Jdisches Leben in Reken Zur Geschichte der jdischen
Jüdisches Leben in Reken Zur Geschichte der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in Groß Reken und Klein Reken Ausgabe für weiterführende Schulen, August 2017 © Georg Meirick, Gerda-Marie Möller
Jüdischer Friedhof Kennst du den jüdischen Friedhof in Groß Reken? Du findest ihn in dem kleinen Wäldchen am Ende der Siedlung Kerkenberg.
Die alten Grabsteine erinnern an jüdische Bürger, die in unserer Gemeinde gelebt haben.
In Reken hat es auch eine jüdische Synagoge gegeben Das Foto stammt aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg. Eine Familie Rössmann bewohnte den linken Teil des Hauses; rechts war der Synagogenraum. Zwei Fenster mit Rankenmotiven sind zu erkennen. Sie stand im Unterdorf in Groß Reken, und zwar dort, wo es heute in die Neue Mitte geht.
Die Synagoge wurde im August 1863 von der jüdischen Gemeinde Groß Reken feierlich eingeweiht. Dies ist ein Schriftstück aus der damaligen Zeit. Der Vorsteher der israelitischen Gemeinde Groß Reken, Salomon Lebenstein, lädt den Landrat des Kreises Borken, Hamelmann, ein, an den Eröffnungsfeierlichkeiten teilzunehmen. Am oberen, linken und unteren Rand hat der Landrat seine Antwort geschrieben. Darin bedauert er, dass er aus dienstlichen Gründen nicht teilnehmen kann, wünscht der jüdischen Gemeinde aber einen ungetrübten und fröhlichen Verlauf der Festlichkeiten.
Grabstein Salomon Lebensteins Gründer und Vorsteher der israelitischen Gemeinde in Groß Reken war Salomon Lebenstein. Er starb im Jahre 1889.
Simon Lebenstein Nach dem Tode Salomons übernahm sein Sohn Simon Lebenstein den Vorsitz der jüdischen Gemeinde Groß Rekens und behielt ihn bis zum Jahre 1908. Simon Lebenstein hatte sechs Kinder: Anna, Selma, Berta und Albert aus 1. Ehe. Als seine Frau Johanna im Jahre 1891 starb, heiratete er ein zweites Mal, und die Kinder Fritz und Otto wurden geboren. Simon Lebenstein starb 1917. Er war Inhaber des Kaufhauses Lebenstein.
Familie Lebenstein/Levinstein Hier eine Übersicht über die Familie Simon Lebensteins. Weil Simons Tochter Berta 1911 Hermann Levinstein heiratete, der das Kaufhaus Lebenstein übernahm, nennen wir diese Familie Lebenstein/Levinstein (Harrierstraße) Simon und Johanna (1. Ehe) Simon und Helene (2. Ehe) Anna Selma Berta Albert Fritz *1883 *1884 * 1886 * 1888 * 1898 Hermann Levinstein * 1885 Johanna (Hanni) * 1912 Otto * 1899
Ehepaar Levinstein Dieses Foto wurde vor mehr als 100 Jahren aufgenommen. Es zeigt Berta und Hermann Levinstein kurz vor oder nach der Heirat. Hermann Levin-stein stammte aus Sontra in Hessen. Nachdem Hermann Levinstein nach dem Tod seines Schwiegervaters Simon Lebenstein das Kaufhaus übernommen hatte, hieß es von da an Kaufhaus Lebenstein, Inhaber Hermann Levinstein.
Kaufhaus Lebenstein/Levinstein Wer in Groß Reken wohnt, dem wird dieses Haus bekannt vorkommen, obwohl das Foto ungefähr um 1930 gemacht wurde. Das Haus steht heute an der Harrierstraße und beherbergt den „Nähkasten“ sowie eine Fahrschule. Es ist das ehemalige Kaufhaus Lebenstein/Levinstein.
Familie Levinstein in Bad Pyrmont Dieses Foto dürfte kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges (1914) entstanden sein. Die einzige Tochter der Eheleute Levinstein, Sophia Johanna (Hanni), wurde 1912 geboren.
