Institut fr Staats und Verwaltungsrecht ao Univ Prof

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Institut für Staats- und Verwaltungsrecht ao. Univ. -Prof. Mag. Dr. Christian M. PISKA Verwaltungsrecht

Institut für Staats- und Verwaltungsrecht ao. Univ. -Prof. Mag. Dr. Christian M. PISKA Verwaltungsrecht - Besonderer Teil Versammlungsrecht

2 Übersicht Struktur dieses Vortrags • Versammlungsrecht - Versammlungsbegriff Anzeige und Untersagung der Versammlung

2 Übersicht Struktur dieses Vortrags • Versammlungsrecht - Versammlungsbegriff Anzeige und Untersagung der Versammlung Durchführung und Auflösung Behörden und Zuständigkeiten Aktuelle Entwicklung in der Rechtsprechung des Vf. GH Fallbeispiel 2

3 Versammlungsrecht Rechtsgrundlage • Versammlungsgesetz 1953 (Vers. G) BGBl 1953/98 id. F BGBl I

3 Versammlungsrecht Rechtsgrundlage • Versammlungsgesetz 1953 (Vers. G) BGBl 1953/98 id. F BGBl I 2013/161

4 Versammlungsrecht Kurzcharakteristik • Versammlungsrecht regelt Ausübung des Grundrechts Versammlungsfreiheit (Art 12 St. GG,

4 Versammlungsrecht Kurzcharakteristik • Versammlungsrecht regelt Ausübung des Grundrechts Versammlungsfreiheit (Art 12 St. GG, Art 11 EMRK) – dieses garantiert kollektive Meinungskundgabe • Versammlungsgesetz - regelt Ausgleich zwischen Versammlungsfreiheit und entgegenstehenden berechtigten privaten und öffentlichen Interessen - Versammlungsbehörden: Überwachungsfunktion Anzeige an Behörde Untersagung und Auflösung durch Behörde

5 Versammlungsrecht Kompetenzgrundlagen • Versammlungsrecht – Art 10 (1) Z 7 B-VG Kompetenztatbestand „Vereins-

5 Versammlungsrecht Kompetenzgrundlagen • Versammlungsrecht – Art 10 (1) Z 7 B-VG Kompetenztatbestand „Vereins- und Versammlungsrecht“ Bildung und Durchführung von Versammlungen, Aufsichtsmaßnahmen → in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache • Abgrenzung: Versammlung, die keine im verfassungsrechtlichen Sinn ist → oftmals Gegenstand des Veranstaltungswesens (Generalklausel Art 15 (1) B -VG - Landessache in Gesetzgebung und Vollziehung) z. B Angelegenheiten des „Theater- und Kinowesens“ (Art 15 (3) B-VG) auf dieser Grundlage: Veranstaltungsgesetze der Länder

6 Versammlungsrecht Grundrechtliche Bezüge • Art 12 St. GG Österr Staatsbürger haben Recht sich

6 Versammlungsrecht Grundrechtliche Bezüge • Art 12 St. GG Österr Staatsbürger haben Recht sich zu versammeln und Vereine zu bilden • Beschluss der Prov. Nationalversammlung (St. GBl 1918/3), Z 3 „Vereins- und Versammlungsfreiheit ohne Unterschied des Geschlechts“ • Art 11 (1) EMRK alle Menschen haben Recht sich friedlich zu versammeln und sich mit anderen zusammenzuschließen. 6

7 Versammlungsrecht Grundrechtliche Bezüge II • Art 12 St. GG: keine Legaldefinition in Art

7 Versammlungsrecht Grundrechtliche Bezüge II • Art 12 St. GG: keine Legaldefinition in Art 12 St. GG, durch Vf. GH entwickelt und für Vers. G maßgeblich („enger“ Versammlungsbegriff, weil enger als jener der EMRK) Ausübungsvorbehalt: Grundrecht nach Maßgabe der einfachgesetzlichen Ausgestaltung im Vers. G gewährt • Art 11 EMRK: alle Menschen haben Recht sich friedlich zu versammlen, weiter als jener des Art 12 St. GG (auch erfasst: organisierte, einmalige Vereinigung mehrerer Menschen zu einem gemeinsamen Ziel an bestimmtem Ort, z. B Festakt) materieller Ausübungsvorbehalt → Art 11 EMRK geht Art 12 St. GG als günstigere Bestimmung vor (Art 53 EMRK) 7

