Frailty Ein multidimensionales geriatrisches Syndrom Altern oder Krankheit

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Frailty Ein multidimensionales geriatrisches Syndrom. Altern oder Krankheit? Thomas Frühwald Frailty - Ein interdisziplinärer

Frailty Ein multidimensionales geriatrisches Syndrom. Altern oder Krankheit? Thomas Frühwald Frailty - Ein interdisziplinärer Zugang Gemeinsam das Altern erleichtern Fachtagung des Departments Gesundheit FH St. Pölten 12. Mai 2017

Frailty Ein multidimensionales geriatrisches Syndrom. Altern oder Krankheit? Inhalte: • Konzepte, Definition? • Ätiologie,

Frailty Ein multidimensionales geriatrisches Syndrom. Altern oder Krankheit? Inhalte: • Konzepte, Definition? • Ätiologie, Pathogenese • Sarkopenie als Kernelement • Erkennen, messen – Diagnose • Prävalenz, Folgen • Interventionsmöglichkeiten Hans Baldung, Die Lebensalter und der Tod (um 1540 -1543), Museo del Prado T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 2

Frailty „. . . ein, wenn nicht das klinische Syndrom beim älteren Patienten. “

Frailty „. . . ein, wenn nicht das klinische Syndrom beim älteren Patienten. “ Sieber CC. Der ältere Patient – wer ist das? Internist 2007, 48, 1190 -1194 • durch alternsassoziierte strukturelle Veränderungen auf zellulärer und molekularer Ebene sowie durch Krankheiten ausgelöstes multidimensionales geriatrisches Syndrom • Folge einer kummulativen, progredienten Abnahme von Funktionen diverser Systeme • u. a. durch Schwäche, mangelnde Belastbarkeit, Gewichtsverlust und Sarkopenie gekennzeichnet • biologische, medizinische sowie psychologische und soziale Faktoren haben nachteiligen Einfluss auf körperliche und psychische Funktionen • verminderte Kapazität auf externe Stressoren, negative Krankheits- und Umgebungseinflüsse kompensatorisch zu reagieren T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 3

Frailty • Wechsel von Selbständigkeit und Autonomie hin zur Abhängigkeit von Hilfe und Betreuung

Frailty • Wechsel von Selbständigkeit und Autonomie hin zur Abhängigkeit von Hilfe und Betreuung bis zur vollständigen Erosion von Autonomie und Selbständigkeit • ohne Frailty bleibt man robust, fit. . . • mit Fraity ist man vulnerabel, anfällig für negative Outcomes • Stürze u. ihre Folgen • Immobilität • Funktionsverluste im Bereich der Selbsthilfefähigkeit • Abhängigkeit von kontinuierlicher Betreuung und Pflege • Hospitalisierungen mit schlechteren funktionellen Outcomes • Frailty bedeutet erhöhtes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko – „Vorbote des Todes“ – fortgeschrittene Frailty ist Indikator für palliative Care. . . T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 4

Trajectories of health and functioning Singh M et al. Mayo Clin Proc. 2008; 83:

Trajectories of health and functioning Singh M et al. Mayo Clin Proc. 2008; 83: 1146 -1153 © 2008 Mayo Foundation for Medical Education and Research T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 5

Frailty noch uneinheitliche Konzepte • ein eher intuitives Konzept – klinisch merkt man es

Frailty noch uneinheitliche Konzepte • ein eher intuitives Konzept – klinisch merkt man es sowieso. . . • Operationalisierung, objektive Messbarkeit wird diskutiert, noch kein allgemein anerkannter „goldener Standard“ • die zwei wichtigsten Modelle: • Frailty als Phänotyp, als Prozess mit einer biologischen Grundlage – Frailty Syndrom (Linda Fried, Jeremy Walston) Berücksichtigt aber nicht Kognition, psycho-soziale Faktoren • Frailty als Zustand höherer Vulnerabilität und Kumulation von funktionellen Defiziten im physischen, psychischen, sozialen Bereich, Folge eines unspezifischen, alternsassoziierten Geschehens (Frailty Index) - Kenneth Rockwood • diese schließen sich nicht aus, beide komplementieren einander, sie sind in unterschiedlichen Szenarien nützlich T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 6

Frailty – ein intuitives Konzept. . . T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite

Frailty – ein intuitives Konzept. . . T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 7

