Erbrecht 2 Woche Kursbersicht Handelsrecht 1 bis 3
Erbrecht 2. Woche
Kursübersicht Handelsrecht (1. bis 3. Woche) Gesellschaftsrecht (4. bis 6. Woche) Familienrecht (7. bis 9. Woche) Erbrecht (10. bis 12. Woche) ZPO (13. bis 15. Woche) Zwangsvollstreckungsrecht (16. bis 18. Woche) Arbeitsrecht (19. bis 21. Woche)
Überblick Examensrelevant in Berlin/Brandenburg: ü Erbfolge • Rechtliche Stellung des Erben (ohne Aufgebot der Nachlassgläubiger, Inventarerrichtung, unbeschränkte Haftung des Erben, aufschiebende Einreden) • Testament (ohne Auflage, Testamentsvollstrecker) • Pflichtteil • Erbschein
Überblick – Pflichtteilsrecht, §§ 2303 ff. • Schuldrechtlicher Anspruch gegen die Erben, § 2303 I 1 • Höhe: Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, § 2303 I 2 • Berechtigte: 1. Abkömmlinge des Erblassers, 2303 I 1 2. Eltern des Erblassers, § 2303 II 3. Ehegatten des Erblassers, § 2303 II Sofern diese gesetzliche Erben wären Und durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind Beachte die Auslegungsregel des § 2304: Testamentarische Zuwendung des Pflichtteils ist im Zweifel keine Erbeinsetzung
Überblick Examensrelevant in Berlin/Brandenburg: ü Erbfolge • Rechtliche Stellung des Erben (ohne Aufgebot der Nachlassgläubiger, Inventarerrichtung, unbeschränkte Haftung des Erben, aufschiebende Einreden) • Testament (ohne Auflage, Testamentsvollstrecker) ü Pflichtteil • Erbschein
Fall 4 – Anfechtungsprobleme Der E errichtete am 10. 5. 2013 ein notarielles Testament, in dem er seinen Bruder B zu 1/3 und seine vier Neffen (im Folgenden N), die Kinder zweier vorverstorbener Geschwister, zu jeweils 1/6 als Erben einsetzte. Im Sommer 2019 entschloss sich der 90 Jahre alte E, dessen erste Ehefrau kinderlos vorverstorben war, mit der 39 Jahre alten K die Ehe zu schließen. Mit dieser verband ihn ein langjähriges freundschaftliches Verhältnis, das bereits während seiner ersten Ehe bestand. Am 1. 9. 2019 errichtete E ein weiteres privatschriftliches Testament, das folgenden Wortlaut hat: "Nachtrag zu meinem Testament: Ich bestimme folgende Teilungsanordnung. Da ich mich gesundheitlich in einem sehr schlechten Zustand befinde, und die Absicht habe, am 20. 9. 2019 die K zu heiraten, bestimme ich Folgendes: Das Grundstück. . . mit aufstehendem Wohnhaus einschließlich der gesamten Einrichtung, sofern nicht anders von mir bestimmt und testamentarisch festgelegt, soll die K erhalten. " Am 7. 10. 2019 heiratete E die K. Bei seinem Tode am 19. 11. 2019 hinterließ E das in seinem Testament vom 1. 9. 2019 erwähnte Grundstück im Wert von ca. 300. 000, - Euro sowie umfangreiche Bankguthaben und Wertpapiere. Der Gesamtwert des Nachlasses betrug etwa 1 Mio. Euro. Die K hat gegenüber dem Nachlassgericht form- und fristgerecht die Anfechtung der Testamente des E vom 10. 5. 2013 und vom 1. 9. 2019 „gemäß §§ 2079 ff BGB“ erklärt und zur Begründung ausgeführt: Sie sei in dem notariellen Testament vom 10. 5. 2013 nicht bedacht. Das privatschriftliche Testament vom 1. 9. 2019 habe ein Vermächtnis zu ihren Gunsten sein sollen. E habe ihr gegenüber erklärt, dass er sie durch sein Testament vom 1. 9. 2019 lediglich vorläufig habe absichern wollen und er nach der Eheschließung seine bisherigen Testamente zu ihren Gunsten ändern würde. Infolge seiner plötzlichen Erkrankung und seines Todes sei es jedoch zu der beabsichtigten Änderung nicht mehr gekommen. K beantragt die Erteilung eines Teilerbscheines des Inhalts, dass sie den E aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu 3/4 beerbt habe. Wie ist zu entscheiden?