8 Versammlungsrecht Grundrechtliche Bezüge III • Recht auf Versammlungsfreiheit nach Art 12 St. GG

8 Versammlungsrecht Grundrechtliche Bezüge III • Recht auf Versammlungsfreiheit nach Art 12 St. GG gewährleistet - Freiheit sich zu versammeln und - versammelt zu bleiben. - auch Bestrafung wegen Übertretung des Vers. G kann Eingriff sein Aus Art 12 St. GG und Z 3 des Beschlusses der Prov. Nationalversammlung → Rsp: Verbot des Konzessionssystem - Versammlung darf nicht von vorhergehender Bewilligung abhängig sein - Anzeigepflicht und Untersagung aber zulässig - Untersagung und Auflösung nur unter Voraussetzungen des Vers. G und mat. Gesetzesvorbehalt in Art 11 (2) EMRK 8

9 Versammlungsrecht Völkerrechtliche Bezüge • Art 9 St. V Wien: Einschränkung verpflichtet Österreich zur

9 Versammlungsrecht Völkerrechtliche Bezüge • Art 9 St. V Wien: Einschränkung verpflichtet Österreich zur Auflösung der NSDAP/aller Organisationen faschistischen Charakters; Verbot der Betätigung solcher Organisationen • Art 4 Z 2 St. V Wien verbietet jede Organisation die politische/wirtschaftliche Vereinigung mit Deutschland anstrebt - Vf. GH: Art 9 und 4 St. V Wien nicht unmittelbar anwendbar, aber als Auslegungsmaximen zu beachten – z. B bei Untersagung von Versammlungen als staatsgefährlich und gesetzwidrig – in n. Rsp: schon wegen Verstoß gegen § 3 Verbots. G 1947 Untersagung von Versammlung geboten 9

10 Versammlungsrecht Europarechtliche Bezüge • Grundrechte als allgemeine Grundsätze Art 6 (3) EUV (id.

10 Versammlungsrecht Europarechtliche Bezüge • Grundrechte als allgemeine Grundsätze Art 6 (3) EUV (id. F des Vertrages von Lissabon): - Grundrechte aus EMRK, sowie - Grundrechte, die sich aus gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben → als „allgemeine Grundsätze“ Teil des Unionsrechts In der Praxis: Spannungsverhältnis Versammlungsfreiheit – Grundfreiheit des Warenverkehrs z. B Demonstration auf Hauptverkehrsstraßen mit Blockadecharakter („Brenner-Blockade“) → eventuell unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten gegen Versammlungen einzuschreiten; aber: Schranken der Grundfreiheiten in Grundrechten – gegen einander abwägen!

11 Versammlungsrecht Europarechtliche Bezüge II • Art 12 Grundrechtecharta Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (1) Jede

11 Versammlungsrecht Europarechtliche Bezüge II • Art 12 Grundrechtecharta Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (1) Jede Person hat das Recht, sich insbesondere im politischen, gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich auf allen Ebenen frei und friedlich mit anderen zu versammeln und frei mit anderen zusammenzuschließen, was das Recht jeder Person umfasst, zum Schutz ihrer Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten. (2) Politische Parteien auf der Ebene der Union tragen dazu bei, den politischen Willen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen. 11

12 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Begriff der Versammlung • keine Legaldefinition in Vers. G, aber Definition

12 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Begriff der Versammlung • keine Legaldefinition in Vers. G, aber Definition durch Vf. GH „Zusammenkunft mehrerer Menschen [. . . ], wenn sie in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw. ) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht. Eine Versammlung ist – ma. W ausgedrückt – das Zusammenkommen von Menschen (auch auf Straßen) zum gemeinsamen Zweck der Erörterung von Meinungen oder Kundgabe von Meinungen an andere; keine Versammlung ist das bloß zufällige Zusammentreffen von Menschen“ (z. B Vf. Slg 11. 866) → verfassungsrechtliche Versammlungsbegriff aus Rsp zu Art 12 St. GG (auch für Vers. G relevant) 12

13 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Begriff der Versammlung II • Versammlungsbegriff: Beurteilung nach - Zweck und