Definition von Frailty – gibt es eine? Wir brauchen noch immer dringend eine einheitliche

Definition von Frailty – gibt es eine? Wir brauchen noch immer dringend eine einheitliche Definition von Frailty… • Nur dann können Screening & Diagnostik gut konzipiert und Intervention (prophylaktisch u. /od. therapeutisch) entwickelt werden – das wäre die klinische Notwendigkeit. • Es gibt auch eine gesundheits-, bzw. sozialpolitische Notwendigkeit dafür – wegen der Tragweite, der Folgen, der Kosten v. Frailty insb. in Anbetracht der Demografie u. Allokation notwendiger Ressourcen. • Wie ist die richtige Zielpopulation für den Ressourceneinsatz – wie schaut richtiges “Targeting” aus? • Eine effiziente geriatrische Intervention funktioniert nur wenn d. Pat. weder “zu gut” noch “zu schlecht” ist – da ginge es um Minimierung von Outcomes wie Re-Hospitalisierungen, PH-Aufnahmen, Morbidität bis Mortalität. T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 8

Frailty Sekundäre Frailty • Chron. entzündliche und konsumierende Erkrankungen sind unabhängige Prädiktoren von Frailty

Frailty Sekundäre Frailty • Chron. entzündliche und konsumierende Erkrankungen sind unabhängige Prädiktoren von Frailty • direkt durch die Entzündungsmediatoren bedingt • Folge verminderter kardio-pulmonaler Funktion (kard. Insuff. , COPD) • durch kompromittiertes Immunsystem (z. B. HIV, CMV Infektion) • Sekundäre Frailty entwickelt sich als Folge konsumierender Erkrankungen, entspricht ihrem gemeinsamen, finalen Prozess • Multimorbidität kann, muss aber nicht zur Frailty beitragen – sie ist ein Risikofaktor dafür, man kann multimorbid und funktionell behindert, aber (noch) nicht frail sein T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 9

Frailty Primäre Frailty Co-Auslöser der klinischen Manifestation v. Frailty: alternsassoziierte Veränderungen in div. Systemen

Frailty Primäre Frailty Co-Auslöser der klinischen Manifestation v. Frailty: alternsassoziierte Veränderungen in div. Systemen • Entzündung - „Inflammaging“ - „Inflammatory load“ Franceschi C. Inflammaging as a Major Characteristic of Old People: Can it be Prevented or Cured? Nutrition Reviews 2007, 65, 12, S 173 -176 IL-6, IL-2, Interferon, TNF , CRP - bei „frail“ Individuen erhöht • IL-6 dient als Transkriptionsfaktor, als Signal -Transducer – negative Beeinflussung v. Skelettmuskel - Sarkopenie, Appetit, Immunsystem, Kognition, Hämatopoese • • Triggerung der Gerinnungskaskade – Frailty assoziiert mit Faktor VIII , Fibrinogen , D-Dimer • erhöhte Insulinresistenz T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 10

Frailty Primäre Frailty Sarkopenie – Kernelemnt der Frailty Sarkopenie • progredienter, generalisierter Verlust an

Frailty Primäre Frailty Sarkopenie – Kernelemnt der Frailty Sarkopenie • progredienter, generalisierter Verlust an Masse und Kraft der Skelettmuskulatur • geriatrisches Syndrom, mit Risiko für Langzeitfolgen wie körperliche Beeinträchtigung, geringere Lebensqualität und Tod Cruz-Jentoft AJ et al. Sarcopenia: European consensus on definition and diagnosis, European Working Group on Sarcopenia in Older People. Age&Ageing 2010 Kausale Elemente der Sarkopenie und des Kraftverlustes im Alter: • defizitäre anabole Einflüsse: DHEA , Testosteron , IGF-1 , STH • Cortisol • geringere körperliche Aktivität • Mangelernährung: Kalorien , Protein , Mikronutrienten • Vit D T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 11

Sarkopenie Kausalfaktoren und funktionelle Konsequenzen Bauer JM et al. Dtsch Med Wochenschr 2008; 133:

Sarkopenie Kausalfaktoren und funktionelle Konsequenzen Bauer JM et al. Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: 305 -310 Chronische Malnutrition Hormonelle Dysregulation Inaktivität Komorbidität Chronische Inflammation Sarkopenie Muskelkraft Gang. Geschwindigkeit Körperliche Aktivität Ausdauer Erschöpfung T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 12

Frailty Potentielle Entstehungswege nach: Walston JD, Fried L: Frailty and its implications for care.