Haupteingang Kaufhaus Lebenstein/Levinstein Hier seht ihr Hanni Levinstein im Alter von 12 – 14 Jahren vor dem Haupteingang ihres Elternhauses (2. von rechts, mit Hund). Weitere Kinder von links: Irmgard Benson, Günter Benson, Katie (Verwandte eines Dienstmädchens). Erwachsene von links: Frau Küppers (Hannis Lehrerin aus Mönchengladbach), Hubert Strothmann (Verkäufer), Ottilie Bollen aus Essen (Verkäuferin)
Und hier ist Hanni Levinstein als junges Mädchen (ca. 1930 -1932) Die Zeitungsmeldung ist aus dem Jahre 1932. Alle Mädchen, die am Ursulinengymnasium in Dorsten Abitur gemacht haben, sind aufgeführt. Hanni Levinstein ist auch dabei. Findest du ihren Namen?
Familie Lebenstein (Surkstamm) Es gab noch eine zweite Familie Lebenstein, die am heutigen Surkstamm wohnte und mit den Lebenstein/Levinsteins in der heutigen Harrierstraße nicht verwandt war. David und Berta Lebenstein lebten von Landwirtschaft und Viehhandel. Sie hatten drei Kinder: Alex, Marta und Leopold. Der Sohn Leopold arbeitete zu Hause als Sattler und Möbelpolsterer. Marta war Hausangestellte in Wesel. Ein Bruder von David Lebenstein (Salomon) wurde „arme Jüdeken“ genannt. Er trieb ein wenig Kleinhandel und wurde weitgehend von seinem Bruder und den Nachbarn unterhalten. Familie Lebenstein (Surkstamm) Salomon („arme Jüdeken) *1870 David und Alex * 1901 Berta Martha *1903 Leopold *1905
Familie Silberschmidt Nicht weit vom Kaufhaus Lebenstein/Levinstein entfernt wohnte Familie Silberschmidt (Dorf 102, heute Harrierstraße 2). Samuel Silberschmidt war Viehhändler, seine Frau Rosa betrieb ein Textilgeschäft. Samuel und Rosa Silberschmidt hatten zwei Kinder, Julia und Fritz. Familie Silberschmidt (Harrierstraße) Samuel und Rosa Fritz *1918 Julia *1914
Familie Humberg in Klein Reken In Klein Reken gab es um 1900 zwei Familien Humberg. 30 Jahre später wohnte nur noch Johanna Humberg („Juden Hannchen“) dort, die ihren Lebensunterhalt durch Näharbeiten bestritt. Familie Humberg (Dorf 40) Regina Humberg Moses Humberg und Billa Humberg * 1836 + 1921 * 1828 + 1919 Rudolf Humberg Johanna * 1895 Sali Rosa *12. 08. 1866 *21. 02. 1873 *17. 08. 1875 Antonette Simon Levi * 1878 * 1881 * 1887 Familie Humberg (Dorf 17) Abraham (Anschel) Humberg und Rosa Humberg * 23. 07. 1852 Berta Sophia • 1879 * 1880 Amalia * 1882 Siegfried * 1885 + 1915 (gefallen) * 10. 1855 Helena Johanna Frieda * 1888 * 1890 * 1892 Ellie * 1895 Arthur * 1900
Juden waren in Reken integriert In der Zeit zwischen 1900 und 1930 kamen die Rekener Juden gut mit ihren Mitbürgern aus. Simon Lebenstein war vor dem 1. Weltkrieg (1914 – 1918) Vorsitzender des Groß Rekener Schützenvereins. Sein Sohn Albert schoss 1906 den Vogel ab. Nach dem 1. Weltkrieg wurde Hermann Levinstein Nachfolger seines Schwieger. Hermann Levinstein vaters als Präsident des Schützenvereins. Albert Lebenstein Samuel Silberschmidt gehörte seit der Gründung (1908) der Groß Rekener Feuerwehr an. Hermann Levinstein trat 1912 in die Feuerwehr ein. Samuel Silberschmidt
Teilnehmer am 1. Weltkrieg Im ersten Stock der Gemeindverwaltung Reken hängt eine „Ehrentafel“ des Kriegervereins Groß Reken mit Fotos von allen Männern, die am 1. Weltkrieg teilnehmen mussten. Auf dieser Tafel findest du auch die Namen der jüdischen Frontsoldaten Rekens. Salomon Lebenstein? (arme Jüdeken) *1870 Fritz Lebenstein * 1898 Albert Lebenstein * 1888 Hermann Levinstein * 1885 Otto Lebenstein * 1899 Samuel Silberschmidt Siegfried Humberg aus Klein Reken fiel am 7. 4. 1915 in Frankreich. (Die Fotos auf der Ehrentafel sind nur von Soldaten aus Groß Reken)
Am 30 Januar 1933 kam Adolf Hitler und mit ihm die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) in Deutschland an die Macht. Hitler hasste die Juden und machte sie für nahezu alle Schwierigkeiten der damaligen Zeit verantwortlich. Er und die Anhänger seiner Partei, der NSDAP, waren fanatische Antisemiten (Judengegner und Judenhasser).