13 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Begriff der Versammlung II • Versammlungsbegriff: Beurteilung nach - Zweck und - Elemente der äußeren Erscheinungsform (Modalitäten, Dauer, Anzahl der Teilnehmer etc) relevant ist erkennbares geplantes Geschehen (nicht: ob als „Versammlung“ von Veranstaltern angezeigt) = enger restriktiver Versammlungsbegriff Kasuistische Rsp des Vf. GH: z. B muss organisierte Zusammenkunft sein, aber auch „Spontanversammlungen“ können erfasst sein 13

14 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Begriff der Versammlung III • Versammlungsbegriff der EMRK in Art 11

14 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Begriff der Versammlung III • Versammlungsbegriff der EMRK in Art 11 - „jede organisierte einmalige Vereinigung mehrerer Menschen zu einem gemeinsamen Ziel an einem bestimmten Ort“ = weiter Versammlungsbegriff z. B auch öffentlicher Festakt als Versammlung i. Sd Art 11 EMRK, nicht aber als Versammlung i. Sd Art 12 St. GG (Vf. Slg 12. 501) 14

15 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen • „absolut“ freie Versammlungen aus Anwendungsbereich des Vers.

15 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen • „absolut“ freie Versammlungen aus Anwendungsbereich des Vers. G ausgenommen • nicht anzeigepflichtige („freie“) Versammlungen müssen nicht angezeigt werden, andere Vorschriften des Vers. G aber anwendbar • anzeigepflichtige öffentliche Versammlungen voll von Vers. G erfasst 15

16 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen II • „absolut“ freie Versammlungen → aus Anwendungsbereich

16 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen II • „absolut“ freie Versammlungen → aus Anwendungsbereich des Vers. G ausgenommen - Wahlversammlungen bestimmter Art (§ 4 Vers. G): Versammlungen der Wähler zu Wahlbesprechungen, zu Besprechungen mit den gewählten Abgeordneten, wenn zur Zeit der ausgeschriebenen Wahlen und nicht unter freiem Himmel - öffentliche Belustigungen, Hochzeitszüge, volksgebräuchliche Feste, Leichenbegräbnisse, Prozessionen, etc (§ 5 Vers. G, keine taxative Aufzählung) 16

17 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen III • nicht anzeigepflichtige („freie“) Versammlungen → müssen

17 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen III • nicht anzeigepflichtige („freie“) Versammlungen → müssen nicht angezeigt werden, andere Vorschriften des Vers. G aber anwendbar - Versammlungen, die nicht allgemein zugänglich und auf geladene Gäste beschränkt sind - Mitgliederversammlungen von Vereinen (§ 10 Ver. G) „Geschlossene Gesellschaft“: auf geladene Gäste beschränkt – Teilnehmer müssen persönlich und individuell vom Veranstalter geladen werden, Zutritt nicht allgemein möglich (z. B Kontrolle durch Teilnehmer. Innenliste) 17

18 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen IV • anzeigepflichtige öffentliche Versammlungen → spätestens 24

18 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen IV • anzeigepflichtige öffentliche Versammlungen → spätestens 24 Stunden vor Versammlung bei Versammlungsbehörde anzuzeigen - allgemein zugängliche öffentliche (Volks-)Versammlungen (§ 2 Vers. G) Irrelevant, ob an öffentlichem (z. B Straße) oder privatem Ort (z. B Wohnung, Wirtshaus), ob in Bewegung als „Aufzug“ oder „statisch“ 18

19 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Anzeige und Untersagung • Versammlungsanzeige - spätestens 24 Stunden vor beabsichtigter

19 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Anzeige und Untersagung • Versammlungsanzeige - spätestens 24 Stunden vor beabsichtigter Abhaltung - unter Angabe von Zweck, Ort und Zeit - an Versammlungsbehörde - durch Veranstalter - schriftlich für Einhaltung der Frist rechtzeitiges Einlangen bei Behörde relevant auf Verlangen hat Behörde Bestätigung über Anzeige auszustellen Beachte: Anzeigepflichten nach anderen Vorschriften sind zu beachten! z. B § 86 St. VO Umzüge: bei Benutzung der Straße für andere Zwecke als jene des Straßenverkehrs, drei Tage vorher der Straßenpolizei anzuzeigen 19

20 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Anzeige und Untersagung II • Untersagung der Versammlung durch Behörde mit

