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Herzlich Willkommen zur Vorlesung BGB AT Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte Prof. Dr. Hans-Dieter Spengler
Vorlesung BGB AT Die Anfechtung
Die Anfechtung- wir lesen im Gesetz/ das Gesetz… Begriff: Gestaltungsrecht Irrtümer Rechtsfolge: § 142 I Haftung des Erklärenden: § 122 I in den Fällen der §§ 119 f. (NICHT § 123) Vorlesung BGB AT Einzelfälle: • § 119 I Alt. 1 • § 119 I Alt. 2 • § 120 • § 123 I Alt. 1 • § 123 I Alt. 2
Die Prüfungsreihenfolge Vorlesung BGB AT 1. Anfechtbarkeit ( Überlegung: Was ist anfechtbar? Siehe Gesetzeswortlaut!) 2. Anfechtungsgegner, § 143 II BGB 3. Anfechtungsgrund ( §§ 119 ff. ) Hier sind die Probleme zu finden!!! 4. Anfechtungserklärung ( § 143 I) 5. Anfechtungsfrist ( § 121, § 123 => richtet sich nach dem Grund!) 6. Kein Anfechtungsausschluss gem. § 144 BGB 7. RF: § 142 I BGB
Anfechtbare Rechtsgeschäfte § 142 Wirkung der Anfechtung (1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen. (2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen. Ø Ø Ø Irrtum über den Erklärungsinhalt Irrtum über wesentliche Eigenschaften Falschübermittlung Irrtum über die Erklärungshandlung Arglistige Täuschung und Drohung Irrtum im Motiv Wo finden wir dies im Gesetz? Ordnen Sie es den einzelnen Gesetzen zu! Vorlesung BGB AT Die Anfechtung macht das Rechtsgeschäft von Anfang an (ex tunc) nichtig!
Der Irrtum § 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums (1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. (2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden. § 120 Anfechtbarkeit wegen falscher Übermittlung Eine Willenserklärung, welche durch die zur Übermittlung verwendete Person oder Einrichtung unrichtig übermittelt worden ist, kann unter der gleichen Voraussetzung angefochten werden wie nach § 119 eine irrtümlich abgegebene Willenserklärung. …bei Überlegungen, die zur Erklärung führen …bei Abgabe einer Willenserklärung …nach Abgabe, aber vor Zugang der Erklärung • Unbeachteter Motivirrtum • Irrtum ü. vertragswesentliche Eigenschaften • Inhaltsirrtum • Erklärungsirrtum • Übermittlungsirrtum Vorlesung BGB AT Ein Irrtum entsteht…
Vorlesung BGB AT Im Überblick:
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C ist der Meinung, dass sein Wohnzimmer ein neues Gemälde gut gebrauchen könnte. Als Kunstkenner ist er in der Szene bekannt, sodass ihn ein guter Freund Galerist Kjell Eriksson (K) alsbald auf eine Vernissage in Stockholm eingeladen hat. Unter den Gästen war neben den üblichen Kunstliebhabern, Wirtschaftsbossen und reichlicher B-Prominenz auch der Kunsthändler Ambroise Vollard (A) zugegen, den C schon von früheren Ausstellungen kannte. Vor dem Bild „Mann und Maske“ von Campendonk erzählt er A von seinem Vorhaben. A, der das Wohnzimmer von C von früheren Besuchen bereits kennt, trägt ihm vor, dass er das perfekte Bild dafür habe und es sich dabei um das Bild „Frühstück im Grünen“ handelt. A holt sein Vertu-Handy aus der seidenen Innentasche seines Jacketts und zeigt C ein Bild. Für einen Preis von 3, 5 Millionen Euro könne er es C Banktresor in Zürich befindliche Bild an C in zwei Wochen per Werttransport direkt nach Hause geliefert und fachmännisch aufgehängt wird. Als das Bild vereinbarungsgemäß geliefert wird, fällt C beim Betreten des Wohnzimmers nicht nur beinahe hin, sondern auch sein Irrtum auf. Vorlesung BGB AT zu einem Freundschaftspreis anbieten. C ist begeistert. Sie vereinbaren, dass das zur Zeit in einem