Lösung A. Zulässigkeit des Antrags I. Statthaftigkeit (+), gem. § 2353 hat das Nachlass. G dem (Teil)Erben auf Antrag einen Erbschein zu erteilen II. Wirksamer Antrag (+) III. Zwischenergebnis Zulässig (+) B. Begründetheit (+), wenn K Erbin des E zu ¾ geworden ist
Lösung Ist K Erbin zu ¾? (+) bei gesetzlicher Erbfolge gem. §§ 1931 I 1, III, 1371 I Testament vom 10. 05. 13 mit Nachtrag vom 01. 09. 19 müssten unwirksam sein I. Testierfähigkeit des E (+), § 2229 II. Form Testament vom 10. 05. 13: (+), § 2232 Testament vom 01. 09. 19: (+), § 2247 III. Inhalt Erben: B zu 1/3, N zu je 1/6 Vermächtnisnehmer: K, § 2087 II
Lösung IV. Unwirksamkeit gem. § 142 I? 1. Anfechtungserklärung a) Anfechtungsberechtigung (+), § 2080 I b) Wem gegenüber zu erklären? Nachlassgericht, § 2081 I 2. Anfechtungsgrund a) § 2079 S. 1? aa) K zur Zeit des Erbfalls pflichtteilsberechtigt? (+), § 2303 II 1
Lösung vor, wenn der Unkenntnis der gemacht hat vor, wenn der bb) K übergangen? e. A: „Übergehen“ liegt schon dann Erblasser eine Zuwendung in Pflichtteilsberechtigung h. M: „Übergehen“ liegt nur dann Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten überhaupt nichts zugewendet hat E hat K ein erhebliches Vermächtnis mit
Lösung des E b) § 2078 Abs. 1? (-) weder Inhalts-, noch Erklärungsirrtum c) § 2078 Abs. 2? Wurde E durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands zur Verfügung bestimmt? schließen (+) Kenntnis aa) Bzgl. des Testaments vom 10. 05. 13? Erwartung keine Ehe mehr zu Ist anzunehmen, dass E die Erklärung bei der Sachlage nicht
Lösung nicht anfechtbar Testament vom 10. 05. 2013 ist bb) Testament vom 01. 09. 19? (-), E wollte Testament zwar nur vorläufig errichten, Absicht später eine neue Verfügung zu treffen, stellt aber keinen Irrtum über die Entwicklung der Lage dar. 3. Anfechtungsgrund (-) V. Testamente sind wirksam C. Ergebnis Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. K ist nur Vermächtnisnehmerin, nicht Erbin. Zudem ist sie gem.
Fall 5 – Bindungswirkung Der verwitwete K heiratete 2008 die Witwe W. In einem gemeinschaftlichen Testament von August 2009 setzten sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben ein und bestimmten, dass nach dem Tode des Längstlebenden Erben zu gleichen Teilen T, die Tochter der W aus erster Ehe, und S, der Sohn des K aus erster Ehe, sein sollten; beide Kinder lebten 2009 bei K und W. Im Juli 2016 starb die W. Der Wert ihres Nachlasses betrug 30. 000, - Euro. Im Juli 2017 heiratete K seine vierzig Jahre jüngere Haushälterin H. Er wollte sie zu seiner Alleinerbin einsetzen und die beiden Kinder T und S mit je 30. 000, - Euro abfinden. Nach Zahlung der Abfindungssumme verzichteten die inzwischen Volljährigen T und S schriftlich auf ihre Rechte aus dem gemeinschaftlichen Testament. K setzte daraufhin im August 2018 ein Testament auf, in dem er die H als Alleinerbin einsetzte. Im September 2019 verstarb K. Der Wert seines Nachlasses belief sich auf 300. 000, - Euro. S und T beantragen einen Erbschein, der sie als Miterben ausweisen soll. Die Erteilung wird jedoch mit der Begründung verwehrt, die H sei aufgrund des Testaments vom August 2018 Alleinerbin des K geworden. Hiergegen legen S und T Beschwerde beim Nachlassgericht ein. Sie halten das Testament vom August 2018 für unwirksam. Außerdem sei K zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr testierfähig gewesen. Nachdem auch die Beschwerde mit der Begründung, die Testierunfähigkeit des K habe nicht bewiesen werden können, abgewiesen wurde, legen S und T am 1. 10. 2019 die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ein. Mit Erfolg?
Lösung A. Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde I. Statthafter Rechtsbehelf (+), § 70 I Fam. FG II. Form und Frist (+), § 71 I 1 -2 Fam. FG III. Zuständiges Gericht BGH, § 133 GVG B. Begründetheit (+), wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 72 I Fam. FG Dies ist der Fall, wenn S und T Erben geworden sind.
