Fusion oder Konfusion Ein Vortrag von Henrik Schwarz
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Fusion oder Konfusion? Ein Vortrag von Henrik Schwarz über die Probleme der Unternehmenskultur bei Fusionen
Gliederung n n n Einleitung Unternehmenskultur Fusionen Unternehmenskultur als (Miss-) Erfolgsfaktor Lösungen Fazit
Bedeutung des Themas n Etwa die Hälfte aller Fusionen scheitert. n In 70 Prozent dieser Fälle ist der Grund das Aufeinandertreffen verschiedener Unternehmenskulturen!
Unternehmenskultur… „. . . ist die Gesamtheit der Grundannahmen, Werte, Normen, Einstellungen und Überzeugungen einer Unternehmung, die sich in einer Vielzahl von Verhaltensweisen und Artefakten ausdrückt und sich als Antwort auf die vielfältigen Anforderungen, die an diese Unternehmung gestellt werden, im Laufe der Zeit herausgebildet hat. “ Quelle: Kutschker, Michael; Schmid, Stefan (2002): Internationales Management, München (Oldenbourg Wissenschaftsverlag), 2002, 2. Auflage
Schichtenmodell der Unternehmenskultur (nach Schein) Symbole (Artefakte) Namen, Logos, Auszeichnungen, Einheitliche Gestaltung von Gebäuden, Räumen, Dokumenten u. Produkten, Kleiderordnung, Stile, Design, Slogans, Werbung, Feiern, Sprache, Mythen, Geschichten, Jubiläen, Rituale, Umgangsformen sichtbar, aber interpretationsbedürftig Normen + Werte + Standards Führungsgrundsätze, Regeln, Tabus, Verhaltensrichtlinien und Verbote, Maxime und Ideologien, Vorgaben, Firmengeschichte, Erfolgsgeschichte teils sichtbar, teils unbewusst, werden z. B. bei Regelverstoß sichtbar, unternehmensbezogene und gesellschaftliche Werte sollten übereinstimmen Basis + Grundannahmen (Weltbild) Einstellung zur Umwelt, Was ist Wahrheit? Wesen (Natur) des Menschen (gut, vorgeformt oder veränderbar), Menschliches Handeln, zwischenmenschliche Beziehungen (Alter, Herkunft, Emotionen, Privatsphäre, Teamgeist, Charakter), Zeit als selbstverständlich vorausgesetzt, unsichtbar, beeinflusst die Mitarbeiter unbewusst
Unternehmenskultur… …entsteht aus dem laufenden Verhalten der Mitarbeiter …prägt das Verhalten der Mitarbeiter (kommt regelmäßig im Denken, Sprechen und Handeln zum Ausdruck)
Einflussfaktoren Gesellschaft Branche Individuum Unternehmenskultur Führungsstil und Betriebsklima Unternehmensorganisation Strategie und Politik des UN
Wirkungen der Unternehmenskultur Positiv: n n n n n Handlungsorientierung durch Komplexitätsreduktion Effizientes Kommunikationsnetz Rasche Entscheidungsfindung Beschleunigte Implementation von Plänen und Projekten Geringer Kontrollaufwand Motivation und Teamgeist („Wir-Gefühl“) Verringerung Fehlzeiten und Fluktuation Stabilität und Zuverlässigkeit Repräsentationswirkung (Image) Arbeitnehmer identifiziert sich mit dem UN, nicht nur mit seinem Job Negativ: n n n n Tendenz der Abschließung (starke Kultur wird zum geschlossenen System, Warnsignale u. Kritik ignoriert) Blockierung neuer Orientierungen (Vorschläge zu Veränderungen werden abgelehnt) Implementationsbarrieren (Abwehr und Angst vor Neuem) Fixierung auf traditionelle Erfolgsmuster kollektive Vermeidungshaltung mangelnde Flexibilität „Kulturdenken“ (gegensätzliche Meinungen werden zurückgehalten um den kulturellen Rahmen nicht zu sprengen) langlebig und schwer steuerbar
Zusammenfassung: Warum ist Unternehmenskultur so wichtig? Sie wirkt sich stark auf die Leistungsfähigkeit einer Organisation aus, denn sie bestimmt: n wie Probleme und Fragestellungen angegangen werden n die Einstellung der Mitglieder im Hinblick auf Veränderungen n wie im Unternehmen miteinander umgegangen wird n das Engagement der Mitarbeiter im Hinblick auf die Strategie