Nach der Vorstellung von C handelte es sich bei dem angebotenen Bild um das Bild „Frühstück im Grünen“ des Malers Édouard Manet, Öl auf Leinwand, 1863. Tatsächlich handelte es sich bei dem von A angebotenen und gelieferten Bild um das mittlere Fragment des gleichnamigen (und unvollendet gebliebenen) Bildes (auch Öl auf Leinwand) des Malers Claude Monet, das dieser 1865 als Erwiderung auf das Bild seines Freundes Manet ebenfalls für den Pariser Salon (wenn auch nicht mehr rechtzeitig) anfertigte. Das Bild von Manet ist jedoch im Musée d´Orsay in Paris ausgestellt und viel mehr wert, was in den gehobenen Kunstkreisen, in denen C und A verkehren, allgemein bekannt ist. Zur Beruhigung nimmt C erst ein ausgiebiges Bad und zündet sich anschließend auf seiner Récamière eine 40 Aniversario Cohiba-Behike aus dem Ebenholz-Humidore mit Rochenleder-Applikationen des machen. A winkt ab, schließlich könne er nichts dafür, dass C die beiden Familiennamen und ihren individuellen Malstil nicht auseinanderhalten konnte – es sei eben nicht nur der Vokal. Fallfrage: Kann A von C Zahlung von 3, 5 Millionen Euro verlangen? Vorlesung BGB AT Pariser Herstellers Elie Bleu an. Erst danach ruft C den A an, und möchte das Geschäft „rückgängig“
Anspruch aus § 433 II BGB auf Kaufpreiszahlung I. Anspruch entstanden (Wirksamer Kaufvertragsschluss) 1. Angebot des A gem. § 145 BGB - Kaufgegenstand (Bild von Monet), Kaufpreis 3, 5 Millionen Euro, Vertragspartner C – alle essentialia negotii, Abgabe (+) und Zugang durch Vernehmung (+) 2. Annahme C gem. § 147 BGB - gem. §§ 133, 157 BGB (objektiver Empfängerhorizont) durfte A die Erklärung des C so als Annahme (normativer Konsens) -Abgabe (+) und Zugang durch Vernehmung (+) …bisher kein unbekanntes Terrain… Im Kopf wiederholen: Hier könnte es welche Probleme geben? Vorlesung BGB AT gem. § 147 BGB verstehen, dass er mit dem Vertragsschluss über den Monet einverstanden ist
II. Anspruch erloschen infolge der (rückwirkenden) Anfechtung gem. § 142 I BGB? Anm: Strittig ist, ob im Falle eines Vertrages die Anfechtung unmittelbar gegen den Vertrag zu richten ist, (dafür spricht der Wortlaut des § 142 I BGB „wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten“) oder gegen die entsprechende Willenserklärung des Anfechtenden, bei letzterem ist der Vertrag erst mittelbar (durch Wegfall einer Erklärung) betroffen, dafür spricht der Wortlaut von § 119 I BGB, wonach Gegenstand der Anfechtbarkeit die Erklärung ist, „kann die Erklärung anfechten“). 1. Anfechtungsgrund Obersatz - Anfechtungsgrund könnte hier ein Inhaltsirrtum gem. § 119 I Alt. 1 BGB sein (a) Irrtum ist das unbewusste Auseinanderfallen von Wille und Erklärung Definition Vorlesung BGB AT C könnte seine Annahmeerklärung / den Kaufvertrag angefochten haben
P: Abgrenzung zu § 155 BGB: Gem. § 155 BGB gilt ein Vertrag als von vornherein nicht geschlossen, wenn sich die Parteien, obwohl sie von Gegenteiligem ausgehen, in Wirklichkeit nicht über alle vereinbarungsrelevanten Punkte geeinigt haben, und wenn darüber hinaus nicht anzunehmen ist, dass sie den Vertrag auch im Bewusstsein des Dissenses geschlossen hätten. - es fehlt im Anwendungsbereich des § 155 BGB mithin an einem objektiven Vertragssinn: Wille und Erklärungen der Parteien stimmen jeweils überein, aber der Inhalt der beiden Willenserklärungen deckt sich nicht - das könnte sich im vorliegenden Fall im Grundsatz daraus ergeben, dass das Angebot des A verwechselungsfähig ist, da auf dem Markt gerade 2 Bilder mit dem Namen „Frühstück im Grünen“ existieren Vorlesung BGB AT …