20 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Anzeige und Untersagung II • Untersagung der Versammlung durch Behörde mit Bescheid, wenn - deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder - deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet (§ 6 Vers. G). § 6 Vers. G ist verfassungskonform interpretieren→ Untersagung muss auch i. Sd Art 11 (2) EMRK notwendig sein Vf. GH: Untersagungsbescheid als Prognoseentscheidung aufgrund objektiv erfassbarerer Umstände, in Abwägung der Interessen des Veranstalters an Abhaltung der Versammlung und den öffentlichen Interessen aus Art 11 (2) EMRK am Unterbleiben der Versammlung 20

21 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Durchführung der Versammlung • Versammlungsleiter und Ordner - müssen für Wahrung

21 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Durchführung der Versammlung • Versammlungsleiter und Ordner - müssen für Wahrung des Gesetzes, Aufrechterhaltung der Ordnung sorgen - müssen gesetzwidrigen Handlungen/Äußerungen sofort entgegentreten - wird Anordnungen nicht Folge geleistet → Leiter muss Versammlung auflösen Verletzung der Verhaltenspflichten = Verwaltungsübertretung 21

22 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Durchführung der Versammlung II • Vermummungsverbot (§ 9 Vers. G) Personen,

22 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Durchführung der Versammlung II • Vermummungsverbot (§ 9 Vers. G) Personen, die - ihr Gesicht verhüllen oder verbergen oder - Gegenstände mit sich führen, die ihrem Wesen nach bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern dürfen an einer Versammlung nicht teilnehmen. • Bewaffnungsverbot (§ 9 a Vers. G) Personen, die - bewaffnet sind, oder - Gegenstände mit sich führen, die geeignet sind u. U nur dazu dienen Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben, dürfen an Versammlungen nicht teilnehmen 22

23 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Durchführung der Versammlung III • Verstoß gegen Vermummungs- und Bewaffnungsverbot -

23 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Durchführung der Versammlung III • Verstoß gegen Vermummungs- und Bewaffnungsverbot - jeweils allein (sofern die Tat nicht gerichtlich strafbar ist) = Verwaltungsübertretung - wer zugleich gegen Vermummungsverbot nach § 9 Vers. G und Bewaffnungsverbot nach § 9 a Vers. G verstößt = Erfüllung eines besonderen gerichtlichen Straftatbestandes (§ 19 a Vers. G) 23

24 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Auflösung einer Versammlung • Auflösung einer Versammlung = behördliche Beendigung einer

24 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Auflösung einer Versammlung • Auflösung einer Versammlung = behördliche Beendigung einer aktuell stattfindenden Versammlung • Versammlung ist von Behörde - zu untersagen und „nach Umständen“ aufzulösen, wenn sie gegen Vorschriften des Vers. G veranstaltet wird - aufzulösen, wenn sich in einer Versammlung § gesetzwidrige Vorgänge ereignen § sie öffentliche Ordnung bedrohenden Charakter annimmt und in allen Fällen Auflösung i. Sd Art 11 (2) EMRK gerechtfertigt ist 24

25 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Auflösung einer Versammlung II • Anordnung der Auflösung: Rechtsform - von

25 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Auflösung einer Versammlung II • Anordnung der Auflösung: Rechtsform - von Teilen der L und der Rsp als Befehlsakt gesehen an alle Versammlungsteilnehmer. Innen zu richten muss entsprechend wahrnehmbar erfolgen - anderer Teil der L: mündlich verkündete Verordnung Konsequenzen für Rechtsschutz: - Befehlsakt: von jede. R Teilnehmer. In mit Maßnahmenbeschwerde beim Landesverwaltungsgericht - Verordnung: Individualantrag beim Vf. GH 25

26 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Auflösung einer Versammlung III • Aufgelöste Versammlung - alle Anwesenden verpflichtet

26 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Auflösung einer Versammlung III • Aufgelöste Versammlung - alle Anwesenden verpflichtet Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinanderzugehen - wird Befehlsakt (die „Auflösung“) nicht befolgt, darf Zwang angewendet werden - Nichtbefolgung des Gebots, Versammlungsort sogleich zu verlassen = Verwaltungsübertretung 26

27 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Verwaltungsstraftatbestände • § 19 Vers. G „Übertretungen dieses Gesetzes sind, insofern