Fusionen (Mergers) n Zusammenschluss zumeist ähnlicher UN (Größe, Branche) n bei völliger Aufgabe der wirtschaftlichen und juristischen Selbständigkeit der UN n (offiziell) gleichberechtigte Verhandlungspartner und kooperative Vereinbarung
Gründe für Fusionen n Vergrößerung der Marktanteile und der Marktpräsenz n Erreichen von Synergieeffekten und Kostenvorteilen n Sicherung der globalen Wettbewerbsfähigkeit n Verdeckte Motive: Macht, Prestige
Bei einer Fusion müssen… …mindestens zwei, davor oftmals konkurrierende Unternehmen mit jeweils eigener Geschichte, eigener Identität und eigener historisch gewachsenen Kultur zusammengeführt werden. Problem! Kulturkollision
Die Kulturkollision n n n Konfrontation der Mitarbeiter mit fremdartigen, unverständlichen kulturellen Vorstellungen Infragestellung des bisherigen Systems von Basisannahmen, Werten und Normen Sorge um den Verlust der eigenen Kultur und Identität Angst, Selbstzweifel, Verunsicherung, Orientierungslosigkeit, Stress Widerstände, innere und faktische Kündigungen (Verlust von Know-how und Kundenkontakten) Motivationsverluste (hohe Kosten durch gestiegenen Kontrollbedarf und verstärkte Koordinationsmaßnahmen, Produktionsrückgänge, höhere Ausschussproduktion und Qualitätsverluste, wirtschaftskriminelle Handlungen) Kurz: Das Merger Syndrom!
Das Merger-Syndrom n n n verursacht durch kulturelle Inkompatibilität Widerstandsverhalten der beteiligten Menschen gegenüber den notwendigen Veränderungen Missverständnisse, Strategielosigkeit und Interessenkonflikte im Management (Hackordnung) mangelnde offene und direkte Kommunikation Überinterpretationen, Fehldeutungen, Gerüchte, Spekulationen Abbau von Stellen, (Teil-) Schließungen von Filialen, Verkauf von UNBestandteilen, Zusammenlegung von Verwaltungsbereichen, Doppelbesetzung von wichtigen Positionen, Abwerbung von MA durch die „sicherere“ Konkurrenz (begründete) Angst um den eigenen Arbeitsplatz betrifft alle MA auch die Führungskräfte „Survivor Sickness“ (Trauer der Verbliebenen nach Personalabbau) Unterschiedliche Arbeitsweisen und Managementstile führen zu endlosen Diskussionen unklar definierte Kompetenzen den Druck der Medien (Zeitungen wollen Gewinner u. Verlierer) Zukunftsängste, Zweifel an der Perspektive des UN loyale MA identifizieren sich nicht mehr mit dem UN
Zusammenfassung: Gründe für das Scheitern von Fusionen n n Widerstand durch die Unternehmenskultur fehlende Kommunikation im Unternehmen schlechte Führung durch das Top-Management zu geringe Einbeziehung der Beteiligten Weitere Gründe: Fehleinschätzung des Partners, der Fusions- u. Folgekosten und die Vernachlässigung der Geschäftsfelder und Kunden, Zeitdruck
Pre-Merger-Phase (Vorplanungsphase) n n n n n Analyse und Bewertung der „weichen Faktoren“ beider UN Cultural Due Diligence (sorgfältige Analyse der Unternehmenskultur um ein vollständiges Bild des Fusionspartners zu erhalten) Sind die Unternehmenskulturen kompatibel? Wie harmonieren die Landeskulturen? Entwicklung der Strategie zur Integration der Kulturen Integrationsteam bilden Austauschprogramme, Informationsbesuche, Projektarbeit Temporärer Austausch von Führungskräften Entscheidung ob neue Kultur, Mischkultur, bisherige Kultur Integrationsprogramme entwickeln
Überblick „Weiche Faktoren“ n n n n n Vision Leitprinzipien Unternehmenskultur Corporate Identity Einstellungen / Überzeugungen individuelle Motivation persönliches Engagement Teamfähigkeit Kundenorientierung n n n Immer auch das eigene Unternehmen analysieren! Viele sind sich ihrer Eigenarten und Spezialitäten gar nicht bewusst. Man hält sich selbstredend für kompatibel, weil man davon ausgeht, dass es andernorts die gleichen formellen und informellen Spielregeln gibt. Unterschiede werden erst im direkten Vergleich sichtbar.
