Gesellschaftsrecht 2 Woche Kursbersicht Handelsrecht 1 bis 3
Gesellschaftsrecht 2. Woche
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Überblick Examensrelevant in Berlin/Brandenburg: • Gesellschaft bürgerlichen Rechts • offene Handelsgesellschaft • Kommanditgesellschaft • (Verein) • Errichtung, Vertretung, Geschäftsführung und Haftung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Fall 2 – ABS-Steuergeräte Die K-Gmb. H ist in der Automobil-Zuliefererbranche tätig. Sie stellt Antiblockiersysteme für die Marken Audi und Skoda her. In die Steuergeräte dieser im Auftrag der Audi AG hergestellten Systeme baut die K-Gmb. H je vier von ihr zum Stückpreis von 3, 9 Cent von der B-KG bezogene und hergestellte Transistoren des Typs BC 337 -40 ein, nachdem sie dieser jeweils mit anderen Bestandteilen auf Leiterplatinen aufgelötet und die Platinen sodann mit einem Schutzlack überzogen hat. Die B-KG besteht aus den persönlich haftenden Gesellschaftern D, E und F sowie aus mehreren Kommanditisten. Im Januar 2016 berief D eine Gesellschafterversammlung ein, um eine pro Jahr um Euro 25. 000, - kostengünstigere Produktion des Transistors des Typs BC 337 -40 in Polen anzuregen. Der Diplomingenieur F erhielt als einziger infolge eines Versehens des D keine Einladung zu der Gesellschafterversammlung; er erfuhr zwar von der Sitzung und ihrem Thema, meinte jedoch nicht kommen zu müssen, weil er nicht persönlich eingeladen worden war. In der Versammlung am 28. 01. 16 beschloss die Gesellschaft entsprechend dem Gesellschaftsvertrag mit den erforderlichen Stimmen aller (anwesenden) Gesellschafter die Verlegung der Produktion des Transistors Typ BC 337 -40 nach Polen. Wäre F zugegen gewesen hätte er gegen die Verlegung gestimmt, da ihm als Diplomingenieur klar war, dass die für die Funktionstauglichkeit des Transistors erforderliche Herstellungshygiene in Polen nur schwer zu realisieren war. Nachdem er von dem Beschluss erfahren hatte, erhob er noch im Januar Klage auf Feststellung, dass der Gesellschaftsbeschluss unwirksam sei. Frage 1: War die Klage des F erfolgreich?
Lösung 1. Frage: Klage des F Das Gericht wird feststellen , dass der Gesellschafterbeschluss der B -KG vom 28. 01. 2016 unwirksam ist, wenn die Klage des F zulässig und begründet ist. A. Zulässigkeit I. Zuständiges Gericht sachlich nach §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG Streitwert nach § 3 ZPO festzusetzen (>5. 000 €) örtlich nach § 22 ZPO II. Statthafte Klageart Feststellungsklage, § 256 I ZPO, auf Nichtbestehen des Gesellschafterbeschlusses
Lösung III. Beteiligte F. /. Gesellschafter der B-KG, die Wirksamkeit des Beschlusses behaupten (einfache Streitgenossen) IV. Feststellungsinteresse (+), rechtliches und wirtschaftliches Interesse an der Feststellung , da dieser sonst faktisch umgesetzt werden würde V. Zwischenergebnis Die Klage ist zulässig. B. Begründetheit (+), wenn Beschluss unwirksam I. Beschluss gefasst (+), von allen anwesenden Gesellschaftern
Lösung nicht II. Fehlerhaft Formerfordernisse nicht ersichtlich Gesellschafterversammlung für Beschlussfassung Ges. V, noch nötig Formeller Beschlussfassungsfehler (+), weil F nicht eingeladen worden war(er war weder durch nach § 117 HGB von der Beschlussfassung ausgeschlossen) III. Rechtsfolge Grundsatz: Nichtigkeit (anders bei AG und Gmb. H; dort unterscheidet man unwirksame und
Lösung eines Vorliegend: F hatte anderweitige Kenntnis von der Gesellschafterversammlung erlangt und nur wegen Rechtsirrtums nicht teilgenommen Fehler geheilt Klage unbegründet C. Ergebnis Die zulässige, aber unbegründete Klage wird abgewiesen.
