Gesellschaftsrecht 1 Woche Kursbersicht Handelsrecht 1 bis 3
Gesellschaftsrecht 1. Woche
Kursübersicht Handelsrecht (1. bis 3. Woche) Gesellschaftsrecht (4. bis 6. Woche) Familienrecht (7. bis 9. Woche) Erbrecht (10. bis 12. Woche) ZPO (13. bis 15. Woche) Zwangsvollstreckungsrecht (16. bis 18. Woche) Arbeitsrecht (19. bis 21. Woche)
Überblick Examensrelevant in Berlin/Brandenburg: • Gesellschaft bürgerlichen Rechts • offene Handelsgesellschaft • Kommanditgesellschaft • (Verein) • Errichtung, Vertretung, Geschäftsführung und Haftung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Personengesellschaften Wie entsteht eine Personengesellschaft? a) Gesellschafts. V, § 705 BGB (Verweisung §§ 105 III, 161 II HGB) • Essentialia negotii: Wer sind die Gesellschafter? Welcher Zweck ? (HGB: Betrieb eines Handelsgewerbes) Welche Beiträge werden geleistet? • Ggf. accidentialia negotii Geschäftsführung und Vertretungsmacht Modalitäten zur Beschlussfassung Auflösungsregelungen etc. b) Wirksamkeit • allgemeine Unwirksamkeitsgründe Beachte Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft
Personengesellschaften Sind Personengesellschaften rechtsfähig? a) o. HG: § 124 HGB b) KG: §§ 161 II, 124 HGB c) Gb. R? Keine explizite Regelung seit BGH NJW 2001, 1056 ff. aber anerkannt, wenn Gb. R nach außen in Erscheinung tritt Wer vertritt die Personengesellschaft? a) Gb. R: Grds. alle gemeinschaftlich, §§ 714, 709, 710 b) o. HG: Grds. jeder Gesellschafter, § 125 HGB c) KG: grds. jeder ph. G, §§ 161 II, 125, 170 HGB
Haftung bei Personengesellschaften o. HG KG Gb. R Gesellschaft: § 124 I HGB Gesellschaft: §§ 161 II, 124 I HGB Gesellschaft: § 124 I HGB analog Gesellschafter: § 128 S. 1 HGB Gesellschafter: §§ 161 II, 128 S. 1 HGB Oder: § 171/ § 176 HGB Gesellschafter: § 128 S. 1 HGB analog Altverbindlichkeiten der Gesellschaft: § 130 HGB (Eintritt) § 160 HGB (Austritt) Altverbindlichkeiten der Gesellschaft: §§ 161 II, 130 HGB bzw. § 173 HGB (Eintritt) §§ 161 II, 160 HGB (Austritt) Altverbindlichkeiten der Gesellschaft: § 130 HGB analog (Eintritt) §§ 736 II BGB, 160 HGB (Austritt) Altverbindlichkeiten von Gesellschaftern: § 28 I HGB (str. )
Fall 1 – Jahrelanges Martyrium E war Inhaber der kleinen Familiengaststätte „Martyrium“. Als er starb, führte seine Ehefrau F den Betrieb zunächst allein fort. Sie schloss sich später mit ihrer Tochter T und ihrem minderjährigen Sohn S zu einer Gesellschaft zusammen. F wurde zur alleinigen Geschäftsführerin bestellt. Im Namen der Gesellschaft nahm F bei G ein Darlehen über Euro 25. 000, - zur Modernisierung der Gaststätte auf. In der Folgezeit kam es zu wiederholten internen Auseinandersetzungen. Als S volljährig wurde, schied er im Streit aus dem Betrieb aus. G begehrt bei Fälligkeit des Darlehens Rückzahlung von T. T wendet ein, eine Gesellschaftsverbindlichkeit sei schon deshalb nicht wirksam zustande gekommen, weil S bei der Darlehensgewährung noch minderjährig gewesen sei. Im Übrigen sei sie – was zutrifft – von F durch arglistige Täuschung über die im Geschäft begründeten Nachlassverbindlichkeiten zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages bestimmt worden und fechte daher ihre Vertragserklärung an. Muss T zahlen?