Cultural Due Diligence Instrumente n n n n Dokumentenanalyse Firmenrundgang Qualitative Beobachtung, Sitzungsbeobachtungen Mitarbeiterbefragungen (schriftlich oder online), Fragebögen Interviews (Einzel-, Gruppen-, Tiefen-, qualitative) Gruppendiskussionen Kunden- u. Lieferantenbefragungen Mitarbeiterinformationssysteme Kommunikationsanalyse Zeitanalyse bei Führungskräften Mystery Tests Soziometrie 360°-Befragungen Indikatoren n n n Offenheit im Umgang miteinander Lernverhalten Bedeutung von Hierarchien und Statussymbolen Managementstile, Führungsstile Karriereverläufe Handlungs- u. Entscheidungsfreiräume Fehlertoleranz Gegenseitiges Vertrauen Kundenorientierung Wettbewerbsaggressivität Gesellschaftliches Engagement Außenperspektiven
Phasen einer Fusion Pre Merger Phase (Vorplanungsphase) Merger (Fusion) Post Merger Phase (ersten 100 Tage) (Integrationsphase) Zukunftsüberlegungen (Fragen zu Soll-Werten): - Personalfragen (Kosten, Abbau, Wissen, welche Coachings durchführen? ) - Fragen zur Information und Kommunikation (Austauschprogramme, Besuche) - Künftige Gehaltsstruktur Cultural Due Diligence (Fragen zu Ist-Werten): - Analysen (intern, extern) v. Kultur, Werten, Motivation Personalauswahl 3 -6 Monate Gründung von Projektgruppen Personalmaßnahmen durchführen, Abbau von Doppelbesetzungen Arbeit der Projektgruppen Umsetzung der Qualifizierungs- und Informations- u. Motivationsmaßnahmen Kommunikations (Workshops, Trainings, politik Coachings, Stressmanagment) Fortsetzung d. Informations. Mitarbeiter und Betriebsrat u. Kommunikationspolitik einbinden Change Controlling (Ziele bzw. Zwischenziele erreicht? 3 -4 Monate 6 -18 Monate +
Post-Merger-Phase n n n n Integrationsprogramme durchführen, kontinuierliche Beobachtung des Prozesses und durch gezielte Intervention einwirken (Integrationsmanagement) Direkte und offene Kommunikation, Feedback über (Teil-) Erfolge Rasche Lösungen für akute Probleme, mögl. wenige Versetzungen Schulungen zu Kommunikation, Stressbewältigung, Konfliktmanagement (vor allem für Führungskräfte) Vorbildfunktion der Manager (authentische Führungskräfte), neues Wir-Gefühl erzeugen, MA motivieren und aktiv beteiligen, Verständnis zeigen, Workshops und Coaching, Mischteams neue gemeinsame Leitbilder, Ziele und Visionen darlegen Neue Corporate Identity schaffen (gemeinsamen Namen, gemeinsames Logo, Vereinheitlichung Lohn- u. Gehaltsstrukturen, einheitlicher Internetauftritt, etc. ) Sinnvoll: Schaffung einer neuen gemeinsamen Unternehmenskultur (das beste aus den verschiedenen Kulturen zusammenführen)
Fazit n n Der Integrationsprozess kann nur gelingen, wenn er von den Menschen im Unternehmen unterstützt und vorangetrieben wird. Sie wollen die in ihrem Unternehmen geprägten Normen, Wertvorstellungen und Denkhaltungen - kurz ihre Unternehmenskultur - auch nach einer Fusion noch vorfinden. Dies erfordert die Bildung eines neuen, gemeinsamen Systems, welches die bisherigen Systeme integriert und eine gemeinsame Vision und Zielvorstellung ist zu gestalten, die den Handlungen der Menschen einen Sinn gibt. Eine rechtzeitige, gezielte, klare Information und Kommunikation trägt dazu bei, dass Ängste abgebaut werden. Auch Lieferanten, Kunden und die Presse informieren.
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