KAPITALISMUS OHNE WACHSTUM Einfhrung durch Alexander Recht Bruttoprodukt
KAPITALISMUS OHNE WACHSTUM Einführung durch Alexander Recht
Bruttoprodukt Ersatzprodukt zum Substanzerhalt der TAM Nettoprodukt Ersatzprodukt zum Substanzerhalt der TAM Notwendiges Produkt zur Reproduktion der Arbeitskraft Mehrprodukt Produktives Mehrprodukt Unproduktives Mehrprodukt 2
Gesamtarbeit Ersatzarbeit zum Substanzerhalt der TAM Nettoarbeit Ersatzarbeit zum Substanzerhalt der TAM Notwendige Arbeit zur Reproduktion der Arbeitskraft Mehrarbeit Produktive Mehrarbeit Unproduktive Mehrarbeit 3
Gesamtnaturverbrauch Ersatznaturverbrauch zum Substanzerhalt der TAM Nettonaturverbrauch Ersatznaturverbrauch zum Substanzerhalt der TAM Notwendiger Naturverbrauch zur Reproduktion der Arbeitskraft Mehrnaturverbrauch Produktiver Mehrnaturverbrauch Unproduktiver Mehrnaturverbrauch 4
Gesamtwertschöpfung Ersatzwert in Höhe der Abschreibung Nettowertschöpfung Reprodukti on Ersatzwert in Höhe der Abschreibung Löhne und Gehälter zur Reproduktion der Arbeitskraft Erweiterung zur Sachvermögensbildung Mehrwert Erweiterung zur Sachvermögensbildung Produktiv verwandter Mehrwert Unproduktiv verwandter Mehrwert 5
Reprodukti on Ersatzwert in Höhe der Abschreibung Löhne und Gehälter zur Reproduktion der Arbeitskraft e t Löhne und Gehälter zur Reproduktion der Arbeitskraft nd Ersatzwert in Höhe der Abschreibung bi bi nd t e er fo rd er t Sachvermögen der Vergangenheit Erweiterung zur Sachvermögensbildung Mehrwert Erweiterung zur Sachvermögensbildung Produktiv verwandter Mehrwert Unproduktiv verwandter Mehrwert 6
rt röße verg ert vergröß Unproduktives Sachvermögen der Vergangenheit Produktives Sachvermögen der Vergangenheit = TAM erzeugt zusammen mit Arbeit und Natur Produktiv verwandtes Mehrprodukt Unproduktiv verwandtes Mehrprodukt 7
vergröß Unproduktives Sachvermögen der Vergangenheit ert verg rö ßert Produktives Sachvermögen der Vergangenheit = TAM erzeugt zusammen mit Arbeit und Natur Produktiv verwandtes Mehrprodukt Unproduktiv verwandtes Mehrprodukt 8
DIE WACHSTUMSMASCHINE • Produktiver Kapitalstock erzeugt durch Arbeit und mithilfe von Natur Mehrprodukt. • Mehrprodukt wird für Nettoinvestitionen verwendet, die den Kapitalstock einerseits mengenmäßig vergrößern und ihn andererseits auch produktiver machen. • Vergrößerter und produktiverer Kapitalstock erzeugt durch Arbeit und mithilfe von Natur noch mehr Mehrprodukt. • Noch mehr Mehrprodukt wird für Nettoinvestitionen verwendet, die den Kapitalstock nochmals vergrößern und ihn produktiver machen. 9
WAS IST REALES BIP-WACHSTUM? • Das reale BIP ist die zu konstanten Preisen bewertete Menge aller in Deutschland produzierten (nicht abgesetzten!) Güter und Dienstleistungen. • Das reale BIP-Wachstum ist das Wachstum des realen BIP im Verhältnis zu seinem Vorjahreswert. 10