27 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Verwaltungsstraftatbestände • § 19 Vers. G „Übertretungen dieses Gesetzes sind, insofern darauf das allgemeine Strafgesetz keine Anwendung findet, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, aber von der Landespolizeidirektion, mit Arrest bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 720 Euro zu ahnden. “ - subsidiär („sofern nicht gerichtlich strafbar“) - Blankettstrafnorm („Übertretungen gegen dieses Gesetz“) - z. B Verstöße gegen Anzeigepflicht, „Nichtauseinandergehen“ nach Versammlungsauflösung 27

28 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Behörden und Zuständigkeiten • Versammlungsbehörden § 2 (1) + (2) SPG:

28 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Behörden und Zuständigkeiten • Versammlungsbehörden § 2 (1) + (2) SPG: Vereins- und Versammlungsangelegenheiten als Teil der Sicherheitsverwaltung; von Sicherheitsbehörden vollzogen. Versammlungsbehörden sind die Sicherheitsbehörden - Bezirksverwaltungsbehörden bzw. - LPD (im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde „erster Instanz“ ist ) 28

29 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Behörden und Zuständigkeiten II • Zuständigkeiten: neu Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 § 18

29 Versammlungsrecht Versammlungsgesetz: Behörden und Zuständigkeiten II • Zuständigkeiten: neu Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 § 18 Vers. G: „Über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz entscheidet das Landesverwaltungsgericht. “ Örtliche Zuständigkeit: jene Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich die Versammlung laut Anzeige veranstaltet werden soll oder tatsächlich veranstaltet wird (§§ 2, 16 Vers. G i. Vm § 3 Z 2 AVG). • Verfahren vor Sicherheitsbehörden nach AVG, VSt. G, VVG Abweichungen vom AVG: insb von § 13 (5) AVG mit § 2 (1) Vers. G als speziellere Norm – Frist von 24 Stunden für Einlangen von Versammlungsanzeige auch gewahrt, wenn außerhalb der Amtsstunden mittels Fax bei Behörde einlangt

30 Versammlungsrecht Aktuelle Judikatur des Vf. GH • bisher: Art 12 St. GG –

30 Versammlungsrecht Aktuelle Judikatur des Vf. GH • bisher: Art 12 St. GG – Ausgestaltungsvorbehalt – daher als Feinprüfungsgrundrecht vom Vf. GH verstanden → jede Verletzung des Vers. G als Verletzung der Versammlungsfreiheit gem Art 12 St. GG → grundrechtliche Feinprüfung durch Vf. GH → kein Raum für Zuständigkeit des Vw. GH (Art 133 Abs 5 B-VG) • im Gegensatz dazu: Art 11 EMRK – Fremde können sich darauf stützen – Eingriffsvorbehalt Vf. GH nur Grobprüfung

Literaturhinweis: Kucsko-Stadlmayer /Gratzl, Aktuelle Judikatur des Vf. GH zum Recht auf Versammlungsfreiheit - Was

Literaturhinweis: Kucsko-Stadlmayer /Gratzl, Aktuelle Judikatur des Vf. GH zum Recht auf Versammlungsfreiheit - Was bleibt vom Feinprüfungsgrundrecht, JAP 2013/2014/24. Versammlungsrecht Aktuelle Judikatur des Vf. GH II • neu: Art 12 St. GG – partielle Judikaturänderung? Bezüglich Frage der Rechtmäßigkeit einer über den Beschwerdeführer verhängten Verwaltungsstrafe i. Vm der Auflösung einer Versammlung beschränkt sich Vf. GH auf Grobprüfung Konsequenzen: - Raum für Kompetenz des Vw. GH (Art 133 Abs 5 B-VG) - da in Art 12 St. GG auch Vereinsfreiheit: auch hier beachtlich → Aber fraglich, ob einmalige Abweichung oder Abgehen von bisheriger ständiger Rsp des Vf. GH 31

32 Versammlungsrecht Fallbeispiel • Versammlung vor Bekleidungsunternehmen: Sachverhalt: Kundgebung gegen Pelzhandel vor Bekleidungsunternehmen, ca.

32 Versammlungsrecht Fallbeispiel • Versammlung vor Bekleidungsunternehmen: Sachverhalt: Kundgebung gegen Pelzhandel vor Bekleidungsunternehmen, ca. 10 Personen mit Tisch, Infomaterial, Beamer, Leinwand. Der Tisch wird 5 Meter von Auslage entfernt aufgestellt. Die Behörde untersagt die Versammlung und gibt Schutz des Geschäfts Vorrang. Welche Argumente sprechen für, welche gegen die Untersagung?