Frailty Potentielle Entstehungswege nach: Walston JD, Fried L: Frailty and its implications for care. In: Morrison RS, Meier DB (Ed‘s) Geriatric Palliative Care. Oxford Univ. Press, 2003 Primäre Ursachen Alternsabh. molekulare Veränderungen, genetische Variationen Sek. Ursachen Depression, Malignom, chronische Infektionen, Herzinsuffizienz IL-6 Immunolog. Dysfunktion Sarkopenie Hämoglobin Neuroendokrine Dysregulation Klinisches Syndrom der Frailty IGF-1 DHEA-S T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 13

Cycle of frailty Hormondefizit, Malnutrition, Sarkopenie, Inflammation, Immundefizit, chron. O 2 Mangel führen via

Cycle of frailty Hormondefizit, Malnutrition, Sarkopenie, Inflammation, Immundefizit, chron. O 2 Mangel führen via Circulus vitiosus zu reduzierter „funktioneller Reservekapazität“ Singh M et al. Mayo Clin Proc. 2008; 83: 1146 -1153, nach: Fried LP et al. Frailty in Older Adults. J Gerontol Biol Sci 2001, 56: M 146 -M 157 © 2008 Mayo Foundation for Medical Educaion and Research T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 14

Frailty als Phänotyp klinische Zeichen - phänotypische Charakteristika CHS (Cardiovascular Health Study) Kriterien Fried

Frailty als Phänotyp klinische Zeichen - phänotypische Charakteristika CHS (Cardiovascular Health Study) Kriterien Fried LP et al: Frailty in Older Adults: Evidence for a Phenotype. J. Gerontol. 2001, 56 A, M 146 -M 156 o Mangelernährung - Gewichtsverlust (> -10 Pfund/Jahr) o Geringe Ausdauer, Ermüdbarkeit, Fatigue („self reported“) o Schwäche (Handgriffstärke - niedrigste Quintile, geschlechts- u. BMI korrigiert) o Langsamer Gang (Gehzeit f. eine 15 Fuß Strecke - niedrigste Quintile, korrigiert nach Geschlecht und Körpergröße) o Niedriges körperliches Aktivitätsniveau (Kcal/Woche - niedrigste Quintile, differenziert nach Geschlecht) • >3 dieser Charakteristika: Frailty • keines dieser Merkmale: „robust“ oder „rüstig“ • 1 – 2 Merkmale: klinisches Vorstadium der Frailty - pre-frailty T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 15

Frailty als funktioneller Zustand Frailty Index Rockwood K, Mitnitski A. Frailty in relation to

Frailty als funktioneller Zustand Frailty Index Rockwood K, Mitnitski A. Frailty in relation to the accumulation of deficits. J Gerontol A Biol Sci Med Sci 2016, 62(7): 722 -727 • Frailty = Ausdruck der über die Lebensspanne akkumulierten Defizite auf subzellulärer, zellulärer u. Organebene – unabhängig von deren Art u. Schwere • Frailty durch Frailty Index darstellbar = Quotient der Summe der eingetretenen Defizite / Störungen u. d. Summe d. erhobenen Defizite: FI 0 (kein Defizit) bis FI 1 (alle vorhanden) z. B. : bei 50 erhobenen Parametern 10 Defizite gemessen ergibt FI v. 10/50= 0, 2 • die zur Modellierung eines Frailty Index berücksichtigten Defizite /Störungen stammen aus unterschiedlichen Gesundheitsdimensionen wie funktionelle Befunde - Geriatrisches Assessment, Symptome, Diagnosen, Laborbefunde. . . • jede Einrichtung kann sich mit den dort routinemäßig erhobenen Datensätzen ihren eigenen FI zurechtlegen T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 16

CSHA Frailty Index - Canadian Study of Health and Aging Rockwood K et al.

