Gesundheitsprvention und Betriebliches Eingliederungsmanagement BEM nach 84 Abs
Gesundheitsprävention und Betriebliches Eingliederungsmanagement - BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX Albert Küspert Landeskirchenamt München Katharina-von-Bora-Str. 11 80333 München Tel: 089/5595 -258 albert. kuespert@elkb. de
Rechtsgrundlage: § 84 Abs. 2 SGB IX: (2) Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Soweit erforderlich wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitenden Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die örtlichen gemeinsamen Servicestellen oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Abs. 2 Satz 2 erbracht werden. Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Was ist betriebliches Eingliederungsmanagement - BEM? Þ BEM im engeren Sinne umfasst alle Maßnahmen, die dazu dienen, Beschäftigte mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderung dauerhaft an einem geeigneten Arbeitsplatz einzusetzen. Þ Im weiteren Sinne gehört zum BEM jedoch auch die Förderung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit aller Beschäftigten und dient der Prävention von Krankheit und Behinderung. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Was muss man über BEM wissen? Þ Þ Zur Durchführung von BEM sind alle Arbeitgeber unabhängig von der Betriebsgröße verpflichtet. Es sind jedoch keine Sanktionen vorgesehen für den Fall, dass BEM unterbleibt. Die Unterlassung von BEM kann jedoch dazu führen, dass eine krankheitsbedingte Kündigung unwirksam ist. BEM im engeren Sinne ist vorgesehen für alle Beschäftigten einschließlich der Beamten – egal, ob behindert oder nicht behindert. Wenn innerhalb eines Jahres (die letzten zwölf Monate - nicht das Kalenderjahr) länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt insgesamt sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit bestanden hatte. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um die gleiche oder unterschiedliche Krankheitsursachen handelte. Auch Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen einer Kur oder Reha-Maßnahme zählen. Die Durchführung von BEM geht nur mit Zustimmung des betroffenen Mitarbeiters bzw. der betroffenen Mitarbeiterin. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Wie funktioniert BEM? 1. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, laufend zu überprüfen, ob bei seinen Beschäftigten die Voraussetzungen für die Durchführung von BEM (innerhalb der letzte zwölf Monate sechs Wochen arbeitsunfähig) gegeben sind. 2. Wenn dies bei einem/einer Beschäftigen der Fall ist, erfolgt seitens des Arbeitgebers eine erste Kontaktaufnahme mit dem/der Beschäftigten. Bei dieser ersten Kontaktaufnahme ist der Arbeitgeber auch verpflichtet, den Betroffenen auf die Ziele des BEM sowie auf die Art und den Umfang der im Rahmen des BEM zu erhebenden und verwendeten Daten hinzuweisen. 3. Die erste Kontaktaufnahme erfolgt dann, wenn die sechswöchige Arbeitsunfähigkeit insgesamt gegeben ist. Grundsätzlich auch bereits während der Phase der Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitgeber kann diese Aufgabe delegieren und eine/n Vertreter/in bestimmen. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Wie funktioniert BEM? 4. Der/die Betroffene entscheidet, ob das Verfahren zur Durchführung von BEM eingeleitet wird oder nicht. Lehnt der/die Betroffene BEM ab, besteht für den Arbeitgeber keine Veranlassung, weitere Maßnahmen zu prüfen. 5. Nur bei Zustimmung des/der Betroffenen wird das BEM-Verfahren eingeleitet. Der/die Betroffene ist am gesamten weiteren Prozess zu beteiligen und kann das BEM-Verfahren jederzeit beenden. 6. Der/die Betroffene hat Mitwirkungspflichten. So muss er/sie sich z. B. ggf. einer ärztlichen Untersuchung unterziehen oder diejenigen Auskünfte erteilen, die für die Durchführung des BEM erforderlich sind. 7. Ist ein Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeitszeiten und betrieblichen Gegebenheiten offensichtlich ausgeschlossen (z. B. bei Grippe), besteht kein Anlass, dass der/die Beschäftigte die Krankheitsdiagnose offenbart; das BEM-Verfahren endet hier bereits beim Erstkontakt. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Wie funktioniert BEM? 8. Die Mitarbeitervertretung und bei schwerbehinderten Menschen die Schwerbehindertenvertretung sind an der Durchführung von BEM beteiligt. Sie können Teilaufgaben des Prozesses übernehmen und wachen darüber, dass der Arbeitgeber die sich aus der Durchführung von BEM ergebenden Verpflichtungen erfüllt. 9. Soweit erforderlich wird ein Betriebsarzt hinzugezogen. Auf Grund des Betreuungsvertrages der EKD mit der B. A. D. Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik Gmb. H sind für die Evang. -Luth. Kirche in Bayern, ihre Dekanatsbezirke und (Gesamt-)Kirchengemeinden die Betriebsärzte in den B. A. D. -Zentren zuständig. Eine Liste der bayerischen B. A. D. -Zentren ist zu finden bei „www. arbeitssicherheit-elkb. de“ unter „Kindergartenordner“ „ 10. Adressen“. 