Lösung A. Anspruch G T gem. §§ 488 I 2 BGB, 128 S. 1 HGB Dann müsste eine o. HG bestanden haben (-), da „Martyrium“ weder nach Art oder Umfang auf kaufmännische Einrichtung angewiesen war (§§ 105 I, 1 II HGB), noch im Handelsregister eingetragen war (§§ 105 II, 2 HGB) B. Anspruch G T gem. §§ 488 I 2 BGB, 128 S. 1 HGB analog I. Anspruch entstanden 1. § 488 I 2 im Verhältnis G und Gesellschaft a) Existenz der Gesellschaft aa) Gb. R rechtsfähig? nach gh. M. (+) bei Außen-Gb. R bb) Einigung über Gesellschaftsvertrag (+), S, T und F haben sich über essentialia negotii geeinigt
Lösung 1629 cc) Wirksam S war beschränkt geschäftsfähig, §§ 106, 2 Vertrag nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, § 107 F konnte S nicht wirksam vertreten, §§ 1626 I, II, 1795 II, 181 Genehmigung des Fam. G erforderlich, §§ 1643 I, 1822 Nr. 3 dd) Rechtsfolge Willenserklärung des S unwirksam Gesamtnichtigkeit des Vertrages, § 139 grds. (+), da nicht angenommen werden kann, dass Vertrag auch ohne S
Lösung Ausnahme nach der Lehre über die fehlerhafte Gesellschaft? (1) Fehlerhafte Gesellschaft (+), s. o. (2) In Vollzug gesetzt (+), mit Betrieb des „Martyrium“ (3) Keine übergeordneten Wertungen Allgemeininteressen nach §§ 134, 138 (-) Interessen des arglistig Getäuschten (-), Kündigungsmöglichkeit für die Zukunft und SEAnsprüche bieten hinreichenden Schutz Minderjährigenschutz (+), Wertungen des §§ 106 ff. , 1629, 1643, 1795, 1822
Lösung P: Rechtsfolge: e. A. : Minderjähriger wird Gesellschafter, aber aus dieser Stellung nicht verpflichtet h. M. : Minderjähriger wird nicht Gesellschafter, sondern es besteht eine fehlerhafte Gesellschaft zwischen den übrigen Gesellschaftern fort Gesellschaft zwischen F und T ist als wirksam zu betrachten b) Einigung zwischen Gesellschaft und G (+), Gb. R vertreten durch F, §§ 710, 714, 164 c) Wirksamkeit der Einigung (+) d) Valutierung des Darlehens (+)
Lösung 2. Persönliche Haftung der T § 128 S. 1 HGB analog (+) h. M. : Akzessorietätstheorie (m. M. Doppelverpflichtungslehre) II. Anspruch nicht erloschen und durchsetzbar (+), insb. fällig B. Ergebnis G hat einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch gegen T auf Zahlung der Euro 25. 000, -.
Fall 2 – ABS-Steuergeräte Die K-Gmb. H ist in der Automobil-Zuliefererbranche tätig. Sie stellt Antiblockiersysteme für die Marken Audi und Skoda her. In die Steuergeräte dieser im Auftrag der Audi AG hergestellten Systeme baut die K-Gmb. H je vier von ihr zum Stückpreis von 3, 9 Cent von der B-KG bezogene und hergestellte Transistoren des Typs BC 337 -40 ein, nachdem sie dieser jeweils mit anderen Bestandteilen auf Leiterplatinen aufgelötet und die Platinen sodann mit einem Schutzlack überzogen hat. Die B-KG besteht aus den persönlich haftenden Gesellschaftern D, E und F sowie aus mehreren Kommanditisten. Im Januar 2016 berief D eine Gesellschafterversammlung ein, um eine pro Jahr um Euro 25. 000, - kostengünstigere Produktion des Transistors des Typs BC 337 -40 in Polen anzuregen. Der Diplomingenieur F erhielt als einziger infolge eines Versehens des D keine Einladung zu der Gesellschafterversammlung; er erfuhr zwar von der Sitzung und ihrem Thema, meinte jedoch nicht kommen zu müssen, weil er nicht persönlich eingeladen worden war. In der Versammlung am 28. 01. 16 beschloss die Gesellschaft entsprechend dem Gesellschaftsvertrag mit den erforderlichen Stimmen aller (anwesenden) Gesellschafter die Verlegung der Produktion des Transistors Typ BC 337 -40 nach Polen. Wäre F zugegen gewesen hätte er gegen die Verlegung gestimmt, da ihm als Diplomingenieur klar war, dass die für die Funktionstauglichkeit des Transistors erforderliche Herstellungshygiene in Polen nur schwer zu realisieren war. Nachdem er von dem Beschluss erfahren hatte, erhob er noch im Januar Klage auf Feststellung, dass der Gesellschaftsbeschluss unwirksam sei. Frage 1: War die Klage des F erfolgreich?