Auszug aus dem Standard (17. 10. 2014) 33 Versammlungsrecht trotz Bademantels Den Grünen geht

Auszug aus dem Standard (17. 10. 2014) 33 Versammlungsrecht trotz Bademantels Den Grünen geht es in erster Linie darum, dass bei Demos, die untersagt werden, für die Anfechtung dieser Entscheidung genügend Spaßdemos verbieten? Das geht nicht, sagen die Grünen. Sie Zeit bleibt. Im Moment ist es so, dass man eine Versammlung fordern eine Stärkung des Demonstrationsrechts. Die Untersagung von Versammlungen soll zeitgerecht angefochten mindestens 48 Stunden vor Beginn anmelden muss. Wenn die Polizei diese nicht untersagt, dann kann sie stattfinden. werden können. Aber die Polizei kann die Versammlung auch spätestens 24 Stunden Rosa Winkler-Hermaden vor Beginn untersagen, etwa wenn die öffentliche Sicherheit Wien - Der 80. Geburtstag von Udo Jürgens brachte nicht zur gefährdet wird. Man kann dann zwar Einspruch erheben, aber der zahlreiche Porträts über die Schlagerlegende mit sich, sondern Beschluss der Landesverwaltungsgerichte kommt in der Regel erst auch eine Debatte um das Demonstrationsrecht. Madame Tussauds Wien hatte zur Bademantel-Demo aufgerufen. Nicht ganz nach dem Zeitpunkt, an dem die Versammlung eigentlich hätte selbstlos, schließlich galt es auch, die Udo-Jürgens-Wachspuppe zu stattfinden sollen. Musiol plädiert nun dafür, das Gesetz nachzuschärfen. Seit die bewerben. Die Kritik war laut. Den Ring sperren für eine Werbeveranstaltung? Sogar Innenministerin Johanna Mikl-Leitner Landesverwaltungsgerichte für die Einsprüche zuständig sind und (ÖVP) schaltete sich letztlich ein und kündigte an, rechtlich prüfen nicht mehr die Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS), sei zwar im zu lassen, ob man sogenannte Spaßdemos örtlich verlegen kann. Gesetz festgeschrieben, dass "unverzüglich" zu entscheiden sei. De facto fallen die Entscheidungen aber zu spät, nämlich nach dem Die Grünen nehmen die Debatte nun zum Anlass, um eine ursprünglich anvisierten Datum. Und man weiß auch erst im Stärkung des Demonstrationsrechts zu fordern. Mit Spaßdemos Nachhinein: Hat die Polizei zu Recht oder zu Unrecht gehandelt? auch auf der Ringstraße müsse man leben, sagt Denkbar sind für die Grünen zwei Varianten: Die Anmeldefrist einer Verfassungssprecherin Daniela Musiol zum STANDARD. Denn es bestehe das Recht auf Versammlungsfreiheit, und daran sei nicht Versammlung vorzuverlegen ("Viel früher aber nicht. "). Oder die Gerichte zu verpflichten, schneller zu entscheiden. "Gerichte müssen zu rütteln. Es dürfe erst gar nicht damit begonnen werden, hier ja auch bei Gewaltdelikten sehr schnell urteilen: Passieren zwischen Versammlungen aus kommerziellen oder nichtkommerziellen Gründen zu unterscheiden. Denn das führe zu Wegweisungen zu Recht? Das sollte auch beim Verwaltungsgericht möglich sein. " einer Aufweichung.

34 Literaturempfehlungen Kolonovits, Vereins- und Versammlungsrecht, in Hammer/Kolonovits/Muzak/Piska/Strejcek (Hg. ), Besonderes Verwaltungsrecht (2012) Giese,

34 Literaturempfehlungen Kolonovits, Vereins- und Versammlungsrecht, in Hammer/Kolonovits/Muzak/Piska/Strejcek (Hg. ), Besonderes Verwaltungsrecht (2012) Giese, Vereins- und Versammlungsrecht, in Bachmann et al (Hg. ), Besonderes Verwaltungsrecht (2014)10 Kucsko-Stadlmayer/Gratzl, Aktuelle Judikatur des Vf. GH zum Recht auf Versammlungsfreiheit – Was bleibt vom Feinprüfungsgrundrecht, JAP 2013/2014/24.