CSHA Frailty Index - Canadian Study of Health and Aging Rockwood K et al. CMAJ 2005, 173 (5): 489 -495 70 -Item FI T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 17

Frailty als funktioneller Zustand Frailty Index Rockwood, K. et al. CMAJ 2005; 173: 489

Frailty als funktioneller Zustand Frailty Index Rockwood, K. et al. CMAJ 2005; 173: 489 -495 In der Erprobung dieses Konzepts anhand von Daten aus der Canadian Study of Health and Aging (CSHA) zeigte sich dass: • • in der Normalpopulation ab 65 a der FI um 3% pro Lebensjahr ansteigt Frauen einen höheren FI haben als gleichaltrige Männer Frauen einen höheren FI überleben als Männer ein FI > 0. 6 mit dem Leben praktisch nicht vereinbar ist (zu hohe Krankheitslast) T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 18

Frailty als funktioneller Zustand Frailty Index Mitnitsky A et al. Relative fitness and frailty

Frailty als funktioneller Zustand Frailty Index Mitnitsky A et al. Relative fitness and frailty of elderly men and women in developed countries and their relationship with mortality. JAGS 2005, 53(12): 2184 -2189 Frauen werden gebrechlicher & älter Verhältnis FI / Mortalität 11 Querschnitts- u. Kohortenstudien in Kanada, US, Schweden, Australien; > 65 a, n 36424 – Frailty Index erhoben T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 19

Social vulnerability index Andrew MK et al, PLo. S One, 2008 Communication to engage

Social vulnerability index Andrew MK et al, PLo. S One, 2008 Communication to engage in wider community • 1 Read English or French • 2 Write English or French Living situation • 3 Marital status • 4 Lives alone Social support • 5 Someone to count on for help or support • 6 Feel need more help or support • 7 Someone to count on for transportation • 8 Feel need more help with transportation • 9 Someone for help around the house • 10 Feel need more help around the house • 11 Someone to count on to listen • 12 Feel need more people to talk with • 13 Number of people spend time with • 14 Feel need to spend more time with friends/family • 15 Someone to turn to for advice • 16 Feel need more advice about important matters Socially oriented Activities of Daily Living • 17 Telephone use • 18 Get to places out of walking distance Leisure activities • 19 How often visit friend or relatives • 20 How often work in garden • 21 How often golf of play other sports • 22 How often go for a walk • 23 How often go to clubs, church • 24 How often play cards or other games Ryff scales • 25 Feel empowered, in control of life situation • 26 Maintaining close relationships is difficult and frustrating • 27 Experience of warm, trusting relationships • 28 People would describe me as a giving person How do you feel about your life in terms of. . . • 29 Family relationships • 30 Friendships • 31 Housing • 32 Finances • 33 Neighbourhood • 34 Activities • 35 Religion • 36 Transportation • 37 Life generally Socio-economic status • 38 Does income currently satisfy needs • 39 Home ownership • 40 Education T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 20

Social vulnerability & Frailty Andrew MK, Mitnitski AB, Rockwood K. Social Vulnerability, Frailty and

Social vulnerability & Frailty Andrew MK, Mitnitski AB, Rockwood K. Social Vulnerability, Frailty and Mortality in Elderly People. PLOS ONE 2008, 3(5): e 2232. Sekundäre Analyse der CSHA Kohorte (Canadian Study of Health and Aging, n 3707) + NPHS (Nat. Population Health Survey, n 2648) Anwendung des Social Vulnerability Index – analog zum Frailty Index (0 = keine, 1 = max. Vulnerabilität) Sind in der Verteilung sehr ähnlich Social Vulnerability ist wie Frailty mit Mortalität assoziiert. nimmt mit höherem Alter zu, Frauen tolerieren sie besser. . . (leben länger mit höherer Vulnerabilität) T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 21

Social vulnerability & Frailty Andrew MK, Mitnitski AB, Rockwood K. Social Vulnerability, Frailty and

Social vulnerability & Frailty Andrew MK, Mitnitski AB, Rockwood K. Social Vulnerability, Frailty and Mortality in Elderly People. PLOS ONE 2008, 3(5): e 2232. Zunahme der Sozialen Vulnerabilität u. Frailty m. zunehmenden Alter, Frauen > Männer (CSHA) Social Vulnerabilty Frailty T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 22

Frailty Prävalenz, Inzidenz • Angaben über Prävalenz u. Inzidenz in der geriatrischen Population variieren,

