HERZLICH WILLKOMMEN Grundkurs Strafrecht I Tterschaft und Teilnahme
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HERZLICH WILLKOMMEN! Grundkurs Strafrecht I Täterschaft und Teilnahme 1 1
Leseempfehlungen • Entscheidung: 2 St. R 97/14; Urteil vom 10. 6. 15 (rechtsstaatswidrige Tatprovokation und die Folgen – Bitte auch die Entscheidungen des EGMR [Furcht gegen Deutschland] EGMR, Entscheidung v. 23. 10. 14, Nr. 54648/09, und des BVerf. G v. 18. 12. 14, 2 Bv. R 209/14, 240/14, 260/14, lesen!) Aufsatz: Hillenkamp, Wann ist die Einwilligung in die Lebendorganspende „nicht freiwillig“? Med. R 2016, 109 2
Wiederholung: Körperverletzung § 223: einfache Körperverletzung § 224: gefährliche Körperverletzung § 226: schwere Körperverletzung § 340: während Ausübung/bezogen auf, lässt § 225: Täter, Tathandlung, -folgen, Gefahr § 229: Fahrlässige KV: Tathandlung? § 230: Strafantrag für §§ 223, 229 § 228: Einwilligung, Sitten, Deliktsaufbau, § 227: Körperverletzung mit Todesfolge § 231: Beteiligung, obj. Bed. der Strafbarkeit 3
Begriffe zu Täterschaft und Teilnahme Täter, Mittäter, Nebentäter, mittelbarer Täter, Täter hinter dem Täter, Tatplan, Tatherrschaft, Beteiligung, Teilnehmer, Anstiftung, Anstifter, Kettenanstiftung, Beihilfe, psychische Beihilfe, Gehilfe, limitierte Akzessorietät, strafbarkeits-begründend/strafbarkeitserhöhend, -mildernd oder -ausschließend, besondere persönliche Merkmale, eigene Schuld, sich bereit erklären, Erbieten, Aufgeben, Abwenden, Verhindern, Freiwilligkeit, Ernsthaftigkeit 4
Ein Blick ins Gesetz • • § 25 I Alt. 1, 2 – Einzeltäter, mittelbarer Täter § 25 II – Mittäterschaft § 26 – Anstiftung § 27 – Beihilfe § 28 I, II – Strafbarkeit des Beteiligten § 29 – Nochmals: Strafbarkeit des Beteiligten § 30 – Versuchte Teilnahme § 31 – Rücktritt vom Versuch der Beteiligung 5
Dualismus & Definitionen • Täter • Teilnehmer (Beide sind „Beteiligte“ – vgl. z. B. § 224 I Nr. 4) Legaldefinitionen: Was ist eine Legaldefinition? § 28 II: „ … für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer) …“ § 28 I: „ … Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) …“ 6
Alternativen Einheitstäter: O (OWi. G) und Ö (Österreich) § 14 OWi. G Was sind „OWis“? Vgl. § 1 OWi. G (L!) § 12 ÖSt. GB 7
Ordnungswidrigkeitengesetz (OWi. G) § 1 Begriffsbestimmung (= Legaldefinition) (1) Eine Ordnungswidrigkeit ist eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zuläßt. (2) Eine mit Geldbuße bedrohte Handlung ist eine rechtswidrige Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes im Sinne des Absatzes 1 verwirklicht, auch wenn sie nicht vorwerfbar begangen ist. 8
Rechtshistorisch: früher: Übertretungen, §§ 360 ff. St. GB (1871 bis 1975) (lexetius. com) – LESEN! z. B. : § 360 I Nr. 11: ruhestörender Lärm, grober Unfug, Nr. 13: Tierquälerei oder § 370 I Nr. 4: unbefugtes Fischen und Krebsen, Nr. 5: „Mundraub“ = „Nahrungs- und Genussmittel von unbedeutendem Werthe oder in geringer Menge zum alsbaldigen Verbrauche“ entwenden (von „oben nach unten“ und in der Ehe: straflos, vgl. aber § 223 II a. F. ) 9