RÜCKLÄUFIGER TREND DES REALEN BIPWACHSTUMS • Der Trend des realen BIP-Wachstums ist der groben Tendenz nach rückläufig. • Da der Trend in allen OECD-Ländern auftritt, spricht man auch von einem säkularen Trend. • Auch weltweit scheint das reale BIP-Wachstum nachzulassen. 11
12
13
14
RÜCKLÄUFIGER TREND DER NETTOINVESTITIONSQUOTE • Der Trend der Nettoinvestitionsquote ist der groben Tendenz nach rückläufig. • Da der Trend in allen OECD-Ländern auftritt, spricht man auch von einem säkularen Trend. • Die steigende NIQ nach dem Krieg ist vor allem dem hohen Nachkriegsbedarf geschuldet. 15
Quelle: KG Zinn: Vom Kapitalismus ohne Wachstum zur Marktwirtschaft ohne Kapitalismus, Hamburg 2015, S. 37 16
17
DIE WACHSTUMSMASCHINE STOCKT • Produktiver Kapitalstock erzeugt durch Arbeit und mithilfe von Natur Mehrprodukt. • Mehrprodukt wird weniger als bisher für Nettoinvestitionen verwendet, die den Kapitalstock vergrößern und ihn produktiver machen. • Nur noch wenig vergrößerter und produktiverer Kapitalstock erzeugt durch Arbeit und mithilfe von Natur noch wenig mehr Mehrprodukt. • Nur noch wenig mehr Mehrprodukt wird noch weniger für Nettoinvestitionen verwendet, die den Kapitalstock vergrößern und ihn produktiver machen. 18
REALES BIP-WACHSTUM ≠ MEHR WOHLSTAND • Gesetzt, es kommt zu einem Unfall oder zur Zerstörung der Natur. • Die Schäden an Leib, Leben und Natur werden nicht vom (realen) BIP abgezogen. • Wohl aber gehen ins BIP als Leistungen ein: • die Beerdigungskosten, • die Behandlungskosten, • die Reparatur- und Wiederbeschaffungskosten, • die juristischen Kosten. 19
BEI REALEM BIP-WACHSTUM GAB ES MEHR WOHLSTAND UND MEHR UNGLEICHHEIT Quelle: KG Zinn: Vom Kapitalismus ohne Wachstum zur Marktwirtschaft ohne Kapitalismus, Hamburg 2015, S. 29 20
BEI REALEM BIP-WACHSTUM GAB ES MEHR WOHLSTAND UND MEHR UNGLEICHHEIT Quelle: KG Zinn: Vom Kapitalismus ohne Wachstum zur Marktwirtschaft ohne Kapitalismus, Hamburg 2015, S. 31 21
WACHSTUM VON BIP UND PRODUKTIVITÄT • Wenn das Verhältnis von realem BIP zum Arbeitseinsatz, die sogenannte Arbeitsproduktivität, stärker steigt als das reale BIP selber, sinkt das Arbeitsvolumen: • realistisches Szenario, • einerseits Potential für Arbeitszeitverkürzung, • andererseits Gefahr der Arbeitslosigkeit. • Wenn das Verhältnis von realem BIP zum Natureinsatz, die sogenannte Ressourcenproduktivität, stärker steigt als das reale BIP selber, sinkt der Ressourceneinsatz: • womöglich realistisches, aber gemäß aktuellem Trend eben noch unzureichendes Szenario. 22
Deutschlan d 23
MODELL ZU S UND I • Das Bruttoinlandsprodukt kann durch vier Komponenten nachgefragt werden: • Privatkonsum • Die Investitionen erhöhen die Produktionskapazitäten aus zwei Gründen: • Privatinvestitionen • mehr Kapitaleinheiten; • Staatskonsum • Steigerung der Arbeitsproduktivität bei neuerem Kapital. • Staatsinvestitionen • Außenbeitrag • Bei gestiegenen Produktionskapazitäten braucht man jedoch auch mehr Nachfrage, und dazu zählen auch die 24 Investitionen.