Brandstiftung beim Kaufhaus Lebenstein/Levinstein Zwei Monate nach der Machtergreifung Hitlers gab es in Groß Reken einen seltsamen Vorfall. Auf das Kaufhaus Lebenstein/Levinstein war ein Brandanschlag verübt worden. Später stellte sich heraus, dass der „Sicherheitsbeamte“ Köhne, der das Feuer entdeckt hatte, es selbst gelegt hatte. Einige Zeitzeugen sagten uns, dass sich der Mann nur wichtig tun wollte. Ob ihn vielleicht Nationalsozialisten (Nazis) dazu angestiftet haben, ist nicht bekannt. Möglich wäre es vielleicht, da jetzt auch die Hetze gegen die Juden in Reken einsetzte.
Hetze auch in Reken Mit solchen Plakaten wurde gegen Juden gehetzt. Besonders hervorgetan hat sich eine Zeitschrift, die „Der Stürmer“ hieß und von Julius Streicher herausgegeben wurde. In jeder Ausgabe wurde von angeblichen jüdischen Gräueltaten berichtet und zum Kampf gegen das „Judentum“ aufgerufen. Ausgerechnet in der Nähe des Hauses Silberschmidt in Groß Reken stellte man einen Schaukasten des „Stürmers“ auf. (Die nebenstehenden Bilder sind nicht aus Reken)
Boykottaufrufe gegen Juden Mit Boykottaufrufen wollte man die Deutschen dazu bringen, nicht mehr in jüdischen Geschäften zu kaufen. Auch in Groß Reken zogen vor den Häusern Lebenstein/Levinstein und Silberschmidt Posten auf, die Rekener Bürger zum Boykott der Geschäfte aufriefen. Hermann Levinstein, der die Aktionen zunächst wohl nicht ernst nahm, lud einmal die jungen Männer zu einem Glas Bier ein – und diese nahmen die Einladung auch an. (Das nebenstehende Foto ist nicht aus Reken)
Ausschluss aus der Feuerwehr Im Jahre 1933 feierte die Groß Rekener Feuerwehr ihr 25 -jähriges Bestehen. Die Chronik beschreibt ausführlich die Feierlichkeiten am 25. September anlässlich dieses Jubiläums. Und dann gibt es noch einen Hinweis: Hermann Levinstein und Samuel Silberschmidt mussten wegen „jüdischer Rassenzugehörigkeit“ die Wehr verlassen. Dass daraufhin acht weitere Kameraden aus Protest die Feuerwehr verließen, zeugt sicherlich vom Mut dieser Männer. Letztlich setzten sich aber die Nazis durch, und es blieb bei dem Ausschluss.
