Friedrich Schiller 1759 1805 Die Ruber Ein Schauspiel
Friedrich Schiller (1759 – 1805) Die Räuber Ein Schauspiel (1781)
Friedrich Schiller (1759 – 1805) • Schiller war ein Arzt, Dichter, Philosoph und Historiker und gilt bis heute als einer der bedeutendsten deutschen Dramatiker, Lyriker und Essayisten der Weltliteratur. • Der einzige Sohn eines württembergischen Offiziers (er hatte noch fünf Schwestern) wuchs in Ludwigsburg auf, studierte ab 1773 die Rechtswissenschaften auf der herzoglichen Militärakademie (Karlsschule) in Ludwigsburg, wechselte dann 1775 (nach der Übersiedlung der Schule nach Stuttgart) zur Medizin und wurde 1780 promoviert. • 1782 floh er als Militärarzt vor dem schriftstellerischen Verbot des Herzogs nach Mannheim, später nach Thüringen, 1785 auf Einladung der Freunde zu seinem Förderer Christian Gottfried Körner nach Leipzig. Er lebte abwechselnd in Leipzig und Dresden. • 1787 reiste er nach Weimar, wo er sich mit den wichtigen Persönlichkeiten bekannt machte (Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried Herder, Johann Wolfgang Goethe). Diese Autoren prägten später gemeinsam die Weimarer Klassik. • 1789 nahm er die Professur in Jena an – lehrte Philosophie und Geschichte, 1790 heiratete er Charlotte von Lengefeld, 1791 erkrankte er vermutlich an Tuberkulose, der er 1805 unterlag. • Ab 1794 intime Bekanntschaft mit Goethe, 1799 zog er mit der Familie aus Jena nach Weimar um. Dort starb er 1805 im Alter von 45 Jahren.
Schillers philosophisch-ästhetische Schriften • Schiller beschäftigte sich unter Einfluss der philosophisch ausgerichteten Freunde und Förderer (Christian Gottfried Körner, Carl Leonhard Reinhold) mit der kantschen Philosophie und befasste sich mit dem Begriff der Schönheit und ihrer Legitimierung aus der Natur der Vernunft, wovon zahlreiche philosophisch-ästhetische Schriften zeugen. • Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet (1784). Schiller stellt hier die dramatische Kunst gleich neben Moral und Religion und hebt die Rolle des Theaters für die moralische Vervollkommnung des Menschen hervor. • Über die tragische Kunst (1792). Darin prägt Schiller den objektiven Begriff der Schönheit als Produkt des Geistes, die Schönheit ist Freiheit in Erscheinung. Der denkende Geist verleiht dem schönen Gegenstand die Freiheit. • Über Anmut und Würde (1793). Die Schönheit liegt zwischen der Würde, die geistigen Kräfte (Vernunft, Pflicht) vertritt, und der Anmut, die im Menschen für die Sinnlichkeit steht. Ihr Ausdruck in der Erscheinung ist die Grazie, die in einer schönen Seele Sinnlichkeit, Vernunft und Pflicht harmonisiert. Und das ist das echte Kunstwerk. • Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen (1795). Vom abstrakten Überlegen über die Kunst geht er zum positiven, praktischen Nachdenken und stellt die Kunst in den Dienst der Erziehung des Menschen. • Über naive und sentimentalische Dichtung (1795). In dieser Schrift thematisiert Schiller den entstandenen Widerspruch zwischen Natur und Kultur. Er stellt einer reflektierten und sentimentalischen Dichtung die naturhafte und naive Dichtung gegenüber. Während der naive Dichter, als dessen Inbegriff Goethe erscheint, im „Zustand natürlicher Einfalt“ die Wirklichkeit nachahmt und sich auf das Schöne bezieht, stellt der sentimentalische Dichter, für den er sich selber hält, im „Zustand der Kultur“ das Ideal dar. Der „naive“ Dichter überwindet den Widerspruch zwischen Natur und Kultur und wird zur Natur, der sentimentalische die Natur als durch Kultur verlorene sucht.