MODELL ZU S UND I • Investitionen haben daher zwei Funktionen: • Zum einen sorgen sie zunächst für die Nachfrage, um die bestehenden Kapazitäten auszulasten. • Zum anderen sorgen sie ggf. dafür, dass die künftigen Kapazitäten steigen. Man spricht von akkumulierten, kapazitätserweiternden Nettoinvestitionen (erweiterte Reproduktion). • Wenn die Kapazitäten steigen, wird das Problem immer weiter verlängert: • Die Investitionen lösen das aktuelle Kapazitätsproblem (S = I). • Sie setzen jedoch ein neues Problem in der Zukunft (Ykap = Ytats? ). 25
MODELL ZU S UND I • Bei voll ausgelasteten Kapazitäten • liegt eine bestimmte Ersparnis vor; • herrscht Vollbeschäftigung mit S = I. • Ökologisch und sicherheitsorientiert gut wären Investitionen, die heutigen Kapazitäten auslasten, somit Vollbeschäftigung sichern, aber nicht die künftigen Kapazitäten erhöhen. • In der Realität ist es aber anders: • Die Nettoinvestitionen finden nicht ausreichend statt, so dass S > I. • Es herrscht Unterbeschäftigung. • Dies ist zwar umweltpolitisch sinnvoll, aber sozialpolitisch inakzeptabel. 26
MODELL ZU S UND I Quelle: KG Zinn: Vom Kapitalismus ohne Wachstum zur Marktwirtschaft ohne Kapitalismus, Hamburg 2015, S. 79 27
28
THEORIEN FÜR S > I • Marx‘ tendenzieller Fall der Profitrate • das Gossensche Gesetz • Keynes‘ Spar- und Investitionstheorem • Fourastiés Dienstleistungstheorem • Ricardos Grundrententheorem 29
MARX‘ TENDENZIELLER FALL DER PROFITRATE • 30
DAS GOSSENSCHE GESETZ • 31
KEYNES‘ SPAR- UND INVESTITIONSTHEOREM • 32
FOURASTIÉS DIENSTLEISTUNGSTHEOREM • Die erhöhte Produktivität senkt die Stückkosten und macht landwirtschaftliche Güter billiger. Bei hoher Preiselastizität steigt die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Gütern so stark, dass trotz Produktivitätssteigerungen die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt. • Sinkt durch Sättigung die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Gütern, werden Arbeitskräfte freigesetzt und wandern in die Industrie. Denn die erhöhte Produktivität senkt die Stückkosten und macht Industriegüter billiger. Bei hoher Preiselastizität steigt die Nachfrage nach Industriegütern so stark, dass trotz Produktivitätssteigerungen die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt. 33
FOURASTIÉS DIENSTLEISTUNGSTHEOREM • Sinkt durch Sättigung die Nachfrage nach Industriegütern, werden Arbeitskräfte freigesetzt und wandern womöglich in die Dienstleistungen. • Da es bei DL keine hohe Produktivitätssteigerung gibt, bleiben diese teuer. • Bei Gleichverteilung und ausreichenden flächendeckenden Einkommen und/oder staatlichen Subventionen gibt es dennoch genügend Nachfrage nach DL-Konsum. Dann ist S = I. • Bei Ungleichverteilung und wenig Einkommen im niedrigen Bereich gibt es unzureichende Nachfrage nach DL-Konsum. Dann ist S > I. • Sollten jedoch auch DL rationalisierbar sein, wiederholt sich der beschriebene Prozess. 34
RICARDOS GRUNDRENTENTHEOREM • Güter werden mit Arbeitskraft, Kapital und mit Boden- und Naturressourcen hergestellt. • Bei zunehmender Produktion werden zunehmend nicht vermehrbare Naturressourcen verwandt – industriell als Vorleistungen (Rohstoffe) oder Boden, bei Bevölkerungszunahme als Lebensmittel. • Dies sorgt durch Naturbegrenzung und sinkende Grenzerträge für eine zunehmende Verknappung, so dass die Grundrente steigt. Hinzu kommt, dass bei einheitlicher Rente die Differentialrente für Besitzer fruchtbarerer Böden steigt. • Dadurch sinkt neben den Realeinkommen der Arbeiter die Profitrate der Industrie, so dass die Investitionen sinken mit S > I (aber es steigen die Profite der Naturbesitzer!). 35
Quelle: KG Zinn: Vom Kapitalismus ohne Wachstum zur Marktwirtschaft ohne Kapitalismus, Hamburg 2015, S. 82 S UND I 36
VARIANTEN GRÜNEN WACHSTUMS • Abbremsung ökologischer Schäden • Substitution ökologisch belastender Produktion • Sanierung und Regeneration der Umwelt • Steigerung der ökologischen Fitness • Einsparung und Reduzierung von Naturverbrauch 37