Vom Boykott zur Endlösung Es wäre gut, wenn du darüber informiert bist, was mit den Juden in Deutschland und Europa während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft pas-siert ist. Informiere dich in einem Geschichtsbuch, in einem Lexikon (z. B. Wi-kipedia im Internet) oder frage deinen Geschichtslehrer. Dies sind wichtige Stationen von der Entrechtung der deutschen Juden bis zu ihrer Vernichtung – und auch die Rekener Juden gehörten zu den Opfern. • Bereits 1933 werden die ersten Konzentrationslager errichtet. • 1935 verlieren die Juden durch die Nürnberger Rassengesetze ihre Bürgerrechte. • In der Reichspogromnacht (auch Kristallnacht genannt) 1938 werden überall in Deutschland jüdische Synagogen und Geschäfte zerstört und in Brand gesteckt. Zehntausende von Juden werden verhaftet und in Konzentrationslager eingeliefert. • Während des zweiten Weltkrieges werden Juden in Deutschland immer mehr Rechte genommen, in den eroberten Gebieten werden Juden massenweise erschossen oder in Ghettos und Konzentrationslagern umgebracht. • Ab Herbst 1941 werden die Juden aus Deutschland in die Ghettos und Konzentrationslager Osteuropas deportiert. • Auf der Wannseekonferenz im Januar 1942 wird die „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen. Als der 2. Weltkrieg 1945 zu Ende geht, sind rund 6 Millionen Juden aus Deutschland verhungert, erschlagen, erschossen oder vergast worden.
Selbstmord von Berta Levinstein Mit den Geschäften bei Levinsteins ging es durch die ständige Hetze, die Verleumdungen und auch die zunehmende Entrechtung der Juden immer schlechter. Aus Verzweiflung über ihre familiäre Situation nahm sich Berta Levinstein im Jahre 1936 das Leben. Viele Groß Rekener waren darüber sehr betroffen; denn Berta hatte etlichen Menschen in den schwierigen Zeiten nach dem 1. Weltkrieg geholfen und besonders das Groß Rekener Krankenhaus unterstützt. (Das Foto stammt aus glücklicheren Tagen. Es wurde bei einem Urlaub im Harz gemacht. )
Hermann Levinstein zieht nach Dorsten, seine Tochter Johanna (Hanni) wandert nach Australien aus. Nach dem Tod seiner Frau verkaufte Hermann Levinstein 1937 sein Hab und Gut in Groß Reken und zog nach Dorsten. Seine Tochter Hanni, inzwischen mit Harvey Albert Roberts verheiratet, wanderte Ende Mai 1938 mit ihrem Ehemann nach Sydney in Australien aus. Hermann Levinstein in den 30 er Jahren
Weitere Mitglieder Familie Lebenstein/ Levinstein fliehen aus Deutschland Drei weiteren Mitgliedern der Familie gelang die Flucht: • Anna und Dr. Otto Lebenstein wanderten im Sommer 1938 nach Australien aus. • Selma Lebenstein entschied sich, zum selben Zeitpunkt nach Palästina auszuwandern.
Auch Dr. Albert Lebenstein begeht Selbstmord. Ein Jahr, nachdem der größte Teil seiner Verwandtschaft ausgewandert war, wählte auch Bertas Bruder, Dr. Albert Lebenstein (auf dem Foto mit seiner Frau Lucie), den Frei-tod. Er war Hautarzt in Köln, hielt sich aber oft in Groß Reken auf und behandelte Patienten. Jüdische Ärzte wurden damals aus ihren Berufen gedrängt und durften schließlich nur noch Juden behandeln. Dr. Lebenstein war zuckerkrank und musste damit rechnen, bald kein Insulin mehr zu bekommen.
Alberts Abschiedsbrief Dr. Albert Lebenstein hat am 31. Dezember 1938 den nebenstehenden Abschiedsbrief geschrieben. Lies dir den Text genau durch, du kannst bestimmt auch „zwischen den Zeilen“ lesen. Was heißt wohl „Da ich mich nicht mehr recht fühle“? Der Tag des Freitodes (7. 9. 1939 hat jemand auf dem Brief eingetragen, auf dem Grabstein steht 8. 9. 1939) war eine Woche nach Ausbruch des 2. Weltkriegs gewählt. Familie Logermann hat den Wunsch Alberts erfüllt und für ein Grab gesorgt. Er wurde neben seiner Frau, die vor ihm starb, auf dem jüdischen Friedhof in Groß Reken beerdigt.