Frailty Prävalenz, Inzidenz • Angaben über Prävalenz u. Inzidenz in der geriatrischen Population variieren, insb. da noch keine eindeutige Definition von Frailty. . . • Unter Berücksichtigung der phänomenologischen Kriterien (Fried et al): • Cardiovascular Health Study (1991 -2000), n 5317 Frailty – Prävalenz: > 65 J ca. 7%, Kohorte > 80 J: ca. 20%. • Women’s Health Initiative - Observational Study (seit 1991), n 40657, 65 -69 J: • Frailty – Prävalenz: 16, 3% • 3 -Jahres Inzidenz: 14, 8%, dann signifikanter Prädiktor von: • Mortalität • hüftnahe Fraktur • ADL-Defizite • Hospitalisierung T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 23

Frailty Prävalenz, Epidemiologie Cawthon PM et al. Frailty in older men: prevalence, progression and

Frailty Prävalenz, Epidemiologie Cawthon PM et al. Frailty in older men: prevalence, progression and relationship with mortality. JAGS 2007; 55: 1216 -1223 • 5993 Männer, „community-dwelling“, > 65 a • nach CHS-Kriterien (FI) beurteilt: • frail: 4% • prefrail: 40% • robust: 56% • Follow-up nach durchschnittl. 4, 7 Jahren: • frail: blieben frail, oder waren tot (37, 1%) • robust: blieben zu 54, 4% robust • Mortalitätsvergleich frail – robust: > 2 -faches Risiko T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 24

Frailty Prävalenz Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland Robert Koch Institut, Gesundheitsberichterstattung des Bundes,

Frailty Prävalenz Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland Robert Koch Institut, Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 2016 Nach Fried-Kriterien (Frailty Phänotyp): • Frailty bei 65 -79 Jährigen (n 1843): Frauen 2, 8%, Männer 2, 3% Gesamtpopulation 2, 6% • Pre-Frailty: 38, 8% • Keine signifikanten Geschlechtsunterschiede T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 25

Frailty Folgen • • • Stürze und Frakturen Behinderungen in den instrumentalen bis basalen

Frailty Folgen • • • Stürze und Frakturen Behinderungen in den instrumentalen bis basalen ATL’s kognitives Defizit Inkontinenz Hospitalisierungsbedarf zeitweiser bis kontinuierlicher Betreuungs- und Pflegebedarf Institutionalisierung (PH) Ressourcenbedarf Kosten im Gesundheits- und Sozialsystem Mortalität „Frailty is a public health challenge, since it is associated with poor quality of life for patients and families and increased costs for society“ de Saint Hubert M et al. Evolving definitions of frailty: Aging Health 2007, 3(5), 589 -593 T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 26

Frailty – Risiko f. Kognitives Defizit Samper-Ternent R et al. Relationship Between Frailty and

Frailty – Risiko f. Kognitives Defizit Samper-Ternent R et al. Relationship Between Frailty and Cognitive Decline in Older Mexican Americans. JAGS 2008, 56: 1845 -1852 T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 27

Frailty – Überlebenswahrscheinlichkeit und institutionelle Pflege Rockwood, K. et al. CMAJ 2005; 173: 489

Frailty – Überlebenswahrscheinlichkeit und institutionelle Pflege Rockwood, K. et al. CMAJ 2005; 173: 489 -495 T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 28

Frailty Interventionsmöglichkeiten - Der Jungbrunnen? Lucas Cranach T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite

Frailty Interventionsmöglichkeiten - Der Jungbrunnen? Lucas Cranach T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 29

Sarkopenie Frailty Multifaktorielle Ätiologie mult. Interventionsstrategien Drey M. Wr Med Wochenschr, 2011, 161/17 -18:

Sarkopenie Frailty Multifaktorielle Ätiologie mult. Interventionsstrategien Drey M. Wr Med Wochenschr, 2011, 161/17 -18: 402 -408 Körperliche Aktivität: • Zunahme v. Muskelmasse, Verbesserung d. Muskelkraft durch Training: • Progressive Resistance Training (PRT): gegen steigenden Widerstand • Power Training (PT): • Muskel „Power“ (Muskelarbeit pro Zeiteinheit) eher mit Muskelfunktion assoziiert als Kraft allein • Deshalb: PT auch für Ältere: konzentrischen Anteil des Trainings (Heben od. Drücken v. Gewicht) möglichst schnell ausführen, exzentrischen Anteil (das Herablassen des Gewichts) eher langsamer (2 -3 Sek. ). . . T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 30

