Kinderschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe Tagung des Jugendhilfeausschusses Neustrelitz
Kinderschutz - als gesamtgesellschaftliche Aufgabe Tagung des Jugendhilfeausschusses Neustrelitz 14. 06. 2012
Das Gesetz zur Änderung des Vormundschafts und Betreuungsrechts Änderungen im BGB Sicherung des persönlichen Kontaktes des Vormundes zum Mündel (§ 1793 a Abs. 1 a BGB) Änderungen im SGB VIII Fallzahlenbegrenzung bei der Amtsvormundschaft (§ 55 SGB VIII)
Das neue Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Bundeskinderschutzgesetz – BKi. Sch. G) Bundesgesetzblatt 2011 Teil 1 Nr. 70 vom 28. Dezember 2011
Bundeskinderschutzgesetz Artikel 1 - Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) Artikel 2 - Änderung des SGB VIII Artikel 3 - Änderung anderer Gesetze Artikel 4 - Evaluation Artikel 5 - Neufassung des SGB VIII Artikel 6 - Inkrafttreten
Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) § 1 Kinderschutz und staatliche Mitverantwortung § 2 Information der Eltern über Unterstützungsangebote in Fragen der Kindesentwicklung § 3 Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz § 4 Beratung/Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung
§ 1 KKG - Kinderschutz und staatliche Mitverantwortung Absatz 1 - Ziel: Kinderschutz (Schutz des Wohls und Förderung der körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung und Gesundheit junger Menschen) Absatz 2 - Wiederholung von Artikel 6 Absatz 2 GG (Elternrecht und -pflicht, Kindeswohl, Wächteramt) Absatz 3 - Staatliches Wächteramt beinhaltet Gefahrenvorsorge und -abwehr Absatz 4 - Frühe Hilfen - Prävention steht im Vordergrund „Kern ist die Vorhaltung eines möglichst frühzeitigen, koordinierten und multiprofessionellen Angebots im Hinblick auf die Entwicklung von Kindern vor allem in den ersten Lebensjahren für Mütter, Väter sowie schwangere Frauen und werdende Väter. “
§ 2 KKG - Information der Eltern über Unterstützungsangebote in Fragen der Kindesentwicklung Information der – auch werdenden – Eltern über Leistungsangebote im örtl. Einzugsbereich zur Beratung und Hilfe in Fragen der Schwangerschaft, Geburt und der Entwicklung des Kindes in den ersten Lebensjahren (Soll-Aufgabe – § 16 Abs. 3 SGB VIII). Befugnisregelung der für diese Beratung zuständigen Stellen, (ohne abweichende Bestimmung durch Landesrecht sind dies die örtlichen Träger der Jugendhilfe) den Eltern ein persönliches Gespräch anzubieten, das auf deren Wunsch auch in deren Wohnung stattfinden kann (das persönliche Gespräch ist jedoch kein Hausbesuch!)
§ 3 KKG - Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz Absatz 1 Auftrag - Verpflichtung der Länder zum Aufbau und zur Weiterentwicklung von Netzwerken Ziele - flächendeckende und verbindliche Strukturen der Zusammenarbeit aufzubauen und weiterzuentwickeln - gegenseitiger Informationsaustausch über die Angebotsund Aufgabenspektren - Klärung von strukturellen Fragen der Angebotsgestaltung und -entwicklung - Verfahren im Kinderschutz aufeinander abstimmen
§ 3 KKG - Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz Absatz 2 Beteiligte - Einbeziehung aller, die mit jungen Menschen und deren Familien in Kontakt treten Absatz 3 Anbindung/Verknüpfung/Verantwortlichkeit - an die jeweils örtlichen Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe (ohne abweichende Bestimmung durch Landesrecht sind die örtlichen Träger der Jugendhilfe organisationszuständig), die Netzwerkpartner sollen die Grundsätze der verbindlichen Zusammenarbeit in Vereinbarungen festlegen
§ 3 KKG - Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz Absatz 4 Bundesmodellprojekt - Einsatz der Familienhebammen (zur psychosozialen Begleitung der Eltern in den ersten Lebensmonaten und -jahren des Kindes im Interesse des Kindeswohls) - Anbindung an das Gesundheitsamt im Landkreis • Unterstützung des Auf- und Ausbaus der Netzwerke und des Einsatzes der Familienhebammen durch: eine zeitlich befristete Bundesinitiative (Umfang: 30 Mio. € für 2012, 45 Mio. € für 2013, je 51 Mio. € für 2014 und 2015)