Familie Lebenstein am Surkstamm David und Berta Lebenstein blieben in Groß Reken, ebenso Davids Bruder Salomon (arme Jüdeken), und machten damit einen tödlichen Fehler. Auch Marta Lebenstein (Tochter von David und Berta) blieb in Deutschland. Die Söhne Alex und Leopold hatten schon frühzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und hatten kurz nach 1933 Deutschland verlassen. Das Bild zeigt Alex Lebenstein (rechts) im Jahre 1966 mit seiner Frau und einem Neffen in Kfar Hachoresch (Israel).
Familie Silberschmidt Fritz Silberschmidt gelang die Flucht aus Deutschland über die Niederlande (1937) nach Argentinien (1938). Seine Schwester Julia emigrierte mit ihrem Ehemann Richard Wolff, den sie 1936 geheiratet hatte, und ihrer Tochter 1939 nach Chile. Die Eltern Samuel und Rosa Silberschmidt blieben zunächst in Deutschland. Samuel gelang es mit Hilfe seiner Kinder, am 23. Oktober 1941 von Berlin über Lissabon nach Argentinien auszuwandern. Sein Frau Rosa musste zurückbleiben. Über ihr weiteres Schicksal wird hier später berichtet.
Synagoge verkauft Dies ist eine Kurzmeldung aus dem Israelitischen Familienblatt vom 7. April 1938. Darin wird der Verkauf der Groß Rekener Synagoge gemeldet. Da es nur noch eine jüdische Familie (Lebenstein – Surkstamm) in Groß Reken gab, mussten drei Männer der Synagogengemeinde Borken das Geschäft für die jüdische Gemeinde Groß Reken abwickeln.
Deportation und Vernichtung Ende des Jahres 1941 begannen im Deutschen Reich die Deportationen von Juden in die Ghettos und Konzentrationslager Osteuropas. Sie waren dort eingerichtet worden, nachdem die Gebiete von deutschen Truppen erobert worden waren. Das Bild zeigt euch eine solche Deportation. Die Juden mussten sich an Sammelplätzen einfinden und fuhren dann in Deportationszügen einer schrecklichen Zukunft entgegen.
Hermann Levinstein Am 21. 01. 1942 wurde Hermann Levinstein zusammen mit anderen Juden aus Dorsten nach Riga deportiert. 1943 wurde er von einem Rekener Soldaten in einem Arbeitslager bei Riga angetroffen, der noch einige Worte mit ihm wechseln konnte. Hermann Levinstein gilt als verschollen, doch es ist sicher, dass er ermordet wurde. Ghetto in Riga Fritz Lebenstein Hermanns Schwager Fritz Lebenstein wurde ebenfalls deportiert und ist in einem KZ umgebracht worden.
Familie Lebenstein am Surkstamm Marta Lebenstein wurde am 10. 12. 1941 zunächst nach Münster gebracht und am 13. 12. 1941 ebenfalls ins Ghetto nach Riga deportiert. Von dort kam sie 1944 ins Konzentrationslager (KZ) Stutthof, wo sie umkam. KZ Stutthof Eingangstor Theresienstadt Ihre Eltern David und Berta Lebenstein sowie Salomon Lebenstein („arme Jüdeken“) gehörten dem Transport von Münster nach Theresienstadt am 31. 07. 1942 an. Alle drei wurden im September 1942 weiterverschleppt und im KZ Treblinka ermordet.
Rosa Silberschmidt Besonders tragisch ist das Schicksal von Rosa Silberschmidt. Während ihr Mann Samuel im Oktober 1941 über Lissabon nach Argentinien auswandern konnte, wurde sie aus dem Zug nach Lissabon geholt, da sie noch keine 60 Jahre alt war und Juden, diese Altersgrenze unterschritten, inzwischen die Ausreise untersagt war. Sie lebte danach völlig mittellos in Gemen und Borken und wurde von dort aus in ein Vernichtungslager verschleppt.