§ 14 OWi. G: Beteiligung (1) Beteiligen* sich mehrere an einer Ordnungswidrigkeit, so handelt jeder von ihnen ordnungswidrig. Dies gilt auch dann, wenn besondere persönliche Merkmale (§ 9 Abs. 1), welche die Möglichkeit der Ahndung begründen, nur bei einem Beteiligten vorliegen. * Vgl. § 28 I: Beteiligte 10
• (2) Die Beteiligung kann nur dann geahndet werden, wenn der Tatbestand eines Gesetzes, das die Ahndung mit einer Geldbuße zuläßt, rechtswidrig verwirklicht wird oder in Fällen, in denen auch der Versuch geahndet werden kann, dies wenigstens versucht wird. • (3) Handelt einer der Beteiligten nicht vorwerfbar, so wird dadurch die Möglichkeit der Ahndung bei den anderen nicht ausgeschlossen. Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Möglichkeit der Ahndung ausschließen, so gilt dies nur für den Beteiligten, bei dem sie vorliegen. (vgl. § 28 II) • (4) Bestimmt das Gesetz, daß eine Handlung, die sonst eine Ordnungswidrigkeit wäre, bei besonderen persönlichen Merkmalen des Täters eine Straftat ist, so gilt dies nur für den Beteiligten, bei dem sie vorliegen. 11
Alternative 2: z. B. ÖSt. GB § 12 ÖSt. GB „Nicht nur der unmittelbare Täter begeht die strafbare Handlung, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, sie auszuführen oder sonst zu ihrer Ausführung beiträgt“ = Täterdefinition = alle sind Täter = Einheitstäter (Differenzierung im Rahmen der Strafzumessung) 12
Vergleich & Diskussion • Dualismus (größere Exaktheit [im TB] = mehr Gerechtigkeit? ) • Worauf kommt es bei einer Verurteilung an? • Schuldspruch und Strafausspruch • Wesel: Präzisionswaage beim Tatbestand, Schöpfkelle bei der Strafzumessung? • Täter – Anstifter – Gehilfe (Vgl. Strafdrohungen) • Nochmals sorgfältig lesen: § 26 ! Strafmilderung § 27 13
§ 25 I: Täterschaft • 1. Alt. : Alleintäter, typ. Täter (auch Nebentäter, d. h. Fälle, in denen Beteiligte unabhängig voneinander den Erfolg herbeiführen) Streng genommen: in jeder Prüfung ist § 25 I zu nennen, aber: Was ist man sonst, wenn nicht Täter? • 2. Alt: mittelbarer Täter (durch einen anderen) Werkzeug/Tatmittler/Defekt/Unterlegenheit 14
§ 25 II: Täterschaft als Mittäterschaft • Bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (Definition Vorsatz? ) • Arbeits-, Rollenteilung • Gemeinsamer Tatentschluss (vgl. Versuch) = gemeinsamer Tatplan • Gemeinsame Tatbestandsverwirklichung = gemeinsame Tatausführung 15
§§ 26, 27 Anstiftung (L!) und Beihilfe (L!) Teilnahme (schon begrifflich: woran? ) Akzessorietät (Abhängigkeit) v. Haupttat (L!): vorsätzliche und rechtswidrige Tat (vgl. zur rechtswidrigen Tat § 11 I Nr. 5) • Folge: fehlender Tatbestand (Suizid), fehlender Vorsatz (Fahrlässigkeit), fehlende Rechtswi-drigkeit (Rechtfertigung) = keine Teilnahme • • 16
Man muss das Zeug dazu haben … Tauglichkeit zum Täter • Vgl. Einteilung der Delikte: sog. Sonderdelikte • §§ 203 I, 266 a I, §§ 331 ff, 339 ff. • Erinnerung: § 340 (unecht Sond. D – Warum unecht? ), s. a. § 258 a (Deliktsgruppe? Welche unechten Delikte kennen Sie noch? ) • Fehlende Eigenschaft: max. Teilnehmer • … oder das Delikt sich eignen: Eigenhändigkeit: § 323 a „sich“, §§ 153 ff. , § 173, § 142, § 339 17