Sarkopenie Frailty Multifaktorielle Ätiologie multiple Interventionsstrategien Drey M. Wr Med Wochenschr, 2011, 161/17 -18:

Sarkopenie Frailty Multifaktorielle Ätiologie multiple Interventionsstrategien Drey M. Wr Med Wochenschr, 2011, 161/17 -18: 402 -408 Nutritive Faktoren: zwei prädominante Faktoren: Vit D- u. Proteindefizit Vit D: • 80 -100% von PH-Bewohnern in Europa, Australien und Nordamerika haben ein meist schweres Vit D Defizit • “Community dwelling“ 71 -76 Jährige in Europa: Vit D Defizit bei 36% der Männer u. 47% der Frauen • Vit D-Defizit assoziiert mit: Sarkopenie, Muskelschwäche, Leistungsschwäche, Gleichgewichtsstörungen u. Stürzen • Vit D Substitution: Verbesserung körperlicher Leistung u. Muskelkraft – extraossäre Wirkung v. Vit D (Vit D Rezeptoren der Muskelzellmembran) – 800/IE/Tag T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 31

Vit D und Frailty Buta B et al. The Association of Vitamin D Deficiency

Vit D und Frailty Buta B et al. The Association of Vitamin D Deficiency and Incident Frailty in Older Women: The Role of Cardiometabolic Diseases. JAGS 2017, 65(3)619 -624 Prospektive longitudinale Kohortenstudie (Womens Health Study II), n 369, zu Beginn 70 -79 J alt, ohne Frailty Kumulative Inzidenz v. Frailty in Relation zum Vit D Spiegel zu Beginn d. Beobachtung Frauen mit niedrigstem Vit D Spiegel zu Beginn hatten ein 3 fach höheres Risiko 10 Jahre später frail zu sein T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 32

Sarkopenie Frailty Multifaktorielle Ätiologie multiple Interventionsstrategien Protein: • Bisherige Empfehlung v. 0, 8 g/kg.

Sarkopenie Frailty Multifaktorielle Ätiologie multiple Interventionsstrategien Protein: • Bisherige Empfehlung v. 0, 8 g/kg. KG Protein Tag für ältere Personen zu wenig – berücksichtigt nicht alternsassoziierte Veränderungen (reduzierte Muskelmasse, rel. Vermehrung der Fettmasse, veränderte Ernährungsgewohnheiten, häufigere Erkrankungen. . . ) • Adäquatere Empfehlung: 1, 0 – 1, 3 g/kg. KG/Tag • Muskelproteinsynthese beim älteren Individuum nur durch höhere Dosen (10 -15 g) von Aminosäuren pro Mahlzeit stimuliert • Pos. Effekt auf Muskelproteinsynthese durch höheren Anteil an Leucin T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 33

Frailty Interventionen • Voraussetzung für effektive Prävention und Therapie – Frailty Screening in der

Frailty Interventionen • Voraussetzung für effektive Prävention und Therapie – Frailty Screening in der Primärversorgung : • rechtzeitiges Erkennen (insb. der primären Frailty) • Frühintervention • Bei primärer Frailty „First line“ Intervention: Prävention, Kompensation bzw. Minimierung des Verlustes von Muskelmasse u. Kraft durch • körperliches Training – Erhaltung od. Steigerung v. Muskelmasse u. Kraft • adäquate Ernährung (Protein. . . ) • Bei sekundärer Frailty dazu: • adäquate Behandlung der Grundkrankheit(en) • Schmerzen u. Depression behandeln • rechtzeitige palliative Betreuung, optimale Symptomkontrolle T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 34

Frailty Interventionen • Stürze und deren Folgen: multifaktorielle primär- u. sekundärpräventive Maßnahmen • phys.