Familie Humberg Von der Familie Humberg lebte bis 1938 nur noch Johanna (Juden Hannchen) in Klein Reken. Von ihr ist bekannt, dass sie am 31. 07. 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde und dort am 25. 08. 1942 umkam. Rosa Heumann, geborene Humberg, wurde deportiert und umgebracht. Simon Humberg kam von Frankreich aus ins Konzentrationslager Majdanek und ist dort ermordet worden. Das Krematorium des KZs Majdanek
Das Ende Als Deutschland am 8. Mai 1945 bedingungslos kapitulierte, . . . lagen Deutschlands Städte und große Teile Europas in Schutt und Asche, waren etwa 6 Millionen Juden dem Rassenwahn der Nazis zum Opfer gefallen.
Ein Brief aus Israel Die Familie Konninger hatte das von David und Berta Lebenstein 1941 geräumte Haus am Surkstamm gemietet. Hermann Konninger wollte das Haus nach dem Krieg kaufen und hatte sich an den Sohn Leopold Lebenstein gewandt, der inzwischen in Israel lebte. Den vollständigen Brieftext von Leopold findest du auf der nächsten Folie.
Der Brieftext Leopold Lebenstein 28. 10. 50 z. Zt. A. L. Kfar Hachoresh, Haifa, POB 537 Herrn Hermann Konninger! Ihre Briefe habe ich erhalten und dieselben meinem Rechtsanwalt übergeben. Da ich demselben nicht vorgreifen wollte, habe ich bisher nicht geantwortet. Ich bin mit dem Verkauf des Anwesens einverstanden. Die näheren Bedingungen, den Preis usw. müssen Sie mit meiner Vertretung vereinbaren, welche meine Anweisungen hat. Ich nehme an, dass Sie aus Düsseldorf inzwischen ein Schreiben bekommen haben? Nun habe ich eine Bitte an Sie. Ich habe seinerzeit einige Wertsachen vergraben. Es sind in der Hauptsache Andenken. Hinter dem Haus ist oder war ein kleiner Schuppen. Dort drin, etwa rechts von der Mitte, glaube ich, war die Stelle. Ich appeliere an Ihre Ehrlichkeit und bitte Sie dieselben auszugraben und dieselben aufzuheben und mir davon umgehend Mitteilung zu machen. Hochachtungsvoll Leopold Lebenstein
Die Häuser Lebenstein/Levinstein und Silberschmidt Beide Häuser sind bis heute noch in ihrem weitgehend ursprünglichen Zustand gut erhalten. Das ehemalige Kaufhaus Lebenstein/Levinstein steht in der Harrierstraße 13 und beherbergt Wohnungen, den Nähkasten und eine Fahrschule (Foto von der Dorstener Straße aus). Das ehemalige Haus der Familie Silberschmidt steht in der Harrierstraße 2 und beherbergt ebenfalls Wohnungen sowie eine Wellness-Oase (Foto von der Harrierstraße aus).
Überlebende und Nachkommen Nach dem 2. Weltkrieg haben sich ehemalige jüdische Bürger nicht mehr in Reken niedergelassen Das linke Bild zeigt Hanni Roberts, geborene Levinstein, im Jahre 1994 in ihrem Haus in Sydney. Sie hat nie mehr Reken besucht und ist inzwischen verstorben. Rechts ihr Sohn Dr. John Albert Roberts 2008 vor einem Stolperstein für seinen Vater Hermann Levinstein in Dorsten. Dr. Roberts hat mehrfach Groß Reken besucht. Auch Fritz Silberschmidt war mehrfach mit seiner Frau Hilde in Reken. Im November 1988 besuchten beide eine Gedenkveranstaltung für die Nachkommen jüdischer Bürger, die in Borken oder Gemen gelebt haben. Das Foto rechts zeigt Hilde Silberschmidt mit Schwiegertochter und Enkelkind vor ihrem Haus in Hod Hasharon (Israel). Fritz und Hilde Silberschmidt sind inzwischen auch verstorben.