Dramen in der Periode des „Sturm-und-Drang“ • Die Räuber. Ein Schauspiel (1781) • Die Verschwörung des Fiesco zu Genua. Ein republikanisches Trauerspiel (1783). Ein Drama über den Revolutionsführer, der für die Revolution gefährlich wird, als er sie für seine egoistischen Ziele ausnutzen will. • Kabale und Liebe (ursprünglich Luise Millerin). Ein bürgerliches Trauerspiel (1784). Ein Drama über eine nicht standgemäße Liebe zwischen einem Adeligen und einer bürgerlichen Tochter. • Körners Vormittag (1787, wohl zum 31. Geburtstag von Körner aufgeführt, erschienen u. d. T. Ich habe mich rasieren lassen. Ein dramatischer Scherz, 1862) • Don Carlos (ursp. Dom Karlos), Infant von Spanien. Ein dramatisches Gedicht (1787) • Der versöhnte Menschenfeind (unvollendet, 1790)
Schillers dramatisches Schaffen der „klassischen Periode“ • Schiller beschäftigte sich nach dem Abklang der „Sturm-und-Drang-Periode“ intensiv mit historischen Studien, die dann sein historisches dramatisches Schaffen beeinflussten. In den geschichtlichen Ereignissen konzentrierte er sich auf ihren psychologischen Hintergrund. Es interessierten ihn in erster Linie nicht die historischen Fakten „an sich“, sondern ihre Beweggründe und ihre Konsequenzen, so dass es sich sagen lässt, er sähe die Geschichte subjektiv. Zum Geschichtsstudium brachte ihn sein dramatisches Schaffen. • Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung (1788). Aufgrund dieser Schrift bekam er die Professur in Jena. • Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs (1792). In diesem Krieg widmete Schiller seine Aufmerksamkeit zwei Persönlichkeiten – dem schwedischen König Gustav Adolph und dem kaiserlichen Heeresführer Albrecht von Wallenstein, über den er seine Dramentrilogie verfasste. • Wallenstein. Dramen-Trilogie. Ein dramatisches Gedicht. 1. Teil: Wallensteins Lager (1798), 2. Teil: Die Piccolomini (1799), 3. Teil: Wallensteins Tod (1799) • Maria Stuart. Trauerspiel (1800) • Die Jungfrau von Orléans. Eine romantische Tragödie (1801) • Die Braut von Messina oder Die feindlichen Brüder. Ein Trauerspiel mit Chören (1803) • Wilhelm Tell. Schauspiel (1804) • Demetrius. Dramenfragment (1805, Uraufführung 1857)
Die Räuber • Das erste Drama Schillers erschien 1781 anonym. Schiller traf auf der Festung Hohenasperg bei Stuttgart den dort eingekerkerten Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart (1739 -1791), der ihn auf den Stoff der Räuber aufmerksam machte. Schubart schrieb 1775 eine Abhandlung Zur Geschichte des menschlichen Herzens, die eine Anekdote um zwei ungleiche Brüder und den Konflikt mit dem Vater enthielt, die Schiller zum Drama anregte. • Das Schauspiel, das zuerst als Lesedrama gedacht war, gliedert sich in fünf Akte und wurde 1782 in Mannheim uraufgeführt. Es sorgte für nationales Aufsehen in ganz Deutschland und machte Schiller schlagartig berühmt. Jubelstürme entfachte das Stück besonders beim jugendlichen Publikum. Freiheitsbegeisterte Jugendliche gründeten in den folgenden Monaten in Nachahmung des Stücks in Süddeutschland viele „Räuberbanden“. • Das Drama schildert die Rivalität zweier gräflicher Brüder, eines vom Vater geliebten, intelligenten und freiheitsliebenden späteren Räubers Karl Moor und seines Gegenspielers, des kalt berechnenden, unter Liebesentzug leidenden Bruders Franz Moor. • Das zentrale Motiv des Dramas ist der Konflikt zwischen Verstand und Gefühl, das zentrale Thema das Verhältnis von Gesetz und Freiheit. • Im Jahre 1792 wurde Schiller für „Die Räuber“ als freiheitliebendes Stück neben Friedrich Gottlieb Klopstock, Johann Heinrich Campe, Johann Heinrich Pestalozzi, George Washington und Tadeusz Kościuszko Ehrenbürger der Französischen Republik.