Frailty Interventionen • Stürze und deren Folgen: multifaktorielle primär- u. sekundärpräventive Maßnahmen • phys. Therapie (Balance, Kraft, adäquate Hilfsmittel) • Vit. D • Hüftprotektoren • adäquate Osteoporosebehandlung • Impfungen schützen den „frail“ Organismus vor zusätzlichem akuten od. subakuten Stress (Influenza, Pneumokokken, Herpes Zoster; ev. CMV) T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 35

Frailty Interventionen Pharmakotherapie noch keine gesicherte Evidenz, nicht konklusive, teils neg. Daten zu: •

Frailty Interventionen Pharmakotherapie noch keine gesicherte Evidenz, nicht konklusive, teils neg. Daten zu: • Anabolika • DHEA, Testosteron: „neither DHEA nor low-dose testosterone replacement in elderly people has relevant beneficial effects on body composition, physical performance, insulin sensitivity or quality of life“ (Sreekumaran K et al. DHEA in Elderly Women and DHEA or Testosterone in Elderly Men. NEJM 2006, 355, 1647 -1659) • anti-inflammatorische Substanzen (Zytokin-Antagonisten) • selektive Androgenrezeptor-Modulatoren (Omwancha J et al. Selective androgen receptor modulators in pursuit of tissue-selective androgens. Curr. Op. Invest Drugs 2006; 7: 873 -81) • Myostatin-Hemmer – Blockade der nat. Muskelwachstumshemmung T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 36

Multidimensionale Natur der Frailty Gobbens R et al J Nutr Health&Aging 14, 175 -181,

Multidimensionale Natur der Frailty Gobbens R et al J Nutr Health&Aging 14, 175 -181, 2010 Komponenten einer ganzheitlichen, operativen Definition von Frailty – sind Ansatzpunkte für präventive Intervention (primär bis tertiär): • • • Ernährung Mobilität „Frailty is a dynamic state affecting an körperliche Aktivität individual who experiences losses in one or more domains of human functioning Kraft (physical, psychological, social), which is Ausdauer caused by the influence of a range of Gleichgewicht variables and which increases the risk of adverse outcomes“ Kognition Sinnesfunktionen Stimmung Coping – „Frailty identity crisis“ („The onset of frailty is associated with an identity crisis, a psychological state of adult development“. Fillit H, Butler, R: Frailty Identity Crisis, JAGS 2008) • soziale Beziehungen, soziale Unterstützung T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 37

Frailty Labeling-Problem, Etikettierung. . . Richardson S et al. I May be Frail But

Frailty Labeling-Problem, Etikettierung. . . Richardson S et al. I May be Frail But I Ain’t no Failure. Can Ger Journal, 2011, 14(1), 24 -27 • Negatives Stereotyp wird bedient, wie bei „Demenz“. . . • Wie nennen wir denn das „Ding“ überhaupt. . . Frailty, Gebrechlichkeit, Fragilité. . . was ist besser? • „Successful aging“ vs. „the frail elderly“? • Frailty – auch ein soziales Konstrukt mit negativen Assoziationen und negativen Konsequenzen – „burden of aging“, „caregeiver burden“ • Das Modell des „successful aging“, der Robustheit bis zum Tod ist einer Minderheit vorbehalten – bei >90 a nur ca. 10%. . . „the unavoidability of deterioration“. . . • „I may be frail but I ain’t no failure“. . . Ich mag gebrechlich sein, bin aber kein Versager. . . T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 38

Frailty Zusammenfassung • Frailty ist ein alternsassoziierter Prozess, unabhängig von spezifischen Krankheitszuständen, aber durch

Frailty Zusammenfassung • Frailty ist ein alternsassoziierter Prozess, unabhängig von spezifischen Krankheitszuständen, aber durch diese ausgelöst, oder exazerbiert • Frailty ist ein multidimensionales geriatrisches Syndrom von hoher klinischer und gesellschaftlicher Relevanz • Dysregulationen mehrerer komplex interagierender biologischer Systeme, nicht nur Veränderungen in einem einzigen Organsystem • Frailty hat psychologische und soziale Dimensionen • Alter, chronische Multimorbidität und funktionelle Behinderung sind oft mit Frailty assoziiert, aber sie kann auch unabhängig von diesen vorhanden sein • Frailty ist klinisch und pathophysiologisch mit Sarkopenie verbunden - sowohl präventiv wie therapeutisch ist Sarkopenie - damit auch ein Teil der Frailty - verhinderbar bzw. minimierbar • Die Intervention braucht einen interdisziplinären, holistischen Ansatz T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 39

Danke! <fruehwald@netway. at> Tizian, Allegorie der Zeit (ca. 1560), National Gallery London T. Frühwald.

Danke! <fruehwald@netway. at> Tizian, Allegorie der Zeit (ca. 1560), National Gallery London T. Frühwald. Frailty. 12. 05. 2017 Seite 40