§ 3 KKG - Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz • Danach stellt der Bund einen Fonds mit 51 Mio. € jährlich zur Verfügung, zur Sicherstellung der Netzwerke „Frühe Hilfen“ und der psychosozialen Unterstützung von Familien • Die Ausgestaltung der Bundesinitiative und des Fonds wird durch Vereinbarungen zwischen Bund Ländern geregelt. Ziele: Verbesserung des Einsatzes von Familienhebammen für einen präventiven und aktiven Kinderschutz und Auf-/Ausbau der institutionellen professionsübergreifenden Netzwerke
Institutionelle Netzwerkarbeit im Kinderschutz Jugendamt soll organisieren und mit Beteiligten Grundsätze in Vereinbarungen festlegen Beteiligte sind u. a. : - freie Träger der Jugendhilfe/Eingliederungshilfe - Gesundheitswesen/Krankenhäuser - Sozialämter - gemeinsame Servicestelle - Polizei- und Ordnungsbehörden
Institutionelle Netzwerkarbeit im Kinderschutz - Jobcenter - Sozialpädiatrische Zentren - Frühförderstellen - Beratungsstellen für soziale Problemlagen - Schwangerschaftsberatungsstellen - gemeinsame Servicestelle - Einrichtungen und Dienste (der Müttergenesung, zum Schutz gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen) - Familiengerichte. . .
§ 4 KKG - Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung • Norm für abschließend benannte Berufsgruppen - Befreiung von der Schweigepflicht für Geheimnisträger - staatlich ausgebildete Angehörige der Heilberufe; staatlich anerkannte Psycholog. Innen; Ehe-, Familien-, Erziehungs- und Jugendberater. Innen; Berater. Innen in öffentlich-rechtlich anerkannten Suchtberatungsstellen; Berater. Innen in anerkannten Schwangerschaftsberatungsstellen; staatlich anerkannte Sozialarbeiter. Innen und Sozialpädagog. Innen; Lehrer. Innen an öffentlichen und staatlich anerkannten privaten Schulen • Voraussetzung Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls des jungen Menschen im Rahmen der Berufsausübung
§ 4 Abs. 1 KKG - Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung Mehrstufiges Verfahren mit dem Ziel der Transparenz und der Realisierung des Hilfeauftrages 1. 2. 3. 4. Wahrnehmung gewichtiger Anhaltspunkte einer möglichen Kindeswohlgefährdung Erörterung der Situation mit dem jungen Menschen und Personensorgeberechtigten Hilfe anbieten, soweit damit die Gefährdung abgewendet werden kann Ist die Abwendung der Gefährdung des jungen Menschen nicht ausreichend und halten die Schweigepflichtigen zur Abwendung der Gefährdung ein Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich, dürfen sie dieses unter Mitteilung der notwendigen Daten informieren (die Betroffenen sind - soweit nicht schutzgefährdend - vorab zu unterrichten)
§ 4 Abs. 2 KKG - Beratung und Übermittlung von Informa-tionen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung • Beratungsanspruch der Geheimnisträger - die Schweigepflichtigen haben, um eine Gefährdung des Kindeswohls einschätzen zu können, einen Beratungsanspruch gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe - der örtl. Träger der öffentlichen Jugendhilfe erfüllt die Beratungspflicht durch eine insoweit erfahrene Fachkraft - die Schweigepflichtigen dürfen zur Ermöglichung der Beratung die erforderlichen Daten pseudonymisiert übermitteln
Zentrale Änderungen im SGB VIII • § 8 - Beteiligung von Kindern und Jugendlichen • § 8 a - Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung • § 8 b - Fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen • § 16 - Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie • § 45 - Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung • § 47 - Meldepflichten • § 72 a - Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen • § 79 a - Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe
§ 8 Absatz 3 SGB VIII – Beteiligung von Kindern und Jugendlichen Kinder und Jugendliche haben danach einen Anspruch auf Beratung ohne Kenntnis des Personensorgeberechtigten, wenn die Beratung auf Grund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist und solange durch die Mitteilung an den Personensorgeberechtigten der Beratungszweck vereitelt würde. Vor dem In-Kraft-Treten des Bundeskinderschutzgesetzes war es zwar Aufgabe der Jugendämter eine Beratung durchzuführen, ein Anspruch bestand jedoch nicht.