10. Die Durchführung von BEM kann einem Integrationsteam übertragen werden. Im Integrationsteam sollten all diejenigen vertreten sein, deren Verantwortungsbereich durch BEM berührt wird z. B. : Personalabteilung, MAV, Schwerbehindertenvertretung, Fachkraft für Arbeitssicherheit und ggf. Betriebsarzt Das Integrationsteam muss Entscheidungen treffen können. Es muss deshalb die notwendigen Kompetenzen erhalten. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Wie funktioniert BEM? Das Integrationsteam bespricht in engem Kontakt mit der betroffenen Person, welche Veränderungen notwendig sind. Die notwendigen Maßnahmen werden geplant und verbindlich festgelegt. Mögliche Integrationsschritte können sein: - Möglichkeiten der medizinischen Rehabilitation ausschöpfen - den Arbeitsplatz behindertengerecht bzw. den Erfordernissen einer Krankheit gemäß zu gestalten - zusätzliche Hilfsmittel - Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz - Schulungen oder Qualifizierungsmaßnahmen Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Wie funktioniert BEM? Bei der Umsetzung der Maßnahmen sollten die betroffenen Beschäftigten vom Integrationsteam bzw. von dafür bestimmten Teammitgliedern begleitet und unterstützt werden. Dadurch können erforderliche Korrekturen vorgenommen und Schwierigkeiten rechtzeitig erkannt und beseitigt werden. Die Ergebnisse werden dokumentiert. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Wie funktioniert BEM? 11. Wenn Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht kommen, werden vom Arbeitgeber – wiederum mit Zustimmung des/der Betroffenen - die örtlichen gemeinsamen Servicestellen oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Die gemeinsamen Servicestellen sind von den Rehabilitationsträgern (Krankenkassen, Rentenversicherung, Agentur für Arbeit und Berufsgenossenschaften) eingerichtet worden. Sie informieren über Leistungsvoraussetzungen und klären im Einzelfall die Zuständigkeit und den Bedarf. Die gemeinsame Servicestelle, die Rehabilitationsträger, das Integrationsamt und der Integrationsfachdienst gehören nicht zum Integrationsteam. Sie beraten das Integrationsteam als externe Partner über die Anwendung konkreter Hilfemöglichkeiten. Die gemeinsamen Servicestellen oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Abs. 2 Satz 2 (= drei Wochen) erbracht werden. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Wie funktioniert BEM? 12. Die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen ist Voraussetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Durchführung von BEM. Insbesondere müssen die Beschäftigten darauf vertrauen können, dass das Verfahren tatsächlich in ihrem Interesse und nicht zur Vorbereitung einer Kündigung durchgeführt wird. Die betroffene Person ist auf Art und Umfang der für die Durchführung von BEM erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Mit der Zustimmung der betroffenen Person zur Durchführung von BEM ist auch die Zustimmung verbunden, die hierfür erforderlichen Daten zu erheben und zu verwenden. Erforderlich sind Daten zur Aufklärung von Krankheitsursachen im Betrieb, wenn es Hinweise darauf gibt, dass bestimmte Arbeitsbedingungen mit erhöhten Erkrankungsraten von Mitarbeitern im Zusammenhang stehen. Erforderlich sind auch Daten über gesundheitsbedingte Einschränkungen der Einsatzmöglichkeiten einer Person. Ohne diese Daten wäre die Planung von Maßnahmen nicht möglich. Nicht erforderlich sind dagegen Daten zur medizinischen Diagnose. Nur der Betriebsarzt sollte die Diagnose kennen, um Aussagen darüber treffen zu können, ob im Einzelfall der Zeitpunkt für Maßnahmen des BEM geeignet ist bzw. ob geplante Maßnahmen dem Krankheitsgeschehen genügend Rechnung tragen. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Wie funktioniert BEM? 13. Die Daten, die im Rahmen von BEM erhoben und verwendet werden, kommen nicht in die Personalakte des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin. Sie kommen in einen separaten Akt, der getrennt von der Personalakte aufbewahrt und der fünf Jahre nach Abschluss des BEM vernichtet werden muss. In der Personalakte wird lediglich vermerkt, dass ein BEM durchgeführt wurde und welche Maßnahmen zur Abhilfe ergriffen wurden. Wenn der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin die Durchführung eines BEM ablehnt, wird dies ebenfalls in der Personalakte vermerkt. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Wie funktioniert BEM? 14. Das Verfahren zur Durchführung eines BEM kann zwischen der Dienststellenleitung und der Mitarbeitendenvertretung durch Dienstvereinbarung geregelt werden (siehe Muster der für das Landeskirchenamt geltenden Dienstvereinbarung). Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Welche Vorteile hat BEM für den Arbeitgeber? Þ Lohnfortzahlungskosten und Lohnkosten für Vertretungskräfte werden eingespart. Þ Erfahrungswissen bleibt erhalten. Þ Die Mitarbeitenden sind zufriedener und motivierter. Þ Gutes Image als fairer und sozial handelnder Arbeitgeber. Þ Wenn es trotz BEM zu einer krankheitsbedingten Kündigung kommt, kann seitens des Arbeitgebers nachgewiesen werden, welche Maßnahmen eingeleitet wurden, um das Beschäftigungsverhältnis zu erhalten. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Welche Vorteile hat BEM für die Mitarbeitenden? Þ Der Arbeitsplatz bleibt für den/die betroffene/n Mitarbeiter/in erhalten. Þ Frühverrentungen wird vorgebeugt. Der Lebensstandard im Alter kann leichter gesichert werden. Þ Bestehende Arbeitsunfähigkeit wird überwunden. Þ Erneuter Arbeitsunfähigkeit wird vorgebeugt. Þ Die Zufriedenheit in der Arbeit nimmt zu. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Wie wird BEM am besten eingeführt? In kleinen und mittleren Dienststellen (bis ca. 200 Mitarbeitenden) reicht oft allein die gut strukturierte Umsetzung des BEM im Einzelfall. Bei größeren Dienststellen empfiehlt sich die Bildung eines Integrationsteams, das sowohl den Aufbau des BEM organisiert, als auch die Einzelfallarbeit durchführt. In folgenden Schritten kann vorgegangen werden: 1. Informieren und überzeugen - Die Führungskräfte mit den Zielen des BEM und dem Verfahren vertraut machen und sensibilisieren. - Die Mitarbeitenden über das BEM informieren, z. B. mit einem Rundschreiben oder bei einer Mitarbeitendenversammlung. - Unterstützungsangebote und zuständige Ansprechpartner bei den Leistungsträgern (z. B. Krankenkasse, Agentur für Arbeit) ermitteln. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Wie wird BEM am besten eingeführt? 2. Integrationsteam einrichten - Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im BEM regeln und das Integrationsteam benennen. - Die Arbeit des Integrationsteams organisieren (z. B. regelmäßige Treffen). 3. BEM installieren - Struktur, Verlauf und Verfahren des BEM passend zum Betrieb organisieren. - Umsetzung des BEM in der praktischen Arbeit starten. - Erfahrungen, Ergebnisse und Rückmeldungen auswerten. - Verfahren des BEM optimieren. - Verbindliche Regelungen zum BEM festlegen. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Auswirkungen auf das Kündigungsrecht Hat die Unterlassung eines BEM eine Auswirkung auf die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSch. G? => § 1 KSch. G gewährt dem AN unter bestimmten Voraussetzungen einen Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen des Arbeitgebers. Ziel ist die Erhaltung des Arbeitsplatzes. Das ist auch das Intention des BEM. Diese Intentionsverknüpfung, die Tatsache, dass § 84 Abs. 2 SGB IX auch als Nebenpflicht aus dem individuellen Arbeitsvertrag zu sehen ist und der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung rechtfertigen den Rückgriff auf das Kündigungsrecht. => Das Prüfungsschema nach § 1 KSch. G sieht drei Stufen vor: negative Prognose, Beeinträchtigung betrieblicher und wirtschaftlicher Interessen und Interessenabwägung. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Auswirkungen auf das Kündigungsrecht => Die Interessenabwägung umfasst die Frage, ob die Kündigung verhältnismäßig ist. Es ist zu prüfen, ob mildere Mittel möglich sind, die geeignet sind, die Störung zu beheben. Die Kündigung darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden (ultima ratio). => Wenn kein BEM durchgeführt wurde, muss unterstellt werden, dass nicht hinreichend geprüft wurde, ob und welche Maßnahmen zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit in Frage gekommen wären und ob die Kündigung tatsächlich des letzte Mittel darstellt. => Somit wäre eine krankheitsbedingte Kündigung ohne ein BEM als unverhältnismäßig anzusehen und damit unwirksam, weil nicht sozial gerechtfertigt. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
BEM ist kein Allheilmittel Jedes BEM-Verfahren ist ergebnisoffen. Trotz aller Bemühungen finden sich nicht immer tragfähige Lösungen für den jeweiligen Einzelfall. In diesen Fällen kann BEM auch zu einer krankheitsbedingten Kündigung oder zu einer Verrentung führen. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Verwendete Literatur bzw. Informationen aus dem Internet Ernst/Adlhoch/Seel, Kommentar zum Sozialgesetzbuch IX, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, Band 2, Verlag Kohlhammer Feldes/Kamm u. a. , Schwerbehindertenrecht, Basiskommentar zum SGB IX mit Wahlordnung, 9. Auflage, Bund Verlag Zentrum Bayern Familie und Soziales; www. zbfs. bayern. de/integrationsamt/eingliederungsmanagement BIH Online Akademie, www. bem. bih. webcom 3. de Landschaftsverband Rheinland, Flyer zum betrieblichen Eingliederungsmanagement; auch unter www. soziales. lvr. de Betreuung durch den BAD: www. arbeitssicherheit-elkb. de Albert Küspert, Landeskirchenamt München
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Albert Küspert, Landeskirchenamt München
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