Die Räuber Sprache und Stil • Eine sehr emotionale Sprache, die für Schiller ein Mittel ist, mit dem er die für die „Sturm-und-Drang-Bewegung“ typische Aufbruchsstimmung thematisiert. • Das Drama ist in Prosa geschrieben, die zwischen gehobenem Pathos und Vulgarität der Alltagssprache schwankt. • Die zahlreichen Stilfiguren erzeugen die leidenschaftliche Intensität des Stücks – Emphase, Anakoluth, rhetorische Frage, Ironie, Metapher, Klimax, Parallelismus, Hendiadyon • Das Drama kann auch als Protest der Stürmer und Dränger gegen die von Aristoteles aufgestellten Regeln der Tragödie verstanden werden, die Regeln sind kaum eingehalten – die Zeit der Handlung erstreckt sich auf zwei Jahre, der Schauplatz der Handlung sind mehrere Orte (Schloss, Schenke, böhmische Wälder), die Ständeklausel ist auf den ersten Anschein beibehalten, alle Protagonisten sind gräflicher Herkunft, aber Karl Moor wandte sich mit der Entscheidung, einer Räuberbande beizutreten, von seinem Bruder und Vater und von seiner Geliebten ab und verließ so seine ursprüngliche gesellschaftliche Position, also nicht einmal dieser Regel konnte gefolgt werden. Letztendlich ist das Drama nicht in gehobener Verssprache, sondern in Prosa mit häufig umgangssprachlicher Syntax verfasst, was zur inneren Zerrissenheit der Figuren maßgeblich verhilft.
Die Räuber Die Hauptfiguren • Karl Moor – attraktiver und charismatischer Rebell, der radikale Gedanken und leidenschaftliche Gefühle als typische Züge des „Sturm-und. Drang“ widerspiegelt. Ein ehrlicher Mann, der zum Verbrecher aus Versehen wird. Seine verbrecherischen Taten bringen ihn in einen inneren Konflikt, den er wegen des Schwurs nur noch mit einer freiwilligen Auslieferung an die Justiz, bei der einem anderen geholfen wird, zu lösen imstande ist. • Franz Moor – die Rolle des Zweitgeborenen und weniger vom Vater Geliebten ärgert ihn und bringt ihn auf einen schlechten Weg der List und Rache. Er lebt mit dem Vater zusammen, das Defizit der Liebe ist für seine Fixierung auf eine rationalistische Denkweise verantwortlich, die in einen Nihilisten, Egoisten und gefühlskalten Mann münden. Ein abschreckendes Beispiel für das Verhalten eines Menschen, der ohne Liebe aufwächst, dem dann kalte Rationalität und fehlende Moral eigen sind. • Maximilian von Moor – ein gnädiger, aber leicht beeinflussbarer Herrscher, der sich gegenüber seinen eigenwilligen Söhnen nicht mehr durchsetzen kann. Er versagte in der Alleinerziehung seiner Söhne, denen er zu moralischer Stabilität nicht zu verhelfen vermag. • Amalia von Edelreich – Karls Verlobte war für den alten Moor wie die eigene Tochter. Treue, ehrliche, nette, zuverlässige und ruhige Peron sehnt sich nach Tod, als sie ihren Geliebten im Himmel glaubt. Sie widersetzt sich der Begehrung und Werbung von Franz und entlarvt seine Intrigen und Lügen. Obwohl ihr Geliebter zum Mörder wurde, ist sie bereit ihm zu verzeihen. Ihr Tod erfolgte aus der Ausweglosigkeit der Situation, nicht aus Barmherzigkeit. Eine echt tragische Figur.
Fragen • Lesen Sie zusätzlich noch die zweite Szene des fünften Akts (abrufbar unter www. projektgutenberg. de) und versuchen Sie in ein paar Zeilen zu beschreiben, worin die Todesfälle der Hauptprotagonisten ihren Beweggrund haben (Franz Moor, Amalia, Vater Moor). Wie endete Karl Moor? • Franz und Karl sind Gegenpole. Lassen sich trotzdem gewisse Ähnlichkeiten in ihrem Charakter feststellen? • Die Prosa des Stücks wird durch Verwendung zahlreicher Stilfiguren intensiviert. Definieren Sie die Begriffe des Anakoluths, der rhetorischen Frage und der Metapher. Die Antworten werden in der Seminarsitzung diskutiert.
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