Lösung Durch Testament aus August 2018 könnte K die H als Alleinerbin eingesetzt haben (vgl. § 2258 I). I. Testierfähigkeit Rechtsbeschwerde ist keine neue Tatsacheninstanz; Frage der Testierfähigkeit kann nicht aufgeklärt werden II. Form (+), § 2247 – eigenhändig geschrieben und unterschrieben III. Inhalt, §§ 133, 2084 f. , 2087 ff. H sollte Alleinerbin werden IV. Unwirksamkeit gem. § 2271 I 2, II? Zu Lebzeiten können Ehegatten wechselbezügliche Verfügungen nur gem. §§ 2271 I 1, 2296
Lösung Mit dem Tode erlischt das Widerrufsrecht, § 2271 II Der Überlebende kann aber durch Ausschlagung wieder volle Testierfreiheit erlangen, § 2271 II 1 2. Hs. 1. Ausschlagung von K (-), nur binnen sechs Wochen gem. § 1944 I möglich 2. Liegen mit der Einsetzung von S und T überhaupt wechselbezügliche Verfügungen vor? Richtet sich nach § 2270 a) Einsetzung der T (+), 2270 II 2. Alt W hat K eine Zuwendung gemacht und K eine
Lösung b) Einsetzung des S (+), gem. 2270 II 2. Alt, wenn S der W nahe stand Keine Verwandtschaft, sondern nur Schwägerschaft, § 1590 I 1 T und S sollten offenbar gleich behandelt werden und wohnten zur Zeit der Testamentserrichtung bei K und W, sodass ein „nahe stehen“ anzunehmen ist Die Einsetzung von S und T erfolgte wechselbezüglich 3. Nachträgliche Beseitigung der Bindungswirkung a) Erbverzicht, § 2346 (-), verzichten nach § 2346 I kann man nur
Lösung b) Verzicht nach § 2352? Verzicht auf testamentarisches Erbrecht möglich aa) Erklärung (+) bb) Wirksam? (-), §§ 125 S. 1, 2348 (notarielle Beurkundung) Heilung mit Auszahlung der je € 30. 000, -? (-), Heilungsmöglichkeit nicht vorgesehen Berufung auf Formverstoß
Lösung c) Anfechtung, § 142 I? H könnte gem. § 2079 als Pflichtteilsberechtigte übergangen worden sein Aber: Sonderregeln zur Anfechtung beim gem. Testament gem. §§ 2281 ff. analog Anfechtung danach möglich? (-), §§ 2281 I, 2283 I, da K selbst binnen Jahresfrist hätte anfechten können und müssen Anfechtung unwirksam Neues Testament unwirksam, da §§ 2271 I 2, II entgegenstehen
Lösung S und T sind Erben zu je ½ geworden: H ist nicht Erbin Damit hätte ihnen der Erbschein erteilt werden müssen C. Ergebnis Die Rechtsbeschwerde von S und T ist zulässig und begründet.
Überblick – Erbschein, §§ 2353 ff. • • • Zeugnis des Nachlassgerichts über ein Erbrecht Wird nur auf Antrag erteilt Herausgabe- und Auskunftsanspruch des wirklichen Erben nach § 2362 Vermutung der Richtigkeit des Erbscheins, § 2365 Positive Vermutung: Geschriebenes ist richtig Negative Vermutung: Es bestehen keine weiteren Beschränkungen Öffentlicher Glaube bei Verfügungen (§ 2366) und Leistungen an den vermeintlichen Erben (§ 2367) Beispiel 1: Der Scheinerbe veräußert eine Sache, die zum Nachlass gehört: Erwerb nach §§ 2366, 929 ff. wirksam, §§ 932 II, 935 I, 857 werden überwunden Beispiel 2: Der Scheinerbe veräußert eine Sache, die nicht zum Nachlass gehört: Voraussetzungen von §§ 2366, 929 ff. und §§ 932 ff. müssen vorliegen § 2366 schützt nur guten Glauben an Erbrecht, nicht an Umfang der Erbmasse
Überblick Examensrelevant in Berlin/Brandenburg: ü Erbfolge • Rechtliche Stellung des Erben (ohne Aufgebot der Nachlassgläubiger, Inventarerrichtung, unbeschränkte Haftung des Erben, aufschiebende Einreden) • Testament (ohne Auflage, Testamentsvollstrecker) ü Pflichtteil ü Erbschein
Ende Erbrecht 2. Woche
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