Vorlesung BGB AT Exkurs: Dissens https: //slideplayer. org/slide/3352550/
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… - Indes ergibt sich die Eindeutigkeit des Angebots i. Sd Bezuges auf das Werk von Monet infolge des Zeigens des entsprechenden Bildes auf dem Handy Subsumtion Auslegung! - § 119 I BGB regelt nicht den Irrtum über die Deckungsgleichheit der beiden Erklärungen, sondern den Irrtum der jeweiligen Partei über ihre Erklärung bzw. ihr Erklärungsverhalten (Alt. 2) oder den Inhalt ihrer Erklärung (Alt. 1) - es liegen vorliegend zwei objektiv übereinstimmende Willenserklärungen i. Se normativen Konsenses vor, nur die Erklärung der zur Anfechtung berechtigten Partei stimmt nicht mit ihrem - hier liegt also ein Vertrag in diesem Sinn vor, der jedoch unter den zu prüfenden Voraussetzungen des § 119 I BGB angefochten werden kann - hier hatte C sich über die Identität des Kaufgegenstands geirrt Vorlesung BGB AT wirklichen Willen überein, da dem Empfängerhorizont gem. §§ 133, 157 BGB Vorrang zukommt
- diesem „Identitätsirrtum“ liegt zugrunde ein Irrtum über den Inhalt seiner Erklärung, die sich wegen des objektiven Empfängerhorizonts auf ein anderes als das von ihm vorgestellte Bild bezog - abzugrenzen ist ein solcher Irrtum von einem Motivirrtum, wie er in Form des Eigenschaftsirrtums gem. § 119 II BGB ausnahmsweise Eingang in das BGB gefunden hat; diese Abgrenzung ist aufgrund der bloß ausnahmsweisen Zulässigkeit eines Motivirrtums als Anfechtungsgrund erforderlich - bei einem Eigenschaftsirrtum stimmt der gebildete Wille nicht mit den dahinter stehenden Motiven überein, welche sich auf verkehrswesentliche Eigenschaften, mithin wertbildende => Inhaltsirrtum, § 119 I 1. Alt. BGB (+) Vorlesung BGB AT Faktoren, die der Sache anhaften, beziehen
C war sich über den Inhalt seiner Erklärung, die sich eindeutig auf das ihm gezeigte Bild (nämlich das von Monet) bezog, nicht im Klaren und wusste mithin nicht, welcher Inhalt seiner Willenserklärung nach der Verkehrssitte beigemessen wurde (b) Kausalität zwischen Irrtum und Erklärung Alles Subsumtion unter (a) Irrtum!!! C hätte das Angebot nicht angenommen, wenn er gewusst hätte, dass es sich nicht um das Bild von Monet handelt (c) Erheblichkeit (+) 2. Anfechtungserklärung gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner, § 143 I, II BGB Teil“ gem. § 143 II 1 BGB (einfacher gesagt: der Vertragspartner), d. h. A 3. Wahrung der Anfechtungsfrist gem. § 121 BGB (4. kein Ausschluss der Anfechtung, § 144 BGB) Vorlesung BGB AT gem. § 143 I BGB gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner; das ist bei einem Vertrag der „andere
Ergebnis: Der Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 II BGB ist gem. § 142 I BGB mit ex-tunc-Wirkung erloschen! • • Wiederholung der Probleme der §§ 145 ff. BGB Wiederholung der Minderjährigkeit Was steht in den §§ 119 f. BGB? Wie ist der Aufbau der Anfechtung? Welche Wirkung hat sie? Was für ein Recht ist sie? Warum braucht man sie? Was haben wir zum Dissens gelernt? Können wir uns einen Fall ausdenken mit §§ 104 ff. BGB und § 119 BGB? Vorlesung BGB AT Lernkontrolle:
Abwandlung: A erklärt C, dass er im Falle einer Rückabwicklung wenigstens die Transportkosten ersetzt haben Vorlesung BGB AT möchte. Hat A einen Anspruch auf Ersatz der Transportkosten?
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