Abgrenzung: Täterschaft – Teilnahme • Folge des Dualismus: Entscheidung, ob Täter o. Teilnehmer (Rengier: erhebliche Probleme, umstritten) – Könnte man sich mit einem Einheitstäter sparen … • Tatsächliches Geschehen vs. innere Haltung • Rein (extrem) objektiv: Verwirklichung des Tatbestandes (Problem: Mittelbarer Täter wäre kein Täter; allerdings ließe sich darin auch eine gesetzlich angeordnete Ausnahme sehen) • Rein (extrem) subjektiv: Täterwille (RGSt 74, 84 [Badewannenfall], Hartung, JZ 54, 430; BGHSt 18, 87) (L!!!) 18
Tatherrschaftslehre • Deskriptiv-definierend: Das vom Vorsatz (= Wissen & Wollen des objektiven Tatbestandes) umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufes • Handlungs- (§ 25 I 1. Alt), Wissens-, Willens-, Organisationsherrschaft (§ 25 I 2. Alt. ) bzw. funktionelle Tatherrschaft (§ 25 II) • Täter als Zentralgestalt (planvoll = Tatplan) lenkend, mitgestaltend, hemmen/ablaufen • Teilnehmer als Randfigur ohne Tatherrschaft • Subjektiv: Wille o. fehlend. Wille zur Tatherrschaft 19
Subjektive „Theorie“ (RSpr) • Auch hier: Schlag- o. Stichworte: Evidenz! • Täter ist, wer mit Täterwillen (animus auctoris) handelt, die Tat als eigene will („Mein Haus, mein Auto, meine Tat“? ) • Teilnehmer, wer mit Teilnehmerwillen (animus socii) handelt, die Tat als fremde fördern o. veranlassen will (theoretisches Konzept einer expost-Betrachtung) – denn welcher Täter denkt in diesen Kategorien („Ich will diese Tat als fremde fördern …“)? -> Feststellung des Gerichts 20
„Objektivierung“ • Wertende Gesamtbetrachtung (Vorteil: sämtliche Umstände des einzelnen Falles können berücksichtigt werden) • Parameter: Grad des Interesses am Taterfolg, Umfang an der Beteiligung, Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu • Daraus folgt: Vermischung/Vermengung/Kombination • Entscheidend bei Abgrenzung: § 25 II zu 27 • Gutachten: Täterschaft vor Teilnahme 21
Problem: Mittäter trotz Beitrag vor der Tat • Wann muss der Tatbeitrag (nicht Beihilfe!) geleistet werden? • Fortwirken während der Tat • Stärkeres Gewicht: Plus in der Vorbereitung • Klassiker: Beuteanteil und Schmiere stehen sowie der Bandenchef, mit oder ohne Mobiltelefon in der Oper o. ä. • Warum hilft § 8 nicht? Was folgt aus § 8? 22
Zusammenfassung: • • • Einheitstäter vs. Dualismus Beteiligte als Täter und Teilnehmer Abgrenzung: objektiv/subjektiv/kombiniert Strafdrohung Täterschaft als Einzeltäterschaft Täterschaft als mittelbare Täterschaft als Mittäterschaft Täterschaft als Nebentäterschaft Leseempfehlung: RGSt 74, 84 [Badewannenfall], Hartung, JZ 54, 430; BGHSt 18, 87 23
Morgen, 12. 5. 16: • • • Alleintäterschaft und Nebentäterschaft Mittäterschaft und mittelbare Täterschaft Tatplan und Exzess Besondere Konstellationen, Irrtum Anstiftung 24
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