Fall 2 – ABS-Steuergeräte Im März 2016 bestellte die K-Gmb. H 100. 000 Transistoren des genannten Typs bei der B-KG. Die Bauteile wurden im April 2016 entsprechend dem Gesellschaftsbeschluss der B-KG in Polen gefertigt und im Mai 2016 an die K-Gmb. H geliefert. Diese baute die Transistoren auf die beschriebene Weise in das ABS-Steuergerät ein und lieferte die ABS-Systeme an die Audi AG aus. Im Dezember 2016 stellte sich heraus, dass die ABS-Systeme eine Ausfallquote von ca. 75 % hatten. Ursache war die Verwendung hygienisch nicht einwandfreien Epoxidharz-Klebers in den Transistoren. Hierdurch bildete sich im Laufe der Zeit unter dem Einfluss elektrischer Spannungen, erhöhter Temperaturen und Feuchtigkeit eine leitfähige Verbindung zwischen Basis und Kollektor des Transistors, was eine Fehlfunktion auslöste. Zu der Benutzung des hygienisch nicht einwandfreien Klebers war es gekommen, weil der für die Produktion in Polen zuständige Gesellschafter E in Unkenntnis der physikalischen Auswirkungen günstigeren Kleber bestellte. Bei den internen Kontrollen der B-KG konnte der Hygienemangel nicht entdeckt werden. Der Austausch der fehlerhaften Transistoren in den hergestellten Steuergeräten der Antiblockiersysteme ist unmöglich. Die K-Gmb. H macht daher geltend, dass ihr infolge der mangelhaften Lieferung ein Schaden in Höhe von Euro 625. 000, - entstanden sei. Dieser setze sich zusammen aus dem Materialwert der neben den Transistoren in jedes Steuergerät eingebauten Teile von Euro 15, - und weiteren Euro 10, - pro System entgangenem Gewinn. Frage 2: Kann die K-Gmb. H von der sich unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt weigernden BKG im Juni 2018 Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe verlangen?
Lösung Frage 2: Schadensersatzanspruch K-Gmb. H B-KG A. §§ 650 S. 1, 437 Nr. 3, 280 I I. Anspruch entstanden 1. Wirksamer Werklieferungsvertrag -K-Gmb. H gem. § 13 I Gmb. HG rechtsfähig und gem. § 35 I Gmb. HG durch Geschäftsführer vertreten -B-KG gem. §§ 161 II, 124 HGB rechtsfähig und gem. § 125 I HGB von ph. G vertreten 2. Mangel Beschaffenheitsvereinbarung, § 434 I 1 (-) Nichteignung für vertraglich vorausgesetzte Verwendung gem.
Lösung 3. Vertretenmüssen Zurechnung in Personengesellschaften: a) Handeln von Erfüllungsgehilfen/ gesetzlichen Vertretern § 278 (-) E war keines von beiden b) Handeln von Organen der Gesellschaft § 31 analog (§ 278 setzt Personenverschiedenheit von Schuldner und gesetzlichem Vertreter voraus) (+) E war Organ der B-KG, §§ 161 II, 116, 125 HGB 4. Zurechenbarer und ersatzfähiger Schaden
Lösung 438 II II. Anspruch nicht erloschen (+) III. Anspruch durchsetzbar Verjährung, § 214 I? 1. Einrede erhoben (+) 2. Fristbeginn Mit Ablieferung der Transistoren, §§ 650 S. 1, Jahren Maßnahmen Mai 2016 3. Fristende Regulär: §§ 650 S. 1, 438 I 3 nach zwei Keine hemmenden oder neubeginnenden
Lösung B. § 1 I 1 Prod. Haft. G (-), gilt bei Sachbeschädigung nur für Sachen, die für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt sind und auch so genutzt werden. C. § 831 I 1 (-), E ist Organ der KG, nicht ihr Verrichtungsgehilfe D. § 823 I Produzentenhaftung? (= Verschulden der Gesellschaft selbst) Ungeeigneter Kleber konnte bei Kontrollen nicht auffallen (-), da keine Verkehrssicherungspflicht verletzt wurde
Lösung E. §§ 823 I, 31 analog I. Analogie zu § 31 im Deliktsrecht zulässig? Zurechnung kann für Organe weder nach § 831, noch nach § 278 erfolgen (+) II. Anspruch entstanden 1. E = Organ der B-KG (+), s. o. 2. Unerlaubte Handlung des E, § 823 I a) Rechts- oder Rechtsgutsverletzung Eigentumsverletzung? Unstrittig: Substanzverletzung, Besitzentziehung/
Lösung Teile mit zuvor mangelfreien Teilen Transistoren? Steuergeräten? zunächst mangelfrei und Transistoren mangelhaft P: Auch bei Verbindung mangelhafter dem Geschädigten gehörenden Eigentumsverletzung an (-), niemals mangelfrei erlangt Eigentumsverletzung an e. A. : (+), da Steuergeräte erst durch Einbau der h. M. : (-), lediglich Fortsetzung
Lösung den anderen rechtliche zwingend sachenrechtliche Mängelgewährleistungsrecht muss verletzt sein Eigentumsverletzung an Einbauteilen? P: Teile verlieren mit Einbau Selbstständigkeit, § 950 I -BGH: Bei § 823 ist nicht Betrachtung maßgeblich P: Konkurrenz zum -BGH: Integritätsinteresse (+), die Bauteile waren zuvor
Lösung Schaden Teile: Euro 375. 000, 1: Euro 250. 000, -? Eigentumsverletzung an Unbrauchbarkeit der d) Verschulden des E (+), fahrlässig, § 276 II e) zurechenbarer und ersatzfähiger Für nunmehr unbrauchbare Ersatzfähigkeit (+) Entgangener Gewinn, § 252 S. Beruht nicht auf Einzelteilen, sondern auf Steuergeräte
Lösung § 438 I IV. Anspruch durchsetzbar (+), insb. keine Verjährung, da §§ 195, 199 und nicht Nr. 3 gelten F. Ergebnis zu Frage 2 Anspruch K-Gmb. H B-KG gem. §§ 823 I, 31 analog i. Hv. Euro 375. 000, - (+)
Fall 2 – ABS-Steuergeräte G wurde durch Vertrag vom 02. 01. 2016 als Kommanditist aufgenommen. Seine Einlage von Euro 15. 000, - zahlte er sofort und vollständig. Infolge eines Versehens des Registergerichts wurde er jedoch erst im Jahre 2017 als Kommanditist in das Handelsregister eingetragen. Frage 3: Kann die K-Gmb. H den vollen Schadensersatz von G persönlich verlangen?