ABBREMSUNG ÖKOLOGISCHER SCHÄDEN • Beispiel: Herstellung und Einbau von Filteranlagen. • Herstellungs- und Installationskosten fallen an, womöglich sogar höhere wegen höherer Auflagen. • Endverbraucherpreise steigen. Bei hoher Preiselastizität könnte partiell der Konsum sinken. • In Summe dürften jedoch wegen Bau/Installation Nachfrage, Wachstum und Beschäftigung steigen. • Umweltbelastung steigt zwar wegen des Material in der Anlage, aber in Summe überwiegt der Vorteil. • Sollten solche Maßnahmen immer wieder nötig sein, liegt dauerhaftes Wachstum vor. Aber die Kapazitäten werden nicht ausgedehnt. 38
SUBSTITUTION ÖKOL. BELASTENDER PRODUKTION • Beispiel: Energiewende mit Solaranlagen, also Ersatz einer gesamten fossilen/atomaren Technik • Herstellungskosten und Kosten für Abschreibung und Stilllegung fallen an. • Endverbraucherpreise steigen, falls die Gestehungskosten im Schnitt höher sind. Bei hoher Preiselastizität könnte partiell der Konsum sinken. • In Summe dürften jedoch wegen Bau/Installation Nachfrage, Wachstum und Beschäftigung steigen. • Umweltbelastung steigt zunächst enorm wegen des Materials in den Anlagen, aber in Summe überwiegt der Vorteil. • Aber es liegt kein dauerhaftes Wachstum vor, und erst recht steigen nicht die Kapazitäten. 39
SANIERUNG UND REGENERATION DER UMWELT • Beispiel: Wiederaufforstung und Beseitigung des Plastikmülls im Meer • Es fehlen bisher Verantwortung, Träger, Finanzierung und technische Lösungen. • Dieses Szenario ist eher unrealistisch. • Wenn, dann dürfte der Staat der Träger sein und die Kosten via Steuern decken. 40
STEIGERUNG DER ÖKOLOGISCHEN FITNESS • Beispiel: Bau von Dämmen und Schutzmauern gegen Überflutung. • Es fallen Herstellungskosten an. • Wenn, dann dürfte der Staat der Träger sein und die Kosten via Steuern decken. • In Summe dürften wegen Bau/Installation Nachfrage, Wachstum und Beschäftigung steigen. • Umweltbelastung steigt zunächst enorm wegen des Materials in den Anlagen, aber in Summe überwiegt der Vorteil. • Aber es liegt kein dauerhaftes Wachstum vor, und erst recht steigen nicht die Kapazitäten. 41
EINSPARUNG/REDUZIERUNG VON NATURVERBRAUCH • Beispiele: Wechsel vom MIV zum ÖPNV, von Straße auf Schiene; Einsparung von Energie. • Die Folge ist eine steigende Naturproduktivität: Dieselben Kilometer sind mit weniger Naturverbrauch erreichbar. Der Ersatz von Arbeit durch Natur wird zum Ersatz von Natur durch Arbeit: Repair-Economy. Dadurch sinkt die Arbeitsproduktivität sinken, die Beschäftigung steigt. • In Summe dürften DL-Nachfrage, kapazitätsarmes Wachstum und Beschäftigung steigen. • Die Umweltbelastung steigt zunächst wegen des Materials in den Anlagen, sinkt dann deutlich. 42
GEFAHR UND CHANCE GRÜNEN WACHSTUMS • Gefahren • Rebound-Effekt: Die Effizienzsteigerung sorgt dafür, dass der Verbraucher weniger Ausgaben hat und deshalb weitere Produkte mit ökologisch problematischen Effekten erwerben kann. • Auch die Installation grüner Anlagen kostet Ressourcen. • Chancen • Per Saldo wird der Ressourcenverbrauch reduziert • Es wird zwar Wachstum in dem Sinne erzielt, dass statt S > I nun S = I gilt. • Aber die Kapazitäten werden eben nicht erweitert. Das ist die stationäre neofeudale Ökonomie. 43
SKIZZE EINES PROGRESSIVEN NEOFEUDALISMUS • Es werden aus den Abschreibungen Ersatzinvestitionen finanziert, aber keine kapazitätssteigernden Erweiterungsinvestitionen. • Auch die Ersatzinvestitionen generieren technischen Fortschritt und Produktivitätssteigerungen. Da das reale BIP nicht groß wächst, sinkt das Arbeitsvolumen. AZV würde notwendig. • Mehrwert heckt nicht mehr Mehrwert. Es entstehen Spielräume für Lohnerhöhungen. • Die verbleibende private Ersparnis muss einerseits durch (dauerhafte? ) kapazitätsunwirksame öffentliche und private Investitionen absorbiert werden, andererseits durch sinnvollen öffentlichen Konsum für Umweltschutz, Wohnen, Bildung, 44 Pflege, Kultur.
Quelle: KG Zinn: Vom Kapitalismus ohne Wachstum zur Marktwirtschaft ohne Kapitalismus, Hamburg 2015, S. 109 KAPITALISMUS OHNE WACHSTUM 45
MARKTWIRTSCHAFT OHNE KAPITALISMUS? • An die Idee eines stationären neofeudalen Kapitalismus ohne Wachstum schließt sich die Idee einer Marktwirtschaft ohne Kapitalismus an: • Schumpeter („Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“, auch erläutert im Zinnschen Buch) • Keynes („Sozialisierung der Investitionen“) • Marx („Verein freier Menschen“) • Oskar Lange (Marktsozialismus) • Ex-Jugoslawien • Commonismus 46
- Slides: 46