schon einmal die Feier eines Abendmahls miterlebt? Können Sie sich an die Atmosphäre erinnern, die dabei herrschte?
• Die Altarbibel In evangelischen Kirchen liegt die geöffnete Bibel auf dem Altar. Das offene Buch scheint den Kirchenbesucher aufzufordern, an den Altar zu treten und den Text vom vergangenen Sonntag laut zu verlesen. Der verlesene Bibeltext verleiht Jesus Christus Stimme, wenn auch der Sinn noch unklar sein sollte. Jesus Christus sagt stets mehr, als Menschen verstehen können: In ihm ist Gott Mensch geworden. Niemand versteht die Bibel ganz und gar. Die Fragen nach dem, was einst geschehen ist, nach der Moral der Geschichte und nach dem tieferen Sinn sind immer nur Teilaspekte des Ganzen. In der evangelischen Kirche versucht man immer wieder neu zu verstehen, was die Bibel heute als Wort des himmlischen Vaters, als Wort von Jesus Christus und als Wort des Heiligen Geistes heute zu sagen hat. Das Wort der Bibel befreit von der Vorstellung ständig etwas zu „müssen“, es verspricht die Begleitung und den Schutz Gottes, es stellt unsere Füße auf weiten Raum. Gibt es ein Wort, das Ihnen besonders wichtig geworden ist?
• Das Altarkreuz Auf dem Altar steht ein Kreuz, manchmal hängt es auch vom Triumphbogen hinter der Vierung herab oder erscheint auf dem Fensterglas hinter dem Altar. Die ganze Kirche ist auf dieses Kreuz ausgerichtet. Fehlte es, wäre die Kirche keine christliche Kirche. Jesus hat das Kreuz zu seiner Hinrichtung getragen, er wurde daran angenagelt. Die Berichte in den Evangelien des Neuen Testamentes laufen auf die Verurteilung und den Tod Jesu zu wie wir jetzt in der Kirche auf den Altar zugegangen sind. Wenn wir vor dem Altarkreuz stehen, erblicken wir den Gekreuzigten und damit auch den eigenen Tod. Im Gottesdienst jedoch begegnet uns Jesus Christus als Auferstandener. Jesus lebt, er heilt, er rettet und er macht Mut. • Wenn Sie mögen, vollziehen Sie einmal den alten Ritus nach, indem Sie mit Blick auf das Altarkreuz mit drei Fingern der rechten Hand Stirn, Magengrube, linke und rechte Schulter und sodann das Brustbein berühren. Wie würden Sie beschreiben, was Sie damit tun?
• Die Fenster hinter dem Altar Was kann hinter dem Altar noch kommen? Ist die Kirche als Weg vom Eingang zum Kreuz konzipiert, in dem sich Grauen und Herrlichkeit überblenden, dann ist auf der Rückseite des Kreuzes nur noch der Himmel Gottes zu erwarten. Architektonisch bleiben im Grunde nur drei Möglichkeiten. Entweder eröffnet hinter dem Kreuz ein Fenster den Blick in das Licht der Ewigkeit. Oder an der Wand hinter dem Altar weisen bildliche Symbole auf die Macht Gottes, die „hinter“ dem Altarraum beginnt. Oder beide Lösungen werden kombiniert. Wenn Fenster den Abschluss bilden, dann liegt es nahe, sie mit Glasmalereien zu schmücken. Möglicherweise zeigen sie Christus, der sich österlich in den Himmel erhebt oder er kommt mit Brot und Wein vom Himmel herab auf die Gemeinde zu. Das Fenster markiert die Grenze zwischen Gotteshaus und Himmel. Von außen ist an der Kirchenwand nichts zu sehen. • Suchen Sie sich ein Fenster im Kirchenraum, das Sie am meisten anspricht. Inwieweit markiert auch dieses Fenster die Grenze zwischen Gotteshaus und Himmel?
• Die Orgel Auf dem Weg vom Altar zum Ausgang nimmt man den Kirchenraum noch einmal anders wahr. Über dem Ausgang auf der Empore erblickt man den Orgelprospekt. Die Orgelpfeifen streben nach oben, als ob sie ihr Halleluja durch das Kirchendach zum Himmel stemmen wollten. „Halleluja“ ist übrigens hebräisch und heißt übersetzt: „Lobt Gott den Herrn!“ Karl der Große hat die Orgel im Abendland eingeführt. Er hatte eine Orgel geschenkt bekommen, die aus Konstantinopel kam, das Instrument war im Islam verbreitet. • Lesen Sie Psalm 150: Halleluja! Lobet Gott in seinem Heiligtum, lobet ihn in der Feste seiner Macht! Lobet ihn für seine Taten, lobet ihn in seiner großen Herrlichkeit! Lobet ihn mit Posaunen, lobet ihn mit Psalter und Harfen! Lobet ihn mit Pauken und Reigen, lobet ihn mit Saiten und Pfeifen! Lobet ihn mit hellen Zimbeln, lobet ihn mit klingenden Zimbeln! Alles, was Odem hat, lobe den Herrn! Halleluja!
• Der Segen bringt alles, was in einer Kirche geschieht, auf den Punkt. Gegen Ende des Gottesdienstes spendet der Pfarrer (oder die Pfarrerin) den Segen. Er bzw. sie steht auf der Mittelachse der Kirche, mit dem Rücken zum Altar der Gemeinde zugewandt. Er bzw. sie breitet die Arme aus, bildet mit seiner Gestalt ein Kreuz und gibt dessen Kraft weiter. Beim letzten Wort der Segensformel, dem Wort „Frieden“, zeichnet er das Kreuz mit der rechten Hand über der Gemeinde. Gott, der im Kreuz seines Sohnes verhüllt und gleichzeitig offenbar ist, lässt über der Gemeinde sein Angesicht aufgehen. So begleitet der Segen des Allmächtigen jeden einzelnen in seinen Alltag. So gehen auch Sie, wenn Sie diese Kirche wieder verlassen im Segen Gottes: Denn ihr sollt meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne. Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. So sei es – oder wie die Bibel sagt: Amen.
Kleiner Kirchenführer Mit der Bibel durch das Haus Gottes - Stationen zum Auslegen in der Kirche Ursprüngliche Textfassung von Christoph Bizer, Hartmut Rupp; bearbeitet von Susanne Betz Zum Umgang: Die Texte sind ganz allgemein formuliert. Sie können gerne auf die jeweilige Kirche angepasst und konkretisiert werden. Wir empfehlen, die Texte auszudrucken, ggf. zu laminieren und in der zum Gebet geöffneten Kirche auszulegen.
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