Gegen das Vergessen Die Gemeinde Reken kümmert sich heute um das Andenken an ihre jüdischen Mitbürger. In Klein Reken wurde 1981 dort, wo es früher einen kleinen jüdischen Friedhof gab, ein Gedenkstein mit der Inschrift eingeweiht: „Der Ort, an dem du stehst, ist heiliger Boden. Exodus 3. 5. Jüdischer Friedhof“. Du findest die Stelle, wenn du dem Mühlenweg Richtung Frankenhofs folgst – hinter der Brücke über die Dorstener Straße auf der linken Seite. In Groß Reken wurde auf dem jüdischen Friedhof am Ende der Siedlung Kerkenberg 1985 ein weiterer Gedenkstein mit demselben Bibelzitat errichtet. Er trägt den Zusatz: „Zum ehrenden Gedenken an die jüdischen Mitbürger, die in den Jahren 1933 – 1945 Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden. Gemeinde Reken. “ Wenn du den Friedhof mal besuchen willst, besorg dir den Schlüssel bei Herrn Hensel in der Gemeindeverwaltung.
Gedenkblatt für Familie Lebenstein/ Levinstein Am 13. Dezember 2005 wurde im „Geschichtsort Villa ten Hompel“ in Münster ein Gedenkblatt für die Familie Lebenstein/Levinstein verlesen und dem dort geführten Gedenkbuch hinzugefügt. Sarah Rensing aus Groß Reken hat dieses Gedenkblatt mit unserer Hilfe als Jahresarbeit für ihre Schule angefertigt. In dem Gedenkbuch der Villa ten Hompel in Münster sind inzwischen die Schicksale vieler jüdischer Familien aus dem Münsterland dokumentiert. Es wird laufend durch weitere Beiträge ergänzt.
Stolperstein für Hermann Levinstein in Dorsten Am 30 Mai 2008 wurde in Dorsten von dem Künstler Günter Demnig ein Stolperstein zur Erinnerung an Hermann Levinstein verlegt. Eine Schulklasse vom Ursulinengymnasium in Dorsten stellte sein Schicksal in Spielszenen dar. Hermann Levinstein hatte vor seiner Deportation nach Riga im Januar 1942 zuletzt in einem Haus am heutigen Lippetor gewohnt. Ihr findet den Stolperstein dort in der Fußgängerzone.
Stele zur Erinnerung an die Synagoge Hier, an der Einfahrt zur „Neuen Mitte“ in Groß Reken, wurde am 6. März 2009 eine Stele enthüllt, die an die ehemalige Synagoge erinnert. Der Standort der Synagoge war ungefähr dort, wo die Spitze des Pfeils hinzeigt. Die Stele trägt folgende Inschrift: „Gegen das Vergessen - In Erinnerung an die jüdischen Bürgerinnen und Bürger in unserer Gemeinde, deren Synagoge sich von 1863 – 1938 gegenüber diesem Gedenkstein befand. Nationalsozialistisches Denken und Handeln beendeten das jüdische Gemeindeleben. “
Weitere Informationen Wenn du noch mehr Informationen haben möchtest, wende dich bitte an: Gerda-Marie Möller, Buchenstraße 19, 48734 Reken, Tel. 02864 2246 E-Mail: g-m. moeller@t-online. de Georg Meirick, Beethovenstraße 28, 46359 Heiden, Tel. 02867 8311 E-Mail: georg. meirick@onlinehome. de Über die jüdische Gemeinde Reken findest du bei Wikipedia einen Artikel über diesen Link: http: //de. wikipedia. org/wiki/J%C 3%BCdische_Gemeinde_Reken Du kannst auch bei Google „Jüdische Gemeinde Reken“ eingeben. Weitere Informationen über jüdisches Leben in unserer Umgebung: Jüdisches Museum Westfalen Julius-Ambrunn-Straße 1 46282 Dorsten Telefon 02362 -45279 Fax 02362 -45386 Internet www. jmw-dorsten. de Angebote : Führungen, Vorträge, Lesungen, Ausstellungen, Kinder im Museum, Museum und Schule. Arbeitskreis „ Jüdisches Leben in Borken und Gemen“ Internet : www. gegen-vergessen-borken. de
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