Lösung Frage 3: Persönliche Haftung des G für die Schuld A. §§ 823 I, 31 BGB analog i. Vm. §§ 161 II, 128 HGB (-), gilt nur für Komplementäre, nicht für Kommanditisten B. §§ 823 I, 31 BGB analog i. Vm. § 171 I Hs. 1 HGB (-), G hat seine Einlage geleistet. C. §§ 823 I, 31 BGB analog, § 176 II, I 1 HGB I. Anspruch entstanden 1. Schuld der KG (+), s. o.
Lösung eingetreten Kommanditist 2017 Gmb. H nicht 2. Persönliche Haftung des G gem. § 176 II, I 1 HGB a) Haftung eines ph. G, § 128 S. 1 HGB (+) b) G als Kommanditist in bestehende B-KG (+), durch Vertrag von 2. 1. 2016 c) Haftung vor seiner Eintragung als begründet (+), Haftung entstand 2016; Eintragung d) Beteiligung des G als Kommanditist der Kbekannt (+), K-Gmb. H kannte G nicht
Lösung Persönliche Haftung des G gem. § 176 II, I 1 HGB (+) Ergebnis zu Frage 3: Anspruch K-Gmb. H G gem. §§ 823 I, 31 BGB analog i. Vm. § 176 II, I 1 HGB (+)
Beendigung der Gb. R 1. Stufe: Eintritt eines Auflösungsgrundes Ablauf der im Ges. V bestimmten Zeit, § 723 I 1 Auflösungsbeschluss Erreichen oder Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks, § 726 Tod eines Gesellschafters, § 727 I Eröffnung des Ins. V über Vermögen von Gesellschafter, § 728 I 1 Vereinigung aller Anteile in einer Hand Kündigung durch einen Gesellschafter, §§ 723, 724 Kündigung durch einen Gläubiger des Gesellschafters, § 725 2. Stufe: Liquidation der Gesellschaft besteht mit verändertem Zweck fort, §§ 730 ff. 3. Stufe: Beendigung der Gesellschaft
Beendigung von o. HG und KG 1. Stufe: Eintritt eines Auflösungsgrundes Abweichungen von Gb. R: Eröffnung des Ins. V über Vermögen der Gesellschaft (§ 131 I Nr. 3 HGB) und rechtskräftiges Gestaltungsurteil (§§ 131 I Nr. 4, 133 HGB) als Beendigungsgründe Erreichen des Gesellschaftszwecks, Tod eines Gesellschafters (§ 131 III Nr. 1 HGB), Eröffnung des Ins. V über Vermögen eines Gesellschafters (§ 131 III Nr. 2 HGB), Kündigung eines Gesellschafters (§ 131 III Nr. 3 HGB) oder Gläubigers eines solchen (§ 131 III Nr. 4 HGB) führen nicht zur Auflösung 2. Stufe: Liquidation der Gesellschaft besteht mit verändertem Zweck fort, §§ 145 -148 HGB; Firmierung mit dem Zusatz „i. L. “, § 153 HGB 3. Stufe: Beendigung der Gesellschaft
Überblick über die §§ 1 -12 Gmb. HG § 1 – Zweck und Gesellschafter § 2 – Form des Ges. V (notarielle Beurkundung) § 3 – Inhalt des Ges. V § 4 – Firma (Rechtsformzusatz) § 4 a – Sitz § 5 – Stammkapital (mind. Euro 25. 000) § 5 a – Unternehmergesellschaft § 6 – Geschäftsführer § 7 – Anmeldung zum Handelsregister § 8 – Inhalt der Anmeldung § 9 – Überbewertung von Sacheinlagen § 9 a – Ersatzansprüche der Gesellschaft
Überblick über die §§ 1 -12 Gmb. HG § 9 b – Verzicht auf diese Ersatzansprüche § 9 c – Ablehnung der Eintragung § 10 – Inhalt der Eintragung § 11 – Rechtszustand vor der Eintragung Gesellschaft mb. H besteht noch nicht Bei Handeln im Namen der Gmb. H: Persönliche, solidarische Haftung § 12 – Bekanntmachungen der Gesellschaft
Ende Gesellschaftsrecht 2. Woche
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