§ 8 a Absatz 1 SGB VIII - Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung • neu: „Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist, sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen. “ Verpflichtung zum Hausbesuch nach fachlicher Einschätzung im Einzelfall, keine Generalklausel und Allgemeinverbindlichkeit • Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.
§ 8 a Absatz 4 SGB VIII - Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung • „In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass 1. 2. 3. deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen, bei der Gefährdungseinschätzung eine insofern erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. “
§ 8 a Absatz 4 SGB VIII - Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung • In die Vereinbarung ist - neben den Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden insoweit erfahrenen Fachkraft - insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann. Derzeitige Vereinbarungen gelten zunächst weiter. Gründung einer zeitweiligen AG mit dem Ziel: Vereinheitlichung aller Vereinbarungen für die Leistungsbereiche Jugendförderung, Kita, Hz. E. Fachliche Begleitung erfolgt über das Bündnis für Kinderschutz M-V.
§ 8 b SGB VIII - Fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen Absatz 1 Anspruch gegenüber dem Jugendamt von kinder- und jugendnahen Berufsgruppen (außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe) auf Beratung bei der Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung im Einzelfall durch eine insofern erfahrene Fachkraft Absatz 2 Träger von Einrichtungen, in denen sich junge Menschen aufhalten, haben einen Anspruch auf Beratung bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien bezüglich der Verfahren zum Kindeswohl und im Rahmen des Beteiligungs- und Beschwerdemanagements
§ 16 SGB VIII - Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie Absatz 3 – Sollvorschrift Beratung und Hilfe in Fragen der Partnerschaft und des Aufbaus elterlicher Erziehungs- und Beziehungskompetenzen als Angebot für Mütter und Väter sowie schwangere Frauen und werdende Väter.
§ 45 SGB VIII - Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung Absatz 2 Neufassung und positive Formulierung des Erlaubnisvorbehalts Neu eingeführte Mindestvoraussetzung: • geeignete Verfahren der Beteiligung und • Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Absatz 3 Inhalte der Konzeption der Einrichtung: • Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und -sicherung • Aufgabenspezifische Ausbildungsnachweise und Führungszeugnisse des Personals
§ 72 a SGB VIII - Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen Neu ist die Einbeziehung von neben- und ehrenamtlich tätigen Personen, die Kinder oder Jugendliche beaufsichtigen, betreuen, erziehen, ausbilden oder vergleichbaren Kontakt haben. Zu diesem Zweck soll bei der Einstellung oder Vermittlung und in regelmäßigen Abständen von den betroffenen Personen ein Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 und § 30 a Abs. 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorgelegt werden.
§ 79 a SGB VIII – Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe • Verpflichtung der Jugendämter zur Qualitäts(weiter)entwicklung für: - die Gewährung und Erbringung von Leistungen - die Erfüllung anderer Aufgaben - den Prozess der Gefährdungseinschätzung nach § 8 a - die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen - Qualitätsmerkmale für die Sicherung der Rechte von Kindern/Jugendlichen in Einrichtungen und deren Schutz vor Gewalt • Orientierung an den fachlichen Empfehlungen des Landesjugendamtes und bereits angewandten Qualitätsmaßnahmen zusätzlich • Erweiterung der Fördervoraussetzungen für freie Träger in § 74 SGB VIII „… und die Beachtung der Grundsätze und Maßstäbe der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung nach § 79 a gewährleistet. . . “
Statistische Daten – Meldungen, die das Kindeswohl betreffen Ein statistischer Überblick über die Meldungen zum Verdacht auf Kindeswohlgefährdung (Quelle: Jugendamt des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte) Jahr Meldungen insgesamt direkt im JA* eingegangene Meldungen über die Kinderschutzhotline 2008 381 348 33 2009 412 375 37 2010 498 464 34 2011 ** 575 529 46 bis 04/2012 190 180 10 *Meldungen aller Jugendämter (LK Demmin, LK Mecklenburg-Strelitz, LK Müritz, Stadt Neubrandenburg) ** Kreisstrukturreform ab 04. 09. 2011 – LK MSE
Statistische Daten – Meldungen, die das Kindeswohl betreffen Ein statistischer Überblick über die Kinderschutzhotline M-V (Quelle: Landesamt für Gesundheit und Soziales M-V) Jahr Anrufe insgesamt Meldungen Auskunftsersuchen missbräuchliche Anrufe 2008 (ab 1. 792 303 261 1. 228 2009 2. 053 400 344 1. 309 2010 1. 490 317 224 953 2011 (bis 1. 097 266 189 642 02/08) 10/11)
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
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