Lösung 1. Frage: Klage des F Das Gericht wird feststellen , dass der Gesellschafterbeschluss der B -KG vom 28. 01. 2016 unwirksam ist, wenn die Klage des F zulässig und begründet ist. A. Zulässigkeit I. Zuständiges Gericht sachlich nach §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG Streitwert nach § 3 ZPO festzusetzen (>5. 000 €) örtlich nach § 22 ZPO II. Statthafte Klageart Feststellungsklage, § 256 I ZPO, auf Nichtbestehen des Gesellschafterbeschlusses
Lösung III. Beteiligte F. /. Gesellschafter der B-KG, die Wirksamkeit des Beschlusses behaupten (einfache Streitgenossen) IV. Feststellungsinteresse (+), rechtliches und wirtschaftliches Interesse an der Feststellung , da dieser sonst faktisch umgesetzt werden würde V. Zwischenergebnis Die Klage ist zulässig. B. Begründetheit (+), wenn Beschluss unwirksam I. Beschluss gefasst (+), von allen anwesenden Gesellschaftern
Lösung nicht II. Fehlerhaft Formerfordernisse nicht ersichtlich Gesellschafterversammlung für Beschlussfassung Ges. V, noch nötig Formeller Beschlussfassungsfehler (+), weil F nicht eingeladen worden war (er war weder durch nach § 117 HGB von der Beschlussfassung ausgeschlossen) III. Rechtsfolge Grundsatz: Nichtigkeit (anders bei AG und Gmb. H; dort unterscheidet man unwirksame und
Ende Gesellschaftsrecht 1. Woche
Fall 2 – ABS-Steuergeräte Im März 2016 bestellte die K-Gmb. H 100. 000 Transistoren des genannten Typs bei der B-KG. Die Bauteile wurden im April 2016 entsprechend dem Gesellschaftsbeschluss der B-KG in Polen gefertigt und im Mai 2016 an die K-Gmb. H geliefert. Diese baute die Transistoren auf die beschriebene Weise in das ABS-Steuergeräte ein und lieferte die ABS-Systeme an die Audi AG aus. Im Dezember 2016 stellte sich heraus, dass die ABS-Systeme eine Ausfallquote von ca. 75 % hatten. Ursache war die Verwendung hygienisch nicht einwandfreien Epoxidharz-Klebers in den Transistoren. Hierdurch bildete sich im Laufe der Zeit unter dem Einfluss elektrischer Spannungen, erhöhter Temperaturen und Feuchtigkeit eine leitfähige Verbindung zwischen Basis und Kollektor des Transistors, was eine Fehlfunktion auslöste. Zu der Benutzung des hygienisch nicht einwandfreien Klebers war es gekommen, weil der für die Produktion in Polen zuständige Gesellschafter E in Unkenntnis der physikalischen Auswirkungen günstigeren Kleber bestellte. Bei den internen Kontrollen der B-KG konnte der Hygienemangel nicht entdeckt werden. Der Austausch der fehlerhaften Transistoren in den hergestellten Steuergeräten der Antiblockiersysteme ist unmöglich. Die K-Gmb. H macht daher geltend, dass ihr infolge der mangelhaften Lieferung ein Schaden in Höhe von Euro 625. 000, - entstanden sei. Dieser setze sich zusammen aus dem Materialwert der neben den Transistoren in jedes Steuergerät eingebauten Teile von Euro 15, - und weiteren Euro 10, - pro System entgangenem Gewinn. Frage 2: Kann die K-Gmb. H von der sich unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt weigernden BKG im Juni 2018 Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe verlangen?
Fall 2 – ABS-Steuergeräte G wurde durch Vertrag vom 02. 01. 2016 als Kommanditist aufgenommen. Seine Einlage von Euro 15. 000, - zahlte er sofort und vollständig. Infolge eines Versehens des Registergerichts wurde er jedoch erst im Jahre 2017 als Kommanditist in das Handelsregister eingetragen. Frage 3: Kann die K-Gmb. H den vollen Schadensersatz von G persönlich verlangen?
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